TE Vwgh Erkenntnis 1993/5/25 92/04/0233

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Veröffentlicht am 25.05.1993
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
50/01 Gewerbeordnung;
90/01 Straßenverkehrsordnung;

Norm

AVG §37;
AVG §52;
GewO 1973 §74 Abs1 idF 1988/399;
GewO 1973 §74 Abs2 Z2;
GewO 1973 §77 Abs1;
StVO 1960 §1 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Griesmacher und die Hofräte Dr. Weiss, DDr. Jakusch, Dr. Gruber und Dr. Pallitsch als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerde 1. des EA, 2. der CA, 3. des RS, 4. der HS und 5. der W, alle in G, alle vertr durch Dr. H, RA in A, gegen den Bescheid des BM für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 3.9.1992, Zl. 315.060/3-III/3/92, betr Änderung einer gewerblichen Betriebsanlage (mP: J OHG. in Y, vertreten durch Dr. Z, RA in L), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von S 11.630,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Scheibbs vom 14. Oktober 1991 wurde der mitbeteiligten Partei die Erweiterung ihrer Betriebsanlage für die fabriksmäßige Erzeugung von Profilen aus Eisen und Metall sowie für die fabriksmäßige Erzeugung von Zieh-, Preß- und Stanzartikeln auf Gst. Nr. 2071/1, KG G, durch Errichtung einer weiteren Produktionsanlage auf Gst. Nr. 2110/1, KG G, gemäß § 81, § 77, § 74 Abs. 2 und § 359 Abs. 1 GewO 1973 und gemäß § 27 Abs. 3 des Arbeitnehmerschutzgesetzes genehmigt. Diesem Abspruch über die Erteilung der Genehmigung wurden Absprüche über die "Zulassung" eines Probebetriebes und über den Vorbehalt der Erteilung der Betriebsbewilligung angefügt. Ferner wurden u.a. folgende Auflagen vorgeschrieben:

"38. Während der Nachtzeit darf mit der Eisenbahn keine Anlieferung und kein Verschub erfolgen.

39. Auf den Verkehrsflächen südlich der neuen Produktionshalle dürfen während der Nachtzeit keine Transporte durchgeführt werden.

40. Das südliche Hallentor aus dem Werkzeugrollenlager muß während der Nachtzeit ständig geschlossen bleiben."

"43. Die Zu- und Abluftöffnungen in der Energiezentrale sind schalltechnisch so auszubilden, daß der Schallpegel in 1 Meter vor den Öffnungen 65 dB bei maximalen Betriebszuständen des Stromgenerators und der Heizanlage nicht übersteigt."

Dagegen erhoben die mitbeteiligte Partei und u.a. die nunmehrigen Beschwerdeführer Berufung.

Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 15. Jänner 1992 wurde den Berufungen nicht Folge gegeben und der erstbehördliche Bescheid mit einer den "angeordneten" Probebetrieb betreffenden Maßgabe bestätigt.

Dagegen erhoben ebenfalls die mitbeteiligte Partei und u.a. die nunmehrigen Beschwerdeführer Berufung.

Mit Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 3. September 1992 wurde den Berufungen insofern Folge gegeben, als in Abänderung des zweit- und des erstbehördlichen Bescheides die Genehmigung unter Entfall des Vorbehaltes einer Betriebsbewilligung sowie der Zulassung eines Probebetriebes sowie nach Maßgabe folgender ergänzender Betriebsbeschreibung erteilt werde:

"Sämtliche Außenwände der projektierten Änderung weisen ein mittleres Schalldämmaß von 49 dB (bewertetes Bauschalldämmaß Rw), das Dach ein solches von 43 dB, die Lichtbänder ein solches von 36 dB, die Lichtraupen am Dach ein solches von 37 dB, und jedes Tor ein solches von 22 dB im völlig geschlossenen Zustand auf. Bei geöffneten Hubgliedern weisen die Tore aufgrund der vorhandenen Plastikfolien ein Schalldämmaß von 10 dB auf (sämtliche zuvor genannten Schalldämmaße sind als Rw zu verstehen).

Ladetätigkeiten samt Staplerverkehr sind an der Nord- und Ostseite des Projektes vorgesehen. Das Tor an der Südseite dient ausschließlich Ein- und Ausfahrten von Lkw und Staplern. Ladetätigkeiten sind an der Südseite nicht geplant.

Folgende Betriebstätigkeiten sind in der Zeit von 22.00 Uhr bis 6.00 Uhr Früh möglich:

01. Arbeiten im Inneren des Betriebsgebäudes

02. Lkw-Ladetätigkeiten und Staplerverkehr an der Nord- und Ostseite im Freien.

03. Zu- und Abfahrt von Lkw über die geplante Einfahrt

westlich der Bahntrasse.

Das gesamte Betriebsgebäude wird mechanisch be- und entlüftet. Sämtliche Fenster des Betriebsgebäudes werden nur mit speziellen Werkzeugen öffenbar eingerichtet. Ausgenommen hievon sind die Fenster der Sozialräume an der Ostseite des Betriebsgebäudes, die ohne besondere Vorkehrungen öffenbar eingerichtet sind.

In der geänderten Anlage werden sowohl diesel- als auch elektrobetriebene Hubstapler eingesetzt.

Die Lkw Zu- und Abfahrten erfolgen überwiegend untertags, es kann jedoch nicht ausgeschlossen werden, daß diese auch in der Nacht stattfinden werden.

... Die Frequenz der Fahrbewegungen der erweiterten Betriebsanlage wird in der Nacht auf zwei bis drei Fahrbewegungen stündlich eingeschränkt."

Ferner wurde folgende zusätzliche Auflage vorgeschrieben:

"An der Ostseite der Lagerhalle darf nur ein Personaleingang, nicht jedoch ein Einfahrtstor errichtet werden. Ladetätigkeiten im Freien sind in diesem Bereich nicht zulässig."

Zur Begründung wurde auf die vom Bundesministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten am 5. und am 6. Mai 1992 unter Beiziehung eines gewerbetechnischen und eines ärztlichen Amtssachverständigen durchgeführte mündliche Augenscheinsverhandlung hingewiesen. Das anläßlich dieser Augenscheinsverhandlung erstattete Gutachten des gewerbetechnischen Amtssachverständigen wurde in der Begründung des Bescheides u.a. wie folgt wiedergegeben:

"Zur Klärung der Umgebungssituation fand am Abend des 5. Mai 1992 in der Zeit vor und nach 22.00 Uhr eine Schallpegelmessung statt. Als Meßpunkt wurde das Haus A gewählt, da dieses einerseits die vergleichsweise geringste Entfernung zur projektierten Betriebsanlage aufweist und andererseits an der der Betriebsanlage zugewendeten Seite gegen den Verkehrslärm von der Bundesstraße abgeschirmt ist. Die Messungen vor 22.00 Uhr wurden im Freien im Garten an der Rückseite des Hauses vorgenommen, jene nach 22.00 Uhr in der Küche bei offener Balkontüre mit Orientierung zur projektierten Betriebsanlage und zum bestehenden Betrieb. Die Küche ist aufgrund der Einrichtung auch für Wohnzwecke geeignet.

