TE Lvwg Erkenntnis 2017/11/7 LVwG-2014/36/0419-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 07.11.2017
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Entscheidungsdatum

07.11.2017

Index

23/04 Exekutionsordnung;
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;

Norm

EO §35
BAO §279

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol hat durch seine Richterin Dr. Barbara Gstir über die Beschwerde der AA, nunmehr wohnhaft in **** Z, Z ****, gegen den Bescheid des Amtes der Tiroler Landesregierung vom 16.12.2013,
Zl ****,

zu Recht erkannt:

1.   Gemäß § 279 BAO wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

2.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG unzulässig.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Beschwerdeführern und den im Beschwerdeverfahren Beigetretenen steht das Recht zu, innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung dieser Entscheidung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof zu erheben. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - durch eine bevollmächtigte Rechtsanwältin oder einen bevollmächtigten Rechtsanwalt beim Verfassungsgerichtshof eingebracht werden.

Den Parteien des Beschwerdeverfahrens steht das Recht zu, innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung dieser Entscheidung eine ordentliche/außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben. Die Revision muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - durch eine bevollmächtigte Rechtsanwältin oder Wirtschaftstreuhänderin oder durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt oder Wirtschaftstreuhänder beim Landesverwaltungsgericht Tirol eingebracht werden.

Die für eine Beschwerde oder Revision zu entrichtenden Eingabegebühren ergeben sich aus § 17a Verfassungsgerichtshofgesetz 1953 und § 24a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985.

Sie haben die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden kann.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.  Entscheidungswesentlicher Sachverhalt:

Vom Amt der Tiroler Landesregierung wurde der Rückstandsausweis vom 17.09.2013,
Zl ****, ausgestellt, der Abgabenrückstände von Frau AA (in der Folge: Beschwerdeführerin) nach dem Tiroler Tourismusgesetz 2006 für das Hotel mit der Adresse 1 in **** Z, nämlich Pflichtbeiträge an den Tourismusverband BB und den Tiroler Tourismusföderungsfonds für die Jahre 2006 und 2007 samt Nebenansprüchen in Höhe von insgesamt Euro 1.600,40 ausweist.

Die aufgrund dieses Rückstandsausweises beim Bezirksgericht Y beantragte Exekution wurde mit Beschluss des Bezirksgerichtes Y vom 19.09.2013, Zl ****, bewilligt.

In weiterer Folge wurde dann mit Beschluss des Bezirksgericht Y vom 01.10.2013,
Zl ****, die bewilligte Exekution gemäß § 54e Abs 1 Z 2 EO eingestellt, weil der Exekutionstitel nicht mit sämtlichen im Exekutionsantrag enthaltenen Angaben darüber, übereinstimmt.

Im Weitern wurde vom Amt der Tiroler Landesregierung der Rückstandsausweis vom 08.10.2013, Zl ****, ausgestellt, der Abgabenrückstände der Beschwerdeführerin nach dem Tiroler Tourismusgesetz 2006 für das Hotel mit der Adresse 1 in **** Z, nämlich Pflichtbeiträge an den Tourismusverband BB und den Tiroler Tourismusföderungsfonds für die Jahre 2006 und 2007 samt Nebenansprüchen in Höhe von nunmehr insgesamt Euro 1.681,30 ausweist.

Aufgrund dieses Rückstandsausweises wurde beim Bezirksgericht Y ein Exekutionsantrag eingebracht, und wurde mit Beschluss des Bezirksgericht Y vom 10.10.2013,
Zl ****, die Gehaltsexekution bewilligt.

In der am 18.10.2013 bei der belangten Behörde eingebrachten Eingabe vom 16.10.2013 führte die nunmehrige Beschwerdeführerin im Wesentlichen zusammengefasst Folgendes aus:

