TE Lvwg Erkenntnis 2017/10/20 LVwG-2017/23/1368-5

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 20.10.2017
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Entscheidungsdatum

20.10.2017

Index

25/01 Strafprozess;
82/02 Gesundheitsrecht allgemein;

Norm

StPO §117 Z3
StPO §119 Abs2
StPO §120 Abs1
StPO §170 Abs1
StPO §171 Abs1 Z1
SMG §27

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol hat durch seinen Vizepräsidenten Dr. Albin Larcher über die Beschwerde des AA, geb. am XX.XX.XXXX, vertreten durch BB Rechtsanwälte, Adresse 1, **** Z, gegen die Landespolizeidirektion Tirol als belangte Behörde wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt im Zeitraum vom 22.4.2017, 23:50 Uhr bis 23.4.2017, 01:00 Uhr nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung

zu Recht erkannt:

1.   Gemäß § 28 Abs 6 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

2.   Gemäß § 28 Abs 4 VwGVG iVm der VwG-Aufwandersatzverordnung hat der Beschwerdeführer die Kosten des Verfahrens zu tragen und der belangten Behörde den Vorlageaufwand und den Kostenaufwand für die Gegenschrift sowie den Verhandlungsaufwand in der Höhe von insgesamt € 887,20 binnen 14 Tagen zu ersetzen.

3.   Gemäß § 25 Abs 4 VwGG ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, und außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof, Judenplatz 11, 1014 Wien, erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen, und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Verfahrensgang:

Mit Schriftsatz vom 2.6.2017 erhob AA, geb. am 1.10.1996, vertreten durch die Rechtsanwaltskanzlei BB, binnen offener Frist Beschwerde gemäß Art 132 Abs 2 B-VG iVm §§ 7 ff VwGVG wegen Verletzung subjektiver Rechte durch Ausübung sicherheitsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und brachte darin im Wesentlichen vor wie folgt:

Beschwerdegegenständlich sei das Verwaltungshandeln von Insp. CC und anderen, namentlich nicht bekannten Verwaltungsorgangen der PI Y im Zeitraum vom 22.4.2017, 23:50 Uhr bis 23.4.2017, 01:00 Uhr, bei welchem der Beschwerdeführer zunächst ohne hinreichende Rechtsgrundlage festgenommen worden sei und sich sodann anlässlich einer Durchsuchung seiner Kleidung aufgrund der Anordnung von Insp. CC vor diesem, sowie zwei weiteren, namentlich nicht bekannten Verwaltungsorganen in einem Dienstraum der PI Y gänzlich zu entkleiden gehabt habe.

Eine Anordnung der Staatsanwaltschaft Z bzw eine gerichtliche Bewilligung sei für dieses Verwaltungshandeln nicht vorgelegen. Auch sei eine derartige Ermittlungshandlung aufgrund von „Gefahr im Verzug“ nicht (vorläufig) zu rechtfertigen und sei auch im Nachhinein keine staatsanwaltliche Anordnung bzw eine gerichtliche Bewilligung eingeholt worden.

Aufgrund der Entscheidung des VfGH, VfSlg 19.281/2010, seien Handlungen der Kriminalpolizei im Dienste der Strafrechtspflege ohne staatsanwaltlichen Auftrag oder ohne gerichtliche Ermächtigung als Verwaltungsakte iSd Art 20 Abs 1 B-VG anzusehen und daher der belangten Behörde zuzurechnen.

Das beschwerdegegenständliche Verwaltungshandeln sei im Zeitraum zwischen 22.4.2017, 23:50 Uhr und 23.4.2017, 01:00 Uhr vorgenommen worden und sei die Beschwerde am 2.6.2017 innerhalb der Frist des § 7 Abs 4 VwGVG zur Post gegeben worden und daher rechtzeitig.

Der Beschwerdeführer habe sich am Abend des 22.4.2017 ab ca. 20:00 Uhr als Gast auf einer „Hausparty“ in einer Wohnung im Haus X-Gasse *1 in **** Z befunden. Aufgrund von Anrainerbeschwerden sei es gegen ca 23:15 Uhr zu einem behördlichen Einsatz gekommen und sei der Wohnungsinhaber von den Beamten dazu aufgefordert worden, die Feier zu beenden, was dann auch tatsächlich geschehen sei. Die im Gehen begriffenen Partygäste, darunter der Beschwerdeführer, hätten sich gegen ca 23:40 Uhr im Nahbereich der oben bezeichneten Wohnung, im Kreuzungsbereich X-Gasse/W-Gasse in Z, aufgehalten.

Offenbar aufgrund neuerlicher Anrainerbeschwerden sei dann ein weiterer Polizeieinsatz betreffend die sich noch im Kreuzungsbereich aufhaltenden jungen Erwachsenen gefolgt. In weiterer Folge sei es aus jugendlichem Übermut und daraus resultierenden Provokationen gegen die einschreitenden Beamten zur Festnahme von DD und EE gekommen. Der Beschwerdeführer habe diese Festnahmen kommentiert und den Beamten sinngemäß zugerufen, dass sie ihren Job ja ganz toll machen würden und habe diese provozierend gefragt, ob er sich denn bei ihnen für einen Job bewerben könne. Daraufhin sei er von einem Beamten aufgefordert worden, sich auszuweisen. Dieser Aufforderung habe er keine Folge leisten können, da er seine Geldtasche nicht mit sich geführt habe. Auf Anweisung der Beamten habe der Beschwerdeführer sodann seine Hände an das Polizeiauto lehnen und seine Beine spreizen müssen. Es sei dann ein Abtasten seiner Kleidung erfolgt. Dabei sei eine geringe, ausschließlich für den Eigenverbrauch gedachte Menge Marihuana in seiner Hosentasche aufgefunden worden. Obwohl der Beschwerdeführer den Beamten versichert habe, dies ausschließlich zum eigenen Gebrauch zu verwenden, hätten die Beamten den Beschwerdeführer um ca 23:50 Uhr festgenommen und sei er per Polizeifahrzeug zur PI Y, Adresse 2, in Z gebracht worden. Dort sei er von den Beamten in ein im Erdgeschoß befindliches Dienstzimmer geführt worden und habe er sich vor insgesamt drei Beamten gänzlich entkleiden müssen. Splitternackt habe er vor den Beamten stehen müssen, während zwei der Beamten seine Kleidungsstücke inspiziert hätten und der dritte Beamte ihn beobachtet habe. Dies habe ca 5 min gedauert, bis ihm gestattet worden sei, sich wieder anzuziehen. Die polizeiliche Festhaltung des Beschwerdeführers habe am 23.4.2017 gegen 01:00 Uhr geendet.