Die erste Messung fand von 18.00 bis 18.10 Uhr statt und ergab folgende Werte:

Das allgemeine Umgebungsgeräuschniveau lag zumeist in einem Bereich von 44 dB bis 54 dB, wobei die niedrigsten Umgebungsgeräuschpegel 40 dB betrugen. Grundgeräuschpegel im Sinne der strikten normmäßigen Definition (subjektives Empfinden von Ruhe) war keiner feststellbar. Der Leq (Energieäquivalenter Dauerschallpegel) betrug 50,7 dB. Aus dem Bereich der bestehenden Betriebsanlage der Fa. J war allgemeiner Betriebslärm mit Werten von 50 bis 60 dB meßbar, Spitzen erreichten bis 63 dB. Aus technischer Sicht können diese Geräusche einerseits als gleichmäßiges Maschinenrauschen, andererseits als häufiges metallisches Schlagen und Hämmern beschrieben werden. Dazu kamen Motorengeräusche durch Lkw-Verkehr und Dieselstapler mit Werten zwischen 50 und 64 dB. Der Straßenverkehr auf der Bundesstraße verursachte bei Pkw Maximalwerte von 58 dB, bei bergwärts fahrenden Lkw 66 dB und durch Bremsen eines bergabfahrenden Lkw 68 dB. Ergänzend wird angemerkt, daß die bestehende Betriebsanlage vom Meßpunkt mittlere Entfernung von ca. 200 - 250 m aufweist.

Die nächste Messung wurde am gleichen Standort zwischen

21.48 und 21.54 Uhr durchgeführt. Der Grundgeräuschpegel lag während dieser Messung bei 30 dB, der Leq bei 38,5 dB. Von der bestehenden Betriebsanlage wurden Störgeräusche zwischen 32 dB und 42 dB verursacht. Sie lassen sich in technischer Hinsicht als leichte Rollgeräusche mit fallweisen Klopfspitzen beschreiben. Ein Pkw auf der Bundesstraße verursachte in dieser Zeit einen Spitzenwert von 53 dB.

Die nächste Messung wurde von 22.05 bis 22.10 Uhr in der Wohnküche des Hauses A durchgeführt. Da durch die zu diesem Zeitpunkt stattfindende Abfahrt mehrerer Pkw bei der bestehenden Betriebsanlage offensichtlich ein Schichtwechsel vorlag, waren keine wesentlichen Unterschiede gegenüber der vorherigen Messung gegeben. Der Leq betrug 39,4 dB, der niedrigste Umgebungsgeräuschpegel 30 dB. Die auf der Bundesstraße vorüberfahrenden Pkw verursachten Werte zwischen 48 und 52 dB. In der Folge kam es zu einem deutlichen Absinken aller Werte, sodaß zwischen 22.30 und 22.35 Uhr ein Grundgeräuschpegel von 27 dB festgestellt wurde. Leichte Störgeräusche aus dem Betrieb (entferntes Dröhnen und Klopfen) wurden mit 30 - 34 dB gemessen. Aufgrund zahlreicher Erfahrungen in derartigen Fällen ist zu erwarten, daß der zum letzten Zeitpunkt gemessene Grundgeräuschpegel zur späteren Nachtzeit nicht mehr signifikant absinkt. Die oben beschriebenen Messungen mit Ausnahme der letzten Messung wurden mittels Pegelschreibern aufgezeichnet und die Pegelschriebe werden der Niederschrift beigelegt.

Für die nachfolgenden gutächtlichen Ausführungen wurden neben dem Projektsbestandteil und den heutigen ergänzenden Ausführungen auch die Auflagenpunkte 39, 40 und 43 des erstinstanzlichen Bescheides zur Grundlage genommen. Sie betreffen die zulässige Schallemission der mechanischen Lüftung und das Verbot von Ladetätigkeiten vor der Südseite sowie das Verbot der Benutzung des südseitigen Hallentores.

In diesem Zusammenhang wird angemerkt, daß offenbar nach Durchführung der erstinstanzlichen Verhandlung vom 26.7.1991 eine Umplanung vorgenommen wurde. In der Lagerhalle ist kein Einfahrtstor vorgesehen, sondern nur ein Personaleingang. Erst in später nachgereichten Unterlagen finden sich Hinweise auf die Hinzunahme eines Einfahrtstores in diesem Bereich. Aus technischer Sicht muß vorweg festgestellt werden, daß speziell Ladetätigkeiten im Freien vor diesem Tor infolge der dort nicht gegebenen Abschirmung in Richtung zu den Nachbarn eine wesentliche Emissionsquelle darstellen würden.

Der nachfolgenden Berechnung möglicher Störgeräuschimmissionen liegen folgende Emissionsannahmen zugrunde: In der Produktionshalle ist mit einem Rauminnenpegel von 85 dB mit Spitzen bis 90 db zu rechnen. In der südlich anschließenden Lagerhalle ermäßigen sich diese Werte aufgrund der Nutzung auf 80 bzw. 85 dB. Lkw-Störgeräusche im Freien sind bei Vollgas in 10 m Entfernung mit 85 dB zu beziffern, bei durchschnittlicher langsamer Fahrt mit 75 dB in 10 m Entfernung. Die Werte für Dieselstapler sind diesen Werten etwa vergleichbar. Manipulationen im Freien mit schweren Metallgegenständen wurden in ähnlichen Fällen mit 90 dB in 5 m Entfernung gemessen. Von der nordseitigen Fassade des Hauses A betragen die Entfernungen zu den verschiedenen betrachteten Emissionsquellen: zum südseitigen Tor 90 m, zur Einfahrt westlich der Bahn 130 m, zur Mitte des Daches der Lagerhalle 115 m, zur Mitte des Daches der Produktionshalle 160 m, zur Ostseite im Mittel 140 m und zum Verladeplatz an der Nordseite 200 m. Unter Zugrundelegung dieser Entfernungen und der sich daraus ergebenden Geräuschabnahme der in den obigen ergänzenden Ausführungen angegebenen Schalldämmwerte der Bauteile und der Berechnungsgrundsätze nach ÖNORM S 5010 lassen sich folgende Immissionswerte prognostizieren:

Betriebslärm aus der Produktionshalle - 21 dB mit Spitzen bis 26 dB.

Betriebslärm aus der Lagerhalle bis 18 dB mit Spitzen bis 23 dB. Störgeräusch Entlüftungsanlagen bei Zusammenwirken von 10 Einzelquellen 34 dB.

Für den Betriebslärm aus der Produktionshalle ist im wesentlichen die Schalldämmung der Lichtraupen am Dach maßgebend. Für den Betriebslärm aus der Lagerhalle das südseitige Tor. Der errechnete Wert für die Lagerhalle ist bei geschlossenem Tor. Lkw-Ein- und Ausfahrten sind mit 53 - 63 dB anzunehmen und können in der Nachtzeit ebenfalls mehrmals auftreten. Lkw- und Staplerfahrten vor der Südseite der Lagerhalle sind nur unter Tags (das heißt bis 22.00 Uhr) möglich und würden bei betrachtetem Immissionspunkt Werte zwischen 57 und 67 dB verursachen. Manipulationsgeräusche beim Verladen von der Nordseite bzw. vor den östlichen Einfahrtstoren der Produktionshalle würden Immissionswerte zwischen 38 und 41 dB verursachen. Demgegenüber würden Verladungen vor der Ostseite der Lagerhalle Werte von 62 dB verursachen (in diesem Fall ist keine Abschirmung zu den Nachbarn gegeben).

