TE Lvwg Erkenntnis 2017/10/9 405-7/364/1/8-2017

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 09.10.2017
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Entscheidungsdatum

09.10.2017

Index

60/02 Arbeitnehmerschutz
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

BauV 1994 §87 Abs2
ASchG 1994 §103 Abs5
BauV 1994 §62 Abs4
VStG §9 Abs1

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Salzburg hat durch den Richter Mag. Peter Nußbaumer über die Beschwerde des Herrn AB AA, AF, AD AE, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Zell am See vom 06.04.2017, Zahl xxxxx,

zu Recht e r k a n n t :

I.     Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde teilweise Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, dass

1. die Zeit der Begehung zu lauten hat "13.12.2016, ca 09:45 Uhr" und die zu Z 1. ausgesprochene Geldstrafe herabgesetzt wird auf € 800,00, Ersatzfreiheitsstrafe 60 Stunden, und

2. Tatvorwurf Z 2. entfällt sowie das betreffende Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG eingestellt wird.

Der gemäß § 64 VStG zu leistende Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens reduziert sich sohin auf € 80,00.

II.    Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wird dem Beschuldigten Folgendes zur Last gelegt:

"Angaben zu den Taten:

Zeit der Begehung:            13.12.2016

Ort der Begehung:              AM, AN

                                  Sitz der AO Spenglerei GmbH

1.   Sie haben es als handelsrechtlicher Geschäftsführer der AO Spenglerei GmbH mit Sitz in AN, AM, welche ihrerseits unbeschränkt haftende Gesellschafterin der AO Spenglerei GmbH & Co KG ist, also als gemäß § 9 Abs 1 VStG zur Vertretung nach außen berufenes Organ und somit als Arbeitgeber zu verantworten, dass am 13.12.2016 auf der Baustelle AP in AQ, AR, der Arbeitnehmer Hr. AS auf der Westseite der oa. Baustelle im Ortgang- und Traufenbereich ungesichert auf dem Dach bei Abschlussarbeiten (wie Anbringung von Abschlussblechen) angetroffen wurde. Die Absturzhöhe war bis ca. 12 m im Ortgang-/Giebelbereich (4 Geschoßhöhen) und ca. 9 m im Traufenbereich. Die Dachneigung betrug ca. 20 Grad.

2.   Sie haben es als handelsrechtlicher Geschäftsführer der AO Spenglerei GmbH mit Sitz in AN, AM, welche ihrerseits unbeschränkt haftende Gesellschafterin der AO Spenglerei GmbH & Co KG ist, also als gemäß § 9 Abs 1 VStG zur Vertretung nach außen berufenes Organ und somit als Arbeitgeber zu verantworten, dass am 13.12.2016 auf der Baustelle AP in AQ, AR, ein Schutzgerüst (hier: Dachfangkombi) verwendet wurde, bei dem das Bord-/Seitenschutzbrett zur Aussteifung des Dachschutzblendensegmentes nicht montiert und im Netz ein Loch von ca. 30 cm x 40 cm vorhanden war und dieses somit den Anforderungen eines Gerüstes nicht entsprach.

Sie haben dadurch folgende Verwaltungsübertretungen begangen:

1.   Übertretung gemäß
§ 87(2) BauV iVm § 118 iVm § 130(5) Z 1 ArbeitnehmeInnenrschutzgesetz-ASchG

2.   Übertretung gemäß
§ 62(4) BauV iVm § 118 iVm § 130(5) Z 1 ArbeitnehmeInnenrschutzgesetz-ASchG

Deshalb werden gegen Sie folgende Verwaltungsstrafen verhängt:

1.

Strafe gemäß:

§ 130(5) erster Strafrahmen ArbeitnehmeInnenrschutzgesetz-ASchG

Euro

1660,00

 

Ersatzfreiheitsstrafe:

67 Stunden

 

 

2.

Strafe gemäß:

§ 130(5) erster Strafrahmen ArbeitnehmeInnenrschutzgesetz-ASchG

Euro

830,00

 

Ersatzfreiheitsstrafe:

33 Stunden

 

 

Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens gemäß § 64(2) des Verwaltungsstrafgesetzes, das sind 10% der Strafe, mindestens jedoch je € 10,- (je ein Tag Arrest wird gleich € 100,- angerechnet)

Euro

249,00

Gesamtbetrag:

Euro

2739,00

Ist diese Geldstrafe uneinbringlich, so tritt an ihre Stelle die Ersatzfreiheitsstrafe. Außerdem sind die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen."

Der Beschuldigte hat hiegegen Beschwerde eingebracht wie folgt:

"Dieses Schreiben wird vollinhaltlich nicht anerkannt, und ist an die Firma AO Gmb.H. zuzustellen und nötigenfalls dieser in Rechnung zu stellen!"

Über Auftrag des Landesverwaltungsgerichtes die Gründe näher darzulegen, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt, gab er an, dass er das "Schreiben" (offensichtlich gemeint: Straferkenntnis) deshalb nicht anerkenne, da er nicht als handelsrechtlicher Geschäftsführer, sondern als gewerberechtlicher Geschäftsführer eingetragen gewesen sei. Bei der Konkurseröffnung sei laut Masseverwalter alles gelöscht worden. Unabhängig davon sei von der AO Spenglerei GmbH nie eine Zahlung an ihn geleistet worden und bestehe aus diesem Grund kein Vertrag.

In der Sache wurde am 04.10.2017 eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt. Der Beschwerdeführer wurde darin als Partei gehört. Das Arbeitsinspektorat Tirol hat einen Vertreter entsandt. Zeugenschaftlich einvernommen wurde das Kontrollorgan des Arbeitsinspektorates.