Der Beschwerdeführer erachte sich in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten subjektiven Recht auf Schutz der persönlichen Freiheit gemäß Art 5 EMRK sowie dem BVG vom 29.11.1988 über den Schutz der persönlichen Freiheit verletzt:

Gemäß § 171 Abs 1 StPO sei eine Festnahme durch die Staatsanwaltschaft aufgrund einer gerichtlichen Bewilligung anzuordnen und von der Kriminalpolizei durchzuführen. Die Kriminalpolizei sei lediglich nach Maßgabe des § 171 Abs 2 StPO berechtigt, den Beschuldigten „von sich aus“ festzunehmen. Gemäß § 170 Abs 3 StPO seien Festnahme und Anhaltung nicht zulässig, soweit sie zur Bedeutung der Sache außer Verhältnis stünden. Im gegenständlichen Fall habe sich für die Beamten aufgrund der geringfügigen aufgefundenen Menge von Marihuana nur ein Tatverdacht für das Vergehen des § 27 Abs 1 Z 1 SMG ergeben. Die in weiterer Folge vorgenommene Festnahme stehe in Hinblick auf die geringfügige Bedeutung der Sache völlig außer Verhältnis.

Der Beschwerdeführer erachte sich in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten subjektiven Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens gemäß Art 8 EMRK verletzt:

Eine Besichtigung des unbekleideten Körpers einer Person iSd § 117 Z 3 lit b StPO sei gemäß § 120 Abs 1 StPO nur zulässig, wenn sie von der Staatsanwaltschaft aufgrund einer gerichtlichen Bewilligung angeordnet worden sei. Diese gerichtliche Bewilligung bzw die staatsanwaltschaftliche Anordnung seien im gegenständlichen Fall jedoch nicht eingeholt worden.

Das Landesverwaltungsgericht Tirol möge daher gemäß § 28 Abs 6 VwGVG die angefochtenen Akte unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig erklären und gemäß § 35 VwGVG erkennen, dass die Republik Österreich als zuständiger Rechtsträger der belangten Behörde schuldig sei, dem Beschwerdeführer die durch das verwaltungsgerichtliche Verfahren entstandenen Kosten im gesetzlichen Ausmaß zu Handen seines ausgewiesenen Vertreters binnen 2 Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Die Landespolizeidirektion Tirol als belangte Behörde erstatte am 26.6.2017 eine Gegenschrift und nahm darin zusammengefasst Stellung wie folgt:

Die Festnahme des Beschwerdeführers am 22.4.2017 um 23:50 Uhr in Z, Kreuzungsbereich W-Gasse/X-Gasse gemäß § 170 Abs 1 Z 1 iVm § 171 Abs 2 Z 1 StPO durch RI C sei zu Recht erfolgt, da er im Besitz von Suchtmittel gewesen sei und seine Identität an Ort und Stelle nicht mit der anlassbezogen erforderlichen Verlässlichkeit festgestellt werden habe können. Von einer Nicht-Zulässigkeit im Sinne des § 170 Abs 3 StPO könne bei Verdacht einer Straftat nach dem SMG, und sei es auch „nur“ nach § 27
Abs 1 SMG, keine Rede sein. Dass der Beschwerdeführer den Polizisten „versichert“ habe, das Suchtgift nur zum Eigengebrauch bei sich zu haben, mache die Maßnahme nicht unzulässig bzw unverhältnismäßig. Gemäß § 27 Abs 1 SMG drohe immerhin eine Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen, gemäß § 27 Abs 2 SMG eine Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen.

Auf der PI Y sei der Beschwerdeführer gemäß § 119 Abs 2 Z 1 und Z 2 StPO durch RI C durchsucht worden. Zweck der Untersuchung sei die Sicherstellung von weiteren Suchtmitteln oder anderen verbotenen Sachen gewesen. Aufgrund von „Gefahr im Verzug“ sei die Durchsuchung durch RI C aus eigenem erfolgt. A habe bereits zum Zeitpunkt der Festnahme ein aggressives und unkooperatives Verhalten gesetzt und seien bei ihm verbotene Gegenstände, nämlich 5,2 Gramm Cannabiskraut, vorgefunden worden. Es sei daher davon auszugehen gewesen, dass er im Falle des Besitzes von weiteren Suchtmitteln und eines weiteren Zuwartens, diese im/am Körper oder im Bereich seines Aktionsspielraumes in der Büroräumlichkeit der PI Y verstecken und vor dem Zugriff der Kriminalpolizei und der damit in Zusammenhang stehenden Sicherstellung zu entziehen versuchen werde. Von einer „rechtsgrundlosen und allein der Schikane dienenden Verwaltungshandlung“ könne daher keine Rede sein.

Die Dauer der gesamten Durchsuchung habe sich über einen Gesamtzeitraum von ca 5 min erstreckt, wobei die Dauer der Besichtigung des unbekleideten Körpers keinesfalls 10 Sekunden überschritten habe. Für die Dauer der mit A geführten Amtshandlung seien grundsätzlich zwei Beamte in der Büroräumlichkeit anwesend gewesen. Für die Dauer der Durchsuchung des A sei ein weiterer Beamter der Amtshandlung beigezogen worden, um einen schnelleren Ablauf der Durchsuchung zu gewährleisten. Die Durchsuchung sei in einem abgelegenen Raum der PI Y durchgeführt worden, sodass keine Verletzung des Anstandes und auch keine Verletzung schutzwürdiger Interessen des Beschwerdeführers erfolgt sei.

Die Landespolizeidirektion Tirol stellte daher den Antrag, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen und dem Beschwerdeführer gemäß § 1 Z 3, 4 und 5 der VwG-Aufwandersatzverordnung, BGBl II 517/2013, die Kosten für den Vorlageaufwand in Höhe von € 57,40, den Schriftsatzaufwand in Höhe von € 368,80 und den Verhandlungsaufwand in Höhe von € 461,--, sohin gesamt € 887,20, aufzuerlegen.