Zusammenfassend ist aus technischer Sicht festzustellen, daß die wesentlichen Immissionsgeräusche nur für Betriebszustände während der Nachtzeit errechnet wurden. Während der Tageszeit ist im Hinblick auf das bestehende Umgebungsgeräuschniveau eine gesonderte Errechnung nicht erforderlich. Die zu erwartenden Störgeräusche sind aus technischer Sicht im Falle der Ladetätigkeit als fallweise auftretendes Poltern zu beschreiben, im übrigen werden typische Motorengeräusche vorliegen. Das Lüftungsgeräusch ist betriebsbedingt als Rauschen zu erwarten."

Das Gutachten des ärztlichen Amtssachverständigen wurde u. a. wie folgt wiedergegeben:

"Aus den Ausführungen des technischen Amtssachverständigen ergibt sich, daß im konkreten Fall deutliche Unterscheidungen in bezug auf einzelne Lärmquellen zu treffen sind. Da ist auf der einen Seite die Geräuschimmission zu sehen, die durch den Betrieb in den Produktions- bzw. Lagerhallen (einschließlich der Lüftungsanlage) auftritt. Die dafür ermittelten Schallpegelwerte liegen im Bereich zwischen 18 - 26 bzw. 34 dB (Lüftung). Der Vergleich mit den üblicherweise herrschenden Umgebungsgeräuschverhältnissen läßt darauf schließen, daß diese Geräusche zumindest tagsüber subjektiv nicht wahrnehmbar sein werden. Eine Störung dadurch ist daher als ausgeschlossen zu betrachten. Was die Verhältnisse in der Nacht betrifft, so kann hier auf Grundlage der ermittelten Umgebungsgeräuschwerte nur das Geräusch der Lüftungsanlage als subjektiv in Erscheinung tretend bezeichnet werden, da der Grundgeräuschpegel mit den festgestellten 27 dB darunter liegt. Angesichts des Umstandes, daß es sich jedoch bei einem Lüftungsgeräusch um ein gleichförmiges, nicht akzentuiertes Geräusch handelt und der festgestellte Pegel von 34 dB in keinem kritischen Bereich liegt, kann davon eine Beeinträchtigung in der Nacht nicht erwartet werden.

Auf der anderen Seite liegen die mit den Betriebsvorgängen im Freien zusammenhängenden Lärmereignisse (Lkw- und Stapelverkehr, Ladetätigkeit). Diese Lärmquellen verursachen Schallimmissionen in einer Größenordnung zwischen 38 und 67 dB, wodurch sie auch subjektiv entsprechend in Erscheinung treten. Die Schallpegelwerte bewegen sich zwar in einem Bereich, bei dem eine Gefährdung der Gesundheit nicht erwartet werden kann, bei dem aber hinsichtlich einer Beeinträchtigung des Wohlbefindens der Bereich der Nachtruhe in die Überlegungen einbezogen werden muß.

Vergleicht man nur die Tagzeit, so läßt sich feststellen, daß die mit diesen Lärmquellen in Zusammenhang stehenden Lärmimmissionen im Bezug auf das Ausmaß in etwa mit den bisherigen, ortsüblichen Lärmimmissionen in Einklang stehen. Für die Tagzeit läßt sich somit keine signifikante Veränderung der Umgebungsgeräuschsituation durch die geänderte Betriebsanlage erkennen. In der Nachtzeit treten jedoch die mit den Fahrbewegungen zusammenhängenden Lärmimmissionen aufgrund ihrer Intensität deutlich aus dem allgemeinen Umgebungsgeräuschniveau hervor (dies gilt für die Lkw Zu- und Abfahrten, für die Werte zwischen 53 und 63 dB prognostiziert wurden). Bei der Beurteilung, inwieweit durch diese Geräusche eine effektive Störung (aufgrund einer signifikanten Erhöhung des durchschnittlichen, in der Nacht vorherrschenden Schallpegels) besteht, wird es sehr darauf ankommen, in welcher Häufigkeit (im Vergleich zu dem sonstigen ortsüblichen Kfz-Aufkommen) diese Fahrzeugbewegungen auftreten. Erfolgen diese gehäuft, dann ist eine Störwirkung sehr wahrscheinlich und damit auch eine Beeinträchtigung der Nachbarschaft zu erwarten. Als maßgeblich ist aufgrund der Ergebnisse des Augenscheines (Verkehrsaufkommen in der Zeit nach 22.00 Uhr) eine Frequenz von mehr als 2 - 3 Fahrbewegungen stündlich anzusehen.

Ergänzend zu den oben in Klammer angeführten Lkw Zu- und Abfahrten:

Darunter fallen ebenso Ladetätigkeiten am südlichen - nachträglich projektierten östlichen Hallentor mit Werten bis 62 dB. Allerdings gelten hiefür die Ausführungen bezüglich der Zahl der Zu- und Abfahrten nicht, da es sich bei Lkw Zu- und Abfahrten um relativ kontinuierliche Lärmereignisse handelt, wohingegen Ladetätigkeiten diskontinuierliche Lärmereignisse darstellen und daher sehr wohl als Störfaktor anzusehen sind."

Auf die Frage des Verhandlungsleiters, ob zur Beurteilung und Erfassung der Immissionen aus gewerbetechnischer Sicht ein Probebetrieb als notwendig erachtet werde und welche Immissionen durch Zu- und Abfahrten der Eisenbahnwaggons am Betriebsgrundstück untertags auftreten würden, habe der gewerbetechnische Sachverständige ausgeführt:

"Ein Probebetrieb ist aus technischer Sicht nicht erforderlich, da die Beurteilung in ausreichender Weise anhand der vorhandenen Grundlagen erfolgen kann.

Der Lärm, welcher durch Ein- und Ausfahrt von Eisenbahnwaggons entstehen kann, wurde in einem vergleichbaren Fall mit Spitzen von 70 dB in 70 m Entfernung gemessen. Legt man diesen Wert auf die hier gegebenen Entfernungen hin, so wären demgemäß Immissionspegel von etwa 64 dB zu erwarten. Dieses Störgeräusch besitzt etwa den gleichen Wert, wie die Störgeräusche durch Lkw- und Stapelverkehr, wird jedoch in weitaus geringerer Häufigkeit auftreten"

Auf die Frage des Verhandlungsleiters, ob sich unter Miteinbeziehung dieser Immissionen Änderungen für die medizinische Beurteilung der Lärmimmissionen untertags ergäben, habe der ärztliche Sachverständige ausgeführt:

"Eine Änderung der ursprünglichen Ausführungen ergibt sich nicht, da

1.

die Eisenbahnfahrten nur tagsüber stattfinden,

2.

die Schallpegel sich im Bereich der durch sonstige Umgebungsgeräusche erzeugten befinden und

3.

Eisenbahnlieferungen auch bisher schon ortsüblich

waren."