Die Beteiligten gaben in der Verhandlung auszugsweise an:

Der Beschwerdeführer:

"Ich bin seit 22 Jahren selbstständiger Spengler und Dachdecker und habe mit der Spenglerei AO in AE laufend zusammengearbeitet. Vor ein paar Jahren ist Herr AO senior in Pension gegangen und hatte der Juniorchef, welcher die Firma übernahm, noch nicht die erforderlichen Gewerbeberechtigungen. Herr AO senior hat mich daher ersucht, ob ich nicht für die Zeit, bis sein Sohn die entsprechenden Prüfungen hat, den gewerberechtlichen Geschäftsführer mache. Dem habe ich zugestimmt und haben wir beim Notar Dr. AT in AE darüber einen Vertrag gemacht. Es wurde vereinbart, dass ich für die Gewerbeberechtigung/Geschäftsführerschaft im Monat 2.000 Euro Pacht bekomme. Es ist dann aber die Pacht nie gekommen und habe ich bereits nach etwa einem Monat beim Notar deponiert, dass damit das Ganze hinfällig ist. Ich habe mittlerweile auch eine Mitteilung bekommen, dass ich als Geschäftsführer ausgeschieden bin. In der Zeit hatte ich ein relativ schmutziges Scheidungsverfahren mit meiner Ex und habe mich um die Sache nicht weiter gekümmert.

Die Firma AO hatte in der Folge wirtschaftliche Probleme und habe ich überlegt, ob ich das Unternehmen kaufe. Es hat sich aber herausgestellt, dass die Firma so schlecht da steht, dass es keinen Zweck hat. Von Juni 2016 bis Jänner 2017 haben wir mit der Familie AO verhandelt und wollten wir konkrete Daten der Firma haben. Als wir die Daten im Jänner 2017 bekamen, haben wir gesehen, dass es keinen Sinn hat. Kurz darauf wurde Konkurs angemeldet.

Wenn mir vorgehalten wird, dass ich laut heutigem Firmenbuchauszug nach wie vor in der AO Spenglerei GmbH als handelsrechtlicher Geschäftsführer gelistet bin, gebe ich an, dass ich nie handelsrechtlicher Geschäftsführer war. Ich muss mit Dr. AT reden, damit das berichtigt wird. Wenn mir vorgehalten wird, dass laut dem heute von mir gezeigten Schreiben betreffend das Ausscheiden als Geschäftsführer es nur um den gewerberechtlichen Geschäftsführer geht, muss ich sagen, dass ich auch das Ausscheiden als handelsrechtlicher Geschäftsführer betreiben werde. Es war aber nie ausgemacht, dass ich diese Funktion übernehme.

Inhaltlich habe ich mich um die Firma AO nicht gekümmert. Ich habe vielleicht ein paar Aufträge von ihnen übernommen, aber sonst keine Geschäftsführungsaufgaben, weil das eigentlich so nicht vereinbar war.

In meiner eigenen Firma bin ich streng darauf bedacht, dass die Arbeitnehmerschutzbestimmungen eingehalten werden und die Sicherheit meiner Arbeiter gewährleistet ist. Die Gesundheit meiner Leute ist mir das Wichtigste. Das sieht man auch daran, dass ich bislang keine Strafen bekommen habe.

Ich war an dem betreffenden Tag mit Herrn AO senior und Herrn AO junior auf dieser Baustelle, weil ich gefragt worden bin, ob ich einen Teil der Arbeiten übernehme, da sie mit diesen in Verzug waren und eine Pönale drohte. Es war mir aber nicht möglich, hier etwas zu machen, weil die Arbeiten zu umfangreich waren. Ich habe damals eruiert, dass offenbar am Vortag ein Arbeiter Flämmarbeiten durchgeführt hat und dabei das Dachfangnetz beschädigt und das genannte Loch entstanden ist. Am betreffenden Tag hatte es in der vorigen Nacht starken Frost und war auf dem Dach ca 1 cm dick Raureif. Man hätte in der Früh noch gar nicht arbeiten können, weil es so rutschig war. Herr AS hatte damals auf dem Dach im Firstbereich Arbeiten zu tätigen. Es waren die Firstentlüftungen und Firstgitter zu montieren. Erst nach Fertigstellung dieser Arbeiten und wurden die Arbeiten im Bereich der Windläden fertiggestellt.

Den Arbeitsinspektor habe ich damals nicht mehr angetroffen."

Der Zeuge AU AV (AI Tirol):

"Ich kann mich an die Kontrolle vom 13.12.2016 noch erinnern. Der Kontrolle vorausgegangen war eine Beschwerde an das Arbeitsinspektorat. Ich bin am Vormittag um 09:45 Uhr bei der Baustelle eingetroffen und konnte sehen, dass ein Arbeitnehmer auf dem Dach ohne Sicherung vor Absturz arbeitet. Dieser Mann stand im Firstbereich. Festgestellt wurde damals auch, dass der Baukoordinator kurz vorher die Anweisung erteilt hat, dass die Dachfanggerüste abgebaut werden. Ich habe ihm nach der Kontrolle mitgeteilt, dass das nicht geht, die erforderliche Absturzsicherung herzustellen und ein Arbeiten lediglich mit persönlicher Schutzausrüstung nicht zulässig ist. Der Arbeitnehmer, sein Name war AS, hatte Spenglerarbeiten im Simsbereich durchzuführen und war dabei ungesichert.

Weiters wurde von mir festgestellt, dass ein Dachfangkombi zur Absicherung verwendet wurde, der nicht den Anforderungen entsprochen hat. Es war daran ein Netz montiert mit einem relativ großen Loch und weiters das erforderliche Seitenschutzbrett nicht montiert.

Über Vorhalt des Strafantrages und der aktenkundigen Lichtbilder (Beilagen zum Strafantrag):

