TE Bvwg Erkenntnis 2017/10/30 G312 2012407-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 30.10.2017
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Entscheidungsdatum

30.10.2017

Norm

ASVG §4 Abs1 Z1
ASVG §4 Abs2
ASVG §410
ASVG §5 Abs1 Z2
ASVG §7 Z3
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

G312 2012407-1/13E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Manuela WILD als Einzelrichterin über die Beschwerde der Firma XXXX, vertreten durch XXXX, Rechtsanwälte, gegen den Bescheid der XXXX Gebietskrankenkasse vom 20.08.2014, Zl. XXXX, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 30.08.2017 zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Mit dem oben angeführten Bescheid der XXXX Gebietskrankenkasse (im Folgenden: belangte Behörde) vom 23.05.2014 wurde ausgesprochen, dass Herr XXXX, VSNR: XXXX und Herr XXXX, VSNR: XXXX, hinsichtlich ihrer Beschäftigung zur XXXX (im Folgenden: Beschwerdeführerin oder kurz: BF) am XXXX.2014 der Teilversicherung in der Unfallversicherung gemäß § 4 Abs. 1 Z 1 iVm Abs. 2 ASVG und § 5 Abs. 1 Z 2 und Abs. 2 sowie § 7 Z 3 lit. a ASVG unterliegen (Spruchpunkt I), und dass die BF als Dienstgeberin gemäß § § 44 Abs. 1 und § 49 Abs. 1 ASVG verpflichtet sei, nachträglich € 11,06 an Sozialversicherungsbeiträgen zu bezahlen.

2. Dagegen erhob die BF fristgerecht eine mit 25.08.2014 datierte und am 01.09.2014 bei der belangten Behörde eingelangte Beschwerde.

3. Im Rahmen der Beschwerdevorentscheidung vom 18.09.2014 wies die belangte Behörde die Beschwerde als unbegründet ab.

4. Mit Eingabe vom 23.09.2014 wurde von der BF ein Vorlageantrag eingebracht.

5. Die Bezug habenden Verwaltungsakte langten am 25.09.2014 beim Bundesverwaltungsgericht ein und wurden am 29.09.2014 der Gerichtsabteilung G312 zugewiesen.

6. Mit Erkenntnis vom 26.04.2016, G312 2012407-1/3E, bestätigte das Bundesverwaltungsgericht die Entscheidung der belangten Behörde und wies die Beschwerde als unbegründet ab.

7. Mit Entscheidung vom 23.05.2017 hob der VwGH die Entscheidung mangels Durchführung einer mündlichen Verhandlung auf.

8. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 30.08.2017 eine öffentliche, mündliche Verhandlung durch, an der der BF mit seinem Rechtsanwalt teilnahm. Die belangte Behörde nahm ebenfalls wie die geladenen Zeugen (mit Ausnahme einer krankheitsbedingten entschuldigten Nichtteilnahme eines Zeugen) teil.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Die BF betreibt unter der Firmenbuchnummer FN XXXX eine Firma (GmbH) für XXXX.

1.2. Am XXXX.2014 um XXXX Uhr haben Organe der Finanzpolizei XXXX, neben dem XXXX, eine Kontrolle durchgeführt.

Dabei wurden die beiden österreichischen Staatsangehörigen, Herr XXXX (im Folgenden: MR), geboren am XXXX, und Herr XXXX (Im Folgenden: AP), geboren am XXXX, beim XXXX auf eine XXXX angetroffen. AP bestätigte in der im Zuge der Kontrolle durchgeführten Niederschrift, dass seine Schwester, Frau XXXX (im Folgenden: BP), ihn gebeten habe, für die XXXX der BF die XXXX auf den XXXX anzubringen. Sie habe ihm auch mitgeteilt, an welchen XXXX die XXXX anzubringen sind. BP sei bei der BF als Angestellte beschäftigt. Mit dem Anbringen der XXXX sei am XXXX.2014 um XXXX Uhr begonnen worden. Die XXXX und der dazugehörige XXXX seien von Frau XXXX (Betriebsmittel der BF) bereitgestellt worden.