Der Bundesminister führte zur Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes und zur Beurteilung der Rechtsfrage aus, das Gutachten des gewerbetechnischen Amtssachverständigen habe ergeben, daß mit der geplanten Änderung Lärmimmissionen sowohl aus dem Inneren der Betriebshallen als auch durch betriebsspezifische Ereignisse im Freien auf dem Betriebsgrundstück zu erwarten seien. Die Betriebsgeräusche aus dem Inneren hätten bei den nächstgelegenen Nachbarn Schallpegelwerte in der Höhe von 18 bis 26 dB, die durch Entlüftungsanlagen verursachten Geräusche in der Höhe von 34 dB ergeben. Untertags seien diese Lärmpegel jedenfalls durch die vorhandenen und gemessenen Umgebungsgeräuschpegel überschritten worden, weshalb der ärztliche Amtssachverständige mangels subjektiver Wahrnehmbarkeit eine Gesundheitsgefährdung oder Beeinträchtigung des Wohlbefindens ausgeschlossen habe. Während der Nachtzeit sei auf Grund der veränderten Umgebungsgeräuschsituation das Geräusch der Entlüftungsanlagen subjektiv wahrnehmbar gewesen. Im Hinblick auf die absolute Höhe dieses betriebsspezifischen Geräusches sowie unter Berücksichtigung dessen Charakteristik habe der ärztliche Amtssachverständige jedoch auch zu dieser Zeit eine Beeinträchtigung des Wohlbefindens ebenfalls ausgeschlossen. Die Betriebsvorgänge im Freien wiederum verursachten Schallpegel zwischen 38 und 67 dB und seien daher subjektiv auch wahrnehmbar. Diese Lärmpegel bewirkten zwar keine signifikante Veränderung der Umgebungsgeräuschsituation untertags, sodaß zu dieser Zeit eine Gesundheitsgefährdung oder Beeinträchtigung des Wohlbefindens ebenfalls ausgeschlossen sei, zur Nachtzeit jedoch habe der ärztliche Amtssachverständige eine Beeinträchtigung des Wohlbefindens nur bei einer maximalen Frequenz von nicht mehr als zwei bis drei Lkw-Fahrbewegungen stündlich ausschließen können, da diese Ereignisse Werte zwischen 53 und 63 dB ergeben hätten. In diesem Sinne habe schließlich auch die mitbeteiligte Partei ihr Projekt konkretisiert. Die Manipulationsgeräusche bei Verladetätigkeiten an der Nordseite bzw. vor den östlichen Einfahrtstoren der Produktionshalle wiederum hätten lediglich Werte zwischen 38 und 41 dB ergeben, weshalb hiedurch auch zur Nachtzeit keine wesentliche Anhebung der Umgebungsgeräuschsituation erfolge. Die durch nächtliche Entladetätigkeiten vor einem allfälligen Einfahrtstor an der Ostseite der Lagerhalle hervorgerufenen Geräusche in der Höhe bis zu 62 dB habe der ärztliche Amtssachverständige allerdings auf Grund der unterschiedlichen Lärmcharakteristik sehr wohl als das Wohlbefinden beeinträchtigend angesehen. Letztendlich seien jedoch die diesbezüglichen Sachverhaltsfeststellungen für die Entscheidung nicht maßgeblich, da durch die zusätzlich vorgeschriebene Auflage die Errichtung dieses Einfahrtstores sowie die Durchführung von Ladetätigkeiten in diesem Bereich im Freien ohnedies versagt worden seien. Eine entsprechende Projektsmodifikation sei nämlich nicht spätestens vor der mündlichen Augenscheinsverhandlung der Gewerbebehörde erster Instanz erfolgt. Der ärztliche Amtssachverständige habe weiters schlüssig ausgeführt, daß die mit Eisenbahnlieferungen untertags verbundenen Lärmimmissionen ebenfalls keine Beeinträchtigung des Wohlbefindens bewirken könnten, da sich die damit verbundenen Schallpegel ebenfalls im Bereich der bereits bestehenden Umgebungsgeräusche bewegten.

Unter Würdigung der gutächtlichen Äußerungen sei also davon auszugehen, daß die mit der Änderung verbundenen Lärmimmissionen weder eine Gefährdung der Gesundheit noch eine unzumutbare Belästigung für die Nachbarn bei Einhaltung sämtlicher Auflagen darstellen würden.

Die Vorschreibung eines Probebetriebes sowie der Vorbehalt einer Betriebsbewilligung hätten entfallen können, zumal die mit der Änderung verbundenen Lärmimmissionen im Zuge der mündlichen Augenscheinsverhandlung ausreichend erhoben und beurteilt hätten werden können.

Dem Vorbringen der berufungswerbenden Nachbarn sei entgegenzuhalten, daß die Geleise der ÖBB außerhalb des Betriebsgeländes der Anlage nicht zuzurechnen seien, weshalb das längere Verweilen einer Diesellok auf den öffentlichen Geleisen auch nicht zu berücksichtigen gewesen sei. Im übrigen werde darauf hingewiesen, daß Eisenbahnanlieferungen auch bereits im Rahmen des genehmigten Betriebes üblich gewesen seien. Wie sich weiters aus der Niederschrift vom 6. Mai 1992 eindeutig ergeben habe, seien die dokumentierten Messungen nicht durch Baustellen beeinträchtigt bzw. verfälscht, zumal diese ausschließlich den Zeitraum ab 18.00 Uhr erfaßt hätten.

Unzutreffend sei auch das Vorbringen der Nachbarn in ihrer Stellungnahme vom 10. Juni 1992, wonach die Meßpunkte im Zuge der Augenscheinsverhandlung unrichtig ausgewählt worden seien. Als Meßpunkt untertags sei unter Aufsicht des Verhandlungsleiters jener Bereich des Nachbargrundstückes A gewählt worden, der der Betriebsanlage am nächsten gelegen und gleichzeitig auch als dauernder Aufenthaltsort geeignet sei. Der Vertreter der Beschwerdeführer A sei bei der Auswahl des Meßpunktes anwesend gewesen und habe dagegen auch keine Einwände erhoben. Schließlich habe sich auch aus dem Lageplan Maßstab 1:500 vom 10. Juni 1991 ergeben, daß zwischen der Grundgrenze sowie der der Betriebsanlage zugewendeten Seite des Hauses A lediglich ein Abstand von 6 m bestehe. Der Beschwerdeführer selbst habe in seiner Stellungnahme im übrigen keine Anhaltspunkte dargelegt, denenzufolge die Möglichkeit eines dauernden Aufenthaltes auf der bei der Grundstücksgrenze bestehenden steil abfallenden Böschung bestünde. Das diesbezügliche Vorbringen diene also ausschließlich der Verfahrensverzögerung.

Zu den Ausführungen betreffend Gesundheitsschäden der Fünftbeschwerdeführerin werde festgehalten, daß der Beurteilung des Vorliegens einer Gesundheitsgefährdung ein durchschnittlicher Mensch ohne besondere Überempfindlichkeit als Bezugsperson zugrundezulegen sei. Da die geänderte Betriebsanlage derzeit noch nicht in Betrieb sei, könne auch das Schreiben des Dr. N, wonach die Fünftbeschwerdeführerin wegen depressiver Zustände behandelt werde, nicht mit dem Projekt in Verbindung gebracht werden.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf Abweisung der Beschwerde.

Die mitbeteiligte Partei erstattete eine Gegenschrift mit

dem Antrag, der Beschwerde keine Folge zu geben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführer erachten sich in den "Rechten verletzt, die sich aus §§ 77, 74 und 81 GewO ergeben".

Sie tragen in Ausführung dieses Beschwerdepunktes vor, die mit dem angefochtenen Bescheid erteilte Bewilligung der Betriebserweiterung habe zur Folge, daß die Belästigungen, Beeinträchtigungen und die übrigen nachteiligen Einwirkungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 2 bis 5 GewO 1973 das zumutbare Maß überschritten. Die Unzumutbarkeit ergebe sich unter Bedachtnahme auf die tatsächlichen örtlichen Verhältnisse und unter Berücksichtigung eines gesunden, normal empfindenden Kindes sowie eines gesunden, normal empfindenden Erwachsenen. Es stehe jetzt schon fest, daß die Beschwerdeführer von zwei Immissionsquellen belastet würden, nämlich im Süden durch den Fahrzeugverkehr auf der Bundesstraße und im Osten durch die bereits bestehende Betriebsanlage der mitbeteiligten Partei sowie durch den damit verbundenen Werksverkehr auf der Straße und auf der Schiene.

