TE Vwgh Erkenntnis 1998/2/10 97/04/0165

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Veröffentlicht am 10.02.1998
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Index

50/01 Gewerbeordnung;

Norm

GewO 1973 §81 Abs1 impl;
GewO 1994 §74 Abs2 Z2;
GewO 1994 §74 Abs2;
GewO 1994 §77 Abs1;
GewO 1994 §81 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Mizner, Dr. Stöberl und Dr. Blaschek als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Urban, über die Beschwerde des P, der M und der R K in V, alle vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt, gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 8. Juli 1997, Zl. 317.663/3-III/A/2a/97, betreffend Verfahren gemäß § 81 GewO 1994 (mitbeteiligte Partei: A KG in V, vertreten durch Dr. S, Rechtsanwalt), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 12.620,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 8. Juli 1997 wurde der mitbeteiligten Partei nach Maßgabe der mit dem Genehmigungsvermerk versehenen Projektsunterlagen und nach Maßgabe der in den Bescheid aufgenommenen Anlagenbeschreibung die gewerbebehördliche Genehmigung zur Änderung ihres genehmigten Geschäfts- und Bürozentrums an einem näher bezeichneten Standort durch Änderung des Baukörpers, Erweiterung des Parkhauses um eine siebente Parkebene, Änderung der Lüftungsanlage und des Notstromaggregates (anstelle der Batteriestation) sowie durch Überdachung des Ladehofes erteilt. Zur Begründung führte der Bundesminister nach Darstellung des Verfahrensganges aus, der im Rahmen des Berufungsverfahrens beigezogene gewerbetechnische Sachverständige habe ein (in der Begründung des angefochtenen Bescheides wörtlich wiedergegebenes) Gutachten erstattet. Danach habe der Sachverständige am 24. April 1997 in der Zeit zwischen 14.42 Uhr und 14.52 Uhr auf dem Balkon vor einem Fremdenzimmer des Hotels des Erstbeschwerdeführers eine Lärmmessung durchgeführt, die einen Grundgeräuschpegel von 47,1 dB(A) und einen Dauerschallpegel von 55,4 dB(A) ergeben habe, wobei der Grundgeräuschpegel ohne das Lüftergeräusch der Hotelanlage um etwa 1 bis 2 dB niedriger liege. Davon ausgehend führte der Sachverständige u.a. aus, dem technischen Bericht zufolge habe die Verkaufsfläche (mit Gastronomie) im alten Projekt ca. 7969 m2 betragen. Dem Änderungsansuchen zufolge betrage diese Fläche nunmehr 8150 m2 und 600 m2 für die Gastronomie, in Summe also 8750 m2. Dies entspreche einer Vergrößerung der Nutzfläche um etwas weniger als 10 %. Nach den Angaben der mitbeteiligten Partei werde nur ein Teil des Flächenzuwachses für den Verkauf genutzt. Der Ladehof sei in seiner Grundfläche von 1053 m2 auf 831 m2 verkleinert worden. Diese Verkleinerung sei in erster Linie auf die Ausgliederung der Lebensmittelladerampe zurückzuführen, welche nunmehr als Teil des Verbrauchermarktes in der unteren Verkaufsebene eingegliedert worden sei. Insgesamt hätten sich jedoch die Manipulationsflächen für Waren sowie die Fahrzeugrangierbereiche nur unwesentlich verändert. In dem von der mitbeteiligten Partei vorgelegten Gutachten vom 16. März 1994 sei von 50 Lkw-Zu- und Abfahrten pro Tag ausgegangen worden. In der ungünstigsten Stunde seien den dort vorgenommenen Immissionsberechnungen 10 Lkw-Fahrbewegungen zugrunde gelegt worden. Es handle sich dabei um eine relativ hohe Berechnungsannahme und es sei nicht zu erwarten, daß diese Frequenz auf Grund der Vergrößerung der Verkaufsfläche überschritten werde. Eine merkbare Veränderung bei der Zuliefertätigkeit gegenüber dem genehmigten Bestand sei daher nicht zu erwarten. Darüberhinaus würde eine Steigerung der Zufahrtsanzahl um ebenfalls 10 % entsprechend der Flächenvergrößerung auf Grund der schalltechnischen Gesetze praktisch keine Veränderung der berechneten Dauerschallpegel ergeben. Die gerundeten Rechenwerte würden beispielsweise für IMP 3 (h = 20 m) denselben Wert aufweisen, wie im Gutachten vom 16. März 1994 angegeben. Zusätzliche Immissionen in Form von Geruch und Erschütterungen, verursacht durch einen veränderten Lkw-Verkehr, seien somit ebenso vernachlässigbar wie Änderungen im Hinblick auf die Verkehrssituation. Bezüglich Lichtimmissionen sei auszuführen, daß der Hauptlichtkegel eines mit Abblendlicht ausfahrenden Lkws geradeaus sowie nach rechts gerichtet sei. Auf Grund der Richtung der Ausfahrtsrampe würden das Hotelgebäude und der davor liegende Vorbau der Liegenschaft Stadtplatz 26 nicht vom Hauptlichtkegel getroffen.

