TE Vwgh Beschluss 2017/10/25 Ro 2016/07/0014

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Veröffentlicht am 25.10.2017
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
81/01 Wasserrechtsgesetz;

Norm

VwGG §34 Abs1;
VwRallg;
WRG 1959 §73;
WRG 1959 §74;
WRG 1959 §75;
WRG 1959 §76;
WRG 1959 §77 Abs3 liti;
WRG 1959 §85 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Beck sowie die Hofräte Dr. N. Bachler und Mag. Haunold als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Schubert-Zsilavecz, über die Revision von 1. AP und 2. KP, beide in W, beide vertreten durch Mag. Johannes Polt, Rechtsanwalt in 3580 Horn, Prager Straße 5/1/11, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich vom 27. Juli 2016, Zl. LVwG-AV-552/001-2016, betreffend Aufsicht über Wassergenossenschaften (Partei gemäß § 21 Abs. 1 Z 2 VwGG:

Bezirkshauptmannschaft Waidhofen an der Thaya; mitbeteiligte Partei: Abwassergenossenschaft R in W, vertreten durch Dr. Andreas Nödl, Rechtsanwalt in 1040 Wien, Prinz-Eugen-Straße 50), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die revisionswerbenden Parteien haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 553,20 und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom 27. Juli 2016 wurde der von den revisionswerbenden Parteien in Beschwerde gezogene Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Waidhofen an der Thaya (BH) vom 25. April 2016, mit welchem der Antrag der revisionswerbenden Parteien vom 2. März 2015 - konkretisiert durch den Antrag vom 4. April 2016 - "als unbegründet abgewiesen" wurde, dahingehend abgeändert, "dass der spruchgegenständliche Antrag zurückgewiesen wird".

2 Gegenstand des Antrages der revisionswerbenden Parteien vom 2. März 2015 - konkretisiert durch den Antrag vom 4. April 2016 - war, der mitbeteiligten Partei aufzutragen, eine komplette Abrechnung mit sämtlichen Belegen, einschließlich der Ausschreibungsunterlagen, den Leistungsverzeichnissen, Rechnungskorrekturen und den Bautagebüchern und Berichten sowie die Abrechnung betreffend Sachwalter- und Rechtsanwaltskosten vorzulegen, damit überprüft werden könne, ob die getätigten Ausgaben mit dem Satzungszweck der mitbeteiligten Partei vereinbar wären.

3 Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich führte im angefochtenen Erkenntnis vom 27. Juli 2016 unter anderem begründend aus, es sei im vorliegenden Fall klar, dass es den revisionswerbenden Parteien im Endeffekt ausschließlich darum gehe, darzutun, dass der ihnen vorgeschriebene Kostenbeitrag im Ausmaß von EUR 3.091,92 nicht gerechtfertigt sei und ihnen die bereits geleistete Zahlung zurückerstattet werden müsse. Wie die BH unwidersprochen ausgeführt habe, sehe weder das WRG 1959 noch die Satzung der mitbeteiligten Partei explizit eine Verpflichtung der mitbeteiligten Partei zur Rechnungslegung gegenüber ihren Mitgliedern vor. Derartiges würden auch die revisionswerbenden Parteien nicht behaupten.

4 Die Zuständigkeit der Wasserrechtsbehörde zur Entscheidung über Streitigkeiten aus dem Genossenschaftsverhältnis nach § 85 Abs. 1 WRG 1959 setze aber voraus, dass ein Streit über die Rechte der Genossenschaft gegenüber dem Mitglied, die Rechte des Mitgliedes gegenüber der Genossenschaft oder die Rechte gegenüber anderen Mitgliedern vorliege. Eine solche Streitigkeit läge daher im vorliegenden Fall nur vor, wenn das WRG 1959 oder die Satzung der mitbeteiligten Partei wenigstens grundsätzlich ein eigenes subjektives Recht der einzelnen Mitglieder auf Rechnungslegung statuieren würden. Dies sei jedoch nicht der Fall.

5 Freilich sei die Verpflichtung zur Beitragsleistung, um die es eigentlich gehe, auf das Genossenschaftsverhältnis zurückzuführen. Das Mitglied habe Anspruch darauf, dass ihm nur solche Beiträge vorgeschrieben würden, die in den Satzungen und Beschlüssen der Genossenschaft ihre Deckung fänden. Dass zur Beurteilung der Rechtmäßigkeit von Beitragsvorschreibungen möglicherweise Abrechnungen und sonstige Unterlagen notwendig seien, begründe jedoch kein eigenes subjektives Recht der Mitglieder auf Rechnungslegung. Die Überprüfung anhand solcher Unterlagen könne nämlich - die Relevanz für die Rechtmäßigkeit der Beitragsvorschreibung selbst vorausgesetzt, was für den vorliegenden Fall ausdrücklich dahingestellt werde - im Zusammenhang mit der Beitragsvorschreibung bzw. im Streit über die Rechtmäßigkeit des Beitrages, sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach, geltend gemacht werden. Es bedürfe daher, jedenfalls im gegenständlichen Zusammenhang, auch aus Rechtsschutzüberlegungen nicht der Annahme eines impliziten subjektiven Rechts auf Rechnungslegung.