Der Werksverkehr auf der Schiene falle insbesondere deshalb erheblich ins Gewicht, weil die Lärmimmission von der Bahn ausschließlich durch den Betrieb der mitbeteiligten Partei bedingt sei, denn aus dem öffentlichen Fahrplan und aus den Lärmmessungen im vorangegangenen Ermittlungsverfahren ergebe sich, daß der außerbetriebliche Bahnverkehr vernachlässigt werden könne. Nun unterliege die belangte Behörde im Zusammenhang mit der Bewertung des Betriebsgeräusches der Diesellok und des Eisenbahnverkehrs schon dem ersten schwerwiegenden Rechtsirrtum. Sie vertrete nämlich die Rechtsansicht, die Geleise der ÖBB würden außerhalb des Betriebsgeländes liegen, sie wären der Anlage nicht zuzurechnen und deshalb wären das längere Verweilen einer Diesellok und das Betriebsgeräusch des Dieselmotors auf den öffentlichen Geleisen auch nicht zu berücksichtigen. Aktenkundigerweise unrichtig sei die Feststellung, die Geleise der ÖBB würden außerhalb des Betriebsgeländes liegen. Das sei insoferne offenkundig unrichtig, als Gleisstränge in das Betriebsgelände der mitbeteiligten Partei führten. Sie dienten der Zufahrt mit der Diesellok samt Waggons. Das damit verbundene Betriebsgeräusch sei somit ausschließlich betriebsbedingt. Die Zufahrten würden sich infolge der Betriebserweiterung vervielfachen. Ob die Diesellok auf den öffentlichen Geleisen verweile oder auf der Betriebszufahrt, sei für die Lärmimmission unerheblich. Egal wo sie stehe, der Lärm sei betriebsbedingt und daher müsse er im gegenständlichen Verfahren berücksichtigt werden. Wenn in der Begründung des angefochtenen Bescheides im übrigen darauf hingewiesen werde, daß Eisenbahnanlieferungen auch bereits im Rahmen des genehmigten Betriebes üblich gewesen wären, dann sei diesem Argument das bereits oben Gesagte entgegenzuhalten, daß nämlich die Betriebserweiterung zwangsläufig eine Vermehrung der Eisenbahnanlieferungen und der Eisenbahnabtransporte zur Folge haben werde.

Der angefochtene Bescheid erlaube der mitbeteiligten Partei sogar in der Zeit zwischen 22.00 Uhr bis 6.00 Uhr früh Betriebstätigkeiten mit der Begründung, dies wäre im Hinblick auf die tatsächlichen örtlichen Verhältnisse und unter Bedachtnahme auf ein gesundes, normal empfindendes Kind und einen gesunden, normal empfindenden Erwachsenen zumutbar. Im einzelnen handle es sich bei den bewilligten Betriebstätigkeiten zur Nachtzeit um Lkw-Ladetätigkeiten und Staplerverkehr an der Nord- und Ostseite im Freien sowie um die Zu- und Abfahrt von Lkw über die geplante Einfahrt westlich der Bahntrasse, also südlich der Häuser der Beschwerdeführer. Für diese sei dies unzumutbar, auch wenn die Frequenz der Fahrbewegungen in der Nacht auf zwei bis drei Fahrbewegungen stündlich eingeschränkt werde, denn das hieße nichts anderes, als daß der Staplerverkehr an der Nord- und Ostseite im Freien auch während der Nachtzeit uneingeschränkt erfolge. Nun sei aktenkundig, daß ein LKW eine Lärmimmission von 66 bis 68 dB verursache. Dieser Wert liege über der Zumutbarkeitsgrenze bei Tag, umso weniger sei den Beschwerdeführern eine Lärmbelastung von 66 bis 68 dB bei Nacht, noch dazu stündlich zwei- bis dreimal zumutbar, wenn bei Nacht der Grundgeräuschpegel endlich wenigstens auf 27 dB falle. Das Motorengeräusch durch den LKW-Verkehr und die Dieselstapler erzeuge Werte zwischen 50 und 64 dB. Auch das sei bei Nacht unzumutbar.

Der Meßpunkt sei richtig zu wählen, und zwar von der Behörde von Amts wegen unter Zugrundelegung der Rechtslage. Diese erfordere eindeutig, daß die Lärmmessung an der Grundgrenze des betroffenen Anrainers vorzunehmen sei. Der Vorwurf, das diesbezügliche Vorbringen hätte der Verfahrensverzögerung gedient, sei eine Ausflucht der belangten Behörde, die damit ihre eigene Fehlentscheidung verschleiern wolle. Als Eigentümer könnten sich die Beschwerdeführer jederzeit und überall auf ihren Grundstücken aufhalten, wie es ihnen beliebe. Wegen der Betriebsanlage könnten sie nicht veranlaßt werden, die Grundstücksgrenzen zu meiden. Ein Vorbringen betreffend die Möglichkeit eines dauernden Aufenthaltes an den Grundstücksgrenzen, was die belangte Behörde vermisse, sei gar nicht erforderlich.

In der Beurteilung der Zumutbarkeit der erweiterten Betriebsanlage sei der belangten Behörde ein weiterer Rechtsirrtum unterlaufen. Die Häuser der Beschwerdeführer unterlägen im Süden der Lärmbelastung durch die Bundesstraße, die bereits jetzt eine erhebliche Lärmbelastung darstelle. Diese sei zu einem erheblichen Teil auf den bereits bestehenden Werksverkehr der mitbeteiligten Partei zurückzuführen. Die Lärmbelastung werde sich infolge der Betriebserweiterung zwangsläufig erhöhen. Im Osten unterlägen die Beschwerdeführer der Lärmbelastung des bereits bestehenden Betriebes der mitbeteiligten Partei samt Werksverkehr mit der Diesellok und Waggons samt Ladetätigkeit. Die Beschwerdeführer seien also schon von zwei Seiten erheblichen Immissionen ausgesetzt. Der Standpunkt der belangten Behörde, deshalb sei es zumutbar, die dritte Immissionsquelle zu dulden, die die Beschwerdeführer im Norden von der erweiterten Betriebsanlage betreffe, sei durch das Gesetz nicht gedeckt. Wenn ein gesunder, normal empfindender Mensch auf Grund der örtlichen Verhältnisse bereits von zwei Seiten Lärmimmissionen ausgesetzt sei, die schon jetzt fallweise die Grenze der Zumutbarkeit überschritten, wie die Lärmmessungen ergeben hätten, die aber nur auf Grund einer unzulässigen Umlegung und Nivellierung auf die Tages- und Nachtwerte als zumutbar eingestuft würden, dann sei es für einen gesunden, normal empfindenden Menschen nicht zumutbar, ihn einer dritten Lärmimmission auszusetzen mit der Begründung, der Mensch wäre ohnehin schon so viel Lärm ausgesetzt, daß ihm eine zusätzliche Lärmquelle zugemutet werden könne.