Darüberhinaus erreiche der geradeaus gerichtete Lichtstrahl bei der vorliegenden 10 %-igen Steigerung in der Entfernung des Seminarraumes erst eine Höhe von ca. 3 m und in der Entfernung des Hotelgebäudes eine Höhe von ca. 4 m. Es seien somit auch diesbezüglich keine besonderen Auswirkungen durch die Änderung gegeben. Durch die geplante Überdachung sowie unter Berücksichtigung der absorbierenden Rampenwände sei in bezug auf einen 8-Stunden-Beurteilungspegel der Rechnung zufolge eine Verbesserung von 3,4 dB zu erwarten. Der Immissionswert verbessere sich somit auf 48,7 dB. Der vom Bundesminister beigezogene ärztliche Sachverständige habe ausgeführt, zum Beurteilungsgegenstand Lärm als Umweltfaktor, welcher störend und belästigend sowie die Gesundheit beeinträchtigend sein könne, müsse im gegenständlichen Fall insbesondere der Bereich zwischen 40 bis 60 dB allgemein beurteilt werden. Dieser Lärmintensitätsbereich sei dadurch wirkungsmäßig charakterisiert, daß insbesondere jenseits von 55 dB die Sprachverständigung gestört sein könne und anspruchsvolle geistige Aktivitäten nicht mehr mit der normalerweise zu erwartenden Effizienz realisiert werden könnten. Im hier zu beurteilenden Objekt der Errichtung der Betriebsanlage Kaufhof gewinne diese Lärmauswirkung eine besondere Relevanz, da der am nächsten betroffene Nachbar einen Seminarraum betreibe und deshalb gegen das Vorhaben der Erweiterung des Kaufhofes Berufung erhoben habe. Allfällige Schlafstörungen, wie sie in diesem Lärmbereich ebenfalls verursacht werden könnten, seien auf Grund der Betriebsweise des Kaufhofes nicht relevant und brauchten daher auch nicht ärztlich beurteilt zu werden. Der im Rahmen des Ortsaugenscheines gewonnene subjektive Eindruck sei dahin zu charakterisieren, daß über den gesamten Zeitraum ein fernes Rauschen imponiert habe, wobei sehr häufig Perioden eingetreten seien, bei denen das Gefühl der Ruhe vorgeherrscht habe. Dann seien Vogelstimmen und zum Teil auch Kinderrufe hörbar gewesen. Dieser Ruheeindruck sei in regelmäßigen Abständen durch Pkw-Verkehr unterbrochen worden, wobei dieser habe differenziert werden können nach Durchfahrten auf der Straße und Zufahrten zu einem Parkplatz. Am meisten störend hätten sich Durchfahrten von Mopeds erwiesen. Auszugehen sei von den Ergebnissen des Ortsaugenscheines in Verbindung mit der geplanten Überdachung und der damit verbundenen Lärmminimierung. Beim Ortsaugenschein sei ein Grundgeräuschpegel von 47,1 dB inklusive des Lüftungsgeräusches, welches durch den Erstbeschwerdeführer selbst verursacht worden sei, gemessen worden. Dieser Wert könne daher real als ca. 45,5 dB angenommen werden. Der Leq könne mit 54 dB beurteilt werden. Durch die Errichtung des Kaufhofes inklusive Erweiterung trete eine spezifische Schallimmission in der Höhe von 49 dB hinzu. Die Differenz der beiden zu addierenden Schallpegel betrage somit 5 dB. Das heiße, daß sich eine Erhöhung des Leq um 1 dB ergebe. Die daraus resultierende Schallsituation betrage somit in Zukunft 55 dB. Die bereits dargestellten Störungen der geistigen Konzentration bzw. des Sprachverständnisses träten jenseits von 55 dB deutlich in Erscheinung. Daher werde grundsätzlich im städtischen Wohngebiet eine Begrenzung der Schallimmission von 55 dB gefordert. Durch die von der mitbeteiligten Partei nunmehr ergänzend durchgeführten Schallschutzmaßnahmen werde der Wert von 55 dB eingehalten. Die vom Erstbeschwerdeführer befürchtete Beeinträchtigung der Arbeitsmöglichkeiten (Abhaltung von Seminaren) werde somit nicht eintreten. Damit sei aus medizinischer Sicht keine irgendwie geartete gravierende Belästigung bzw. Gesundheitsgefährdung der am meisten betroffenen Anrainer gegeben. Diese Beurteilung gelte nur für die Betriebszeit von 6.00 bis 21.00 Uhr. Der in der Nachtzeit jedenfalls