TE OGH 2017/9/27 1Ob170/17g

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Veröffentlicht am 27.09.2017
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Sailer als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ.-Prof. Dr. Bydlinski, Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger und Dr. Steger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei DDr. G***** H*****, vertreten durch die Pallauf Meißnitzer Staindl & Partner, Rechtsanwälte, Salzburg, gegen die beklagte Partei Republik Österreich (Bund), vertreten durch die Finanzprokuratur in Wien, wegen 25.000 EUR sA, über die „außerordentliche“ Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 26. Juli 2017, GZ 14 R 42/17z-34, mit dem das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 27. Jänner 2017, GZ 30 Cg 2/16h-30, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Akten werden dem Erstgericht zurückgestellt.

Text

Begründung:

Das Erstgericht wies sowohl das Hauptbegehren auf Zahlung von 25.000 EUR sA als auch das auf Feststellung gerichtete und vom Kläger mit 25.000 EUR bewertete Eventualbegehren ab.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht Folge und sprach aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei.

Die gegen dieses Urteil erhobene „außerordentliche“ Revision des Klägers legte das Erstgericht dem Obersten Gerichtshof unmittelbar zur Entscheidung vor. Diese Vorgangsweise widerspricht der geltenden Rechtslage:

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 502 Abs 3 ZPO ist die Revision – außer im Fall des § 508 Abs 3 ZPO – jedenfalls unzulässig, wenn der Entscheidungsgegenstand an Geld oder Geldeswert zwar 5.000 EUR, nicht aber insgesamt 30.000 EUR übersteigt und das Berufungsgericht die ordentliche Revision nach § 500 Abs 2 Z 3 ZPO – wie hier – für nicht zulässig erklärt hat. Unter diesen Voraussetzungen kann jedoch eine Partei gemäß § 508 Abs 1 ZPO binnen vier Wochen nach der Zustellung des Berufungsurteils den beim Erstgericht (§ 508 Abs 2 erster Satz ZPO) einzubringenden Antrag an das Berufungsgericht stellen, seinen Ausspruch dahingehend abzuändern, dass die ordentliche Revision doch für zulässig erklärt werde; ein solcher Antrag, der mit der ordentlichen Revision zu verbinden ist, muss die Gründe dafür anführen, warum entgegen dem Ausspruch des Berufungsgerichts nach § 502 Abs 1 ZPO die ordentliche Revision für zulässig erachtet wird.

Im vorliegenden Fall übersteigt der Gegenstand, über den das Berufungsgericht entschieden hat, nicht 30.000 EUR. An dieser Beurteilung ändert auch der Umstand nichts, dass der Kläger ein Eventualbegehren gestellt hat. Bei Erheben eines Eventualbegehrens würde es genügen, wenn der dafür bestehende Streitwert die Revisionsgrenze übersteigt (RIS-Justiz RS0039370; RS0042305 [T2, T6]). Der Kläger hat das Eventualbegehren auf Feststellung im Hinblick auf die daran anknüpfende Höhe der Prämie ebenfalls mit 25.000 EUR bewertet. Damit entspricht der Streitwert des Eventualbegehrens dem des Hauptbegehrens (ebenso im Fall der unterlassenen Bewertung des Eventualbegehrens: 4 Ob 192/11f = RIS-Justiz RS0039370 [T3] = RS0042305 [T8]; RS0109031); keines der beiden Begehren übersteigt 30.000 EUR.

Zwar hat der Kläger das Rechtsmittel rechtzeitig beim Erstgericht eingebracht und darin auch ausgeführt, warum er entgegen dem Ausspruch des Berufungsgerichts die Revision für zulässig erachtet. Der Revision fehlt freilich die ausdrückliche Erklärung, dass der Antrag auf Abänderung des Zulässigkeitsausspruchs durch das Berufungsgericht (§ 508 Abs 1 ZPO) gestellt werde. Im Streitwertbereich des § 502 Abs 3 ZPO sind Rechtsmittel gegen Entscheidungen, gegen die nach dem Ausspruch der zweiten Instanz die ordentliche Revision nicht zulässig ist, nur dem Gericht zweiter Instanz (sofort), nicht aber dem Obersten Gerichtshof vorzulegen (§ 507b Abs 2 ZPO); dieser darf über das Rechtsmittel nämlich nur und erst entscheiden, wenn das Gericht zweiter Instanz gemäß § 508 Abs 3 ZPO ausgesprochen hat, dass ein ordentliches Rechtsmittel doch zulässig sei (RIS-Justiz RS0109501 [T4]; RS0109623 [T16]).

Das Rechtsmittel wäre demnach – auch wenn es als „außerordentliches“ bezeichnet wird – dem Berufungsgericht vorzulegen gewesen. Dies wird das Erstgericht nunmehr nachzuholen haben. Ob die im Schriftsatz enthaltenen Ausführungen, wonach die Revision zulässig sei, den Erfordernissen des § 508 Abs 1 ZPO entsprechen, bleibt der Beurteilung der Vorinstanzen vorbehalten (RIS-Justiz RS0109501 [T12]; RS0109623 [T5]).

Aus diesen Erwägungen sind die Akten dem Erstgericht zurückzustellen.

Textnummer

E119867

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2017:0010OB00170.17G.0927.000

Im RIS seit

29.11.2017

Zuletzt aktualisiert am

24.01.2019
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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