MR bestätigte in der im Zuge der Kontrolle durchgeführten Niederschrift, dass sein Freund, AP, ihn gebeten habe, ihm beim XXXX zu helfen. MR sei es bewusst gewesen, dass die Schwester von AP den Auftrag zum XXXX erteilt habe und die XXXX von der BF stammten.

1.3. Die Anmeldung der betretenen Personen als Dienstnehmer zur Sozialversicherung erfolgte nach der Kontrolle am XXXX.2014 per ELDA, diese Anmeldung zur Sozialversicherung wurde nachträglich wieder storniert.

1.4. BP ist seit 2011 bei der BF angestellt, ihre Aufgabe umfasst XXXX, XXXX wie auch die XXXX. Das Anbringen der XXXX hat BP im Rahmen ihrer Tätigkeit übernommen. BP hat im Zuge der Planung der XXXX der BF ihren Bruder AP gebeten, mit ihr gemeinsam die XXXX in der Gemeinde aufzustellen.

AP hat MR gebeten, ihm dabei zur Hand zu gehen, da dieser das XXXX nebenberuflich für circa 2 Jahre ausgeübt hat, er sich daher damit auskannte. Das XXXX muss am Vortag eingeweicht werden, der XXXX muss 2 bis 3 Stunden vorher angerührt werden. Das XXXX besteht aus XXXX für eine XXXX, diese sind nummeriert und man muss wissen, wo man anfängt.

MR hat vor Ort die XXXX anhand der Nummerierung auseinander genommen, den XXXX auf die Wand aufgetragen, dann das XXXX angebracht und nochmals XXXX darüber gestrichen. Er und AP haben sich beim XXXX abgewechselt.

Das Material für das XXXX wurde von BP im Rahmen ihres Arbeitsverhältnisses zur Verfügung gestellt.

Die XXXX fand in den Räumlichkeiten der Firma statt, die XXXX haben die XXXX angekündigt. Die durchgeführte Tätigkeit der betretenen Personen kam der BF als umsatzerzielendes, wirtschaftlich tätiges Unternehmen zu Gute.

1.5. Zwischen den beiden betretenen Personen und der BF besteht keine besondere spezielle Bindung, ein Freundschafts- oder Gefälligkeitsdienst liegt somit verfahrensgegenständlich nicht vor.

2. Beweiswürdigung:

Der oben angeführte Verfahrensgang und Sachverhalt ergeben sich aus dem diesbezüglich unbedenklichen und unzweifelhaften Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten sowie des nunmehr dem Bundesverwaltungsgerichtes vorliegenden Gerichtsakts.

Die getroffenen Feststellungen stützen sich auf die durchgeführte Kontrolle der Finanzpolizei, die Niederschriften mit MR und AP, sowie den Angaben in der mündlichen Verhandlung. Die niederschriftlichen Aussagen der beiden betretenen Personen, wonach sie am XXXX.2014 XXXX durchführten, sind glaubhaft und nachvollziehbar.

Dass AP und MR zum Zeitpunkt der Betretung durch die Prüforgane der Abgabenbehörden des Bundes nicht zur Sozialversicherung angemeldet waren, blieb im Verfahren unbestritten. Dies ergibt sich auch aus den Ausführungen in der Beschwerde sowie der nachträglich erfolgten Anmeldung zur Sozialversicherung, wobei diese später storniert wurde.

Nicht gefolgt kann dem Vorbringen der BF werden, dass BP als Mitarbeiterin der BF das XXXX für die XXXX - ohne das Wissen der Geschäftsleitung und nicht im Namen der BF - privat organisiert und durchgeführt hat. So hat sie selbst in der mündlichen Verhandlung angegeben, dass sie das XXXX im Rahmen ihres Dienstverhältnisses übernommen hat. Die Aufgaben zur Durchführung der XXXX samt XXXX hat sie gemeinsam mit dem Firmenchef übernommen, die Aufgaben wurden zwischen ihnen aufgeteilt.

Auch wenn - was jedoch wenig glaubwürdig erscheint - die BF keine Kenntnis davon hatte, dass BP ihren Bruder und dieser wiederum MR zur Mithilfe beim XXXX herangezogen hat, ist der BF diese Tätigkeit jedenfalls zuzurechnen, da sie diejenige ist, die davon in erster Linie profitiert. Es ist erwiesen, dass die Tätigkeit von AP und MR ausschließlich im Interesse der BF erfolgte.