Ich habe mir damals zuerst einen Überblick verschafft und von unten gesehen, dass eine Person auf dem Dach arbeitet. Es war im Giebelbereich eine Absturzhöhe von 12 Metern, im Traufenbereich ca 9 Meter, und deshalb die Situation eigentlich relativ gefährlich. Ein Absturz wäre höchstwahrscheinlich tödlich verlaufen. Foto Nr 1 und 2 wurden gleich nach dem Eintreffen gemacht. Ich habe dann die Kontrolle angemeldet und mit dem Polier gesprochen. Zu dem Zeitpunkt war man auf der anderen Seite gerade dabei, das Dachfanggerüst abzubauen. Das hatte der Baukoordinator so beauftragt. Ich habe sofort gesagt "Stopp" und habe diese Abbauarbeiten einstellen lassen. Dann habe ich mit dem Arbeitnehmer der Firma AO, den ich am Dach sah, gesprochen. Es hat sich dabei um Herrn AS gehandelt. Ich habe noch einen weiteren Arbeitnehmer der Firma AO angetroffen, allerdings war diese Person nicht auf dem Dach. Ich bin dann mit Herrn AS nochmal ins Haus gegangen und habe von dem daneben liegenden Balkon aus die Situation mit dem Schutzgerüst (zu sehen auf Bild Nr 2) fotografiert. Man hat gesehen, dass das Netz ein 30 x 40 cm großes Loch hatte und außerdem das Seitenschutzbrett fehlte. Am wichtigsten für mich war eigentlich das fehlende Seitenschutzbrett, das oben an den Stehern des Dachfangkombis zu montieren gewesen wäre, weil es verhindert, dass die Steher, wenn jemand hineinfällt, zusammen klappen und dadurch die Schutzwirkung verloren geht. Ich kann nicht beurteilen, ob dieses Loch möglicherweise noch am selben Tag oder am Vortag durchs Flämmen passiert ist. Darüber wurde nicht gesprochen.

Von mir wurde die Anweisung erteilt, dass das betreffende Schutzgerüst wieder hergestellt wird. Angeblich hatte der betreffende Arbeiter an diesem Tag nur noch in diesem Bereich die Abschlussbleche (die Windladenabdeckung) zu montieren.

An diesem Tag war es über Nacht relativ kalt. Deshalb lag Reif auf dem Dach und war es sehr rutschig. Für mich war Gefahr für Leib und Leben gegeben.

Ich habe die Anweisung erteilt, dass nicht weiter gearbeitet werden darf, ehe die Absicherung hergestellt ist.

Über Befragen des Vertreters der Arbeitsinspektorates:

Ich bin um 09:45 Uhr eingetroffen, das ergibt sich aufgrund meiner Fahrzeit von der Dienststelle aus und weiß ich, dass ich um 11:30 Uhr Mittagessen gegangen bin.

Einen Vornamen des Herrn AS habe ich nicht erhoben."

Das Landesverwaltungsgericht Salzburg hat hierzu erwogen:

Der Beschuldigte war zur Tatzeit handelsrechtlicher Geschäftsführer der AO Spenglerei GmbH mit Sitz in AM, AN, welche unbeschränkt haftende Gesellschafterin der ebendort ansässigen AO Spenglerei GmbH & Co KG ist.

Die Stellung des Beschuldigten als handelsrechtlicher Geschäftsführer der AO Spenglerei GmbH konnte aufgrund des insofern unbedenklichen Firmenbuchauszuges zur AO Spenglerei GmbH (FN xxx) und zur AO Spenglerei GmbH & Co KG (FN yyy) als erwiesen angesehen werden.

Die Rechtfertigung des Beschuldigten, dass er nie handelsrechtlicher Geschäftsführer der genannten GmbH gewesen sei, sondern er sich lediglich bereit erklärt habe, vorübergehend die Funktion des gewerberechtlichen Geschäftsführers zu übernehmen, wobei die betreffende Vereinbarung innerhalb kurzer Zeit wegen der Nichtbezahlung der Pacht für die Zurverfügungstellung der Gewerbeberechtigung rückgängig gemacht worden sei, kann vorliegend aus folgenden Erwägungen nicht durchdringen:

Für die Bestellung, die Abberufung und den Rücktritt eines Geschäftsführers einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung sind folgende Bestimmungen des GmbH-Gesetzes, RGBl Nr 58/1906, idF BGBl I Nr 109/2013 maßgeblich:

Die Geschäftsführer. (Der Vorstand.)

§ 15.

(1) Die Gesellschaft muß einen oder mehrere Geschäftsführer haben. Zu Geschäftsführern können nur physische, handlungsfähige Personen bestellt werden. Die Bestellung erfolgt durch Beschluß der Gesellschafter. Werden Gesellschafter zu Geschäftsführern bestellt, so kann dies auch im Gesellschaftsvertrage geschehen, jedoch nur für die Dauer ihres Gesellschaftsverhältnisses.

(2) Wenn im Gesellschaftsvertrage sämtliche Gesellschafter zu Geschäftsführern bestellt sind, so gelten nur die der Gesellschaft bei Festsetzung dieser Bestimmung angehörenden Personen als die bestellten Geschäftsführer.

(3) Im Gesellschaftsvertrag kann die Bestellung von Geschäftsführern durch den Bund, ein Land oder durch eine andere öffentlichrechtliche Körperschaft vorbehalten werden.

§ 15a.

(1) Soweit die zur Vertretung der Gesellschaft erforderlichen Geschäftsführer fehlen, hat sie in dringenden Fällen das Gericht auf Antrag eines Beteiligten für die Zeit bis zur Behebung des Mangels zu bestellen.

(2) Dies gilt auch, wenn kein Geschäftsführer seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat.

(3) Der Beschluss über die Bestellung des Geschäftsführers ist mit dessen Zustimmung sowie, sofern im Beschluss nichts anderes angeordnet ist, mit Zustellung an den Geschäftsführer wirksam.

§ 16.

(1) Die Bestellung zum Geschäftsführer kann unbeschadet der Entschädigungsansprüche aus bestehenden Verträgen durch Beschluß der Gesellschafter jederzeit widerrufen werden.

(2) ….

Rücktritt der Geschäftsführer
§ 16a.

(1) Geschäftsführer können unbeschadet der Entschädigungsansprüche der Gesellschaft ihnen gegenüber aus bestehenden Verträgen ihren Rücktritt erklären; liegt ein wichtiger Grund hiefür vor, kann der Rücktritt mit sofortiger Wirkung erklärt werden, sonst wird der Rücktritt erst nach Ablauf von 14 Tagen wirksam.

(2) Der Rücktritt ist gegenüber der Generalversammlung, wenn dies in der Tagesordnung angekündigt wurde, oder gegenüber allen Gesellschaftern zu erklären. Hievon sind allfällige Mitgeschäftsführer und, wenn ein Aufsichtsrat besteht, dessen Vorsitzender zu verständigen.

§ 17.

