TE OGH 2017/10/25 3Ob169/17z

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Veröffentlicht am 25.10.2017
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Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr.

 Hoch als Vorsitzenden sowie die Hofräte Dr. Jensik und Dr. Roch und die Hofrätinnen Dr. Weixelbraun-Mohr und Dr. Kodek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Aktiengesellschaft A*****, vertreten durch Dorda Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die beklagte Partei V*****, vertreten durch Ehrlich-Rogner & Schlögl Rechtsanwalts-Partnerschaft in Wien, wegen 9.358.289,19 EUR sA, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom 22. August 2017, GZ 11 R 112/17x-18, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß

§ 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1. Nach § 66 Abs 1 JN ist der Wohnsitz einer Person an dem Ort begründet, an welchem sie sich in der erweislichen oder aus den Umständen hervorgehenden Absicht niedergelassen hat, daselbst ihren bleibenden Aufenthalt zu nehmen.

Von einem Wohnsitz kann nur dann die Rede sein, wenn neben dem körperlichen Moment des tatsächlichen Aufenthalts an einem bestimmten Ort das Willensmoment der erweislichen Absicht, dort einen bleibenden Aufenthalt zu nehmen, nach außen hin erkennbar wird

(RIS-Justiz RS0046600 [T3]). Ein Mehrfachwohnsitz ist möglich, wenn die Absicht besteht, die mehreren Orte zum jeweiligen Mittelpunkt der Lebensführung zu machen (RIS-Justiz

RS0046688).

Für die Frage der Begründung eines – zweiten – Wohnsitzes ist nicht allein die Dauer der Aufenthalte ausschlaggebend, sondern vor allem auch, ob Umstände vorliegen, die eine dauernde Beziehung zwischen einer Person und ihrem Aufenthalt anzeigen. Entscheidend ist, dass der Aufenthaltsort bewusst zum wirtschaftlichen, beruflichen und gesellschaftlichen Mittelpunkt gemacht wird (RIS-Justiz

RS0046688 [T3]).

2. Die behördliche Meldung ist demgegenüber für die Wohnsitzbegründung oder -aufgabe ohne Bedeutung (

RIS-Justiz

RS0046711 [T1]; RS0046692). Der erkennende Senat sieht sich durch die im außerordentlichen Revisionsrekurs ins Treffen geführte – nicht näher
begründete – Lehrmeinung von Mayr in Rechberger4 § 66 JN Rz 2 aE, wonach sich derjenige, der durch eine behördliche Meldung nach außen hin den Rechtsschein erwecke, es bestehe dort ein Wohnsitz, „auch gefallen lassen muss“, dort geklagt zu werden, nicht veranlasst, von dieser Rechtsprechung abzugehen.

3. Der Oberste Gerichtshof hat bereits judiziert, dass der Grundsatz, wonach jede Partei die für ihren Rechtsstandpunkt günstigen Tatsachen zu beweisen hat, auch für prozessuale Tatbestände wie die örtliche Zuständigkeit oder inländische Gerichtsbarkeit gilt (RIS-Justiz

RS0037797 [T34]). Demgemäß gehen die vom Rekursgericht geprüften und übernommenen Negativfeststellungen des Erstgerichts zum Aufenthalt des Beklagten an der im Sprengel des Erstgerichts liegenden Adresse zu Lasten der Klägerin.

4. Soweit die Klägerin die Auffassung vertritt, diese Negativfeststellungen seien ohne Relevanz, weil sich aus den übrigen Feststellungen entgegen der Ansicht der Vorinstanzen der Schluss ziehen lasse, dass der Beklagte (mit unstrittigem Wohnsitz in Moskau) im Sprengel des Erstgerichts einen zweiten Wohnsitz bzw gewöhnlichen Aufenthalt habe, versucht sie im Ergebnis in unzulässiger Weise, die – vor dem Obersten Gerichtshof unangreifbare – Beweiswürdigung der Tatsacheninstanzen zu bekämpfen (RIS-Justiz RS0123663; RS0040278 [T1]).

Textnummer

E119948

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2017:0030OB00169.17Z.1025.000

Im RIS seit

05.12.2017

Zuletzt aktualisiert am

14.01.2022
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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