Nördlich der Grundstücke der Beschwerdeführer sei bisher Grünland gelegen gewesen, von dem keine wie immer gearteten negativen Immissionen ausgegangen seien. Natürlich könne sich die belangte Behörde formal auf die Umwidmung in Bauland-Industriegebiet stützen. Es könne aber nicht außer Acht bleiben, daß die Umwidmung erst zum Zwecke der Erweiterung der Betriebsanlage erfolgt sei. Bevor der Betrieb der mitbeteiligten Partei errichtet worden sei, hätten die Beschwerdeführer ihre Wohnhäuser errichtet. Der Grundsatz, wer in einem Industriegebiet wohne, müsse mit den dort üblichen Immissionen rechnen, gelte daher in keiner Weise für die Beschwerdeführer. Diese hätten ihre Häuser im Bauland-Wohngebiet in Gärten errichtet. Erst durch den bereits bestehenden Betrieb und insbesondere durch die verfahrensgegenständliche Betriebserweiterung sei eine nach den örtlichen Verhältnissen vollkommen unzumutbare Immissionserhöhung bereits eingetreten und werde sie noch zusätzlich eintreten. Das bereits bestehende Ausmaß an Immissionen werde durch eine dritte Lärmquelle wesentlich und in unzumutbarer Weise erweitert.

Bezüglich der Fünftbeschwerdeführerin vertrete die belangte Behörde die Rechtsansicht, bei der Beurteilung des Vorliegens einer Gesundheitsgefährdung sei ein durchschnittlicher Mensch ohne besondere Überempfindlichkeit als Bezugsperson zugrunde zu legen. Diese Rechtsansicht sei im Gesetz nicht gedeckt. Wie bereits erwähnt, gelte zwar der Grundsatz, wer in einem Betriebsgebiet wohne, müsse mit den dort üblichen Immissionen rechnen. Bei der Beurteilung aller einschlägigen Vorschriften im logischen Zusammenhang komme man zu einem anderen Ergebnis. Die Fünftbeschwerdeführerin sei früher dagewesen als der Betrieb der mitbeteiligten Partei und die von dieser beabsichtigte Betriebsanlagenerweiterung. Die Gesundheitsschäden seien schon jetzt, nach mehrjährigem Betrieb der Altanlage der mitbeteiligten Partei evident. In dieser Situation sei es unzulässig, eine Betriebsanlagenerweiterung zu dem Preis einer weiteren Gesundheitsschädigung und Gesundheitsgefährdung zu bewilligen, noch dazu dann, wenn der Betroffene schon zu einem Zeitpunkt dort gewohnt habe, als noch keine derartigen Lärmimmissionen von dem Betrieb der mitbeteiligten Partei ausgegangen seien.

Die Begründung im angefochtenen Bescheid sei im grundsätzlichen ident mit der Begründung des erstinstanzlichen Bescheides. Damit habe die belangte Behörde lediglich zum Ausdruck gebracht, daß sie sich der Rechtsansicht der Unterbehörden vorbehaltslos anschließe. Gleichzeitig habe sie es aber unterlassen, sich mit den von den Beschwerdeführern dagegen vorgebrachten Argumenten auseinanderzusetzen.

Das gelte insbesondere für die Ausführung in der Begründung des angefochtenen Bescheides betreffend die Zumutbarkeit der Betriebserweiterung. Die belangte Behörde sei mit keinem Wort auf das Argument eingegangen, daß die Beschwerdeführer bereits von zwei Seiten auf Grund des Altbetriebes der mitbeteiligten Partei unter Lärmimmissionen litten. Jetzt werde eine zusätzliche Lärmquelle durch die Betriebserweiterung an der Nordseite der Häuser der Beschwerdeführer eröffnet, obwohl die bisherigen örtlichen Verhältnisse doch einigermaßen Gewähr dafür gewesen seien, daß die Beschwerdeführer vor einer Lärmbelästigung aus dieser Richtung verschont blieben. Die belangte Behörde vertrete - ohne es auszusprechen, aber doch erkennbar - den Standpunkt, wenn die Beschwerdeführer ohnehin schon von zwei Seiten Lärm hätten, wäre der Lärm von der dritten Seite zumutbar. Diese Überlegung stehe in einem unüberbrückbaren Widerspruch zur Vorschrift des § 77 Abs. 2 GewO 1973, wonach die Frage der Zumutbarkeit auch im Hinblick auf die örtlichen Verhältnisse zu prüfen sei. Im Hinblick auf diese Gesetzesstelle ergebe sich die Notwendigkeit der Prüfung der Argumente gegen die dritte Lärmquelle, die mit der erweiterten Betriebsanlage verbunden sein werde. Damit habe sich die belangte Behörde in ihrer Bescheidbegründung offensichtlich deshalb nicht auseinandersetzen wollen, weil sie nicht in der Lage sei, das diesbezügliche Vorbringen zu entkräften.

Die belangte Behörde habe es unterlassen, den Sachverhalt objektiv und vollständig zu ermitteln. In der Begründung des angefochtenen Bescheides (Seite 18 Mitte) versuche sie, das Vorbringen, wonach die dokumentierte Lärmmessung durch den Baustellenlärm beeinträchtigt und verfälscht worden sei, mit dem Hinweis abzutun, es wäre der Zeitraum ab 18.00 Uhr erfaßt worden. Am 6. Mai 1992 sei die Bautätigkeit um 18.00 Uhr nicht eingestellt gewesen. Gerade diese Tatsache habe die Beschwerdeführer veranlaßt, den Einwand zu erheben. Daraus könne nicht der Schluß gezogen werden, die Niederschrift vom 6. Mai 1992 hätte eindeutig ergeben, die Messungen nach 18.00 Uhr wären nicht durch Baustellenlärm beeinträchtigt und verfälscht worden, eben weil sie nach 18.00 Uhr erfolgt wären. Das sei keine Begründung. Abgesehen davon habe die Gewerbebehörde von sich aus an der Stelle den Lärm zu messen, der für die rechtliche Beurteilung der Zumutbarkeit ausschlaggebend sei. Im Rahmen ihrer Verpflichtung zur Ermittlung des objektiven Sachverhaltes hätte die belangte Behörde unter Bedachtnahme auf die einschlägigen Vorschriften von sich aus die Lärmmessung an der Grundstücksgrenze vornehmen müssen. Die diesbezügliche Bemängelung habe also keineswegs der Verfahrensverzögerung, sondern der Ermittlung des objektiven Sachverhaltes gedient, was die belangte Behörde verabsäumt habe.

Das Argument der Gesundheitsgefährdung und Gesundheitsschädigung der Fünftbeschwerdeführerin habe die belangte Behörde mit einer Scheinbegründung zu entkräften versucht. Sie meine, da die geänderte Betriebsanlage derzeit noch nicht in Betrieb sei, könne die Erkrankung nicht mit dem Projekt in Verbindung gebracht werden. Natürlich seien die gesundheitlichen Beschwerden der Fünftbeschwerdeführerin nicht auf das Projekt, sondern auf die bestehende Betriebsanlage zurückzuführen. Die Gesundheitsgefährdnung sei auf Grund der bereits bestehenden Betriebsanlage bescheinigt. Der Gesundheitszustand werde sich durch die Betriebsanlagenerweiterung und durch die Schaffung der zusätzlichen Lärmquelle verschlechtern. Wenn nun die belangte Behörde trotzdem meine, bei der Beurteilung des Vorliegens einer Gesundheitsgefährdung sei ein durchschnittlicher Mensch ohne besondere Überempfindlichkeit als Bezugsperson zugrunde zu legen, dann erhebe sich die Frage, ob die Fünftbeschwerdeführerin jetzt indirekt gezwungen werden könne, wegen der Betriebsanlagenerweiterung an einen anderen Ort zu übersiedeln, um nicht noch kränker zu werden. Die logische Umkehr des Grundsatzes, wonach derjenige, der in einem Industriegebiet wohne, dessen Belastung in Kauf nehmen müsse, führe zu der Erkenntnis, daß der Industriebetrieb sich nicht in eine Richtung erweitern dürfe, die zu einer weiteren Gesundheitsgefährdung eines Menschen führe, der schon länger dort wohne, als die Industrieanlage bestehe. In diesem Fall sei es der Industriebetrieb, der es in Kauf nehmen müsse, daß seinem Wachstum Grenzen gesetzt seien in Gebieten, die vorher Wohngebiete gewesen seien, bevor er sich ausgedehnt habe.