(1) Die jeweiligen Geschäftsführer und das Erlöschen oder eine Änderung ihrer Vertretungsbefugnis sind ohne Verzug zum Firmenbuch anzumelden. Der Anmeldung ist der Nachweis der Bestellung oder der Änderung in beglaubigter Form beizufügen. Zugleich haben neue Geschäftsführer ihre Unterschrift vor dem Gerichte zu zeichnen oder die Zeichnung in beglaubigter Form vorzulegen.

(2) Das Erlöschen der Vertretungsbefugnis kann auch vom abberufenen oder zurückgetretenen Geschäftsführer unter Bescheinigung der Abberufung oder des Zugangs der Rücktrittserklärung zur Eintragung in das Firmenbuch angemeldet werden.

(3) Ist eine Person als Geschäftsführer eingetragen oder bekanntgemacht, so kann ein Mangel ihrer Bestellung einem Dritten nur entgegengehalten werden, wenn der Mangel diesem bekannt war.

Die Generalversammlung.

§ 34.

(1) Die durch das Gesetz oder den Gesellschaftsvertrag den Gesellschaftern vorbehaltenen Beschlüsse werden in der Generalversammlung gefaßt, es sei denn, daß sämtliche Gesellschafter sich im einzelnen Falle schriftlich mit der zu treffenden Bestimmung oder doch mit der Abstimmung im schriftlichen Wege einverstanden erklären.

(2) Bei der Abstimmung im schriftlichen Wege wird die nach dem Gesetze oder dem Gesellschaftsvertrage zu einer Beschlußfassung der Generalversammlung erforderliche Mehrheit nicht nach der Zahl der abgegebenen, sondern nach der Gesamtzahl der allen Gesellschaftern zustehenden Stimmen berechnet.

….

§ 36.

(1) Die Versammlung hat am Sitz der Gesellschaft stattzufinden, wenn im Gesellschaftsvertrag nichts anderes bestimmt ist. Sie wird durch die Geschäftsführer einberufen, soweit nicht nach dem Gesetz oder dem Gesellschaftsvertrag auch andere Personen dazu befugt sind.

(2) ….

§ 37.

(1) Die Versammlung muß auch dann ohne Verzug berufen werden, wenn Gesellschafter, deren Stammeinlagen den zehnten Teil oder den im Gesellschaftsvertrage hiefür bestimmten geringeren Teil des Stammkapitals erreichen, die Berufung schriftlich unter Angabe des Zweckes verlangen.

(2) Wird dem Verlangen von den zur Berufung der Versammlung befugten Organen nicht innerhalb vierzehn Tagen nach der Aufforderung entsprochen oder sind solche Organe nicht vorhanden, so können die Berechtigten unter Mitteilung des Sachverhaltes die Berufung selbst bewirken. Die Versammlung beschließt in diesem Falle darüber, ob die mit der Einberufung verbundenen Kosten von der Gesellschaft zu tragen sind.

§ 38.

(1) Die Berufung der Versammlung ist in der durch den Gesellschaftsvertrag bestimmten Form zu veröffentlichen, in Ermanglung einer solchen Festsetzung den einzelnen Gesellschaftern mittels rekommandierten Schreibens bekanntzugeben. Zwischen dem Tage der letzten Verlautbarung oder der Aufgabe der Sendung zur Post und dem Tage der Versammlung muß mindestens der Zeitraum von sieben Tagen liegen.

(2) Der Zweck der Versammlung (Tagesordnung) ist bei der Berufung möglichst bestimmt zu bezeichnen. Bei beabsichtigten Änderungen des Gesellschaftsvertrages ist deren wesentlicher Inhalt anzugeben.

(3) ….

(4) Ist die Versammlung nicht ordnungsgemäß berufen oder ein Gegenstand zur Beschlußfassung gestellt, dessen Verhandlung nicht wenigstens drei Tage vor der Versammlung in der für die Berufung vorgeschriebenen Weise angekündigt wurde, so können Beschlüsse nur gefaßt werden, wenn sämtliche Gesellschafter anwesend oder vertreten sind. Diese Voraussetzungen sind jedoch nicht erforderlich für den in einer Versammlung beantragten Beschluß auf Berufung einer neuerlichen Versammlung.

….

§ 40.

(1) Die Beschlüsse der Generalversammlung sind unverzüglich nach der Beschlußfassung in eine Niederschrift aufzunehmen. Diese Niederschriften sowie die auf schriftlichem Weg gefaßten Beschlüsse der Gesellschafter sind geordnet aufzubewahren. Jeder Gesellschafter kann darin während der Geschäftsstunden Einsicht nehmen.

(2) Jedem Gesellschafter ist ohne Verzug nach Abhaltung der Generalversammlung oder nach einer auf schriftlichem Wege erfolgten Abstimmung eine Kopie der gefaßten Beschlüsse unter Angabe des Tages der Aufnahme derselben in die Niederschrift mittels eingeschriebenen Briefes zuzusenden.

Aus §§ 15 Abs 1 und 16 Abs 1 GmbHG ergibt sich, dass (handelsrechtliche) Geschäftsführer einer GmbH mit Beschluss der Gesellschafter bestellt und abberufen werden. Die Bestellung und Abberufung werden, sofern im Beschluss nichts anderes angeordnet wird, sofort wirksam (vgl OGH 15.03.1989, 9ObA55/89). Die Bestellung bedarf der Zustimmung des Geschäftsführers. In der Folge ist die Bestellung des Geschäftsführers unverzüglich durch Nachweis der Bestellung in Form einer notariell beglaubigten Urkunde über den Beschluss beim Firmenbuchgericht anzumelden (§ 17 GmbHG). Gemäß § 16a leg cit können Geschäftsführer ihren Rücktritt entweder gegenüber der Generalversammlung im Rahmen einer solchen oder gegenüber allen Gesellschaftern erklären.

Eine Eintragung ins Firmenbuch hat die Vermutung der Richtigkeit für sich, ein Gegenbeweis wäre allerdings jederzeit zulässig (VwGH 2012.1991, 90/17/0112). Amtliche Erhebungen bezüglich der wahren organschaftlichen Verhältnisse einer Person sind anzustellen, wenn begründete Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit des Registerstandes obwalten (vgl OGH 13.02.1986, 6Ob517/86). Solche Zweifel können entstehen, wenn von einer Partei dazu konkrete Behauptungen aufgestellt und Beweise angeboten werden (vgl VwGH 20.5.2015, Ra 2014/09/0041).