II.      Sachverhalt:

In der Nacht vom 22.4.2017 auf den 23.4.2017 kam es in der Zer Altstadt zu einem Polizeieinsatz durch Beamte der PI Y. AA war zunächst Gast einer privaten Party in einer Wohnung im Haus X-Gasse *1 in **** Z. Aufgrund von Anrainerbeschwerden kam es gegen 23:15 Uhr zu einem behördlichen Einsatz und wurde der Wohnungsinhaber von den Beamten aufgefordert, die Feier zu beenden, was auch geschah. Einige Partygäste, darunter der Beschwerdeführer, versammelten sich in weiterer Folge auf der Straße im Kreuzungsbereich X-Gasse/W-Gasse in Z. Es handelte sich dabei um eine Gruppe von etwa 20 bis 30 Personen, die sich laut verhielt. Insbesondere zählten der Beschwerdeführer sowie DD und EE zu den „Lauten“. RI CC und RI FF, beide dienstzugeteilt der PI Y, wurden am 22.4.2017 kurz vor Mitternacht per Funk als Unterstützung zu einer Amtshandlung in der X-Gasse gerufen. Es erfolgten Festnahmen von DD und EE. Der Beschwerdeführer befand sich in alkoholisiertem Zustand. Er verhielt sich gegenüber den einschreitenden Beamten provokant und bemerkte sinngemäß in sarkastischem Ton, dass sie einen tollen Job machen würden und ob er sich denn für einen Job bewerben könne. Außerdem hielt er RI C eine Bierdose unter die Nase und fragte, ob er einen Schluck nehmen wolle. Daraufhin forderte RI C AA auf, sich auszuweisen. Er hatte jedoch keinen Ausweis dabei, was er auch den Beamten mitteilte. Sodann holte er eine Geldtasche aus seiner Hosentasche hervor, welche jedoch nicht ihm gehörte. Es wurden keine anderen Personen der Gruppe als Identitätszeugen befragt. RI C und RI G fixierten den Beschwerdeführer in weiterer Folge am Streifenfahrzeug und führten eine Personendurchsuchung durch, die die Auffindung eines Identitätsdokuments bezweckte. Da er keinen Ausweis bei sich hatte, konnte seine Identität nicht festgestellt werden. In seiner Hosentasche wurden jedoch Suchtmittel (Cannabis) gefunden, woraufhin RI C gegen 23:50 Uhr eine Festnahme nach der StPO aussprach und AA mittels Streifenfahrzeug auf die PI Y gebracht wurde. Dort wurde aufgrund seines alkoholisierten Zustands von einer sofortigen Vernehmung Abstand genommen und ihm eine Ladung für den nächsten Werktag ausgehändigt. Das Suchtgift und die fremde Geldtasche wurden sichergestellt. Anhand der vom Beschwerdeführer zur Verfügung gestellten Daten konnte aufgrund einer früheren ID-Behandlung ein Lichtbild gefunden und seine Identität somit geklärt werden. Er wurde in ein Büro geführt, wo er von zwei Beamten aufgefordert wurde, sich vollständig zu entkleiden. Dabei war auch noch ein dritter Beamter anwesend. Es ist nicht feststellbar, ob dem Beschwerdeführer vor der Aufforderung, seine Kleidung abzulegen, Gelegenheit dazu gegeben wurde, etwaige weitere Suchtgifte herauszugeben. Der Beschwerdeführer verhielt sich kooperativ und leistete keinen passiven Widerstand. Anschließend wurde die Kleidung und Unterwäsche sowie der gänzlich unbekleidete Körper des Beschwerdeführers ein paar Sekunden lang besichtigt, woraufhin er sich wieder bekleiden durfte. Die gesamte Personendurchsuchung dauerte wenige Minuten. Es kann nicht festgestellt werden, dass einer der Beamten während der Personendurchsuchung mit einem Schlagstock hantierte. Nach der Durchsuchung wurde der Beschwerdeführer über den weiteren Verfahrensablauf informiert und wurde sodann gegen 01:00 Uhr entlassen. Weder die Festnahme noch die Personendurchsuchung erfolgten auf Grund einer staatsanwaltschaftlichen Anordnung und einer richterlichen Bewilligung.

III.    Beweiswürdigung:

Am 11.9.2017 fand am Landesverwaltungsgericht Tirol eine öffentliche mündliche Verhandlung statt, anlässlich derer der Beschwerdeführer, RI CC, RI JJ und RI FF einvernommen wurden.

Unstrittig sind die Feststellungen hinsichtlich Ort und Zeit der Amtshandlung. Der weitere Ablauf der Amtshandlung wurde vom Beschwerdeführer und den Zeugen im Wesentlichen übereinstimmend geschildert.

Der Beschwerdeführer äußerte sich in der Verhandlung zusammengefasst dahingehend, dass sie zuerst auf einer Party gewesen seien und dann eine größere Gruppe von ca 30 Personen auf der Straße gestanden sei. Es sei dann die Polizei gekommen. Er selbst sowie DD und EE hätten zu den „Lauten“ gehört. Die Atmosphäre sei aber nicht ungut und nicht abwertend gewesen. DD und EE seien festgenommen worden. Er habe sich in die Festnahme nicht eingemischt, habe die Beamten dann aber in sarkastischem Ton gefragt, ob er sich bei ihnen bewerben könne und dass er ihr Tun super finde. Er sei von den Polizisten sodann aufgefordert worden, sich auszuweisen. Das sei ihm allerdings nicht möglich gewesen, da er in seiner Hosentasche lediglich die Geldtasche eines Freundes gehabt habe. Das habe er der Polizei auch mitgeteilt. Daraufhin sei er von den Beamten gegen das Polizeiauto gestellt und durchsucht worden. Bei dieser Gelegenheit hätten sie Suchtmittel in seiner Hosentasche gefunden. Er sei von den Beamten auf die PI Y gebracht worden und habe sich dort vollständig entkleiden müssen. Seine gesamte Kleidung sei durchsucht und seine Unterwäsche umgedreht worden. Er sei dabei nicht unkooperativ gewesen und habe keinen passiven Widerstand geleistet. Es seien drei Beamte während der Personendurchsuchung anwesend gewesen, wobei einer mal hinausgegangen sei. Die Türe des Raumes, in dem er sich ausziehen habe müssen, sei geöffnet gewesen. Bevor er sich ausziehen habe müssen, sei er nicht aufgefordert worden, allfällige weitere Suchtgifte herauszugeben. Während der Amtshandlung habe er das Gefühl gehabt, die Beamten hätten ihn einschüchtern wollen. Diese hätten in seiner Anwesenheit mit einem Schlagstock herumgespielt, woraufhin er sie aufgefordert habe, dies zu unterlassen. Dem seien sie jedoch nicht nachgekommen. Nach einigen Minuten habe er sich wieder ankleiden dürfen. Das Suchtmittel sei dann in einen anderen Raum gebracht worden. Zum Suchtmittelfund habe er sich nicht äußern wollen, er habe jedoch die Herkunft der Geldtasche, die einem Freund von ihm gehört habe, erklärt. Die ganze Amtshandlung habe ungefähr eine Stunde gedauert, danach habe er wieder gehen dürfen. Er sei bei dieser krassen Amtshandlung schon leicht illuminiert gewesen.