schützenswürdige Schlaf der Anrainer werde in diesem Gutachten nicht beurteilt, da er nach der Projektsangabe nicht zur Diskussion stehen müsse. Auf diese Gutachten aufbauend führte der Bundesminister nach Darstellung der Rechtslage insbesondere der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach das Vorbeifahren auf einer Straße mit öffentlichem Verkehr dem Betriebsgeschehen nicht zuzurechnen sei, aus, im vorliegenden Fall sei zwar das Ein- und Ausfahren von Lkw über die nunmehr überdachte Laderampe einschließlich des Ein- und Ausbiegens in die Straße der Betriebsanlage noch zuzurechnen, nicht jedoch ein Zu- und Abfahren durch die Straße oder ein Warten von Lkw in diesem Bereich. Diesbezüglich trete auch keine Änderung gegenüber jenem Zustand ein, wie er bereits auf Grund des genehmigten Projektes bestehe. Die im Berufungsverfahren beigezogenen Sachverständigen hätten den für die Nachbarn schlechtest möglichen Fall ihrer Beurteilung zugrunde gelegt. Dabei sei zusammenfassend der ärztliche Sachverständige zu dem Schluß gekommen, daß insbesondere unter Berücksichtigung der Überdachung der Ladehofzufahrt keine gravierende Belästigung oder gar Gesundheitsgefährdung von Nachbarn durch die gegenständliche Änderung der Betriebsanlage zu erwarten sei. Die belangte Behörde komme daher im Rechtsbereich zu dem Schluß, daß durch die in Rede stehende Änderung der Betriebsanlage eine Gefährdung der Gesundheit von Nachbarn vermieden werde und auch keine nach dem Maßstab eines gesunden normal empfindenden Kindes bzw. Erwachsenen unter Berücksichtigung der Umgebungssituation unzumutbare Immissionen zu erwarten seien.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Die mitbeteiligte Partei beantragte in ihrer Gegenschrift, die Beschwerde kostenpflichtig zurück-, allenfalls abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachten sich die Beschwerdeführer in ihren aus der Gewerbeordnung erfließenden Nachbarrechten verletzt. In Ausführung des so formulierten Beschwerdepunktes bringen sie im wesentlichen vor, die belangte Behörde habe die von ihr eingeholten Gutachten ihrer Entscheidung zugrunde gelegt, ohne die Einwendungen der Beschwerdeführer zu würdigen oder zu berücksichtigen. So habe der gewerbetechnische Sachverständige in seinem Gutachten ausgeführt, daß bei Vergrößerung der Nutzfläche nach Angabe des Vertreters der mitbeteiligten Partei nur ein Teil dieses Flächenzuwachses für den Verkauf genutzt werde. Welche genaue Fläche bzw. welcher Prozentsatz tatsächlich für den Verkauf genutzt werde und welcher Teil eine andere Verwendung finde, wurde vom Sachverständigen nicht festgestellt. Die diesbezüglichen Angaben der mitbeteiligten Parteien seien völlig unzureichend und es liege ein offensichtlicher Mangel in den vorgelegten Planunterlagen vor. Es wäre Aufgabe des Sachverständigen gewesen, zumindest detailliert herauszuarbeiten, welcher Flächenzuwachs tatsächlich für den Verkauf und welcher für andere Verwendungszwecke genutzt werde. Die vom Sachverständigen gezogene Schlußfolgerung, wonach die Manipulationsfläche für Waren sowie für die Fahrzeugrangierbereiche nur unwesentlich verändert werde, sei daher zu ungenau. Die Beschwerdeführer hätten bereits im Ermittlungsverfahren aufgezeigt, daß tatsächlich eine Vergrößerung der Verkaufsfläche und eine Verkleinerung der Ladefläche vorliege. Dies habe eindeutig zur Folge, daß etwa in Stoßzeiten vermehrter Anlieferung anliefernde Lkw-Fahrer gezwungen seien zu warten und ihre Lkw auf der Straße abzustellen. Dies gelte auch unter Berücksichtigung einer Annahme von 10 Lkw pro Stunde und 50 Lkw am Tag, zumal die nunmehr geplante Ladefläche und der im Gebäude befindliche Zufahrtsweg sicherlich im Verhältnis zu den vergrößerten Verkaufsflächen zu gering bemessen sei. Ein Zu- und Abfahren durch die