Laut Firmenbuchauszug erfolgte die Bestellung des Beschuldigten zum handelsrechtlichen Geschäftsführer mit Beschluss der Gesellschafter mit Wirkung zum 04.06.2014. Dem Beschuldigten wurde bereits im Erstverfahren mit der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 16.01.2017 vorgehalten, dass er als handelsrechtlicher Geschäftsführer der AO Spenglerei GmbH und damit als gemäß § 9 Abs 1 VStG vertretungsbefugtes Organ der unbeschränkt haftenden Gesellschafterin der AO Spenglerei GmbH & Co KG zur Verantwortung gezogen werden soll. Derselbe Vorwurf wurde im angefochtenen Straferkenntnis gemacht. Auch im Verbesserungsauftrag des Landesverwaltungsgerichtes wurde ausdrücklich der Firmenbuchstand vorgehalten. Dennoch hat er weder im Erstverfahren noch im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht ein Sachverhaltsvorbringen erstattet und Urkunden dazu vorgelegt, aus denen sich ergibt, dass und aus welchen Gründen die im Firmenbuch dokumentierte Vertretungsbefugnis tatsächlich nicht bestanden haben und diese unrechtmäßig protokolliert worden sein soll. Das Verwaltungsgericht konnte jedenfalls mangels konkreter Behauptungen und dazu angebotener Beweise nicht davon ausgehen, dass die Eintragung der Bestellung zum handelsrechtlichen Geschäftsführer im Jahre 2014 aufgrund gefälschter Dokumente bzw eine mögliche Abberufung oder ein Rücktritt – ohne umgehende Eintragung ins Firmenbuch – schon vor dem Tatzeitpunkt erfolgte (Offensichtlich setzte der Beschwerdeführer erst nach der Beschwerdeverhandlung Maßnahmen zur Beendigung seiner Funktion).

Der Firmenbuchstand wurde daher vom Beschwerdeführer nicht einer solchen Form in Zweifel gezogen, dass das Verwaltungsgericht in die Lage versetzt gewesen wäre, die Behauptung der Nichtbestellung zum Geschäftsführer durch Erhebung konkreter Beweise zu prüfen. Dieser war daher dem Verfahren zugrunde zu legen und der Beschuldigte gemäß § 9 Abs 1 VStG als vertretungsbefugtes Organ der AO Spenglerei GmbH & Co KG zur Verantwortung zu ziehen. Die Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten nach § 9 Abs 2 VStG iVm § 23 Abs 1 ArbIG wurde nicht behauptet.

Zur Sache:

Die AO Spenglerei GmbH & Co KG (kurz: Spenglerei AO) hatte auf der Baustelle AP in AR, AQ, im Dezember 2016 Spenglerarbeiten durchzuführen.

Am Morgen des 13.12.2016 führte der Arbeitsinspektor AU AV des Arbeitsinspektorates … (nunmehr Arbeitsinspektorat …) eine Baustellenkontrolle durch. Bei Erreichen des Objektes um 09:45 Uhr stellte das Kontrollorgan fest, dass ein Arbeitnehmer der Spenglerei im Giebelbereich des Daches tätig war (es waren noch Abschlussarbeiten zu erledigen), obwohl Absturzgefahr bestand (Absturzhöhe 12 m im Giebelbereich und 9 m an der Traufe) und der Arbeitnehmer weder durch eine persönliche Schutzausrüstung noch durch Absturzsicherungen oder Schutzeinrichtungen gegen Absturz gesichert war.

Nachdem der Arbeitsinspektor sich einen Überblick über die Baustelle verschafft hatte, meldete er die Kontrolle beim Polier an. Da Arbeiter gerade auf der anderen Seite des Daches mit dem Abbau der Dachfanggerüste beschäftigt waren, obwohl dort noch gearbeitet werden musste, ordnete das Aufsichtsorgan den Stopp dieses Abbaus an und verlangte die Wiederherstellung der Absicherung vor der Weiterführung der Arbeiten. In der Zwischenzeit war der angesprochene Arbeitnehmer der Spenglerei AO vom Dach gestiegen. Der Arbeitsinspektor begab sich mit diesem auf einen Balkon im 4. Stock, von dem aus er eine Arbeitstelle im Saumbereich des Daches besichtigen konnte, an der die Spenglerei noch weitere Abschlussarbeiten (Anbringung der Windladenabdeckung) zu tätigen hatte. Unterhalb der Stelle war zwar ein Schutzgerüst (ein Dachfangkombi) montiert, das aber nicht den Anforderungen entsprach. Die Steher des Gerüstes waren nicht durch eine Seitenschutzblende verbunden, sodass es im Fall eines Sturzes in das Netz nicht gegen Zusammenklappen gesichert war. Zudem wies das Netz des Schutzgerüstes ein ca 30 x 40 cm großes Loch auf. Die Situation auf dem Dach wurde vom Arbeitsinspektor als gefährlich eingestuft, weil das Dach durch eine dicke Schicht Raureif, die sich über Nacht gebildet hatte, sehr rutschig war.

Dieser Sachverhalt war aufgrund der glaubwürdigen und schlüssigen Angaben des Arbeitsinspektors, der zeugenschaftlich einvernommen wurde, in Verbindung mit der unbestrittenen Aktenlage als erwiesen anzusehen.

Rechtlich ist auszuführen:

Die maßgeblichen Bestimmungen der Bauarbeiterschutzverordnung – BauV, BGBl Nr 340/1994, idF BGBl II Nr 77/2014 lauten:

Absturzgefahr
§ 7.

(1) Bei Absturzgefahr sind Absturzsicherungen (§ 8), Abgrenzungen (§ 9) oder Schutzeinrichtungen (§ 10) anzubringen.

