TE OGH 2017/9/28 8ObA49/17i

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Veröffentlicht am 28.09.2017
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Spenling als Vorsitzenden, die Hofrätin Dr. Tarmann-Prentner und den Hofrat Dr. Brenn sowie die fachkundigen Laienrichter MMag. Ferdinand Dietrich und Mag. Michaela Puhm als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei T***** S*****, vertreten durch die Stolz Rechtsanwalts GmbH in Radstadt, gegen die beklagte Partei F***** Gesellschaft mbH & Co KG, *****, vertreten durch Mag. Dieter Kocher, Rechtsanwalt in St. Michael, wegen 37.919,48 EUR sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 12. Juni 2017, GZ 11 Ra 27/17w-35, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO iVm § 2 Abs 1 ASGG).

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1. Entgegen den Ausführungen des Klägers kann von einer „bloßen Verdachtskündigung“ (richtig: Entlassung) keine Rede sein. Bei Ausspruch der Entlassung am 16. September 2015 war die kriminelle Vorgangsweise des Klägers zum Nachteil der Beklagten – damals im Zusammenhang mit dem Kreditkartenmissbrauch – bereits zutage getreten.

Die Aufbereitung dieser Vorfälle durch den Mitarbeiter der Buchhaltung erfolgte bis kurz vor der Entlassung. Den letzten Bericht dazu erhielt die zuständige Geschäftsführerin der Beklagten einen Tag vor der Entlassung. Aus diesem Grund ist auch der Einwand des Klägers, der in Rede stehende Entlassungsgrund sei verspätet geltend gemacht worden, von vornherein nicht berechtigt. Außerdem lag bis zur Entlassung ein rechtswidriges Dauerverhalten vor (vgl RIS-Justiz RS0028859).

2. Zu seiner Behauptung, dass der Beklagten die Vorwürfe zu den Fakten „Fälschung des Dienstzeugnisses“ und „Leasingbetrug“ mit April 2016 bekannt gewesen seien, verweist der Kläger lediglich auf die Beilage ./22, ohne auf deren Inhalt Bezug zu nehmen. Bei dieser Beilage handelt es sich um einen umfangreichen Faktenbericht der Landespolizeidirektion S*****, der im April 2016 überhaupt erst erstellt wurde. Davon abgesehen muss dem Dienstgeber gerade bei undurchsichtigen Sachverhalten vor allem im Zusammenhang mit einem Strafverfahren das Recht zugebilligt werden, bis zur einwandfreien Klarstellung aller wesentlichen Tatumstände in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht durch die dafür zuständige Behörde mit der Entlassung zuzuwarten (RIS-Justiz RS0029297; 8 ObA 14/16s).

3. Entgegen der Ansicht des Klägers handelt es sich bei der Fälschung des Dienstzeugnisses nicht um eine mit dem Arbeitsverhältnis nicht im Zusammenhang stehende Vortat. Wie die Vorinstanzen zutreffend beurteilt haben, betrifft diese Tat vielmehr den Beginn des Dienstverhältnisses. Es mangelt auch nicht etwa an der Erheblichkeit der inkriminierten Vorgangsweise für die Begründung des Dienstverhältnisses. Wäre der Geschäftsführerin der Beklagten bekannt gewesen, dass sie es mit einem Urkundenfälscher zu tun hat, wäre der Kläger nach den Feststellungen nicht eingestellt worden.

Aufgrund des Umstands, dass für die Formulierung von Dienstzeugnissen zumeist entsprechende Muster verwendet werden, musste der vom Kläger in der außerordentlichen Revision ins Treffen geführte Tippfehler (in einem Satz kommt – im Zusammenhang mit der ausdrücklichen Nennung des Namens des Klägers – das Wort „Mitarbeiterin“ vor) bei der Geschäftsführerin der Beklagten nicht den Verdacht einer Urkundenfälschung erwecken.

4. Die Berechtigung einer Entlassung (hier) wegen Vertrauensunwürdigkeit und die Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung sind von den Umständen des Einzelfalls abhängig (RIS-Justiz RS0029420; 8 ObA 43/17g). Das Gleiche gilt für die Beurteilung, ob der Ausspruch der Entlassung verspätet erfolgt ist und der Dienstnehmer berechtigt davon ausgehen durfte, der Dienstgeber hätte auf die Geltendmachung des Entlassungsrechts verzichtet (RIS-Justiz RS0029249).

Die Schlussfolgerung der Vorinstanzen, dass der Kläger umfangreiche verbrecherische Handlungen gesetzt und eine entsprechende kriminelle Tatkraft aufgewiesen habe, weshalb der Entlassungsgrund der Vertrauensunwürdigkeit verwirklicht und die Entlassung berechtigt erfolgt sei, sowie dass die Entlassungsgründe nicht verspätet geltend gemacht worden seien, erweisen sich unter keinen Umständen als korrekturbedürftig.

5. Mangels erheblicher Rechtsfrage war die außerordentliche Revision zurückzuweisen.

Schlagworte

1 Generalabonnement,11 Arbeitsrechtssachen

Textnummer

E119732

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2017:008OBA00049.17I.0928.000

Im RIS seit

08.11.2017

Zuletzt aktualisiert am

18.04.2018
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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