TE Lvwg Erkenntnis 2017/10/23 LVwG-2017/25/1818-6

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Veröffentlicht am 23.10.2017
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Entscheidungsdatum

23.10.2017

Index

50/01 Gewerbeordnung;

Norm

GewO 1994 §359b Abs1

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol hat durch seinen Richter Dr. Alexander Hohenhorst über die Beschwerde von BB und CC, beide Adresse 1, **** Z, beide vertreten durch Rechtsanwalt DD, Adresse 2, **** Y, vom 31.07.2017, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Z vom 03.07.2017, Zl ****, betreffend Anlagenänderung gem § 359b GewO 1994, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung

zu Recht erkannt:

1.       Gemäß § 28 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

2.       Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG unzulässig.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, oder außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen, und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten.

Sie haben die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden kann.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Mit Eingabe vom 11.04.2017 beantragte Frau A die gewerberechtliche Genehmigung für eine Betriebsanlagenänderung des bestehenden Restaurantbetriebes „EE“ auf GSt **1, GB Z, um die Errichtung einer Freiterrasse mit 24 Verabreichungsplätzen.

Mit dem angefochtenen Bescheid stellte die belangte Behörde fest, dass die eingangs und in den mit dem Genehmigungsvermerk zu diesem Bescheid versehenen Plänen und technischen Unterlagen beschriebene und dargestellte geänderte Anlage den Bestimmungen des § 359b Abs 1 GewO 1994 iVm § 1 Z 1 der Verordnung des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten, BGBl Nr 850/1994, idF BGBl II Nr 19/1999 iVm § 93 Abs 5 ANSchG entspricht. Diese Feststellung gilt als Genehmigungsbescheid für die geänderte Anlage.

Dagegen richtet sich die fristgerechte und zulässige Beschwerde, in der die Rechtsmittelwerber durch ihren Rechtsvertreter im Wesentlichen vorbringen, dass kein lärmtechnisches Gutachten eingeholt worden sei, sondern nur eine Stellungnahme des gewerbetechnischen Amtssachverständigen vorliege. Die Charakteristik der Geräuschkulisse auf der Freiterrasse sei nicht mit einer solchen von Fußgängern vergleichbar, da diese keine Konversation führten wie an einem Tisch sitzende Personen. Nicht auszuschließen sei, dass es durch die Betriebsanlagenänderung zu einer unzumutbaren Lärmbelästigung für die Beschwerdeführer komme. Die Auflagen 1. und 2. seien nicht geeignet, einen entsprechenden Schutz zu gewährleisten. Bei einer Betriebszeit bis 22.00 Uhr sei damit zu rechnen, dass die Terrasse erst gegen 22.30 Uhr oder 23.00 Uhr frei von Gästen ist. Die Behörde habe sich nicht mit den zu erwartenden Belästigungen auseinandergesetzt. Die Terrasse sei näher an der Wohnung der Beschwerdeführer als die Fußgänger. Die Behörde sei nicht auf den Umstand eingegangen, dass die Anlagenänderung zu einer Verschiebung der Ladetätigkeit in Richtung des Hauses der Beschwerdeführer führe. Dies führe zu einer unzumutbaren Belästigung dieser und Gefährdung deren Eigentumsrechtes, da durch die Blockade der Zufahrt die Nutzung des Wohngebäudes erheblich erschwert werde. Es hätte die Häufigkeit der Lieferungen erhoben werden müssen, ebenso die Gegebenheiten für eine ordnungsgemäße Lieferung. Bei der Verlagerung der Liefertätigkeit Richtung Beschwerdeführer hätte auch die zusätzliche Lärm- und Staubbelastung für diese erhoben werden müssen, welche unzumutbar wäre. In der mündlichen Verhandlung wurde darüber hinaus vorgebracht, dass die Zustimmung der Stadtgemeinde Z zum Sondergebrauch für die Benützung des Gemeindestraßengrundes zur Errichtung gegenständlicher Freiterrasse gemäß Vorschreibung 10. des Gestattungsvertrages am 23.06.2017 abgelaufen sei.