(2) Absturzgefahr liegt vor:

1.

bei Öffnungen und Vertiefungen im Fuß- oder Erdboden, wie Schächten, Kanälen, Gruben, Gräben und Künetten, bei Öffnungen in Geschoßdecken, wie Installationsöffnungen, oder in Dächern, wie Lichtkuppel- oder Sheddachöffnungen,

2.

an Arbeitsplätzen, Standplätzen und Verkehrswegen an oder über Gewässern oder anderen Stoffen, wenn die Gefahr des Versinkens besteht,

3.

an Wandöffnungen, an Stiegenläufen und -podesten sowie an Standflächen zur Bedienung oder Wartung von stationären Maschinen bei mehr als 1,00 m Absturzhöhe,

4.

an sonstigen Arbeitsplätzen, Standplätzen und Verkehrswegen bei mehr als 2,00 m Absturzhöhe.

(3) Müssen zur Durchführung von Arbeiten Absturzsicherungen (§ 8), Abgrenzungen (§ 9) oder Schutzeinrichtungen (§ 10) entfernt werden, sind geeignete andere Schutzmaßnahmen zu treffen, wie die Verwendung von persönlichen Schutzausrüstungen. Nach Beendigung oder Unterbrechung solcher Arbeiten ist unverzüglich dafür zu sorgen, daß diese Absturzsicherungen, Abgrenzungen und Schutzeinrichtungen wieder angebracht oder andere gleichwertige Schutzmaßnahmen getroffen werden.

(4) Die Anbringung von Absturzsicherungen (§ 8) oder Schutzeinrichtungen (§ 10) kann entfallen, wenn

1.

der hiefür erforderliche Aufwand unverhältnismäßig hoch gegenüber dem Aufwand für die durchzuführenden Arbeiten ist und

2.

die Arbeitnehmer mittels geeigneter persönlicher Schutzausrüstung gegen Absturz gesichert sind.

(5) Werden Stockwerksdecken hergestellt oder werden von Stockwerksdecken aus die Wände errichtet, können

1.

bei Mauern über die Hand von der Stockwerksdecke aus zur Herstellung von Giebelmauern, Trempelwänden und Mauerwerksbänken bis zu einer Absturzhöhe von 7,00 m,

2.

bei sonstigen Arbeiten mit Blick zur Absturzkante bis zu einer Absturzhöhe von 5,00 m

Absturzsicherungen, Abgrenzungen und Schutzeinrichtungen entfallen, wenn die Arbeiten von unterwiesenen, erfahrenen und körperlich geeigneten Arbeitnehmern durchgeführt werden. In diesem Fall kann auch die Sicherung der Arbeitnehmer durch geeignete persönliche Schutzausrüstung gegen Absturz entfallen. Abs. 2 Z 1 bleibt unberührt.

Absturzsicherungen
§ 8.

(1) Geeignete Absturzsicherungen sind

1.

tragsichere und unverschiebbare Abdeckungen von Öffnungen und Vertiefungen oder

2.

Umwehrungen (Geländer) an den Absturzkanten, die aus Brust-, Mittel- und Fußwehren bestehen. Bei Wandöffnungen, Stiegenpodesten und Standflächen zur Bedienung oder Wartung von Maschinen bis zu einer Absturzhöhe von 2,00 m und bei Stiegenläufen können die Fußwehren entfallen.

Abgrenzungen
§ 9.

(1) Anstelle von Absturzsicherungen nach § 8 sind stabile Abgrenzungen durch Brustwehren aus Holz, Metallrohr, gespannten Seilen oder Ketten zulässig.

Schutzeinrichtungen
§ 10.

(1) Können Absturzsicherungen nach § 8 oder Abgrenzungen nach § 9 aus arbeitstechnischen Gründen nicht verwendet werden, müssen Schutzeinrichtungen zum Auffangen abstürzender Personen und Materialien vorhanden sein, wie Fanggerüste (§ 59) oder Auffangnetze, sowie bei Dächern Dachfanggerüste oder Dachschutzblenden (§ 88).

Gerüste

Allgemeines
§ 55.

(1) Gerüste müssen in dem für die Ausführung der Arbeiten und dem Schutz der Arbeitnehmer notwendigen Umfang nach fachmännischen Grundsätzen errichtet werden. Gerüste müssen entsprechend den auftretenden Beanspruchungen unter Zugrundelegung ausreichender Sicherheit gemäß den anerkannten Regeln der Technik bemessen sein.

(2) Für Gerüste dürfen nur einwandfreie, ausreichend tragfähige Gerüstbauteile verwendet werden. Gerüstbauteile aus Holz müssen aus gesundem, vollkommen entrindetem, im erforderlichen Mindestquerschnitt nicht geschwächtem Holz der entsprechenden Festigkeitsklasse bestehen. Gerüstbauteile aus Metall dürfen keine Mängel aufweisen, durch die ihre Festigkeit beeinträchtigt wird. Sie müssen einen entsprechenden Korrosionsschutz haben. Gerüstbauteile, einschließlich der Verankerungsmittel, Kupplungen, Natur-, Kunstfaser- und Drahtseile, Rüstdrähte, Ketten oder Schraubverbindungen, müssen vor schädigenden Einwirkungen, wie Fäulnis oder Rost, derart geschützt sein, daß ihre Festigkeit nicht beeinträchtigt wird.

Statischer Nachweis
§ 56.

(1) Für verankerte Systemgerüste, das sind verankerte Gerüste, in dem einige oder alle Abmessungen durch Verbindungen oder durch fest an den Bauteilen angebrachte Verbindungsmittel vorbestimmt sind, muß vor der erstmaligen Aufstellung ein statischer Nachweis erstellt sein.

Gerüstlagen
§ 57.

(1) Gerüstbelagteile müssen über die gesamte Gerüstbreite dicht aneinander und so verlegt sein, dass sie nicht herabfallen, kippen oder sich verschieben können. Sie müssen ausreichend Sicherheit gegen Ausrutschen bieten. Beläge müssen gesichert sein, wenn sie durch Wind oder sonstige Belastung abgehoben werden können. Um Bauwerksecken müssen Gerüstlagen in voller Breite herumgeführt werden.

Arbeitsgerüste
§ 58.

(1) Arbeitsgerüste sind Gerüste, von denen aus oder auf denen Arbeiten ausgeführt werden.

Schutzgerüste
§ 59.

(1) Schutzgerüste sind Fanggerüste und Schutzdächer. Fanggerüste sind Gerüste, die Personen gegen einen tieferen Absturz sichern. Schutzdächer sind Gerüste, die Personen vor herabfallenden Gegenständen und Materialien schützen.