Zum einem gebe es keinen vollstreckbaren Bescheid vom 08.10.2013 und habe sie einen solchen auch nicht erhalten. Zum anderen werde die Vollstreckbarkeit des nicht zugestellten Bescheides vom 08.10.2013 ausdrücklich bestätigt. Nun sei aber lt Gesetz ein Rückstandsausweis kein Bescheid und könne daher als Nichtbescheid auch deshalb nicht bekämpft werden. Weiters seien die Pflichtbeiträge für das Jahr 2006 und 2007, die pünktlich bezahlt worden seien, auch schon verjährt und gebe es den Tourismusverband BB schon lange nicht mehr. Er könne daher mit Zeitpunkt 08.10.2013 keine Geldforderungen an Zwangsmitglieder mehr stellen. Zudem wurde mit näheren Ausführungen vorgebracht, dass auch zu klären sei, ob die Einhebung von Tourismusabgaben in Bezug auf „§ 177 EGVÖ“ überhaupt zulässig sei. Da das Tiroler Tourismusgesetz mehrwertsteuerähnliche Abgaben vorsehe, sei diese Vorgangsweise aus kompetenzrechtlicher Sicht verfassungswirdig. Es liege daher der Aufschiebungstatbestand nach § 42 Abs 1 Z 5 EO vor und wurde dieser Antrag ausdrücklich gestellt. Es sei auch genau zu klären, was die Beweggründe für dieses rechtswidrige Verhalten der betreibenden Partei, die es rechtlich gar nicht gebe, sei.

Mit Beschluss des Bezirksgericht Y vom 21.10.2013, Zl ****, wurde die aufgrund des Rückstandsausweises vom 08.10.2013, Zl ****, bewilligte Exekution gemäß § 54e Abs 1 Z 2 EO eingestellt, weil der Exekutionstitel nicht mit sämtlichen im Exekutionsantrag enthaltenen Angaben darüber übereinstimmt.

Mit dem gegenständlich bekämpften Bescheid des Amtes der Tiroler Landesregierung vom 16.12.2013, ****, wurden die Einwendungen von Frau AA gegen den Rückstandsausweis vom 08.10.2013, Zl ****, als unbegründet abgewiesen. Die Entscheidung begründend wurde im Wesentlichen zusammengefasst ausgeführt, dass durch die zwischenzeitlich erfolgte Einstellung der Exekution mit Beschluss des Bezirksgerichtes Y vom 21.10.2013, 850 ****, die Beseitigung der Exekution endgültig erreicht wurde, sodass durch die Einstellung des Exekutionsverfahrens das Rechtsschutzinteresse der Beschwerdeführerin an der Erledigung ihrer Einwendungen im Umfang der Beseitigung des Exekutionstitels weggefallen ist. Diesbezüglich ist keine Exekution mehr anhängig und auch nicht mehr möglich. Da der gegenständliche Exekutionstitel mangels Übereinstimmung mit den Angaben im Exekutionsantrag nach der Bewilligung der Exekution zur Einstellung desselben führte und dieser sohin auch keiner Verbesserung mehr zugänglich ist, sind die Einwendungen, über die die Abgabenbehörde abzusprechen hat, als unbegründet abzuweisen. Insoweit die Aufschiebung der Exekution nach § 42 EO beantragt wurde, wurde in der bekämpften Entscheidung ausgeführt, dass darüber das zuständige Gericht abzusprechen hat.

Dagegen brachte die nunmehrige Beschwerdeführerin die am 02.01.2014 bei der Abgabenbehörde eingelangte Eingabe (ohne Datumsangabe) ein, die als fristgerechte Beschwerde gemäß § 243 BAO zu qualifizieren ist.