Beweis aufgenommen wurde in der mündlichen Verhandlung am 12.10.2017 durch die Einvernahme des gewerbetechnischen Amtssachverständigen samt Erörterung seines Gutachtens vom 11.09.2017, durch die Einvernahme des Beschwerdeführers BB, durch die Erörterung des Falles mit den Parteien sowie durch die Verlesung der Akten der Bezirkshauptmannschaft Z und des Landesverwaltungsgerichts Tirol.

Für den gegenständlichen Fall entscheidend ist folgender Sachverhalt:

Mit Bescheid vom 23.07.2003, Zl ****, stellte die Bezirkshauptmannschaft Z hinsichtlich des Antrages zur Errichtung und zum Betrieb eines Restaurants in der Adresse 1 auf Gst **2, GB Z, fest, dass diese Anlage den Bestimmungen des § 359b Abs 1 GewO 1994 iVm § 1 Z 1 der Verordnung des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten, BGBl Nr 850/1994, idF BGBl II Nr 19/1999, entspricht und diese Feststellung als Genehmigungsbescheid für die Anlage gilt.

Mit Anbringen vom 11.04.2017 beantragte AA eine Änderung dieser genehmigten Betriebsanlage dahingehend, dass bei dem auf Gst **2, GB Z, bestehenden Restaurantbetrieb „EE“ an der Westseite auf Gst **1 (öffentliches Gut) zwischen Gehsteig und der Fahrbahn auf Ebene des ersten Obergeschosses eine Freiterrasse errichtet wird. Diese weist eine Nutzfläche von 38,75 m² auf, worauf 24 Verabreichungsplätze eingerichtet werden. In den Gasträumen des Restaurants wird dafür die Sitzplatzanzahl von bisher 64 auf 56 reduziert, womit sich eine Gesamtzahl der Verabreichungsplätze von 80 ergibt. Die Freiterrasse soll mit zwei Sonnenschirmen ausgestattet werden und in der Zeit von 11.00 Uhr bis 22.00 Uhr betrieben werden. Musikdarbietungen werden auf der Freiterrasse keine stattfinden. In der mit Bescheid vom 23.07.2003 genehmigten Betriebsanlage ist die Darbietung von Hintergrundmusik mit 65 dB mittlerer Spitzenpegel in der Zeit von 09.00 Uhr bis 01.00 Uhr bewilligt. Lebendmusik ist dort nicht erlaubt.

In rechtlicher Hinsicht ergibt sich daraus Folgendes:

Die hier maßgeblichen Bestimmungen der Gewerbeordnung 1994, BGBl 194 idF BGBl I 2016/120 (GewO 1994) lauten wie folgt:

„8. Betriebsanlagen

§ 74.

(1) Unter einer gewerblichen Betriebsanlage ist jede örtlich gebundene Einrichtung zu verstehen, die der Entfaltung einer gewerblichen Tätigkeit regelmäßig zu dienen bestimmt ist.

(2) Gewerbliche Betriebsanlagen dürfen nur mit Genehmigung der Behörde errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind,

      1. das Leben oder die Gesundheit des Gewerbetreibenden, der nicht den Bestimmungen des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes, BGBl. Nr. 450/1994, in der jeweils geltenden Fassung, unterliegenden mittätigen Familienangehörigen oder des nicht den Bestimmungen des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes, BGBl. Nr. 450/1994, in der jeweils geltenden Fassung, unterliegenden mittätigen eingetragenen Partners, der Nachbarn oder der Kunden, die die Betriebsanlage der Art des Betriebes gemäß aufsuchen, oder das Eigentum oder sonstige dingliche Rechte der Nachbarn zu gefährden; als dingliche Rechte im Sinne dieses Bundesgesetzes gelten auch die im § 2 Abs. 1 Z 4 lit. g angeführten Nutzungsrechte,

      2. die Nachbarn durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterung oder in anderer Weise zu belästigen,

      3. die Religionsausübung in Kirchen, den Unterricht in Schulen, den Betrieb von Kranken- und Kuranstalten oder die Verwendung oder den Betrieb anderer öffentlichen Interessen dienender benachbarter Anlagen oder Einrichtungen zu beeinträchtigen,

      4. die Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs an oder auf Straßen mit öffentlichem Verkehr wesentlich zu beeinträchtigen oder

      5. eine nachteilige Einwirkung auf die Beschaffenheit der Gewässer herbeizuführen, sofern nicht ohnedies eine Bewilligung auf Grund wasserrechtlicher Vorschriften vorgeschrieben ist.