(2) Fanggerüste müssen möglichst nahe unter der Absturzkante angeordnet sein, die Gerüstlagen dürfen im Regelfall nicht tiefer als 3,00 m, in Ausnahmefällen nicht tiefer als 4,00 m unter der Absturzkante liegen. Es dürfen nur solche Belagsteile verwendet werden, deren Widerstandsfähigkeit unter Berücksichtigung dynamischer Belastungen nachgewiesen ist. Dies gilt nicht für Gerüstbeläge aus lose verlegten Pfosten (Abs. 3a).

….

Aufstellen und Abtragen von Gerüsten
§ 60.

(1) Gerüste müssen entsprechend der Regelausführung oder der statischen Berechnung gemäß § 56 errichtet werden.

(2) Beim Aufstellen von Gerüsten sind alle zur Verwendung kommenden Gerüstbauteile durch eine fachkundige Person auf offensichtliche Mängel zu prüfen. Gerüstbauteile mit offensichtlichen Mängeln dürfen nicht verwendet werden.

(4) Gerüste sind auf entsprechend tragfähigen und unverrückbaren Unterlagen, wie Fußplatten, Kanthölzern oder Pfosten, zu errichten. Mauersteine, Kisten, Paletten und ähnliches dürfen als Unterlagen nicht verwendet werden. Bei der Verteilung der Stützlasten auf den Untergrund muß dessen Tragfähigkeit beachtet werden. Höhenunterschiede sind durch geeignete Einrichtungen, wie Leiterfüße oder Schraubspindeln, auszugleichen. Ist ein mehrlagiger Unterbau erforderlich, muß er kippsicher ausgebildet sein. Schrägstützen müssen gegen Ausweichen gesichert sein.

(7) Gerüste dürfen weder unvollständig errichtet noch teilweise abgetragen und so belassen werden, daß eine Verwendung derselben möglich ist, wenn der bereits aufgestellte oder noch stehenbleibende Teil den Anforderungen an Gerüste nicht voll entspricht.

(8) Beim Abtragen von Gerüsten dürfen Gerüstmaterialien, Werkzeuge und sonstige Gegenstände nur in sicherer Weise abgeseilt oder auf andere Art ohne Gefährdung für die mit dem Gerüstabbau beschäftigten Arbeitnehmer herabbefördert werden.

(9) Für die Montage und Demontage von Gerüstbauteilen dürfen von unterwiesenen, erfahrenen und körperlich geeigneten Arbeitnehmern bei günstigen Witterungsverhältnissen Gerüstlagen von mindestens 40 cm Breite begangen werden, auch wenn keine Maßnahmen nach § 7 getroffen wurden.

Prüfung von Gerüsten
§ 61.

(1) Gerüste sind nach ihrer Fertigstellung einer Überprüfung durch eine fachkundige Person des Gerüstaufstellers zu unterziehen.

(5) Über die Überprüfungen nach Abs. 1 bis 3 sind Vormerke zu führen, wenn Absturzgefahr nach § 7 Abs. 2 Z 2 oder 4 besteht.

Benützung von Gerüsten
§ 62.

(1) Gerüste dürfen erst benützt werden nach

1.

ihrer Fertigstellung,

2.

den Prüfungen gemäß § 61 Abs. 1 bis 3 und

3.

Beseitigung der bei diesen Prüfungen festgestellten Mängel.

(2) Jedes Gerüst ist in gutem, gebrauchsfähigem Zustand zu erhalten. Änderungen an den Gerüsten oder das Anbringen von Hebezeugen an Gerüsten dürfen nur vom Gerüstaufsteller oder im Einvernehmen mit dem Gerüstaufsteller vorgenommen werden.

(3) Das Abspringen oder das Abwerfen von Gegenständen auf Gerüstlagen ist verboten.

(4) Ein Gerüst, das den Anforderungen an Gerüste nicht voll entspricht, darf nicht benützt werden.

Arbeiten auf Dächern

Allgemeines
§ 87.

(1) Bei Arbeiten auf Dächern bis zu einer Absturzhöhe von 3,00 m dürfen Absturzsicherungen, Abgrenzungen und Schutzeinrichtungen abweichend von § 7 entfallen, wenn die Arbeiten bei günstigen Witterungsverhältnissen sowie von unterwiesenen, erfahrenen und körperlich geeigneten Arbeitnehmern durchgeführt werden. In diesem Fall kann auch die Sicherung der Arbeitnehmer durch persönliche Schutzausrüstung gegen Absturz entfallen, ausgenommen bei Arbeiten am Dachsaum und bei Arbeiten auf Dächern mit einer Neigung von mehr als 45 °. § 7 Abs. 2 Z 1 bleibt unberührt.

(2) Bei Arbeiten auf Dächern mit einer Neigung bis zu 20 ° und einer Absturzhöhe von mehr als 3,00 m müssen Absturzsicherungen oder Schutzeinrichtungen gemäß §§ 7 bis 10 vorhanden sein.

Gemäß § 118 Abs 3 Arbeitnehmerinnenschutzgesetz-ASchG, BGBl Nr 54/1994, idF BGBl I Nr 71/2013 gilt die Bauarbeiterschutzverordnung – BauV als Verordnung nach diesem Bundesgesetz.

Gemäß § 130 Abs 5 Z 1 ASchG, BGBl Nr 54/1994, idF BGBl I Nr 71/2013 begeht eine Verwaltungsübertretung, wer als Arbeitgeber den nach dem 9. Abschnitt weitergeltenden Bestimmungen zuwiderhandelt und ist mit Geldstrafe von € 166,00 bis € 8.324,00, im Wiederholungsfall mit Geldstrafe von € 333,00 bis € 16.659,00 zu bestrafen.

Zur Übertretung gemäß § 87 Abs 2 BauV:

Vom Beschuldigten blieb vorliegend unbestritten, dass der Arbeitnehmer der Spenglerei AO – wie vom Arbeitsinspektor festgestellt – Arbeiten auf dem Dach der AP mit einer Absturzhöhe zwischen 9 m und 12 m ohne Sicherung gegen Absturz durch eine Absturzsicherung, Schutzeinrichtung oder persönliche Schutzeinrichtung ausführte und das Unternehmen dadurch gegen § 87 Abs 2 BauV iVm § 130 Abs 5 Z 1 ASchG verstieß.