Darin wurde im Wesentlichen zusammengefasst vorgebracht, dass wegen eines angeblich vollstreckbaren Bescheides vom 17.09.2013 und Rückstandsausweis vom 18.09.2013 der Tourismusverband BB im Wege der Tiroler Landesregierung wegen einer Forderung in der Höhe von Euro 1.600,40 beim Bezirksgericht Y zu Zl **** Exekution geführt habe. Am 26.09.2013 sei diese Bewilligung beim Bezirksgericht Y mit der Begründung angefochten worden, dass bereits Verjährung eingetreten sei, woraufhin das Exekutionsverfahren eingestellt worden sei. Aber bereits am 08.10.2013 sei aufgrund eines Rückstandsausweises vom selben Tag beim Bezirksgericht Y zu Zl **** eine Gehaltsexekution betreffend Pflichtbeiträge für die Jahre 2006 und 2007 beantragt worden, die vom Bezirksgericht Y abgewiesen worden sei. Es handle sich also um die gleichen Forderungen, die zwei verschiedene Bescheide und Rückstandsausweise betreffen würde. Weiters wurde vorgebracht, dass die Bescheide vom 18.09.2013 und vom 08.10.2013 als nicht erlassen gelten würden, da diese nie zugestellt worden seien. Der nicht existierende Bescheid vom 08.10.2013 könne daher auch nicht Grundlage für eine Geldforderung sein. Im Bescheid vom 16.12.2013 sei fälschlich von nicht entrichteten Pflichtbeiträgen für das Jahr 2006 die Rede. Gefordert werde aber ohne Konkretisierung auch ein solcher für das Jahr 2007. Es würden aber keine Rückstände bestehen, sondern es sei immer pünktlich bezahlt worden. Es handle sich also um eine reine Geldbeschaffungsaktion des rechtlich gar nicht mehr existierenden Tourismusverbandes BB. Zudem wurde ausgeführt, dass im Übrigen auch das Hindernis der Verjährung entgegenstehe, da die Verjährungsfrist nach der Tiroler Landesabgabenordnung 5 Jahre betrage. Der am 08.10.2013 erlassene Bescheid betreffend die Forderungen für die Jahre 2006 und 2007, der nie zugestellt worden sei, bleibe also wirkungslos. Der Tourismusverband BB bestehe seit dem 01.01.2008 nicht mehr und könne daher rechtlich keine Forderungen mehr erheben. Zudem wurde vorgebracht, dass die Begründung des Bescheides vom 08.10.2013 abenteuerlich erscheine, da darin die Existenz des Vorganges vom 18.09.2013 verschwiegen werde. Den Ausführungen auf Seite 3 dritter Absatz des gegenständlich bekämpften Bescheides stehe eine ganz andere Rechtsmeinung, ebenfalls den Tourismusverband W betreffend (Beschluss des LG X vom 02.05.2013, Zl ****), entgegen, mit genau der gegenteiligen Meinung. Zudem seien die Ausführungen auf Seite 3 dritter Absatz des gegenständlich bekämpften Bescheides nicht nachvollziehbar, da dies eine entscheidende Schlechterstellung der Interessen der Beschwerdeführerin wäre, die schon nach dem Gesetz nicht zulässig sei, denn man könne jemanden nicht vor vollzogene Tatsachen stellen, ohne dass man sich dagegen wehren könne.

Es wurde daher von der Beschwerdeführerin beantragt, den angefochtenen Bescheid ersatzlos zu beheben.

II. Beweiswürdigung

Beweis wurde aufgenommen durch Einsicht in den übermittelten Abgabenakt der belangten Behörde. Der entscheidungsrelevante Sachverhalt steht im gegenständlichen Verfahren aufgrund der Aktenlage fest. Dies lässt bereits erkennen, dass eine mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache im entscheidungswesentlichen Umfang nicht erwarten lässt. Im Übrigen wurde die Durchführung einer mündlichen Verhandlung auch von keiner der Parteien beantragt. Die vorliegende Entscheidung konnte daher ohne Durchführung einer Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht Tirol getroffen werden.

III. Rechtliche Erwägungen:

Soweit in der Beschwerde zunächst vorgebracht wird, dass die „Bescheide“ vom 18.09.2013 und vom 08.10.2013 als nicht erlassen gelten würden, da diese nie zugestellt worden seien und daher auch nicht Grundlage für eine Geldforderung sein könnten, ist dazu Folgendes auszuführen:

In der Eingabe der Beschwerdeführerin vom 16.10.2013 wurden mit näheren Ausführungen Einwendungen gegen den Rückstandsausweis vom 08.10.2013 erhoben und die Aufschiebung der Exekution nach § 42 Abs 1 Z 5 EO beantragt.

In dem von der belangten Behörde übermittelten Akt finden sich keine Bescheide vom 18.09.2013 und vom 08.10.2013, sondern ua die Ausfertigungen vom 17.09.2013, Zl **** und vom 08.10.2013, Zl ****, und handelt es sich bei diesen jeweils um Rückstandsausweise.

Ein Rückstandsausweis bestätigt den Bestand und die Vollstreckbarkeit einer Abgabenschuld und ist ein Rückstandsausweis weder ein dem Abgabenschuldner noch ein dem Verpflichteten im Exekutionsverfahren zuzustellender Bescheid (vgl VwGH 28.09.1951, Zl 849/49; VwGH 27.11.2000, Zl 2000/17/0100; VwGH 24.10.2002, Zl 2000/15/0141).