(3) Die Genehmigungspflicht besteht auch dann, wenn die Gefährdungen, Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteiligen Einwirkungen nicht durch den Inhaber der Anlage oder seine Erfüllungsgehilfen, sondern durch Personen in der Betriebsanlage bewirkt werden können, die die Anlage der Art des Betriebes gemäß in Anspruch nehmen.

(…)

§ 75.

(2) Nachbarn im Sinne dieses Bundesgesetzes sind alle Personen, die durch die Errichtung, den Bestand oder den Betrieb einer Betriebsanlage gefährdet oder belästigt oder deren Eigentum oder sonstige dingliche Rechte gefährdet werden könnten. Als Nachbarn gelten nicht Personen, die sich vorübergehend in der Nähe der Betriebsanlage aufhalten und nicht im Sinne des vorherigen Satzes dinglich berechtigt sind. Als Nachbarn gelten jedoch die Inhaber von Einrichtungen, in denen sich, wie etwa in Beherbergungsbetrieben, Krankenanstalten und Heimen, regelmäßig Personen vorübergehend aufhalten, hinsichtlich des Schutzes dieser Personen, und die Erhalter von Schulen hinsichtlich des Schutzes der Schüler, der Lehrer und der sonst in Schulen ständig beschäftigten Personen.

§ 77.

(1) Die Betriebsanlage ist zu genehmigen, wenn nach dem Stand der Technik (§ 71a) und dem Stand der medizinischen und der sonst in Betracht kommenden Wissenschaften zu erwarten ist, dass überhaupt oder bei Einhaltung der erforderlichenfalls vorzuschreibenden bestimmten geeigneten Auflagen die nach den Umständen des Einzelfalles voraussehbaren Gefährdungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z 1 vermieden und Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z 2 bis 5 auf ein zumutbares Maß beschränkt werden. Die nach dem ersten Satz vorzuschreibenden Auflagen haben erforderlichenfalls auch Maßnahmen für den Fall der Unterbrechung des Betriebes und der Auflassung der Anlage zu umfassen; die Behörde kann weiters zulassen, dass bestimmte Auflagen erst ab einem dem Zeitaufwand der hiefür erforderlichen Maßnahmen entsprechend festzulegenden Zeitpunkt nach Inbetriebnahme der Anlage oder von Teilen der Anlage eingehalten werden müssen, wenn dagegen keine Bedenken vom Standpunkt des Schutzes der im § 74 Abs. 2 umschriebenen Interessen bestehen.

(2) Ob Belästigungen der Nachbarn im Sinne des § 74 Abs. 2 Z 2 zumutbar sind, ist danach zu beurteilen, wie sich die durch die Betriebsanlage verursachten Änderungen der tatsächlichen örtlichen Verhältnisse auf ein gesundes, normal empfindendes Kind und auf einen gesunden, normal empfindenden Erwachsenen auswirken.

(…)

§ 81.

(1) Wenn es zur Wahrung der im § 74 Abs. 2 umschriebenen Interessen erforderlich ist, bedarf auch die Änderung einer genehmigten Betriebsanlage einer Genehmigung im Sinne der vorstehenden Bestimmungen. Diese Genehmigung hat auch die bereits genehmigte Anlage so weit zu umfassen, als es wegen der Änderung zur Wahrung der im § 74 Abs. 2 umschriebenen Interessen gegenüber der bereits genehmigten Anlage erforderlich ist.

(2) Eine Genehmigungspflicht nach Abs. 1 ist jedenfalls in folgenden Fällen nicht gegeben:

1.   bescheidmäßig zugelassene Änderungen gemäß § 79c Abs. 2,

2.   Änderungen zur Einhaltung von anderen oder zusätzlichen Auflagen gemäß § 79 Abs. 1 oder § 79b,

3.   Änderungen zur Anpassung an Verordnungen auf Grund des § 82 Abs. 1,

4.   Bescheiden gemäß § 82 Abs. 3 oder 4 entsprechende Änderungen,

5.   Ersatz von Maschinen, Geräten oder Ausstattungen durch gleichartige Maschinen, Geräte oder Ausstattungen; Maschinen, Geräte oder Ausstattungen sind gleichartig, wenn ihr Verwendungszweck dem der in der Anlage befindlichen Maschinen, Geräte oder Ausstattungen entspricht und die von ihnen zu erwartenden Auswirkungen von den Auswirkungen der in der Anlage befindlichen Maschinen, Geräte oder Ausstattungen nicht so abweichen, dass der Ersatz als genehmigungspflichtige Änderung gemäß Abs. 1 zu behandeln ist.