vorbeiführende Straße oder ein Warten von Lkw in diesem Bereich sei jedenfalls der gewerblichen Betriebsanlage zuzuordnen, "da ja gerade die Anlieferung, welche auch durch das Zu- und Abfahren in der Mühlbachgasse erforderlich ist, die in der Betriebsanlage entfaltete gewerbliche Tätigkeit darstellt". Richtig sei zwar, daß der Nachbar kein subjektiv-öffentliches Recht auf Vollständigkeit von Planunterlagen habe, "die erkennende Behörde hat jedoch auch unvollständige Planunterlagen unter Hinweis der BF zurückzuweisen, daß dies zur Folge hat, daß die Grundlagen der SV-Gutachten bzw. des angefochtenen Bescheides unvollständig sind". Zu Unrecht sei eine Messung der Lärmverhältnisse nur zur Nachmittagszeit vorgenommen worden. Tatsächlich wäre es notwendig gewesen, daß differenzierende Messungen zu verschiedenen Tageszeiten, insbesondere zu Beginn der Anlieferungszeit in den späten Nachtstunden bzw. frühen Morgenstunden, durchgeführt würden. Dies hätte gezeigt, daß es ausgehend von den zu diesen Zeiten festgestellten Ist-Werten durch das vorliegende Bauvorhaben sehr wohl zu einer Veränderung des zu berechnenden Dauerschallpegels komme, was zur Folge habe, daß Schall- bzw. Abgasimmissionen auf die jeweiligen Liegenschaften der Beschwerdeführer zu gewissen Tageszeiten wesentlich erhöht würden. Unvollständig seien auch die Feststellungen des medizinischen Sachverständigen, wonach allfällige Schlafstörungen auf Grund der Betriebsweise des gegenständlichen Projektes nicht relevant seien. Den Gästen der Beschwerdeführer sei sicherlich nicht zuzumuten, daß sie bereits um 6 Uhr und früher in ihrer Schlafruhe gestört würden, was sicherlich durch die vermehrte An- und Ablieferung zu dieser Zeit "vorliege". Der medizinische Sachverständige stütze sein Gutachten insbesondere darauf, daß die resultierende Schallsituation in Zukunft 55 dB betrage. Er führe weiter aus, daß Störungen der geistigen Konzentration bzw. des Sprachverständnisses jenseits von 55 dB deutlich in Erscheinung träten. Dies zeige jedoch, daß auf Grund des vorliegenden Bauvorhabens sehr wohl ein Grenzwert erreicht werde, der bereits in gewissem Maße zu Störungen der Konzentration und des Sprachverständnisses führen könne. Der Sachverständige führe nicht aus, welche Auswirkungen die Erreichung dieses Grenzwertes habe. Durch die von den Beschwerdeführern beantragten ergänzenden Messungen wäre festgestellt worden, daß bereits Auswirkungen auch im Grenzbereich von 55 dB auf den Gesundheitszustand der Anrainer und deren Gäste vorlägen. Die Zumutbarkeit der Belastungen, die sich durch die von der Betriebsanlage verursachten Änderungen gegenüber den tatsächlichen örtlichen Verhältnissen auf ein gesundes normal empfindendes Kind und auf einen gesunden normal empfindenden Erwachsenen auswirkten, sei daher sicherlich im gegenständlichen Fall überschritten. Hätte die belangte Behörde dies alles berücksichtigt, hätte sie zum Ergebnis kommen müssen, daß Lärmbelästigungen durch anliefernde Lkw speziell in den frühen Morgenstunden ab 6 Uhr und auch während der Nachtruhe, da Lkw wesentlich früher ankämen und sicherlich bereits um 3 Uhr früh vor dem Hotel der Beschwerdeführer parken müßten, entstünden, was zu massiven Störungen der Nachtruhe der Hotelgäste führe. Die belangte Behörde hätte ferner zu Geruchs- und Abgasbelästigungen durch erhöhtes Verkehrsaufkommen und Rangiertätigkeiten zu den oben angegebenen Zeiten, zu Beeinträchtigungen durch Erschütterungen im Hotelbereich, zu Belästigungen der Hotelgäste durch Scheinwerferlicht und zur Behinderung der Zu- und Abfahrt zum Hotel der Beschwerdeführer durch das nunmehr erhöhte Verkehrsaufkommen kommen müssen. Durch die erhöhte Geschäftstätigkeit ergebe sich auch eine erhöhte Schall- und Abgasimmission, sodaß das derzeitige Ist-Maß überschritten werde.