Ausdrücklich gab AP in seiner niederschriftlichen Einvernahme vom XXXX.2014 an, dass seine Schwester ihn gebeten habe, für die XXXX der BF die XXXX auf den XXXX anzubringen. MR gab niederschriftlich befragt an, dass er gewusst habe, dass BP den Auftrag zum XXXX erteilt hat und die XXXX von der BF stammten.

Zwischen der BF und den beiden, mit XXXX beschäftigten Personen bestand auch unbestritten - wie bereits oben ausgeführt - keine spezifische Bindung, die geeignet wäre, die Annahme eines Freundschafts- oder Gefälligkeitsdienstes zu indizieren.

In Gesamtschau ist daher davon auszugehen, dass es sich bei der Behauptung einer rein privaten Tätigkeit der betretenen Personen für BP um eine Schutzbehauptung handelt.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1.: Zu Spruchteil A): Abweisung der Beschwerde

3.1.1. Gemäß § 4 Abs 1 Z 1 ASVG sind aufgrund dieses Bundesgesetzes die bei einem oder mehreren Dienstgebern beschäftigten Dienstnehmer in der Kranken-, Unfall und Pensionsversicherung versichert (vollversichert), wenn die betreffende Beschäftigung weder gemäß den §§ 5 und 6 von der Vollversicherung ausgenommen ist, noch nach § 7 nur eine Teilversicherung begründet.

Gemäß § 4 Abs 2 ASVG ist Dienstnehmer im Sinne dieses Bundesgesetzes, wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird; hierzu gehören auch Personen, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen.

Gemäß § 7 Z 3 lit. a ASVG sind in der Unfallversicherung die im § 5 Abs. 1 Z 2 von der Vollversicherung ausgenommenen Beschäftigten teilversichert.

Nach § 5 Abs. 1 Z 2 ASVG sind von einer Vollversicherung nach § 4 jene Dienstnehmer ausgenommen, wenn das ihnen aus einem oder mehreren Beschäftigungs-verhältnissen im Kalendermonat gebührende Entgelt den Betrag gemäß § 5 Abs. 2 ASVG nicht übersteigt (geringfügig beschäftigten Personen).

Gemäß § 1 Abs 1 lit a AlVG gilt, dass für den Fall der Arbeitslosigkeit Dienstnehmer versichert (arbeitslosenversichert) sind, die bei einem oder mehreren Dienstgebern beschäftigt sind, soweit sie in der Krankenversicherung auf Grund gesetzlicher Vorschriften pflichtversichert sind oder Anspruch auf Leistungen einer Krankenfürsorgeanstalt haben und nicht nach Maßgabe anderer Bestimmungen dieses Gesetztes versicherungsfrei sind.

Gemäß § 35 Abs 1 Z 1 ASVG gilt als Dienstgeber im Sinne dieses Bundesgesetzes derjenige, für dessen Rechnung der Betrieb (die Verwaltung, die Hauswirtschaft, die Tätigkeit) geführt wird, in dem der Dienstnehmer oder Lehrling in einem Beschäftigungs- oder Lehrverhältnis steht, auch wenn der Dienstgeber den Dienstnehmer durch Mittelspersonen in Dienst genommen hat oder ihn ganz oder teilweise auf Leistungen Dritter an Stelle des Entgeltes verweist.

Gemäß § 44 Abs.1 ASVG ist Grundlage für die Bemessung der allgemeinen Beiträge der im Beitragszeitraum gebührende auf Cent gerundete Arbeitsverdienst, welcher nach Z 1 bei den pflichtversicherten Dienstnehmern das Entgelt im Sinne des § 49 Abs. 1 ASVG ist.

Unter Entgelt sind gemäß § 49 Abs.1 ASVG die Geld- und Sachbezüge zu verstehen, auf die der pflichtversicherte Dienstnehmer aus dem Dienstverhältnis Anspruch hat oder die er darüber hinaus aufgrund des Dienstverhältnisses vom Dienstgeber oder von einem Dritten erhält.