6.   Änderungen durch den Einsatz von Maschinen, Geräten oder Ausstattungen, die unter Verordnungen gemäß § 76 Abs. 1 fallen oder in Bescheiden gemäß § 76 Abs. 2 angeführt sind, sofern § 76 Abs. 3 nicht entgegensteht,

7.   Änderungen, die das Emissionsverhalten der Anlage zu den Nachbarn nicht nachteilig beeinflussen und die auf Grund der besonderen Situation des Einzelfalles erwarten lassen, dass überhaupt oder bei Einhaltung der erforderlichenfalls vorzuschreibenden Auflagen Gefährdungen des Lebens oder der Gesundheit von Personen vermieden und Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z 3 bis 5 auf ein zumutbares Maß beschränkt werden,

8.   Sanierung gemäß § 12 des Luftreinhaltegesetzes für Kesselanlagen, BGBl. Nr. 380/1988,

9.   Änderungen, die das Emissionsverhalten der Anlage nicht nachteilig beeinflussen,

10.  Fortschreibung des Abfallwirtschaftskonzeptes (§ 353 Z 1 lit. c),

11.  Änderungen von vorübergehender, vier Wochen nicht überschreitender Dauer, die keine Gefährdung des Lebens oder der Gesundheit von Personen bewirken und aus Anlass von Ereignissen oder Veranstaltungen, die in kulturellem oder sportlichem Interesse überregional breiter Kreise der Bevölkerung stattfinden, vorgenommen werden.

(…)“

§ 359b.

(1) Ergibt sich aus dem Genehmigungsansuchen und dessen Beilagen (§ 353), dass

         1.       jene Maschinen, Geräte und Ausstattungen der Anlage, deren Verwendung die Genehmigungspflicht begründen könnte, ausschließlich solche sind, die in Verordnungen gemäß § 76 Abs. 1 oder Bescheiden gemäß § 76 Abs. 2 angeführt sind oder die nach ihrer Beschaffenheit und Wirkungsweise vornehmlich oder auch dazu bestimmt sind, in Privathaushalten verwendet zu werden, oder

         2.       das Ausmaß der der Betriebsanlage zur Verfügung stehenden Räumlichkeiten und sonstigen Betriebsflächen insgesamt nicht mehr als 800 m² beträgt, die elektrische Anschlussleistung der zur Verwendung gelangenden Maschinen und Geräte 300 kW nicht übersteigt und auf Grund der geplanten Ausführung der Anlage zu erwarten ist, dass Gefährdungen, Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen im Sinne des § 74 Abs. 2 oder Belastungen der Umwelt (§ 69a) vermieden werden,

so hat die Behörde das Projekt mit dem Hinweis bekanntzugeben, dass die Projektsunterlagen innerhalb eines bestimmten, vier Wochen nicht überschreitenden Zeitraumes bei der Behörde zur Einsichtnahme aufliegen und dass die Nachbarn innerhalb dieses Zeitraumes von ihrem Anhörungsrecht Gebrauch machen können; für diese Bekanntgabe ist § 356 Abs. 1 sinngemäß anzuwenden. Nach Ablauf der in der Bekanntgabe angeführten Frist hat die Behörde unter Bedachtnahme auf die eingelangten Äußerungen der Nachbarn die Anwendung des vereinfachten Verfahrens begründende Beschaffenheit der Anlage mit Bescheid festzustellen und erforderlichenfalls Aufträge zum Schutz der gemäß § 74 Abs. 2 sowie der gemäß § 77 Abs. 3 und 4 wahrzunehmenden Interessen zu erteilen; dieser Bescheid gilt als Genehmigungsbescheid für die Anlage. Die Behörde hat diesen Bescheid binnen drei Monaten nach Einlangen des Genehmigungsansuchens und der erforderlichen Unterlagen zum Genehmigungsansuchen (§ 353) zu erlassen. § 356b gilt sinngemäß. Nachbarn (§ 75 Abs. 2) haben eine auf die Frage, ob die Voraussetzungen des vereinfachten Verfahrens vorliegen, beschränkte Parteistellung. IPPC-Anlagen sind nicht dem vereinfachten Genehmigungsverfahren zu unterziehen.