Vorweg ist in Erwiderung des diesbezüglichen Vorbringens der mitbeteiligten Partei auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu den Anforderungen an die nach § 28 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebotene Bezeichnung der Behörde, die den Bescheid erlassen hat, in der Beschwerde zu verweisen. Danach ist die Beschwerde selbst dann nicht zurückzuweisen, wenn in der Beschwerde anstelle der Behörde ein Rechtsträger bezeichnet wird, sofern nur aus dem der Beschwerde angeschlossenen angefochtenen Bescheid die entsprechende Behörde erkennbar ist. Gleiches gilt für die Bezeichnung eines Hilfsorgans anstelle der tatsächlich den Bescheid erlassenden Behörde (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 19. Dezember 1994, Slg. N. F. Nr. 11.625/A, und das hg. Erkenntnis vom 29. April 1983, Zl. 81/17/0137).

Der Verwaltungsgerichtshof kann aber auch im Gegensatz zur mitbeteiligten Partei in der von den Beschwerdeführern in ihrer Beschwerde gewählten Bezeichnung des Beschwerdepunktes einen zur Zurückweisung der Beschwerde führenden Mangel nicht erkennen. Denn zumindest das Beschwerdevorbringen in seiner Gesamtheit läßt keinerlei Zweifel darüber aufkommen, daß sich die Beschwerdeführer in den in der Gewerbeordnung niedergelegten Nachbarrechten im Zusammenhang mit der Genehmigung einer gewerblichen Betriebsanlage verletzt erachten.