Ein weiterer Mangel sei in dem Umstand zu erblicken, daß die belangte Behörde im bisherigen Verfahren den Umfang der Betriebsanlagenbewilligung der Altanlage in keiner Weise beachtet habe. Sie habe es unterlassen, den bereits bestehenden Betriebsbewilligungsbescheid der Altanlage der mitbeteiligten Partei heranzuziehen. Die Zumutbarkeitsprüfung habe doch auch unter Bedachtnahme auf die bestehende Betriebsbewilligung zu erfolgen, die in keiner Weise erwähnt werde und deren Einhaltung weder die belangte Behörde noch die Unterbehörden überprüft hätten. Das habe zur Folge, daß die Zulässigkeit und Zumutbarkeit des bereits bestehenden Grundgeräuschpegels auf Grund der Rechtslage, die sich aus dem Bescheid betreffend die Altanlage ergebe, gar nicht erst geprüft worden sei. Das Verfahren habe sich darauf beschränkt, die bestehende Lärmimmission als rechtmäßig anzunehmen und der Beurteilung der Zumutbarkeit zugrunde zu legen. Die Vorgangsweise der belangten Behörde erweise sich in diesem Zusammenhang auch im Hinblick auf die Vorschrift des § 81 GewO 1973 als rechtswidrig.

Die aufgezeigten Unterlassungen hätten zur Folge gehabt, daß eine entscheidungswesentliche Mangelhaftigkeit vorliege, die eine erschöpfende Erörterung und gründliche Beurteilung der Rechtssache bisher verhindert habe. Unter diesen Umständen und insbesondere im Hinblick auf die Mängel in der Begründung des angefochtenen Bescheides, die sich mit den vorgebrachten Argumenten gar nicht oder nur zum Schein auseinandersetze, stelle sich die unvollständige Begründung als Außerachtlassung einer Verfahrensvorschrift dar, bei deren Einhaltung die belangte Behörde zu einem anderen Bescheid hätte kommen müssen.

Gemäß § 74 Abs. 2 GewO 1973 dürfen gewerbliche Betriebsanlagen nur mit Genehmigung der Behörde (§§ 333, 334, 335) errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind, (Z. 1) das Leben oder die Gesundheit ... der Nachbarn ... zu gefährden; (Z. 2) die Nachbarn u.a. durch Lärm zu belästigen.

Im Grunde des § 77 Abs. 1 leg. cit. ist die Betriebsanlage zu genehmigen, wenn nach dem Stand der Technik (§ 71a) und dem Stand der medizinischen und der sonst in Betracht kommenden Wissenschaften zu erwarten ist, daß überhaupt oder bei Einhaltung der erforderlichenfalls vorzuschreibenden bestimmten geeigneten Auflagen die nach den Umständen des Einzelfalles voraussehbaren Gefährdungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 1 vermieden und Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 2 bis 5 auf ein zumutbares Maß beschränkt werden.

Ob Belästigungen der Nachbarn im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 2 zumutbar sind, ist nach § 77 Abs. 2 leg. cit. danach zu beurteilen, wie sich die durch die Betriebsanlage verursachten Änderungen der tatsächlichen örtlichen Verhältnisse auf ein gesundes, normal empfindendes Kind und auf einen gesunden, normal empfindenden Erwachsenen auswirken.

Wenn es zur Wahrung der im § 74 Abs. 2 umschriebenen Interessen erforderlich ist, bedarf im Grunde des § 81 Abs. 1 leg. cit. auch die Änderung einer genehmigten Betriebsanlage einer Genehmigung im Sinne der vorstehenden Bestimmungen. Diese Genehmigung hat auch die bereits genehmigte Anlage soweit zu umfassen, als es wegen der Änderung zur Wahrung der im § 74 Abs. 2 umschriebenen Interessen gegenüber der bereits genehmigten Anlage erforderlich ist.

Eisenbahnen sind nach § 1 des Eisenbahngesetzes 1957

I. Öffentliche Eisenbahnen (darunter Haupt- und Nebenbahnen) und II. Nicht-öffentliche Eisenbahnen, und zwar

              1.              Anschlußbahnen und 2. Materialbahnen und Materialseilbahnen.

Gemäß § 7 leg. cit. sind Anschlußbahnen Schienenbahnen, die den Verkehr eines einzelnen oder mehrerer Unternehmen mit Haupt- oder Nebenbahnen oder Straßenbahnen vermitteln und mit ihnen derart in unmittelbarer oder mittelbarer Verbindung stehen, daß ein Übergang von Fahrbetriebsmitteln stattfinden kann (Industrieanschlußbahnen, Bergwerksanschlußbahnen, Hafenbahnen, Schleppbahnen und dgl.).

Nach § 8 erster Satz leg. cit. sind Materialbahnen für den nicht-öffentlichen Güterverkehr bestimmte Schienenbahnen, sofern sie nicht Anschlußbahnen sind.

Im Grunde des § 9 des Eisenbahngesetzes 1957 findet dieses Gesetz auf Materialbahnen und Materialseilbahnen ohne beschränkt-öffentlichen Verkehr (§ 51 Abs. 4), die Bestandteil eines Bergwerks, eines gewerblichen oder eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes sind, sowie auf Bahnen, die ohne besondere Herstellung des Unterbaues angelegt werden (Feldbahnen), keine Anwendung.

In den zum Bestandteil des erstbehördlichen und damit nunmehr des angefochtenen Bescheiden erklärten Pläne (Pläne Nr. 5 und 6) ist östlich der projektierten neuen Anlagenteile der Betriebsanlage der mitbeteiligten Partei die Bahnanlage "Lokalbahn (X-G)" eingezeichnet. Im Einklang mit dieser planlichen Darstellung führte der bautechnische Amtssachverständige im Befund seines im Zuge der von der Erstbehörde am 21. Juni 1991 durchgeführten Augenscheinsverhandlung abgegebenen Gutachtens aus, die Betriebserweiterung solle westlich der Bahnstrecke M-G erfolgen. Die Beschwerdeführer selbst sprechen in ihrer vorliegenden Beschwerde (Seite 5) im gegebenen Zusammenhang von den "Geleisen der ÖBB" und von den "öffentlichen Geleisen", von denen "Gleisstränge in das Betriebsgelände" der mitbeteiligten Partei führen.

Der Verwaltungsgerichtshof vermag unter Bedachtnahme auf die Aktenlage und auf das Beschwerdevorbringen auf der Grundlage der angeführten Bestimmungen der Gewerbeordnung 1973 und des Eisenbahngesetzes 1957 nicht zu erkennen, daß die belangte Behörde die Bahnanlage der Bahnstrecke M(-X)-G als einen Teil der Betriebsanlage der mitbeteiligten Partei zu behandeln und den durch den dortigen Bahnbetrieb verursachten Lärm dieser Betriebsanlage zuzurechnen gehabt hätte. Ein Rechtsirrtum, wie er in der vorliegenden Beschwerde (Seite 5) hinsichtlich der "öffentlichen Geleise" der belangten Behörde vorgeworfen wird, ist dem angefochtenen Bescheid daher nicht anzulasten.