(2) Der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten hat durch Verordnung Arten von Betriebsanlagen zu bezeichnen, die dem vereinfachten Verfahren gemäß Abs. 1 zu unterziehen sind, weil auf Grund der vorgesehenen Ausführung der Anlagen (insbesondere der Beschaffenheit und Wirkungsweise der Maschinen, Geräte und Ausstattungen der Anlage, der elektrischen Anschlußleistung der eingesetzten Maschinen und Geräte, der Betriebsweise, der räumlichen Ausdehnung der Anlage, der Art und Menge der in der Anlage gelagerten, geleiteten, umgeschlagenen, verwendeten oder hergestellten Stoffe) nach Art, Ausmaß und Dauer der Emissionen dieser Anlagen zu erwarten ist, daß die gemäß § 74 Abs. 2 wahrzunehmenden Interessen hinreichend geschützt und Belastungen der Umwelt (§ 69a) vermieden werden.

(3) Der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten kann durch Verordnung Arten von Betriebsanlagen bezeichnen, die dem vereinfachten Verfahren gemäß Abs. 1 zu unterziehen sind, weil sie den Voraussetzungen des Abs. 1 Z 2 bis auf die elektrische Anschlußleistung der zur Verwendung gelangenden Maschinen und Geräte entsprechen und diese Anschlußleistung die im Abs. 1 Z 2 angegebene Meßgröße um höchstens 50% aus Gründen übersteigt, die in der technischen Besonderheit dieser Maschinen oder Geräte oder deren Verbindung miteinander oder mit anderen Anlageteilen oder in einschlägigen elektrotechnischen Sicherheitsvorschriften oder in Vertragsbedingungen des Energieversorgungsunternehmens, nicht jedoch in der Betriebsweise der Anlage liegen, da ein gleichzeitiges Betreiben aller dieser Maschinen und Geräte nicht in Betracht kommt.

(Anm.: Abs. 4 aufgehoben durch VfGH, BGBl. I Nr. 124/2001)

(5) Ergibt sich aus dem Ansuchen um Genehmigung der Änderung der Betriebsanlage und dessen Beilagen (§ 353), daß die geplante Änderung den Ersatz von Maschinen, Geräten oder Ausstattungen betrifft, deren mangelnde Gleichartigkeit einen Bescheid gemäß § 345 Abs. 5 zur Folge hatte, so ist das Änderungsgenehmigungsverfahren als vereinfachtes Verfahren im Sinne des Abs. 1 durchzuführen.

(6) Verfahren betreffend Spezialgenehmigungen (§ 356e) sind als vereinfachte Verfahren im Sinne des Abs. 1 durchzuführen.

(7) Der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten hat im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie durch Verordnung jene Arten von Betriebsanlagen zu bezeichnen, die aus Gründen des vorsorgenden Umweltschutzes jedenfalls nicht dem vereinfachten Genehmigungsverfahren zu unterziehen sind, auch wenn im Einzelfall eine derartige Anlage die Voraussetzungen für die Anwendung des vereinfachten Genehmigungsverfahrens erfüllt.

(8) Nach § 81 genehmigungspflichtige Änderungen einer Betriebsanlage sind dem vereinfachten Verfahren gemäß Abs. 1 zu unterziehen, wenn die Betriebsanlage einschließlich der geplanten Änderung die im Abs. 1 Z 1 oder 2, Abs. 4, 5 oder 6 oder in einer Verordnung gemäß Abs. 2 oder 3 festgelegten Voraussetzungen erfüllt.