Soweit schließlich die mitbeteiligte Partei den in der Beschwerde gestellten Antrag, der lediglich auf Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gerichtet ist, als verfehlt erachten, weil in den Beschwerdegründen ausschließlich Umstände dargetan würden, die eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften bewirkten, ist dem zunächst mit dem Hinweis entgegenzutreten, daß die Beschwerdeführer mit dem Vorbringen im Zusammenhang mit der Beachtlichkeit der Immissionen, die von den auf der Straße wartenden Lkws ausgehen, sehr wohl auch eine inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides ansprechen. Im übrigen hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen des geltend gemachten Beschwerdepunktes wesentliche Verfahrensmängel auch von Amts wegen wahrzunehmen (vgl. sinngemäß die

hg. Erkenntnisse vom 5. April 1965, Slg. N. F. Nr. 6649/A, vom 16. März 1977, Slg. N. F. Nr. 9274/A (verstärkter Senat), und vom 20. März 1984, Slg. N. F. Nr. 11.366/A).

Gemäß § 77 Abs. 1 GewO 1994 ist die Betriebsanlage zu genehmigen, wenn nach dem Stand der Technik (§ 71 a) und dem Stand der medizinischen und der sonst in Betracht kommenden Wissenschaften zu erwarten ist, daß überhaupt oder bei Einhaltung der erforderlichenfalls vorzuschreibenden bestimmten geeigneten Auflagen die nach den Umständen des Einzelfalles voraussehbaren Gefährdungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 1 GewO 1994 vermieden und Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 2 bis 5 GewO 1994 auf ein zumutbares Maß beschränkt werden.

Nach § 81 Abs. 1 leg. cit. bedarf, wenn es zur Wahrung der im § 74 Abs. 2 GewO 1994 umschriebenen Interessen erforderlich ist, auch die Änderung einer genehmigten Betriebsanlage einer Genehmigung im Sinne der vorstehenden Bestimmung. Diese Genehmigung hat auch die bereits genehmigte Anlage soweit zu umfassen, als es wegen der Änderung zur Wahrung der im § 74 Abs. 2 umschriebenen Interessen gegenüber der bereits genehmigten Anlage erforderlich ist.

Aus der zuletzt genannten Bestimmung ergibt sich, daß Gegenstand eines Genehmigungsverfahrens nach dieser Gesetzesstelle primär nur die Änderung einer genehmigten Betriebsanlage, nicht jedoch schlechterdings die geänderte Betriebsanlage insgesamt zu sein hat. Nur dann, wenn die geplante Änderung auch zu einer Änderung der von der Altanlage ausgehenden Emissionen in einem die in § 74 Abs. 2 umschriebenen Interessen beeinträchtigenden Maße kommen kann, hat die Genehmigung nach § 81 Abs. 1 auch die bereits genehmigte Anlage zu erfassen.

Von dieser Rechtslage ausgehend ist es (da eine bereits von der bestehenden Betriebsanlage ausgehende Gesundheitsgefährdung auch von der Beschwerdeführerin nicht behauptet wird) für die Entscheidung des vorliegenden Falles nicht von Bedeutung, welches von der in Rede stehenden Betriebsanlage ausgehende Maß von Immissionen insgesamt auf die Liegenschaft der Beschwerdeführer einwirkt, zu beurteilen sind vielmehr lediglich jenes Maß an Immissionen, um welches die von der bereits genehmigten Betriebsanlage ausgehenden Immissionen erhöht werden, sowie - was nach der dem Verwaltungsgerichtshof vorliegenden Aktenlage aber hier nicht zutrifft - allfällige neu auftretende Immissionen.

In diesem Zusammenhang ist der gewerbetechnische Amtssachverständige in, wie noch auszuführen sein wird, schlüssiger Weise zu dem Ergebnis gekommen, daß durch die mit der geplanten Änderung der in Rede stehenden Betriebsanlage verbundene Vergrößerung der Verkaufsfläche selbst dann, wenn eine damit einhergehende proportionale Erhöhung des Lkw-Verkehrs angenommen werde, praktisch keine Veränderung der auch schon bisher von der genehmigten Betriebsanlage ausgehenden Schallimmissionen auf der Liegenschaft der Beschwerdeführer auftreten werde. Es ist daher schon aus diesem Grund die Aussage des medizinischen Sachverständigen, es werde damit auch keine wie immer geartete gravierende Belästigung bzw. Gesundheitsgefährdung der am meisten betroffenen Anrainer verbunden sein, unbedenklich.

