TE OGH 2017/10/24 2Ob161/17s

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Veröffentlicht am 24.10.2017
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Vizepräsidentin Hon.-Prof. Dr. Lovrek als Vorsitzende sowie den Hofrat Dr. Musger, die Hofrätin Dr. E. Solé und die Hofräte Dr. Nowotny und Dr. Stefula als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A***** K*****, vertreten durch Mag. Johannes Polt, Rechtsanwalt in Horn, gegen die beklagte Partei ***** AG, *****, vertreten durch Dr. Ulrike Bauer, Rechtsanwältin in Wien, wegen Löschung eines Höchstbetragspfandrechts (Streitwert 68.900 EUR), über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 28. Juni 2017, GZ 15 R 33/17h-15, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Die Revisionswerberin vermag keine im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO erhebliche Rechtsfrage aufzuzeigen:

1. Ob ein grippaler Infekt mit hohem Fieber Auswirkungen auf die Geschäftsfähigkeit haben kann (vgl 4 Ob 113/78 Arb 9750; zur vergleichbaren deutschen Rechtslage Dörner in Schulze, BGB-Handkommentar9 [2017] § 105 Rz 4; Ellenberger in Palandt, BGB76 [2017] § 105 Rz 2), bzw ob das Erstgericht diesen Umstand mit der Klägerin hätte erörtern müssen, bedarf keiner Beantwortung:

Das Rechtsmittelgericht hat, wenn es überhaupt in der Rechtsfrage angerufen ist, die materiell-rechtliche Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung nach allen Richtungen hin zu prüfen (RIS-Justiz

RS0043352). Bezieht sich aber die Rechtsrüge nur noch auf eine von mehreren selbständigen Forderungen oder Gegenforderungen, wird ein Anspruch aus mehreren selbständigen rechtserzeugenden Tatsachen abgeleitet oder bestritten, dann sind die anderen Ansprüche oder Einwendungen außer Betracht zu lassen, ist doch das Rechtsmittelgericht an eine Beschränkung der Klagegründe (und Einwendungen) durch den Rechtsmittelwerber gebunden (RIS-Justiz

RS0043352 [T23]). Es wäre daher notwendig gewesen, dass die Klägerin auf die (behauptete) Unwirksamkeit der Verträge wegen hohen Fiebers in der Berufung zurückkommt. Dies kann in der Revision nicht nachgeholt werden (vgl

RIS-Justiz RS0043352 [T33, T37]).

2. Nach ständiger Rechtsprechung setzt List im Sinne des § 870 ABGB die Absicht oder das Bewusstsein der Täuschung des anderen Vertragspartners voraus (RIS-Justiz RS0014833). Der Täuschende muss positive Kenntnis davon haben, dass der andere Teil irrt und dieser Irrtum einen Einfluss auf den Willensentschluss hat (RIS-Justiz RS0014765). Dazu genügt dolus eventualis (RIS-Justiz RS0014837), der Täuschende also den Irrtum des anderen Teils ernstlich für möglich hält und sich doch damit abfindet, nicht aber grobe Fahrlässigkeit (vgl RIS-Justiz RS0027847). Die Klägerin brachte im erstinstanzlichen Verfahren – wie das Berufungsgericht bereits ausführte – nicht mit hinreichender Deutlichkeit vor, dass die Beklagte es ernstlich für möglich gehalten und sich damit abgefunden habe, dass der Klägerin die wirtschaftlichen Verhältnisse ihres früheren Ehemanns nicht bekannt gewesen seien, bzw dass die Beklagte einen Irrtum der Klägerin vorsätzlich ausgenutzt habe. Die Klägerin behauptete in erster Instanz im Übrigen allein eine Arglist ihres geschiedenen Ehemanns, nicht aber, dass die Beklagte im Sinne des § 875 ABGB an dessen Irreführung vorsätzlich teilgenommen habe oder von dieser offenbar wissen hätte müssen, ebensowenig, dass ihr geschiedener Ehemann Verhandlungsgehilfe der Beklagten gewesen sei.

3. Nach ständiger Rechtsprechung kommt eine analoge Anwendung der §§ 25c und 25d KSchG auf die Interzession durch bloße Pfandbestellung mangels Vorliegens einer ungewollten Gesetzeslücke nicht in Betracht (RIS-Justiz RS0116829). Es kann daher keine Rede davon sein, dass das Berufungsgericht von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs dadurch abgewichen ist, dass es §§ 25c und 25d KSchG nicht im Wege der Analogie heranzog.

4. 

Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs genügt außerhalb des Anwendungsbereichs des § 25c KSchG die bloße Erkennbarkeit der entsprechend kritischen wirtschaftlichen Lage des Hauptschuldners zur Begründung einer Warn- und Aufklärungspflicht der Bank nicht; die Bank muss vielmehr positiv Kenntnis davon haben, dass der Hauptschuldner mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zur Kreditrückzahlung nicht in der Lage sein wird, oder dessen Zahlungsunfähigkeit oder wirtschaftlicher Zusammenbruch unmittelbar bevorsteht (4 Ob 254/14b [in Punkt 3.1. mwN];

7 Ob 176/16g). Auch ein solches Vorbringen hat die Klägerin nicht erstattet.

5. Die außerordentliche Revision war daher gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Schlagworte

1 Generalabonnement

Textnummer

E119808

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2017:0020OB00161.17S.1024.000

Im RIS seit

15.11.2017

Zuletzt aktualisiert am

08.03.2018
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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