Die hier anzuwenden Bestimmungen der Verordnung des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten, mit der Arten von Betriebsanlagen bezeichnet werden, die dem vereinfachten Genehmigungsverfahren zu unterziehen sind, BGBl 1994/850 idF BGBl II 1999/19, lauten wie folgt:

„§ 1. Folgende Arten von Betriebsanlagen sind dem vereinfachten Verfahren gemäß
§ 359b Abs. 1 GewO 1994 zu unterziehen:

1.  Betriebsanlagen zur Ausübung des Gastgewerbes gemäß § 142 Abs. 1 Z 2 bis 4 GewO 1994, in denen bis zu

200 Verabreichungsplätze bereitgestellt werden und in denen weder musiziert noch, zB mit einem Tonbandgerät, Musik wiedergegeben wird (nicht unter dieses Musizieren bzw. Wiedergeben von Musik fällt bloße Hintergrundmusik, die leiser ist als der übliche Gesprächston der Gäste);

2.  Betriebsanlagen zur Ausübung des Gastgewerbes gemäß § 142 Abs. 1 Z 1 GewO 1994, in denen nicht mehr als 100 Fremdenbetten bereitgestellt werden;

3.  Betriebsanlagen, die sowohl unter 2 1 als auch unter Z 2 fallen;

(…)“

Im vereinfachten Betriebsanlagengenehmigungsverfahren gemäß § 359b Abs 1 GewO 1994 kommt den Nachbarn nicht die Stellung als Partei, sondern nur ein Anhörungsrecht zu. Dieses Anhörungsrecht vermittelt ihnen aber keinen Anspruch auf die Berücksichtigung bestimmter (materieller) Interessen. Lediglich in der Frage, ob überhaupt die Voraussetzungen des vereinfachten Verfahrens gegeben sind, kommt den Nachbarn eine insoweit eingeschränkte Parteistellung zu. Diese eingeschränkte Parteistellung ist auf die Frage beschränkt, ob die Voraussetzungen und in diesem Sinne die Kriterien für die Anwendung des vereinfachten Verfahrens nach § 359b GewO 1994 erfüllt sind. Im Hinblick auf die Durchführung des vereinfachten Verfahrens kommt den Nachbarn jedoch keine Parteistellung zu (VwGH 29.6.2005, 2002/04/0127 mwH). Darüber hinaus kommen dem Nachbarn keine weiteren subjektiv-öffentlichen Nachbarrechte zu; insb. kein Recht auf Nichtgenehmigung der Betriebsanlage wegen Nichtvorliegens der in § 74 Abs 2 normierten Voraussetzungen (vgl. zu alldem Wendl in Stolzlechner/Wendl/Bergthaler (Hrsg), Die gewerbliche Betriebsanlage4, 2016, Rz 271 mit weiteren Hinweisen auf die Judikatur des VwGH). Auch in seinem Erkenntnis vom 25.03.2010, 2005/04/0174, hat der Verwaltungsgerichtshof klargestellt, dass Nachbarn im vereinfachten Betriebsanlagengenehmigungsverfahren nicht die Stellung als Partei, sondern nur ein Anhörungsrecht zukommt. Dieses Anhörungsrecht vermittelt ihnen aber keinen Anspruch auf die Berücksichtigung bestimmter (materieller) Interessen. Lediglich in der Frage, ob überhaupt die Voraussetzungen des vereinfachten Verfahrens gegeben sind, kommt den Nachbarn eine insoweit eingeschränkte Parteistellung zu.

Nach § 359b Abs 1 GewO 1994 iVm § 1 Z 1 der Verordnung BGBl Nr 850/1994 idF 19/1999 werden laut Projektbeschreibung mit 80 weit weniger als 200 Verabreichungsplätze bereitgestellt, wird dort weder musiziert noch zum Beispiel mit einem Tonbandgerät Musik wiedergegeben. Lediglich im Inneren des Restaurantbetriebes wird Hintergrundmusik wiedergegeben, die leiser ist als der übliche Gesprächston der Gäste. Damit ist diese Betriebsanlage zur Ausübung des Gastgewerbes dem vereinfachten Verfahren zu unterziehen.