3.1.2. Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis 99/08/0008 vom 17.12.2002 festgestellt hat, ist im Rahmen der sozialversicherungsrechtlichen Beurteilung eines Sachverhaltes zunächst zu ermitteln, ob und in welcher Form die Parteien einschlägige Vereinbarungen getroffen haben und auf welche Weise der Dienstgeber/Auftraggeber die Erbringung der Arbeitsleistung organisiert hat. Aufgrund dieser Feststellungen hat die Behörde zu beurteilen, ob die tatsächliche Durchführung der Tätigkeit von der getroffenen Vereinbarung abgewichen ist bzw. ob die Vereinbarung den wirtschaftlichen Gegebenheiten des Dienstgebers/Auftraggebers entspricht. Ist eine Vereinbarung mit den objektiven Anforderungen der Unternehmensorganisation nicht in Einklang zu bringen, muss untersucht werden, ob ein Scheingeschäft vorliegt (vgl. §§ 539, 539a ASVG). Wenn keine anders lautende Vereinbarung festgestellt werden kann (bzw. wenn nicht das Vorliegen einer Scheinvereinbarung festgestellt werden kann), darf die Behörde aus dem tatsächlichen Ablauf der Beschäftigung allein auf das Vorliegen einer schlüssigen Vereinbarung schließen und diesen ohne weitere Ermittlungen zur Beurteilung heranziehen.

Bei einfachen manuellen Tätigkeiten oder Hilfstätigkeiten, die in Bezug auf die Art der Arbeitsausführung und auf die Verwertbarkeit keinen ins Gewicht fallenden Gestaltungsspielraum des Dienstnehmers erlauben, kann bei einer solchen Integration des Beschäftigten in den Betrieb des Beschäftigers - in Ermangelung gegenläufiger Anhaltspunkte - das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses in persönlicher Abhängigkeit im Sinn des § 4 Abs. 2 ASVG ohne weitwendige Untersuchungen vorausgesetzt werden, sofern nicht besondere atypische Umstände hervorkommen, die einer solchen Deutung entgegenstünden, etwa der Vorlage eines erfolgsbezogen entlohnten Werkvertrages, der mit der Erbringung eines vorweg bestimmten, abgrenzbaren und gewährleistungspflichtigen Erfolgs geendet hätte (VwGH vom 26.05.2014, Zl. 2013/08/0052; VwGH vom 24.04.2014, Zl. 2012/08/0081).

3.2.2. Die beiden betretenen Personen haben, als sie am XXXX.2014 von Organen der Finanzverwaltung betreten wurden, Hilfsarbeiten im Interesse der BF verrichtet.

Unstrittig ist, dass das XXXX für eine XXXX des gegenständlichen Unternehmens im Bereich XXXX der Kundengewinnung dienen und auf etwaige Angebote aufmerksam machen soll.

Wird jemand bei der Erbringung von Dienstleistungen, d.h. arbeitend, unter solchen Umständen angetroffen, die nach der Lebenserfahrung üblicherweise auf ein Dienstverhältnis hindeuten, ist die Behörde berechtigt, von einem Dienstverhältnis im üblichen Sinne auszugehen, sofern im Verfahren nicht jene atypischen Umstände dargelegt werden, die einer solchen Deutung ohne nähere Untersuchung entgegenstehen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 23. April 2003, Zl. 98/08/0270). Spricht also die Vermutung für ein Dienstverhältnis, dann muss die Partei ein ausreichend substantiiertes Vorbringen erstatten, aus dem man anderes ableiten könnte. Für die Abgrenzung zwischen einem Gefälligkeitsdienst und einer Beschäftigung ist eine Würdigung aller Umstände des Einzelfalles vorzunehmen. Dabei trifft die Partei - unabhängig von der grundsätzlichen Verpflichtung der Behörde zur amtswegigen Erforschung des für die Entscheidung notwendigen Sachverhaltes und über die oben erwähnte Darlegungspflicht hinaus - eine entsprechende Mitwirkungspflicht, zumal es sich bei den zur Beantwortung der Frage, ob ein Freundschafts- oder Gefälligkeitsdienst vorliegt, maßgeblichen Umständen und Motiven um solche handelt, die zumeist der Privatsphäre der Partei zuzuordnen sind und der Behörde nicht ohne weiteres zur Kenntnis gelangen. Es ist in diesen Fällen daher Sache der Partei, entsprechende konkrete Behauptungen aufzustellen und Beweise anzubieten (VwGH vom 18. Mai 2010, Zl. 2007/09/0374, und vom 12. Juli 2011, Zl. 2009/09/0101; Zl. 2012/08/0165).