Ausgangspunkt einer Eignung zur Belästigung von Nachbarn einer gewerblichen Betriebsanlage muß das zur dort entfalteten gewerblichen Tätigkeit gehörende Geschehen sein. Es ist sohin zwischen gewerblichen Betriebsanlagen im Sinne des § 74 Abs. 1 GewO 1973 und Straßen mit öffentlichem Verkehr im Sinne des § 1 Abs. 1 StVO grundsätzlich zu unterscheiden. Das Fahren von Betriebsfahrzeugen auf einer Straße mit öffentlichem Verkehr kann nicht mehr als zu einer gewerblichen Betriebsanlage gehörendes Geschehen gewertet werden (siehe u.a. das hg. Erkenntnis vom 23. April 1991, Zl. 90/04/0281). Insofern die Beschwerdeführer in der vorliegenden Beschwerde (Seite 6) darauf Bezug nehmen, es sei "aktenkundig, daß ein Lkw eine Lärmimmission von 66 bis 68 dB" verursache und in diesem Zusammenhang von Unzumutbarkeit sprechen, ist ihnen zunächst der die Schallpegelmessungen betreffende Befund des gewerbetechnischen Amtssachverständigen entgegenzuhalten, welcher ausführte (siehe Seite 5 erster Absatz des angefochtenen Bescheides), "der Straßenverkehr auf der Bundesstraße" habe "bei Pkw Maximalwerte von 58 dB, bei bergwärts fahrenden Lkw 66 dB und durch Bremsen eines bergabfahrenden Lkw 68 dB" verursacht. Auf dem Boden der dargelegten Rechtslage war es nicht rechtswidrig, wenn die belangte Behörde diese Lärmereignisse nicht der Betriebsanlage zurechnete, sondern sie im Sinne des § 77 Abs. 2 GewO 1973 als die tatsächlichen örtlichen Verhältnisse mitbestimmende Lärmereignisse behandelte.

Insoweit sich die Beschwerdeführer auf das Motorengeräusch durch den "Lkw-Verkehr und die Dieselstapler" beziehen, welche "Werte zwischen 50 bis 64 dB" erzeugt hätten, ergibt sich aus dem angeführten Befund des gewerbetechnischen Amtssachverständigen (siehe im angefochtenen Bescheid Seite 4 vorletzter Satz "aus dem Bereich der bestehenden Betriebsanlage ..." und Seite 5 erster Absatz), daß es sich nicht um Lärmereignisse handelt, die für die projektierten neuen Anlagenteile zu prognostizieren sind (siehe hiezu Seite 7 des angefochtenen Bescheides), sondern um solche, die, ohne von Auswirkungen der projektierten Änderung im Sinne des § 81 Abs. 1 zweiter Satz GewO 1973 betroffen zu sein, der früher bereits genehmigten Betriebsanlage der mitbeteiligten Partei zuzurechnen sind. Die belangte Behörde durfte somit davon ausgehen, daß es sich um die tatsächlichen örtlichen Verhältnisse mitbestimmende Lärmereignisse handelte.

Aus dem Befund des gewerbetechnischen Amtssachverständigen ergibt sich allerdings auch, daß nach 22.00 Uhr niedrigste Umgebungsgeräuschpegel von 30 dB und verursacht durch auf der Bundesstraße vorüberfahrende PKWs Schallpegelwerte zwischen 48 und 52 dB gemessen und daß sodann zwischen 22.30 und 22.35 Uhr - nach einem Absinken aller Schallpegelwerte - ein Grundgeräuschpegel von 27 dB festgestellt und leichte Störgeräusche aus dem Betrieb (entferntes Dröhnen und Klopfen) mit 30 bis 34 dB gemessen worden seien (siehe angefochtener Bescheid Seite 5 letzter Absatz). Der ärztliche Amtssachverständige führte für die Beobachtungszeit zwischen 22.00 und 22.45 Uhr aus, es seien nach dem einige Minuten andauernden Abfahren von PKWs von der Betriebsanlage um etwa 22.00 Uhr neben gelegentlichen Kfz-Geräuschen von der Bundesstraße etwas regellosere dumpfe, wenig intensive Schlaggeräusche aus den bestehenden Produktionsgebäuden vernommen worden, wobei diese Geräusche im Laufe der Zeit immer seltener geworden seien; zum Zeitpunkt des Abbruches der Beobachtungen sei weitgehend ein gewisser Eindruck von Umgebungsruhe gegeben gewesen (siehe angefochtener Bescheid Seite 9). Daß trotz dieser in den Befunden dargestellten - und am Ende des ersten Absatzes auf S. 13 des angefochtenen Bescheides ohne ausdrücklichen Bezug auf die Meßwerte und subjektiven Wahrnehmungen im einzelnen in Klammer lediglich mit dem Hinweis "Verkehrsaufkommen in der Zeit nach 22.00 Uhr" bezeichneten - Situation entsprechend der im Gutachten des ärztlichen Amtssachverständigen vertretenen Auffassung in der Nachtzeit Lkw-Zu- und -Abfahrten, für welche Werte zwischen 53 und 63 dB prognostiziert wurden, bis zu einem Ausmaß von zwei bis drei Fahrbewegungen stündlich nicht nur nicht gesundheitsschädlich (Frage nach einem allfälligen Aufweckeffekt), sondern sogar zumutbar seien, hätte einer näheren gutachtlichen Begründung bedurft.

In Ansehung eines Grundgeräuschpegels von 27 dB und leichter Störgeräusche aus dem (bestehenden) Betrieb mit 30 bis 34 dB wäre vor einer rechtlichen Beurteilung auch die medizinische Bedeutung der während der Nachtzeit nach der im Spruch des angefochtenen Bescheides wiedergegebenen ergänzten Betriebsbeschreibung uneingeschränkt möglichen Manipulationsgeräusche beim Laden auf der Nordseite bzw. vor den östlichen Einfahrtstoren der Produktionshalle, für welche der gewerbetechnische Amtssachverständige Immissionswerte zwischen 38 und 41 dB prognostiziert hatte (siehe angefochtener Bescheid Seite 7) - insbesondere auch unter Bedachtnahme auf den Gesichtspunkt der Frage der Gleichzeitigkeit oder Verschiedenzeitigkeit bzw. Unkoordinierbarkeit des Auftretens der verschiedenen Lärmereignisse - näher abzuklären gewesen.

Aus den dargelegten Erwägungen erweist sich das Gutachten des medizinischen Amtssachverständigen als nicht schlüssig begründet. Dadurch, daß die belangte Behörde dieses Gutachtens gleichwohl dem angefochtenen Bescheid zugrunde legte, wurde die Verfahrensvorschrift des § 45 Abs. 2 AVG über die Pflicht der Behörde zur sorgfältigen Berücksichtigung der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens verletzt, wobei nicht ausgeschlossen werden kann, daß die belangte Behörde bei Einhaltung dieser Verfahrensvorschrift zu einem anderen Bescheid hätte kommen können. Ferner bedarf der Sachverhalt in wesentlichen Punkten einer Ergänzung.

Der angefochtene Bescheid war somit gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft nicht erforderlichen Stempelgebührenaufwand (nicht erforderliche vierte Beschwerdeausfertigung).

Schlagworte

Anforderung an ein Gutachten Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Beweismittel Sachverständigenbeweis

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1993:1992040233.X00

Im RIS seit

12.06.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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