Lediglich hinsichtlich der Frage des Zutreffens dieser Voraussetzungen kommt den Beschwerdeführern Parteistellung zu. Der Umstand des Vorliegens dieser Voraussetzungen wurde von den Beschwerdeführern überhaupt nicht in Abrede gestellt. Soweit das Beschwerdevorbringen auf die Verletzung sonstiger subjektiv-öffentlicher Nachbarrechte gerichtet ist, erweist es sich daher als unzulässig.

Aus verwaltungsökonomischen Gründen wird trotzdem kurz auf einige der vorgebrachten Beschwerdeargumente eingegangen:

Mit dem Ende der Betriebszeit hat der Betrieb geschlossen zu sein, das heißt, es dürfen sich keine Gäste mehr in der Anlage aufhalten und die Aufräumarbeiten sind abzuschließen. Bei den Gästen ist deshalb entsprechend früh abzukassieren und sind sie zum Gehen aufzufordern. Bei einem Verstoß dagegen würde der Anlagenbetreiber eine Verwaltungsübertretung begehen. Es ist deshalb nicht von Lärmemissionen von der neu zu errichtenden Terrasse nach 22.00 Uhr auszugehen.

Im vereinfachten Verfahren gem § 359b Abs 1 GewO sind alleine die Projektunterlagen maßgeblich (VwGH 29.06.2005, 2002/04/0127). Die Antragstellerin beschreibt in ihrem eingereichten Änderungsprojekt keine Lieferantenstellplätze. Wie sich aus den von den nunmehrigen Beschwerdeführern im erstinstanzlichen Verfahren vorgelegten Lichtbildern ergibt, erfolgt die Ladetätigkeit für das Lebensmittelgeschäft im Erdgeschoss und den Gastronomiebetrieb der Anlagenbetreiberin im ersten Obergeschoss von bzw auf der öffentlichen Adresse Gst Nr **1. Die Ladetätigkeiten erfolgen somit auf öffentlichen Verkehrsflächen und nicht auf der Betriebsanlagenfläche. Das Fahren von Betriebsfahrzeugen auf einer Straße mit öffentlichem Verkehr kann nicht mehr als zu einer gewerblichen Betriebsanlage gehörendes Geschehen gewertet werden (VwGH 25.05.1993, 92/04/0233); ebenso nicht das Parken usw solcher Fahrzeuge (VwGH 10.02.1998, 97/04/0165). Die in dieser Situation von den Lieferanten-LKW ausgehenden Emissionen sind daher nicht der Betriebsanlage zuzurechnen, weshalb die von diesen ausgehende Lärm- und Staubbelastung nicht zu erheben war. Dasselbe gilt für den Fall, dass Lieferanten die Grundstückzufahrt zum Gst **3 verstellen sollten. Wie die Erstbehörde zutreffend ausführt, in ein solches Verhalten nicht der Anlagenbetreiberin zuzurechnen. Gegebenenfalls müssen die Beschwerdeführer gegen die jeweiligen Fahrzeuglenker direkt mit Anzeigen nach der StVO oder Besitzstörungsklagen vorgehen.

Bei der schriftlichen Zustimmung des Straßenverwalters nach § 5 TStG handelt es sich um eine privatrechtliche Voraussetzung zur Umsetzung gegenständlichen Projekts. Ohne aufrechte Gestattung ist die Errichtung der Freiterrasse nicht umsetzbar. Das Vorliegen einer solchen Gestattung ist allerdings nicht Voraussetzung für eine betriebsanlagenrechtliche Genehmigung, daher könnte deren Fehlen nicht von der Gewerbebehörde als Ab- oder Zurückweisungsgrund herangezogen werden und stellt damit auch keine Vorfrage dar.

Die Beschwerdeführer konnten daher zusammengefasst keinerlei Gründe darlegen, die gegen die Anwendung des vereinfachten Verfahrens nach § 359b GewO 1994 sprechen. Die Behörde hat hingegen rechtsrichtig unter Bezugnahme auf den bisherigen Genehmigungsbescheid vom 23.07.2003 und die nunmehrige Änderung das vereinfachte Verfahren nach § 359b GewO angewendet und war daher die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Landesverwaltungsgericht Tirol

Dr. Alexander Hohenhorst

(Richter)

Schlagworte

Parteistellung;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2017:LVwG.2017.25.1818.6

Zuletzt aktualisiert am

13.11.2017
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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