Den gegenständlichen Ausfertigungen der belangten Behörde vom 17.09.2013,
Zl **** und vom 08.10.2013, Zl ****, kommt daher keine Bescheidqualität zu.

Rückstandsausweise stellen aus den Rechnungsbehelfen der Behörde gewonnene Aufstellungen über Zahlungsverbindlichkeiten dar und sind eine öffentliche Urkunde über den Bestand und die Vollstreckbarkeit von Abgabenschulden (vgl VwGH 29.09.1997,
Zl 96/17/0454; VwGH 10.06.2002, Zl 2002/17/0063; VwGH 24.10.2002, Zl 2000/15/0141).

Eine Zusendung des Rückstandsausweises an den Abgabenpflichtigen ist gesetzlich nicht vorgesehen (VwGH 14.11.1980, Zl 1223/80; VwGH 09.11.2011, 2009/16/0175; ua).

Die Vollstreckbarkeit von Rückstandsausweisen hängt daher auch nicht von ihrer vorherigen Zustellung an den Vollstreckungsschuldner ab (vgl VwGH 27.11.2000, Zl 2000/17/0100; ua).

Dem Beschwerdevorbringen, dass die Rückstandsausweise nicht zugestellt und daher nicht erlassen worden seien, kommt daher keine Berechtigung zu.

Soweit in der Beschwerde weiters vorgebracht wird, dass der Tourismusverband BB seit dem 01.01.2008 nicht mehr bestehe und daher rechtlich keine Forderungen mehr erheben könne, ist dazu allgemein darauf hinzuweisen, dass gemäß § 1 Abs 5 Tiroler Tourismusgesetz 2006 im Fall der Neuerrichtung eines Tourismusverbandes oder der Erweiterung des Gebietes eines bestehenden Tourismusverbandes unter gleichzeitiger Auflösung bestehender Tourismusverbände das Verbandsvermögen sowie sämtliche Rechte und Pflichten der aufgelösten Tourismusverbände auf den neuen Tourismusverband als Gesamtrechtsnachfolger übergehen.

Durch die Neuschaffung des Tourismusverbandes W mit Verordnung der Tiroler Landesregierung vom 18. Dezember 2007, LGBl Nr 91/2007, wurden die drei bis dahin bestehenden Tourismusverbände BB, CC aufgelöst.

Die Gesetzmäßigkeit der Verordnung der Landesregierung vom 18. Dezember 2007 über die erfolgte Neuerrichtung des Tourismusverbandes W wurde bereits vom Verfassungsgerichtshof geprüft und ist diese bejaht worden (vgl VfGH 10.12.2009, B 13/09).

Der nunmehrige Tourismusverband W ist sohin gemäß § 1 Abs 5 Tiroler Tourismusgesetz 2006 Gesamtrechtsnachfolger der vormals bestehenden Tourismusverbände BB, CC.

Hinsichtlich der in der Beschwerde vorgebrachten Einwendungen gegen den Rückstandsausweis, wobei insbesondere ausgeführt wird, dass ohne Konkretisierung auch Pflichtbeiträge für das Jahr 2007 gefordert würden, immer pünktlich bezahlt worden sei und daher keine Rückstände bestünden und im Übrigen auch das Hindernis der Verjährung entgegenstehe, ist dazu Folgendes weiter auszuführen:

Rechtserheblich sind Rückstandsausweise insofern, als diese gemäß § 229 BAO Exekutionstitel für das finanzbehördliche und gerichtliche Vollstreckungsverfahren und sohin unabdingbare Voraussetzung im Vollstreckungsverfahren sind (vgl auch § 4 AbgEO bzw § 1 Z 13 EO).

Sie entfalten ihre Wirkung daher erst im Vollstreckungsverfahren und besteht auch dort die Möglichkeit ihrer Überprüfung. So ist der Abgabenschuldner in der Lage, die Richtigkeit des Rückstandsauweises nach Bewilligung der Vollstreckung mit Einwendungen gegen den Anspruch zu bekämpfen.