Mit Recht hat der gewerbetechnische Amtssachverständige und auch die belangte Behörde bei Beurteilung der Genehmigungsfähigkeit der in Rede stehenden Betriebsanlage Immissionen außer acht gelassen, die allenfalls von Lkws ausgehen, die auf der Straße zur in Rede stehenden Betriebsanlage zufahren bzw. dort auf den Einlaß in die Betriebsanlage warten. Denn nach der von der belangten Behörde zutreffend zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist zwischen gewerblichen Betriebsanlagen im Sinne des § 74 Abs. 1 GewO 1994 und Straßen mit öffentlichem Verkehr im Sinne des § 1 Abs. 1 StVO grundsätzlich zu unterscheiden. Da danach der Ausgangspunkt einer Eignung einer gewerblichen Betriebsanlage zur Belästigung von Nachbarn das wesentlich zur dort entfalteten gewerblichen Tätigkeit gehörende Geschehen sein muß, kann das bloße Vorbeifahren von Betriebsfahrzeugen auf einer Straße mit öffentlichem Verkehr, auch wenn es sich um die einzige Zufahrtsstraße zur Betriebsanlage handelt, nicht mehr als zu einer gewerblichen Betriebsanlage gehörendes Geschehen gewertet werden (vgl. das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 10. Oktober 1979, Slg. N. F. Nr. 9943/A). Nichts anderes kann für das Anhalten, Halten oder Parken von Betriebsfahrzeugen auf einer Straße mit öffentlichem Verkehr gelten.

Zu Unrecht rügen die Beschwerdeführer, der gewerbetechnische Sachverständige habe es unterlassen, präzise Feststellungen darüber zu treffen, in welchem Ausmaß durch die geplante Änderung der in Rede stehenden Betriebsanlage einerseits die Verkaufsfläche und andererseits der Ladehof verändert werde. Tatsächlich hat nämlich der Sachverständige darüber, wie sich aus der oben gegebenen Darstellung des Inhaltes des angefochtenen Bescheides ergibt, präzise Feststellungen getroffen und diese seinen weiteren Ausführungen zugrunde gelegt. Die von der mitbeteiligten Partei in diesem Zusammenhang erstattete Äußerung, es werde nur ein Teil dieses Flächenzuwachses für den Verkauf genutzt, wurde vom Sachverständigen zwar wiedergegeben, seiner weiteren Beurteilung aber nicht zugrunde gelegt. Der Sachverständige ist vielmehr - obwohl er dies für unwahrscheinlich hielt - bei seiner Beurteilung, die geplante Änderung werde praktisch keine Veränderung der auf der Liegenschaft der Beschwerdeführer zu erwartenden Immissionen bewirken, von einer Erhöhung der Zahl an Lkw-Fahrten im Verhältnis der nach den Projektsunterlagen ausgewiesenen Erhöhung der Verkaufsfläche ausgegangen und hat damit im höchstmöglichen Umfang auf die Interessen der Beschwerdeführer Bedacht genommen.

Warum die Beschwerdeführer meinen, durch die geplante Änderung der gegenständlichen Betriebsanlage werde es zu einer Erhöhung der Geruchs- und Abgasbelästigung und zu einer Beeinträchtigung durch Erschütterungen im Hotelbereich kommen, wird in der Beschwerde nicht näher ausgeführt, sodaß es dem Verwaltungsgerichtshof verwehrt ist, darauf näher einzugehen. Das gleiche gilt für die behauptete Belästigung der Hotelgäste durch Scheinwerferlicht, die nach dem Gutachten des gewerbetechnischen Amtssachverständigen nicht zu befürchten ist.

Aus diesen Gründen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1997040165.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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