3.2.3. Wenn die BF vorbringt, dass es sich um einen Freundschafts- bzw. Gefälligkeitsdienst gehandelt habe, ist dazu Folgendes auszuführen:

Kein Dienstverhältnis liegt vor, wenn es sich um bloße Gefälligkeitsdienste handelt. Als Freundschafts- oder Gefälligkeitsdienst sind kurzfristige, freiwillige und unentgeltliche Dienste anzusehen, die vom Leistenden auf Grund spezifischer Bindungen zwischen ihm und dem Leistungsempfänger erbracht werden und die einer Prüfung auf ihre sachliche Rechtfertigung standhalten (VwGH vom 19. Jänner 2011, Zl. 2009/08/0062).

Die Beschwerdeführerin vermochte keinerlei familiäre, freundschaftliche oder nachbarschaftliche Bindungen zu den für sie tätigen Personen aufzuzeigen. Es besteht lediglich eine familiäre Bindung zwischen der Angestellten der BF und einer der betretenen Person (ihrem Bruder). Dieser hat wiederum einen "tätigkeitserfahrenen" Freund um Mithilfe ersucht. Die durchgeführten Tätigkeiten liegen ausschließlich im Interesse der BF.

Bei den von den beiden betretenen Personen verrichteten Tätigkeiten (XXXX) handelt es sich um Hilfstätigkeiten, wobei die Arbeitszeit und der Arbeitsort durch Frau XXXX (Angestellte der BF) vorgegeben wurden, ebenso stellte sie den verfahrensgegenständlichen Personen die Betriebsmittel (XXXX) zur Verfügung. Die persönliche und wirtschaftliche Abhängigkeit der betretenen Personen ist nicht näher zu prüfen, sie ergibt sie sich aus den Umständen der Tätigkeit.

Die Erbringung von Dienstleistungen gemäß § 1152 ABGB erfolgt mangels abweichender Vereinbarung entgeltlich. Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis 2012/08/0165 vom 19.12.2012 ausgesprochen hat, kommt es für das Vorliegen der Entgeltlichkeit nicht darauf an, ob ausdrücklich ein Entgelt (allenfalls in einer bestimmten Höhe) vereinbart wurde oder eine solche Vereinbarung unterblieb. Im Zweifel gilt für die Erbringung von Dienstleistungen ein angemessenes Entgelt als bedungen (vgl. § 1152 ABGB). Wurde die Höhe des Entgelts nicht festgelegt, so ist ein angemessener Lohn zu zahlen. Demnach ist Unentgeltlichkeit der Verwendung nicht schon bei Fehlen einer Entgeltvereinbarung zu vermuten, sondern diese muss ausdrücklich und erwiesenermaßen - wenigstens nach den Umständen konkludent - vereinbart worden sein und einer Prüfung auf ihre sachliche Rechtfertigung standhalten.

Die Vereinbarung der Unentgeltlichkeit bei einem Arbeitsverhältnis ist grundsätzlich möglich und zulässig ist (VwGH vom 25.9.1990, Zl. 89/08/0334) und entspringt in der Regel Motiven, welche die sonst das Arbeitsverhältnis dominierende Erwerbsabsicht ersetzen. Solche Motive können in persönlichen Beziehungen, in bestimmten wirtschaftlichen Interessen aber auch in der idealistischen Einstellung (etwa im Fall der ehrenamtlichen Tätigkeit für einen Verein) begründet sein (VwGH 27.04.1993, Zl. 93/08/0007).

Im vorliegenden Beschwerdefall konnte die vereinbarte Unentgeltlichkeit nicht glaubhaft gemacht werden und ist diese - wie in der Beweiswürdigung ausgeführt - als Schutzbehauptung zu werten. Zudem handelt es sich gegenständlich nicht um kurzfristige, freiwillige und unentgeltliche Dienste, die vom Leistenden auf Grund spezifischer Bindungen zwischen ihm und dem Leistungsempfänger erbracht worden, da die spezifische Bindung zwischen einer Angestellten der BF und einer der tätigen Personen vorlag und eben nicht zu der BF.