Zum Verschulden:

Die vorgeworfene Übertretung ist ein sogenanntes Ungehorsamsdelikt, bei welchem zum Tatbestand der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehören. Bei solchen Vergehen ist fahrlässiges und damit strafbares Verhalten nach § 5 Abs 1 zweiter Satz VStG im Fall der Nichtbefolgung eines Gebotes oder eines Verbotes solange anzunehmen, bis der Täter glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Verantwortliche ein wirksames Kontrollsystem einzurichten, das die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen unter vorhersehbaren Verhältnissen verlässlich gewährleistet (VwGH 27.02.2004, 2003/02/0203). Der Beschuldigte hat in diesem Zusammen initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht (VwGH 07.04.2016, Ra 2015/08/0217).

Der Beschuldigte als verantwortliches Organ der Arbeitgeberin konnte sich nicht erfolgreich damit rechtfertigen, dass er sich um die betreffenden Agenden nicht gekümmert habe, zumal er eine Glaubhaftmachung dahin unterließ, dass ihm seine Bestellung ohne eigenes Verschulden unbekannt war. Ein Vertrauen auf das Einhalten der Rechtsvorschriften durch andere und ein Unterlassen der Wahrnehmung der Pflichten als Geschäftsführer kann jedenfalls nicht exkulpieren (vgl VwGH 08.11.2016, Ra 2016/09/0105).

Damit war auch die subjektive Tatseite in Form von Fahrlässigkeit erfüllt.

Zur Übertretung gemäß § 62 Abs 4 BauV:

Die §§ 55 bis 59 BauV enthalten bestimmte Anforderungen an Gerüste. § 59 leg cit beinhaltet die maßgeblichen Vorschriften für Schutzgerüste. § 60 leg cit regelt das Aufstellen und Abtragen von Gerüsten. Nach § 61 leg cit sind Gerüste nach ihrer Fertigstellung einer Überprüfung durch eine fachkundige Person des Gerüstaufstellers zu unterziehen und vor ihrer Benützung auf offensichtliche Mängel zu prüfen. Gemäß § 62 Abs 1 BauV dürfen Gerüste erst benützt werden nach ihrer Fertigstellung, den Prüfungen gemäß § 61 Abs. 1 bis 3 und Beseitigung der bei diesen Prüfungen festgestellten Mängel. Weiters darf gemäß § 62 Abs 4 leg cit ein Gerüst nicht benützt werden, das den Anforderungen nicht voll entspricht.

Aus diesen Bestimmungen (insbesondere § 62 BauV) ergibt sich, dass Mängel eines Gerüstes alleine noch nicht zur Strafbarkeit führen, weil die Pflicht des Arbeitgebers stets darin besteht, eine unzulässige Benützung von Gerüsten durch Arbeitnehmer (was regelmäßig eine Gefährdung dieser Personen bewirkt) zu verhindern. Der Tatbestand der § 62 Abs 1 und 4 BauV besteht sohin darin, dass ein Gerüst bei Arbeiten benutzt wird, obwohl das aus bestimmten Gründen nicht zulässig ist (vgl VwGH 29.06.2011, 2007/02/0358; 30.03.2011, 2009/02/0249).

In Bezug auf Arbeitsgerüste wird dieses Benützen in der Regel durch ein Betreten der Gerüstlagen erfolgen. Bei Schutzgerüsten, deren Zweck nicht darin besteht, betreten zu werden, kann das Benützen nur in der Weise erfolgen, dass sie ihrer eigentlichen Verwendung, nämlich dem Schutz von Arbeitnehmern vor Absturz oder vor herabfallenden Gegenständen, zugeführt werden. Aus diesem Grund darf in einem Bereich, der von einem nicht den Anforderungen entsprechenden Schutzgerüst abgesichert werden soll, nicht gearbeitet werden. Dass dies vorliegend der Fall war, wurde vom Aufsichtsorgan jedenfalls nicht festgestellt. Auch eine andere Art der "Benützung" des angesprochenen Fanggerüstes hat sich im Ermittlungsverfahren nicht ergeben. Im bloßen Vorhandensein des Gerüstes kann jedenfalls kein Benützen gesehen werden. Dass diese Rechtsauslegung im Fall eines Schutzgerüstes regelmäßig eine gleichzeitige Übertretung des § 87 Abs 2 BauV wegen mangelnder Sicherung bei Absturzgefahr zur Folge hätte, kann zu keiner anderen Auslegung der Vorschrift führen. Aufgrund der Konkurrenz dieser Bestimmungen wäre im Einzelfall nach § 22 VStG zu prüfen, ob eine Bestrafung nach beiden Vorschriften zulässig ist.

Nachdem das vorgeworfene "Verwenden", das heißt Benützen des Schutzgerüstes gemäß § 62 Abs 4 BauV vorliegend nicht festgestellt werden konnte, war das betreffende Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG mangels Tatbestandsmäßigkeit einzustellen.

Zur Strafhöhe:

§ 19 VStG lautet:

§ 19 (1) Grundlage für die Bemessung der Strafe sind die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

(2) Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Wegen der angelasteten Übertretung kann gemäß § 130 Abs 5 ASchG Geldstrafe von € 166,00 bis € 8.324,00, im Wiederholungsfall von € 333,00 bis € 16.659,00, verhängt werden.

Vorliegend war der erste Strafrahmen anzuwenden. Die Strafbehörde hat über den Beschuldigten zu Tatvorwurf Z 1. eine Geldstrafe von ca 20 % des Strafrahmens verhängt.

Übertretungen des § 87 Abs 2 BauV weisen grundsätzlich einen erheblichen Unrechtsgehalt auf, stehen sie doch regelmäßig in Verbindung mit einer erheblichen Gefährdung der Gesundheit und des Lebens von Arbeitnehmern. Auch gegenständlich war darauf hinzuweisen, dass ein Absturz aus einer Höhe von 9 - 12 m regelmäßig mit tödl

Quelle: Landesverwaltungsgericht Salzburg LVwg Salzburg, https://www.salzburg.gv.at/lvwg
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