6 Die Zulässigkeit der Revision begründete das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich wie folgt: Zur Frage, ob einem Mitglied einer Wassergenossenschaft unabhängig von einer entsprechenden Regelung in der Satzung ein selbständiges (unabhängig von einem konkreten Streitfall durchsetzbares) subjektives Recht auf Rechnungslegung gegenüber der Wassergenossenschaft zukomme, liege noch keine Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes vor.

7 Dagegen richtet sich die vorliegende Revision, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden. Zur Zulässigkeit der Revision verweisen die revisionswerbenden Parteien auf die Begründung des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich.

8 Die BH und die mitbeteiligte Partei erstatteten Revisionsbeantwortungen, in denen sie die kostenpflichtige Abweisung der Revision als unbegründet beantragten.

9 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).

10 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

11 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden.

12 Nach der hg. Rechtsprechung liegt trotz Fehlens einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dann keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor, wenn die Rechtslage eindeutig ist (VwGH 28.7.2017, Ra 2017/07/0062, mwN).

13 Gemäß § 85 Abs. 1 erster Satz WRG 1959 obliegt die Aufsicht über die Wassergenossenschaften der zuständigen Wasserrechtsbehörde, die auch über alle aus dem Genossenschaftsverhältnis und den wasserrechtlichen Verpflichtungen der Genossenschaft entspringenden Streitfälle zu entscheiden hat, die nicht im Sinne des § 77 Abs. 3 lit. i beigelegt werden.

14 Die in § 85 Abs. 1 leg. cit. genannte Bestimmung des § 77 Abs. 3 lit. i. leg. cit. ordnet an, dass die Satzungen (u.a.) Bestimmungen über die Schlichtung der zwischen den Mitgliedern oder zwischen ihnen und der Genossenschaft aus dem Genossenschaftsverhältnis entstandenen Streitigkeiten zu enthalten haben.

15 Die Aufsicht über die Wassergenossenschaften gemäß § 85 Abs. 1 leg. cit. ist grundsätzlich von Amts wegen auszuüben. Ein subjektives Recht auf eine aufsichtsbehördliche Entscheidung besteht nur in solchen Fällen, in denen das Gesetz der Genossenschaft oder einer anderen Person eine Antragslegitimation zuerkennt (VwGH 7.7.2005, 2002/07/0008, mwN).

16 Streitfälle entspringen dann dem Genossenschaftsverhältnis, wenn sie Mitglieder oder Organe einer rechtskräftig gebildeten Wassergenossenschaft betreffen und wenn der Rechtsgrund der strittigen Befugnis oder des strittigen Anspruches in den §§ 73 bis 76 WRG 1959 oder in der Satzung oder in einschlägigen Übereinkommen oder in ordnungsgemäßen Beschlüssen der Genossenschaftsorgane wurzelt. Gegenstand einer Streitigkeit aus dem Genossenschaftsverhältnis kann also nur sein, was das Wasserrechtsgesetz und die darauf gegründeten Rechtsakte, insbesondere die Satzungen, über das Genossenschaftsverhältnis bestimmen (VwGH 29.6.2000, 98/07/0182, mwN).

17 Eine Streitentscheidung im Sinne des § 85 Abs. 1 WRG 1959 ist dadurch gekennzeichnet, dass sie Rechte der Genossenschaft gegen das Mitglied, Rechte des Mitgliedes gegenüber der Genossenschaft oder Rechte des Mitgliedes gegenüber anderen Mitgliedern zum Gegenstand hat (VwGH 7.7.2005, 2002/07/0098).

18 Eine solche Streitigkeit läge nach dem Vorgesagten nur vor, wenn das WRG 1959 oder die Satzung der mitbeteiligten Partei ein selbständiges, von einer konkreten Streitigkeit aus dem Mitgliedschaftsverhältnis losgelöstes, subjektives Recht der revisionswerbenden Parteien auf Rechnungslegung gegenüber der mitbeteiligten Partei statuieren würde. Dies ist jedoch - wie bereits vom Landesverwaltungsgericht zutreffend ausgeführt wurde - nicht der Fall.

19 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

20 Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 25. Oktober 2017

Schlagworte

Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2017:RO2016070014.J00

Im RIS seit

05.12.2017

Zuletzt aktualisiert am

27.12.2017
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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