RI C führte in der Verhandlung zusammengefasst aus, dass er am 22.4.2017 gemeinsam mit seinem Kollegen F zum Streifendienst eingeteilt gewesen sei und kurz vor Mitternacht über Funk zu einer Amtshandlung gerufen worden sei. In der X-Gasse habe sich eine Gruppe von ca 20 bis 25 Personen befunden. Die Kollegen, die um Unterstützung gebeten hätten, hätten mitgeteilt, dass sich die Situation inzwischen wieder beruhigt hätte. In weiterer Folge sei ihm vom Beschwerdeführer eine Bierdose unter die Nase gehalten worden und er habe zu ihm gesagt, er solle einen Schluck trinken. Er habe den Beschwerdeführer dann zur Identitätsfeststellung aufgefordert. Dieser habe zuerst gesagt, dass er keine Dokumente dabei habe. Er habe dann aber eine Geldtasche aus der Hose geholt, welche er ihm gereicht habe. Er habe anhand der Dokumente in der Geldtasche erkannt, dass diese nicht dem Beschwerdeführer gehört habe. Er habe ihn darüber informiert, dass er gegen ihn eine Verwaltungsanzeige machen werde und deshalb seine Identität feststellen wolle. Der Beschwerdeführer habe herumgeschrien und herumgefuchtelt. Die Personengruppe sei zum Teil aggressiv und laut gewesen. Zuerst seien drei und dann vier Streifen anwesend gewesen. Sie seien jedoch in der Unterzahl gewesen. Da er die Identität des Beschwerdeführers nicht feststellen habe können, habe er zuerst darüber nachgedacht, eine der anwesenden Personen als Identitätszeugen zu befragen. Aufgrund des Verhaltens der Gruppe habe er dies jedoch unterlassen. Gemeinsam mit dem Kollegen G habe er den Beschwerdeführer am Streifenfahrzeug fixiert und eine Personendurchsuchung durchgeführt, deren Zweck das Auffinden eines Identitätsdokuments gewesen sei. Bei der Personendurchsuchung habe er dann Suchtmittel in der Hosentasche des Beschwerdeführers, aber kein Identitätsdokument gefunden. Der Beschwerdeführer habe keine eigene Geldtasche mitgehabt. Nach dem Suchtmittelfund habe er die Festnahme nach der StPO wegen des Suchtmittelfundes ausgesprochen. Er und sein Kollege F hätten den Beschwerdeführer sodann mit dem Streifenfahrzeug auf die PI Y gebracht. Dort habe er feststellen können, dass die sichergestellten Dokumente als entfremdet ausgeschrieben gewesen seien. Anhand der vom Beschwerdeführer zur Verfügung gestellten Identitätsdaten habe er ein Lichtbild aus einer früheren ID-Behandlung gefunden und sei seine Identität somit festgestanden. Aufgrund des alkoholisierten Zustandes des Beschwerdeführers sei von einer sofortigen Vernehmung abgesehen worden und ihm eine Ladung für den nächsten Werktag ausgefolgt worden. RI F und er gingen mit dem Beschwerdeführer in ein Büro, wo sie ihn aufgefordert hätten, sich gänzlich zu entkleiden. Es sei der nackte Körper des Beschwerdeführers besichtigt worden. Danach habe er sich wieder anziehen können. Er könne sich nicht vorstellen, dass dies mehrere Minuten gedauert habe. Vor der Personendurchsuchung habe er den Beschwerdeführer aufgefordert, allfällige Gegenstände herauszulegen. Der Beschwerdeführer sei weder unkooperativ gewesen noch habe er passiven Widerstand geleistet. Eine Verfügung des staatsanwaltschaftlichen Journaldienstes habe er nicht eingeholt. Er habe die Staatsanwaltschaft auch nicht vor dem Abschlussbericht über die Amtshandlung informiert. Gefahr im Verzug sei insofern gegeben gewesen, als der Beschwerdeführer weitere Suchtmittel bei sich haben hätte können, die er jederzeit verschwinden lassen hätte können. Anschließend habe er den Beschwerdeführer über den weiteren prozessualen Ablauf aufgeklärt und ihn entlassen.

RI F sagte aus, dass sie den Beschwerdeführer damals auf die PI verbracht und dort eine Personendurchsuchung und die Sicherstellung des Suchtmittels sowie der Geldtasche stattgefunden hätten. Vor der Dursuchung werde der Betroffene üblicherweise befragt, ob er noch Gegenstände mit sich führe und diese herausgeben möge. Er sei während der ganzen Personendurchsuchung anwesend gewesen. Diese habe ein paar Minuten gedauert. Es sei nicht richtig, dass der Beschwerdeführer einige Minuten nackt im Raum gestanden sei. Zwischen dem Ausziehen und Anziehen der Unterwäsche seien nur ein paar Sekunden vergangen. Die gesamte Amtshandlung habe deshalb begonnen, da der Beschwerdeführer aus der Gruppe heraus herumgeschrien habe. Auf der PI habe er sich nicht mehr aggressiv verhalten und keinen passiven Widerstand geleistet.