Dabei ist eine Rechtswidrigkeit von Rückstandsausweisen mit Einwendungen geltend zu machen (vgl VwGH 09.03.1990, Zl 85/17/0116; VwGH 10.06.2002, Zl 2002/17/0063; VwGH 24.10.2002, Zl 2000/15/0141).

Die Zuständigkeit dafür richtet sich dabei nach den Vorschriften, die für das dem Exekutionstitel zugrunde liegende Verwaltungsverfahren gelten (vgl VwGH 09.12.1986,
Zl 86/07/0202; VwGH 29.05.2013, 013/16/0036; uva).

Hinsichtlich der Zuständigkeit ist weiters auszuführen, dass Einwendungen gegen Exekutionstitel bei jener Behörde geltend zu machen sind, von welcher der Exekutionstitel ausgegangen ist (vgl § 35 Abs 2 EO, § 12 Abs 2 AbgEO; VwGH 19.04.2012, 2012/01/0049 Thienel/Schulev-Steindl, Verwaltungsverfahrensrecht5, S 554).

Es sind daher Einwendungen gegen die materielle Gültigkeit, Gesetzmäßigkeit und Richtigkeit von Rückstandsausweisen nicht beim Exekutionsgericht, sondern im Verwaltungsweg geltend zu machen (3 Ob 199/00m RdW 2001/753; näher dazu Nunner-Krautgasser, ÖJZ 2000, 833).

In diesem Zusammenhang ist ergänzend darauf hinzuweisen, dass dagegen Einwendungen, die sich gegen den Abgabenanspruch oder gegen die Abgabenbescheide richten, im Abgabenverfahren mit Beschwerde gegen den jeweiligen Abgabenbescheid geltend zu machen sind (vgl Liebeg, Abgabenexekutionsordnung § 12 Rz 3).

Gemäß § 12 Abs 1 AbgEO können gegen den Anspruch im Zuge des finanzbehördlichen Vollstreckungsverfahrens nur insofern Einwendungen erhoben werden, als diese auf den Anspruch aufhebenden oder hemmenden Tatsachen beruhen, die erst nach Entstehung des diesem Verfahren zugrunde liegenden Exekutionstitels eingetreten sind.

Gemäß § 15 Abs 1 AbgEO sind im Exekutionstitel (§ 4) unterlaufene offenbare Unrichtigkeiten von Amts wegen oder auf Antrag des Abgabenschuldners zu berichtigen. Nach § 15 Abs 2 AbgEO ist eine gesetzwidrig oder irrtümlich erteilte Bestätigung der Vollstreckbarkeit der Behörde, die den Exekutionstitel ausgestellt hat, von Amts wegen oder auf Antrag des Abgabenschuldners aufzuheben. Mit diesem Antrag kann der Antrag auf Einstellung oder Aufschiebung der Vollstreckung verbunden werden.

Erkennt die Behörde, die den Exekutionstitel ausgestellt hat (Titelbehörde), von selbst, dass der Exekutionstitel an den im § 15 AbgEO angeführten Mängeln leidet (offenbare Unrichtigkeit, gesetzwidrig oder unrichtig erteilte Vollstreckbarkeitsklausel), so hat sie ihn von Amts wegen zu berichtigen bzw aufzuheben (formlos, ohne dass es eines förmlichen Bescheides bedarf).

Ebenso hat die Behörde vorzugehen, wenn sie auf solche Mängel durch einen Antrag des Vollstreckungsschuldners hingewiesen wird und den Antrag für gerechtfertigt erachtet.


Glaubt die Behörde jedoch einem solchen Vorbringen nicht oder nicht voll entsprechen zu können, muss grundsätzlich das Vorbringen als eine Einwendung nach § 13 AbgEO in Behandlung genommen und hierüber mit Bescheid abgesprochen werden (vgl VwGH 25.03.2004, Zl 2002/16/0266, mwN).

Wird – so wie auch gegenständlich vorgebracht - eine nicht bzw nicht rechtswirksame Zustellung auch der Abgabenbescheide behauptet, so bedeutet dies nichts anderes, als dass die Berechtigung der Abgabenbehörde zur Ausstellung eines Rückstandsausweises gem § 229 BAO bestritten wird. Darüber ist nur in einem Verfahren gemäß § 15 Abs 2 AbgEO abzusprechen (vgl Liebeg, Abgabenexekutionsordnung, § 15, Rz 4 mwN).