Ob die Beschwerdeführerin ein verfahrensgegenständlich betretenen Personen demnach zustehendes Entgelt tatsächlich geleistet hat oder nicht, braucht nicht untersucht zu werden. Eine Nichtzahlung bedeutet jedenfalls nicht, dass die verwendeten Arbeitskräfte unentgeltlich verwendet bzw. nicht beschäftigt worden sind.

3.2.4. Die Beantwortung der Frage, ob bei Erfüllung einer übernommenen Arbeitspflicht (also der Beschäftigung) die Merkmale persönlicher Abhängigkeit einer Person vom Empfänger der Arbeit gegenüber jenen persönlicher Unabhängigkeit im Sinne des § 4 Abs 2 ASVG überwiegen, hängt nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes davon ab, ob nach dem Gesamtbild der konkret zu beurteilenden Beschäftigung die Bestimmungsfreiheit des Beschäftigten durch die Beschäftigung weitgehend ausgeschaltet oder - wie bei anderen Formen der Beschäftigung (z.B. auf Grund eines Werkvertrages oder eines freien Dienstvertrages) - nur beschränkt ist.

Unterscheidungskräftige Kriterien dieser Abgrenzung sind nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes die Bindung des Beschäftigten an Ordnungsvorschriften über den Arbeitsort, die Arbeitszeit, das arbeitsbezogene Verhalten sowie die sich darauf beziehenden Weisungs- und Kontrollbefugnisse und die damit eng verbundene (grundsätzliche) persönliche Arbeitspflicht.

Wie der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen hat, hat die Einbindung eines Dienstnehmers in eine Betriebsorganisation in der Regel zur Folge, dass dieser den insoweit vorgegebenen Ablauf der Arbeit nicht jederzeit selbst regeln oder ändern kann. Ein persönliches Abhängigkeitsverhältnis wird hier oft weniger durch die ausdrückliche Erteilung von persönlichen Weisungen als vielmehr durch die "stille Autorität" des Arbeitgebers indiziert sein.

Atypische Umstände, die einer solchen Beurteilung entgegenstehen würden, sind nach Ansicht des erkennenden Gerichts im gegenständlichen Fall nicht ersichtlich.

Unter Berücksichtigung der oben angeführten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes indiziert die durch Erhebungsprotokolle belegte Feststellung, dass beide Arbeiter am XXXX.2014 in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit beschäftigt wurden.

Unter Berücksichtigung der vorangeführten Argumente kann daher gegenständlich nicht von einem Freundschafts- bzw. Gefälligkeitsdienst gesprochen werden, der das Vorliegen eines Dienstverhältnisses hier ausschließen würde. Die Erklärung der BF, wonach ein unentgeltlicher Freundschaftsdienst der betretenen Personen in der Anbringung von XXXX bestanden habe, hält einer Prüfung der sachlichen Rechtfertigung nicht stand.

Dienstgeberin im Sinne des § 35 ASVG war die BF, da gemäß Abs. 1 leg. cit. als Dienstgeber auch derjenige gilt, für dessen Rechnung die Tätigkeit geführt wird, indem der Dienstnehmer in einem Beschäftigungsverhältnis steht, auch wenn der Dienstgeber, die Dienstnehmer - sowie im gegenständlichen Fall - durch Mittelspersonen (in concreto: BP) in Dienst genommen hat.

Der belangten Behörde ist daher nicht entgegenzutreten, wenn sie zum Ergebnis gelangte, dass die verfahrensgegenständlichen Personen im entscheidungsmaßgeblichen Zeitraum der Teilversicherung in der Unfallversicherung gemäß § 4 Abs. 1 Z 1 iVm Abs. 2 ASVG und § 5 Abs. 1 Z 2 und Abs. 2 sowie § 7 Z 3 lit. a ASVG unterlagen.

Zu Spruchteil B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.

Die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH vertritt eine eindeutige und einheitliche Rechtsprechung, weshalb keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung vorliegt.

Schlagworte

Dienstnehmereigenschaft, Dienstverhältnis, Gefälligkeitsdienst,
Pflichtversicherung, Teilversicherung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2017:G312.2012407.1.00

Zuletzt aktualisiert am

10.11.2017
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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