RI J gab in der Verhandlung zusammengefasst zu Protokoll, dass er in jener Nacht Innendienst gehabt habe und sich erinnern könne, dass die Kollegen C und F mit einem Festgenommenen zur PI gekommen seien. Diese hätten eine Personendurchsuchung durchgeführt und er sei dann ins Büro gegangen, um das Ganze zu überwachen. Er sei während der gesamten Personendurchsuchung anwesend gewesen. Er schätze, dass diese ca 3 bis 4 Minuten gedauert habe. Der Beschwerdeführer habe sich gänzlich entkleiden müssen. Seine Kollegen hätten seine Kleidung durchsucht und sie dem Beschwerdeführer wieder zurückgegeben, der sich wieder bekleiden habe dürfen. Der Beschwerdeführer sei nur ganz kurz gänzlich unbekleidet gewesen.

Insbesondere die Tatsache, dass sich der Beschwerdeführer beim Eintreffen der Polizei in der X-Gasse laut verhielt, gestand er selbst zu. Ebenso, dass er sich gegenüber der Polizei in sarkastischem und provokantem Ton geäußert habe. Der Umstand mit der Bierdose wurde von RI C glaubwürdig geschildert und vom Beschwerdeführer nicht in Abrede gestellt.

Nicht feststellbar war, ob der Beschwerdeführer vor der Aufforderung, sich gänzlich zu entkleiden, die Gelegenheit erhielt, allfällige weitere Gegenstände herauszugeben, da sich die Aussagen des Beschwerdeführers und von RI C in diesem Punkt widersprechen und auch die anderen Zeugen diesbezüglich keine konkreten Angaben machten.

Die Dauer der Besichtigung des unbekleideten Körpers von wenigen Sekunden ergibt sich aus den übereinstimmenden Aussagen der Polizeibeamten. Die Personendurchsuchung habe insgesamt ein paar Minuten in Anspruch genommen, nicht jedoch allein die Besichtigung des unbekleideten Körpers, wie vom Beschwerdeführer behauptet. Es ist kein Grund ersichtlich, weshalb die Polizeibeamten die Besichtigung des unbekleideten Körpers unnötig hinauszögern sollten. Aufgrund des alkoholisierten Zustandes des Beschwerdeführers und der für ihn unangenehmen Situation ist es durchaus möglich, dass er die Dauer der Besichtigung für länger einschätzte als diese tatsächlich war.

Eine Negativfeststellung war hinsichtlich der Behauptung, die Beamten hätten während der Amtshandlung mit einem Schlagstock herumgespielt, zu treffen. Zunächst ist festzuhalten, dass der Beschwerdeführer diese Behauptung erst in der mündlichen Verhandlung am 11.9.2017 vorbrachte, in seiner Beschwerde vom 2.6.2017 jedoch nichts dergleichen erwähnte. Weiters gaben RI C und RI J jeweils an, dass ihnen kein Schlagstock zugewiesen sei. RI J führte weiter aus, dass in dem Raum, in dem die Personendurchsuchung stattfand, kein Schlagstock herumliege und ihm während der Amtshandlung auch keiner aufgefallen sei. Ein Schlagstock befände sich in der Waffenkammer, die von diesem Raum weit entfernt sei. RI F ergänzte, dass ihm ein Schlagstock dienstlich zugewiesen sei und es durchaus sein könne, dass er ihn bei der Amtshandlung dabei gehabt habe. Es sei auch möglich, dass dieser im Büro herumgelegen sei. Ausgeschlossen sei aber, dass jemand damit herumgespielt oder den Beschwerdeführer gar bedroht habe. Sie seien angehalten, derartige Anhaltungen möglichst kurz zu gestalten und bleibe für ein etwaiges Herumspielen keine Zeit. Während einer die Vernehmung vollziehe, schreibe der andere die Infoblätter und das Beschlagnahmeprotokoll oder ähnliches. Die Behauptung des Beschwerdeführers erscheint dem Landesverwaltungsgericht nicht glaubwürdig, zumal er diese bereits in der Beschwerde aufstellen hätte können. Von den Beamten war ausschließlich RI F im Besitz eines Schlagstockes, den er möglicherweise bei der Amtshandlung mit sich führte. Im Raum, in dem die Personendurchsuchung stattfand, befindet sich grundsätzlich kein Schlagstock. Es ist kein nachvollziehbarer Grund ersichtlich, weshalb der Beamte während der nur wenige Minuten dauernden Personendurchsuchung mit seinem Schlagstock herumgespielt bzw den Beschwerdeführer damit bedroht haben soll.

IV.      Rechtslage:

Gemäß § 117 Z 3 Strafprozessordnung (StPO), BGBl Nr 631/1975 idF BGBl I Nr 117/2017, ist im Sinne dieses Gesetzes die „Durchsuchung einer Person“

a)   die Durchsuchung der Bekleidung einer Person und der Gegenstände, die sie bei sich hat,

b)   die Besichtigung des unbekleideten Körpers einer Person.

Gemäß § 119 Abs 2 StPO ist die Durchsuchung einer Person zulässig, wenn diese

1.   festgenommen oder auf frischer Tat betreten wurde,

2.   einer Straftat verdächtig ist und auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass sie Gegenstände, die der Sicherstellung unterliegen, bei sich oder Spuren an sich habe,

3.   durch eine Straftat Verletzungen erlitten oder andere Veränderungen am Körper erfahren haben könnte, deren Feststellung für Zwecke eines Strafverfahrens erforderlich ist.

Gemäß § 120 Abs 1 StPO sind Durchsuchungen von Orten und Gegenständen nach § 117 Z 2 lit b und von Personen nach § 117 Z 3 lit b von der Staatsanwaltschaft auf Grund einer gerichtlichen Bewilligung anzuordnen; bei Gefahr im Verzug ist die Kriminalpolizei allerdings berechtigt, diese Durchsuchungen vorläufig ohne Anordnung und Bewilligung vorzunehmen. Gleiches gilt in den Fällen des § 170 Abs 1 Z 1 für die Durchsuchung von Personen nach § 117 Z 3 lit b. Das Opfer darf jedoch in keinem Fall dazu gezwungen werden, sich gegen seinen Willen durchsuchen zu lassen (§§ 119 Abs 2 Z 3 und 121 Abs 1 letzter Satz).

Gemäß § 120 Abs 2 StPO kann die Kriminalpolizei Durchsuchungen nach § 117 Z 2 lit a und nach § 117 Z 3 lit a von sich aus durchführen.