Eine Rechtswidrigkeit eines Rückstandsausweises kann sich aber nicht nur aus einer nicht ordnungsgemäßen Zustellung von Abgabenbescheiden ergeben. Rechtswidrig sind etwa auch Rückstandsausweise, mit welchen die Vollstreckbarkeit von Abgabenschuldigkeiten bestätigt wird, welche bereits getilgt sind (VwGH 24.10.2002, 2000/15/0141).

Wird aufgrund eines Rückstandsausweises gerichtlich Exekution geführt, dann hat über Einwendungen gemäß § 35 Abs 2 letzter Satz EO ebenfalls die Titelbehörde, die den Rückstandsausweis ausgestellt hat, zu entscheiden (vgl Liebeg, Abgabenexekutionsordnung, § 12, Rz 18).

Auch nach der Rechtsprechung der Zivilgerichte ist für Einwendungen gegen die Exekutionsbewilligung iSd § 36 Abs 1 EO gegen einen von einer Verwaltungsbehörde stammenden Titel (nach § 1 Z 12 EO) der Rechtsweg unzulässig, "wenn es um die sachliche Überprüfung des verwaltungsbehördlichen Exekutionstitels oder um die Richtigkeit der von der Verwaltungsbehörde ausgestellten Bestätigung der Vollstreckbarkeit geht" (VwGH 21.03.2005, 2004/17/0168).

Wurde daher – so wie auch im gegenständlichen Fall - wegen Abgabenforderungen ein gerichtliches Exekutionsverfahren eingeleitet, sind die dem § 12 AbgEO entsprechenden Einwendungen gemäß § 35 Abs 2 EO nicht im Klagewege (Oppositionsklage), sondern im Verwaltungsverfahren bei jener Behörde anzubringen, von welcher der Exekutionstitel ausgegangen ist (vgl VwGH 25.03. 2004, Zl 2002/16/0266, mwN).

In zeitlicher Hinsicht ist allerdings ergänzend auszuführen, dass Einwendungen gemäß § 12 Abs 1 AbgEO nur bis zur Beendigung der Anlassexekution erhoben werden können.

Auch die Exszindierungsklage ist nur ab Beginn der Exekution bis zur Beendigung der Exekution zulässig (vgl OGH 26.06.1996, Zl 3 Ob 6/96; OGH 25.10.2000, Zl 3 Ob 233/00m; ua).

Im gegenständlichen Fall wurde mit Beschluss des Bezirksgericht Y vom 01.10.2013,
Zl ****, die aufgrund des Rückstandsausweises vom 17.09.2013,
Zl ****, (Euro 1.600,40) bewilligte Exekution gemäß § 54e Abs 1 Z 2 EO eingestellt.

Auch die aufgrund des Rückstandsausweises vom 08.10.2013, Zl ****, (Euro 1.681,30) bewilligte Exekution wurde mit Beschluss des Bezirksgericht Y vom 21.10.2013, Zl ****, eingestellt.

Dieser Umstand ist für die Entscheidung über die von der Beschwerdeführerin erhobenen Einwendungen gegen den gegenständlichen Rückstandsausweis vom 08.10.2013,
Zl ****, von wesentlicher Bedeutung.

Derartige Einwendungen dürfen nämlich nur „im Zuge des Exekutionsverfahrens“ erhoben werden und unterliegen insofern einer zeitlichen Einschränkung.

"Im Zuge des Exekutionsverfahrens" bedeutet nach nunmehr überwiegender Auffassung die Zeit zwischen der Exekutionsbewilligung und der gänzlichen Beendigung (voller Erfolg der Exekution durch Vollzugsmaßnahmen [bei der Forderungsexekution volle Befriedigung durch Zahlung des Drittschuldners]; 3 Ob 51/93; 3 Ob 163/02w) oder der Einstellung einer Exekution (somit deren Abschluss kraft gerichtlicher Verfügung iSd § 39 Abs 1 EO) oder der rechtskräftigen Abweisung des Exekutionsantrags, setzt doch die Geltendmachung eines Oppositionsgrundes die Rechtskraft der Exekutionsbewilligung nicht voraus (3 Ob 213/02y = JBl 2003, 586 = EvBl 2003/111 = RZ 2003, 188 = RdW 2003, 451).

Wird die bei Einbringung der Oppositionsklage zunächst anhängig gewesene Exekution in der Folge beendet oder eingestellt oder wird die Exekutionsbewilligung durch die Rechtsmittelinstanzen beseitigt, so ist die Klage (bei Einstellung erst nach Rechtskraft des Einstellungsbeschlusses) wegen Wegfalls des Rechtsschutzinteresses abzuweisen (Jakusch aaO Rz 68 mwN aus der stRsp; OGH 25.02.2004, 3Ob111/03z; OGH 19.06.2013, 3Ob96/13h; VwGH 06.02.1998, Zl 97/02/0512;).

Da im gegenständlichen Fall mit Beschluss des Bezirksgericht Y vom 01.10.2013,
Zl ****, sowie mit weiterem Beschluss des Bezirksgerichts Y vom 21.10.2013, Zl ****, die jeweils bewilligte Exekution in beidem Fällen gemäß
§ 54e Abs 1 Z 2 EO eingestellt wurde, war sowohl das Exekutionsverfahren aufgrund des Rückstandsausweises vom 17.09.2013, Zl ****, als auch das Exekutionsverfahren aufgrund des Rückstandsausweises vom 08.10.2013,
Zl ****, im Zeitpunkt der Erlassung der gegenständlich bekämpften Entscheidung bereits beendet.

Wie auch von der belangten Behörde in der bekämpften Entscheidung zutreffend ausgeführt, ist damit im Lichte der vorzitierten höchstgerichtlichen Rechtsprechung das Rechtsschutzinteresse der nunmehrigen Beschwerdeführerin zur Entscheidung über ihre Einwendungen weggefallen.

Es hatte sich daher weder die belangte Behörde insbesondere mit den Einwendungen in der Eingabe vom 16.10.2013 gegen den Rückstandsausweis vom 08.10.2013, Zl ****, auseinanderzusetzen und war daher auch für das erkennende Gericht kein Eingehen auf das diesbezügliche Vorbringen in der Beschwerde geboten.

Soweit die Beschwerdeführerin daher insbesondere vorbringt, dass die Ausführungen auf der dritten Seite 3 dritter Absatz des gegenständlich bekämpften Bescheides nicht nachvollziehbar seien und es eine entscheidende Schlechterstellung der Interessen der Beschwerdeführerin sei, wenn man jemanden vor vollzogene Tatsachen stellen würde, ohne dass man sich dagegen wehren kann, kommt auch diesem Vorbringen keine Berechtigung zu.

Wenn von der nunmehrigen Beschwerdeführerin in ihrer Eingabe vom 16.10.2013 ausdrücklich die Aufschiebung der Exekution gemäß § 42 EO beantragt wurde, wird dazu – wenngleich in der Beschwerde nicht bekämpft - lediglich der Vollständigkeit halber noch Folgendes angemerkt:

Wird aufgrund eines Rückstandsausweises gerichtlich Exekution geführt, dann hat iSd § 42 Abs 1 Z 5 EO über die Aufschiebung der Exekution das Exekutionsgericht unabhängig davon zu entscheiden, ob die Titelbehörde oder das Gericht zur Entscheidung über die Einwendungen berufen ist (vgl Liebeg, Abgabenexekutionsordnung, § 13 Rz 25, OGH 26.06.1991, 3 Ob 14-18/91).

Wie von der belangten Behörde in der bekämpften Entscheidung daher zutreffend ausgeführt, würde die Zuständigkeit zur Entscheidung über einen Antrag auf Aufschiebung der Exekution dem betreffenden Exekutionsgericht zukommen, bei dem das konkrete Exekutionsverfahren anhängig ist.

IV. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Dazu wird insbesondere auf die in dieser Entscheidung abgeführte höchstgerichtliche Judikatur verwiesen, von der auch mit gegenständlicher Entscheidung nicht abgewichen wurde.

Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Landesverwaltungsgericht Tirol

Dr. Barbara Gstir

(Richterin)

Schlagworte

Rückstandsausweis; kein Rechtschutzinteresse;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2017:LVwG.2014.36.0419.1

Zuletzt aktualisiert am

27.11.2017
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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