Gemäß § 170 Abs 1 StPO ist die Festnahme einer Person, die der Begehung einer strafbaren Handlung verdächtig ist, zulässig,

1.   wenn sie auf frischer Tat betreten oder unmittelbar danach entweder glaubwürdig der Tatbegehung beschuldigt oder mit Gegenständen betreten wird, die auf ihre Beteiligung an der Tat hinweisen,

2.   wenn sie flüchtig ist oder sich verborgen hält oder, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen die Gefahr besteht, sie werde flüchten oder sich verborgen halten,

3.   wenn sie Zeugen, Sachverständige oder Mitbeschuldigte zu beeinflussen, Spuren der Tat zu beseitigen oder sonst die Ermittlung der Wahrheit zu erschweren versucht hat oder auf Grund bestimmter Tatsachen die Gefahr besteht, sie werde dies versuchen,

4.   wenn die Person einer mit mehr als sechs Monaten Freiheitsstrafe bedrohten Tat verdächtig und auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, sie werde eine eben solche, gegen dasselbe Rechtsgut gerichtete Tat begehen, oder die ihr angelastete versuchte oder angedrohte Tat (§ 74 Abs. 1 Z 5 StGB) ausführen.

Gemäß § 170 Abs 3 StPO sind Festnahme und Anhaltung nicht zulässig, soweit sie zur Bedeutung der Sache außer Verhältnis stehen (§ 5).

Gemäß § 171 Abs 1 StPO ist die Festnahme durch die Staatsanwaltschaft auf Grund einer gerichtlichen Bewilligung anzuordnen und von der Kriminalpolizei durchzuführen.

Gemäß § 171 Abs 2 StPO ist die Kriminalpolizei berechtigt, den Beschuldigten von sich aus festzunehmen

1.   in den Fällen des § 170 Abs 1 Z 1 und

2.   in den Fällen des § 170 Abs 1 Z 2 bis 4, wenn wegen Gefahr im Verzug eine Anordnung der Staatsanwaltschaft nicht rechtzeitig eingeholt werden kann.

Gemäß § 27 Abs 1 Suchtmittelgesetz (SMG) BGBl I Nr 112/1997 idF BGBl I Nr 166/2017, ist mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen, wer vorschriftswidrig

1.   Suchtgift erwirbt, besitzt, erzeugt, befördert, einführt, ausführt oder einem anderen anbietet, überlässt oder verschafft,

2.   Opiummohn, den Kokastrauch oder die Cannabispflanze zum Zweck der Suchtgiftgewinnung anbaut oder

3.   psilocin-, psilotin- oder psilocybinhältige Pilze einem anderen anbietet, überlässt, verschafft oder zum Zweck des Suchtgiftmissbrauchs anbaut.

Gemäß § 27 Abs 2 SMG ist mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen, wer die Straftat jedoch ausschließlich zum persönlichen Gebrauch begeht.

V.       Rechtliche Erwägungen:

Beschwerdegegenständlich sind explizit die Amtshandlungen von Polizeibeamten der PI Y im Zeitraum 22.4.2017, 23:50 Uhr bis 23.4.2017, 01:00 Uhr, anlässlich derer der Beschwerdeführer festgenommen wurde und er sich im Rahmen einer Personendurchsuchung vollständig zu entkleiden hatte.

Vorerst ist festzuhalten, dass sowohl im Sicherheitspolizeigesetz (SPG) als auch in der Strafprozessordnung (StPO), Personendurchsuchungen vorgesehen bzw determiniert sind. Dabei regeln die Bestimmungen des §§ 117 ff StPO die Durchsuchungen im Handlungsbereich der Kriminalpolizei und § 40 SPG die Personendurchsuchung im Rahmen der Sicherheitspolizei.

Kriminalpolizei iSd § 18 Abs 1 StPO ist die Wahrnehmung von Aufgaben durch Sicherheitsbehörden im Dienste der Strafrechtspflege aus dem Bereich des Kompetenztatbestandes „Strafrechtswesen“ nach Art 10 Abs 1 Z 6 B-VG. Hierbei handelt es sich (funktionell) um jene Tätigkeiten, die in der Mitwirkung der Sicherheitsbehörden und ihrer Organe an der Vollziehung der StPO im Rahmen der Aufklärung und Verfolgung von Straftaten bestehen (Birklbauer/Keplinger, Strafprozessordnung8 § 18 Anm 2). Der kriminalpolizeiliche Exekutivdienst iSd § 18 Abs 3 StPO unterscheidet sich von seiner verfassungsrechtlichen Grundlage her vom sicherheitspolizeilichen Exekutivdienst insofern deutlich, zumal letzterer auf dem Kompetenztatbestand „Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit“ des Art 10 Abs 1 Z 7 B-VG fußt (Vogl, Wiener Kommentar zur Strafprozessordnung, § 18 StPO Rz 3).

§ 18 Abs 2 StPO folgend, obliegt die Kriminalpolizei den Sicherheitsbehörden und die Organe der Sicherheitsbehörden (§ 5 Abs 2 SPG) versehen gemäß § 18 Abs 3 StPO den kriminalpolizeilichen Exekutivdienst.

Gemäß § 18 Abs 1 StPO besteht die Kriminalpolizei in der Wahrnehmung von Aufgaben im Dienste der Strafrechtspflege (Art 10 Abs 1 Z 6 B-VG), insbesondere in der Aufklärung und Verfolgung von Straftaten nach den Bestimmungen der Strafprozessordnung. Durch die Zuordnung kriminalpolizeilicher Aufgabenerfüllung zum Strafrechtswesen wird sie von sicherheitspolizeilicher und sonstiger verwaltungspolizeilicher Tätigkeit abgegrenzt. Die Aufklärung und Verfolgung von Straftaten durch Sicherheitsbehörden und ihre Organe ist somit dem Strafrechtswesen zuzuordnen. Sobald sich im Zuge einer Sachverhaltsaufnahme hinreichende Verdachtsgründe einer Straftat ergeben („Anfangsverdacht“), sind die Sicherheitsbehörden und ihre Organe für die Strafjustiz tätig und haben die StPO anzuwenden (siehe Fabrizy, StPO und wichtige Nebengesetze11, § 18 StPO).

Die rechtliche Zurechnung des Vollzugshandelns zur Justizgewalt wird nicht schon dadurch unterbrochen, dass beim Vollzug der StPO durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes vermeintliche Gesetzwidrigkeiten hinsichtlich der bei einem solchen Akt zu wahrenden Förmlichkeiten unterlaufen. Die Modalitäten und die näheren Umstände, unter denen eine Amtshandlung erfolgte, sind keine vor den Verwaltungsgerichten selbständig bekämpfbaren Maßnahmen. Bei einer auf Grundlage der StPO geführten Amtshandlung ist auch die dabei gewahrte Vorgangsweise dem Gericht zuzurechnen (vgl etwa die hg. Erkenntnisse vom 23. September 1998, Zlen. 97/01/1084, 1085 und 1087, vom 6. Juli 1999, Zl 96/01/0061, 0062, vom 16. Februar 2000, Zl 96/01/0233, vom 17. Mai 1995, Zl 94/01/0763; ebenso VfGH vom 30. September 1991, B 1108/90, und vom 26. September 1988, B 608/87, ua).

Nach der Rechtsprechung (VwGH 21.1.2015, Ro 2014/04/0063, 12.9.2013, 2013/04/005, 0049 bis 0053) ist somit nicht jede Maßnahme für sich genommen beschwerdefähig. Für die Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte zur Behandlung einer Maßnahmenbeschwerde ist alleine maßgeblich, ob es zu einer Überschreitung der gesetzlichen Kompetenzen im Sinne eines Exzesses gekommen ist. Von einem Exzess kann nur bei Maßnahmen gesprochen werden, die ihrem Inhalt und Umfang nach in der StPO keine Deckung mehr finden. Die Modalitäten und näheren Umstände, unter denen eine kriminalpolizeiliche Amtshandlung erfolgte, sind dagegen keine vor den Landesverwaltungsgerichten selbstständig bekämpfbaren Maßnahmen (vgl entsprechend zu staatsanwaltlichen Anordnungen das E vom 24. Oktober 2013, 2013/01/0036, mwN).

Zur Festnahme:

Der Beschwerdeführer beanstandet, er sei in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten subjektiven Recht auf Schutz der persönlichen Freiheit gemäß Art 5 EMRK sowie dem BVG vom 29.11.1988 über den Schutz der persönlichen Freiheit (PersFrG, BGBl 1988/684) verletzt worden, da seine Festnahme unverhältnismäßig gewesen sei.

Laut festgestelltem Sachverhalt handelte es sich ab der Festnahme des Beschwerdeführers um Amtshandlungen der Kriminalpolizei. Nach § 18 Abs 2 StPO unterliegt der Kriminalpolizei die Strafrechtspflege und somit auch Delikte, die unter das Suchtmittelgesetz fallen. Es lag ein dringender Tatverdacht auf eine gerichtlich strafbare Handlung vor und die einschreitenden Sicherheitsorgane wurden in Ausübung der in der StPO normierten kriminalpolizeilichen Aufgaben und Befugnisse tätig.

Die Festnahme ist zunächst bei konkretem Tatverdacht und Verhältnismäßigkeit dann zulässig, wenn der Beschuldigte „auf frischer Tat betreten oder unmittelbar danach entweder glaubwürdig der Tatbegehung beschuldigt oder mit Gegenständen betreten wird, die auf seine Beteiligung an der Tat hinweisen“ (Kirchbacher/Rami in Fuchs/Ratz, WK StPO § 170 Rz 6 [Stand 1.4.2016, rdb.at]).

Der für die Festnahme durch Organe der Sicherheitsbehörden aus eigener Macht (§ 171) bedeutsame Haftgrund der „Betretung auf frischer Tat“ nach § 170 Abs 1 Z 1 erfordert, dass die Tatbegehung unmittelbar von den Sicherheitsorganen selbst wahrgenommen wird (zB VwGH 98/01/0451, ZfVB 2001/585, mwN). „Betreten“ bedeutet, dass das beobachtete Geschehen vertretbar als Tatbestandsverwirklichung gewertet wurde; Gewissheit ist dagegen nicht erforderlich (VwGH 2005/01/0055; Kirchbacher/Rami in Fuchs/Ratz, WK StPO § 170 Rz 7 [Stand 1.4.2016, rdb.at]).

Diesbezüglich ist auszuführen, dass die einschreitenden Organe in der Hosentasche des Beschwerdeführers Cannabis auffanden und dieser somit im Sinne des § 27 Abs 1 Z 1 zweiter Fall SMG vorschriftswidrig in Besitz von Suchtgift war. Auch wenn der Suchtgiftbesitz, wie vom Beschwerdeführer behauptet, ausschließlich seinem persönlichen Gebrauch diente, so stellt auch dieser Umstand eine gemäß § 27 Abs 2 SMG gerichtlich strafbare Handlung dar. Der Beschwerdeführer wurde „auf frischer Tat betreten“, da die Polizeibeamten die Tatbegehung unmittelbar selbst wahrnahmen und er eines Deliktes nach dem Suchtmittelgesetz konkret verdächtig war. Die Festnahme im gegenständlichen Fall erfolgte nach der StPO und waren die Beamten gemäß § 170 Abs 1 Z 1 StPO iVm § 171
Abs 2 Z 1 StPO berechtigt, den Beschuldigten von sich aus, dh ohne Anordnung der Staatsanwaltschaft auf Grund einer gerichtlichen Bewilligung, festzunehmen.

Insofern der Beschwerdeführer moniert, die Festnahme stünde zur Bedeutung der Sache außer Verhältnis, ist entgegenzuhalten, dass die Festnahme das gelindeste Mittel darstellte, zumal die Identität des Beschwerdeführers an Ort und Stelle nicht festgestellt werden konnte. Auch die Anhaltung auf der PI Y dauerte nicht unverhältnismäßig lange, da die Personendurchsuchung nur wenige Minuten in Anspruch nahm und der Beschwerdeführer anschließend wieder entlassen wurde.

Die Festnahme erfolgte daher in gesetzmäßiger Weise nach den Bestimmungen der StPO und war verhältnismäßig.

Zur Besichtigung des unbekleideten Körpers:

Der Beschwerdeführer bringt vor, er sei infolge der Besichtigung seines unbekleideten Körpers in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten subjektiven Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens gemäß Art 8 EMRK verletzt worden.

Gemäß § 117 Z 3 fallen unter die Durchsuchung einer Person zum einen die Durchsuchung der Bekleidung einer Person und der Gegenstände, die sie bei sich trägt (lit a), und zum anderen die Besichtigung des unbekleideten Körpers einer Person (lit b). Zur Kleidung einer Person zählen die Kleidungsstücke, die sie gerade trägt. Das Abtasten der Unterwäsche fällt ebenfalls noch darunter (Bertel/Venier, Strafprozessrecht4 Rz 310; dies, Einführung2 Rz 253). Unbekleidet ist die Person, wenn sie ganz oder überwiegend nackt ist. Das ist nicht der Fall, wenn bloß die Unterarme oder Unterschenkel besichtigt werden (Bertel/Venier, Einführung2 Rz 259; aA nunmehr dies, Strafprozessrecht4 Rz 312), wohl aber wenn das Unterhemd oder die Unterhose ausgezogen werden muss (Bertel/Venier, Einführung2 Rz 253; Tipold/Zerbes in Fuchs/Ratz, WK StPO § 119 Rz 24 [Stand 1.4.2010, rdb.at]).

Im gegenständlichen Fall wurde sowohl die Kleidung als auch der unbekleidete Körper des Beschwerdeführers besichtigt, weshalb es sich um eine „Durchsuchung einer Person“ im Sinne des § 117 Z 3 lit a und lit b StPO handelte.

Gemäß § 119 Abs 2 Z 1 StPO ist eine „Durchsuchung einer Person“ zulässig, sofern diese festgenommen oder auf frischer Tat betreten wurde. Dies trifft im konkreten Fall zu (siehe Ausführungen oben).

Weiters ist eine Personendurchsuchung gemäß § 119 Abs 2 Z 2 StPO zulässig, wenn die Person einer Straftat verdächtig ist und auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass sie Gegenstände, die der Sicherstellung unterliegen, bei sich oder Spuren an sich habe. Auch diese Voraussetzungen sind im konkreten Fall gegeben. Der Beschwerdeführer war verdächtig, ein Delikt nach dem Suchtmittelgesetz begangen zu haben und war aufgrund des in seiner Hosentasche gefundenen Suchtgifts anzunehmen, dass er noch weitere Mengen an Suchtgift bei sich hatte.

Gemäß § 120 Abs 1 StPO sind Durchsuchungen von Personen nach § 117 Z 3 lit b StPO grundsätzlich von der Staatsanwaltschaft auf Grund einer gerichtlichen Bewilligung anzuordnen. Bei Gefahr im Verzug kann die Polizei aus eigenem eine Besichtigung des unbekleideten Körpers durchführen. Gefahr im Verzug ist gegeben, wenn die staatsanwaltschaftliche Anordnung, die auf einer richterlichen Bewilligung beruht, nicht mehr ohne Gefährdung des Erfolgs der Durchsuchung eingeholt werden könnte, etwa weil bei jeder Verzögerung der gesuchte Gegenstand mutmaßlich zerstört oder weggebracht würde (VfSlg 1.890/1949, 1.811/1949; S. Mayer, Commentar §§ 140, 141 und 142 Rz 9; Tipold/Zerbes in Fuchs/Ratz, WK StPO § 120 Rz 22 [Stand 1.4.2010, rdb.at]).

Gefahr im Verzug war im gegenständlichen Fall insofern gegeben, als es dem Beschwerdeführer im Falle eines Zuwartens durch Einholung einer staatsanwaltschaftlichen Anordnung auf Grund einer richterlichen Bewilligung möglich gewesen wäre, etwaige vorhandene weitere Mengen an Suchtgift verschwinden zu lassen, sodass deren Sicherstellung durch die Kriminalpolizei vereitelt würde.

Die Polizei war daher aufgrund von Gefahr im Verzug berechtigt, eine Besichtigung des unbekleideten Körpers des Beschwerdeführers aus eigenem, ohne vorige Anordnung der Staatsanwaltschaft, vorzunehmen.

Die Kostenentscheidung basiert auf § 28 Abs 4 VwGVG in Verbindung mit der VwG-Aufwandersatzverordnung, BGBl II Nr 517/2013. Der Kostenersatz wurde von der belangten Behörde in der Gegenschrift beantragt.

Zur Abweisung des Beweisantrags:

Der Beweisantrag des Beschwerdeführers auf Durchführung eines Lokalaugenscheins in der PI Y hinsichtlich des Umstands, ob sich in dem Raum, in welchem die Personendurchsuchung stattfand, ein Schlagstock befindet, wurde in der mündlichen Verhandlung abgewiesen.

Begründend ist auszuführen, dass der Zeuge RI J zunächst nachvollziehbar darlegte, dass in diesem Raum grundsätzlich kein Schlagstock herumliegt, zumal Schlagstöcke in der Waffenkammer aufbewahrt werden, welche nicht in der Nähe dieses Raumes liegt. Zeuge RI F erklärte, dass ihm ein Schlagstock dienstlich zugewiesen sei und es durchaus sein könne, dass dieser während der Personendurchsuchung im Büro gelegen sei.

Ein Lokalaugenschein ist nicht geeignet, die Umstände, ob sich in dem betreffenden Raum ein Schlagstock befindet bzw ob der Beschwerdeführer während der Amtshandlung mit einem Schlagstock eingeschüchtert wurde, zu beweisen. So könnte sich am Tag des Lokalaugenscheins durchaus ein Schlagstock in dem Raum befinden, was jedoch nicht zwangsläufig bedeutet, dass dies auch am Tag der Amtshandlung der Fall gewesen sein muss. Es ist insbesondere davon auszugehen, dass in diesem Raum üblicherweise kein Schlagstock aufbewahrt wird, sondern in einer Waffenkammer. Zum Zeitpunkt der Amtshandlung könnte allenfalls der Schlagstock von RI F in diesem Raum gelegen sein. Unabhängig davon, ob sich in dem Raum ein Schlagstock befindet, lässt sich anhand dieses Umstands nicht beweisen, ob die Beamten während der Personendurchsuchung mit einem Schlagstock herumspielten.

Dem Beweisantrag war daher nicht stattzugeben.

VI.      Unzulässigkeit der ordentlichen Revision

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art 133 Abs 3 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzlichen Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Landesverwaltungsgericht Tirol

Dr. Albin Larcher

(Vizepräsident)

Schlagworte

Festnahme; Identitätsfeststellung; Besichtigung des unbekleideten Körpers;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2017:LVwG.2017.23.1368.5

Zuletzt aktualisiert am

15.11.2017
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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