TE Vwgh Erkenntnis 1991/12/20 90/17/0112

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Veröffentlicht am 20.12.1991
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Index

21/01 Handelsrecht;
21/03 GesmbH-Recht;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

GmbHG §15;
GmbHG §16;
GmbHG §18;
HGB §15;
VStG §9 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Kramer und Dr. Puck als Richter, im Beisein des Schriftführers Kommissär Dr. Lebloch, über die Beschwerde des D in M, vertreten durch Dr. F, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Kärnten vom 23. Jänner 1990, Zl. VAW-10/11/89, betreffend Übertretung des Glücksspielgesetzes, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.630,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Straferkenntnis des Magistrates der Landeshauptstadt Klagenfurt vom 19. Dezember 1988 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe als handelsrechtlicher Geschäftsführer und damit als zur Vertretung nach außen berufenes Organ (§ 9 Abs. 1 VStG 1950) der XY-GmbH im Standort NN, in dem im ersten Stock des Hauses eingerichteten Spielsalon mit der Bezeichnung "XY", wie durch Organe der Bundespolizeidirektion Klagenfurt anläßlich der am 28. Oktober 1988 um 18.15 und 20.00 Uhr sowie am 4. November 1988 um 22.40 Uhr und am 7. November 1988 um

13.30 Uhr durchgeführten Erhebungen festgestellt worden sei, 15 Glücksspielautomaten, davon 2 Automaten der Marke Admiral Poker, 4 Admiral 3000, 4 Royal, 1 Admiral Multi 5000, 3 Vicoma-Pokerautomaten und 1 Roulettetischglücksspielautomat mit der Bezeichnung Auto-Roulette-up to 8 coins on any bet, bei denen jeweils der Einwurf den Betrag von S 5,-- und der Gewinn den Betrag von S 100,-- übersteige, aufgestellt und betrieben und dadurch den Vorschriften über das Glücksspielmonopol zuwider mittels obangeführter Glücksspielautomaten Glücksspiele durchgeführt. Der Beschwerdeführer habe dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt: §§ 3 in Verbindung mit 5 Abs. 1, 4 Abs. 2 und 50 Abs. 1 des Glücksspielgesetzes. Wegen dieser Verwaltungsübertretung werde über den Beschwerdeführer gemäß § 50 Abs. 2 des Glücksspielgesetzes eine Geldstrafe von S 100.000,--, im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von zwei Wochen verhängt. Zugleich würden die insgesamt 15 oben bezeichneten Glücksspielautomaten für verfallen erklärt.

In der Begründung dieses Bescheides heißt es im wesentlichen, mit Bericht vom 10. November 1988 habe die Bundespolizeidirektion Klagenfurt dem Magistrat der Landeshauptstadt Klagenfurt zur Anzeige gebracht, daß im ersten Stock des Hauses NN, insgesamt 20 näher bezeichnete Spielautomaten aufgestellt seien und von der XY-GmbH, vertreten durch den Beschwerdeführer als Geschäftsführer, betrieben würden. Da der Beschwerdeführer den näher bezeichneten Ladungsbescheiden keine Folge geleistet habe und auch bis dato keine Rechtfertigung erfolgt sei, sei auf Grund der §§ 40 Abs. 1 und 2 sowie 41 Abs. 3 VStG 1950 das Strafverfahren ohne seine Anhörung durchzuführen gewesen. Zur ergänzenden Beurteilung des Sachverhaltes sei ein Ortsaugenschein im Spiellokal durchgeführt und zu diesem Augenschein der Sachverständige für Elektrotechnik der Abteilung 19 des Amtes der Kärntner Landesregierung, Ing. G, beigezogen worden. Es sei durch den Sachverständigen ein Befund aufgenommen und dabei auch festgestellt worden, daß bei den im Spruch angeführten Geräten zwar die S 5-Münzeinwurfschlitze, nicht aber die S 10-Einwurfschlitze verklebt gewesen seien. Im technischen Gutachten des Amtssachverständigen werde ausgeführt, daß die Geräte Admiral Poker, Admiral 3000, Royal, Admiral Multi 5000, Vicoma-Poker und Auto-Roulette-up to 8 coins on any bet nach Einwurf von Geld die Entscheidung über Gewinn und Verlust selbsttätig herbeiführten und auch den Gewinn selbsttätig ausfolgten, wobei der Einwurf jeweils S 10,-- betrage und bei den drei Geräten der Marke Vicoma sogar ein maximaler Einsatz pro Spiel von 4 x S 5,-- vorgesehen sei. Der Gewinn übersteige bei allen Spielautomaten den Betrag von S 100,--. Es handle sich daher bei diesen Geräten um Glücksspielautomaten. Drei weitere elektronische Poker-Automaten der Marke Challenger unterlägen nicht dem Glücksspielgesetz. Die Spielapparate Joker 2500 Poker und die beiden Geräte Joker 40000 Poker seien nicht als Glücksspielautomaten, sondern als Glücksspielapparate einzustufen.

Weiters führte die Behörde erster Instanz nach Hinweis auf die Bestimmungen des § 2 Abs. 3, des § 3 sowie der §§ 4 Abs. 2 und 5 Abs. 1 des Glücksspielgesetzes 1962 aus, sämtliche im Spruch angeführten Geräte seien als dem Glücksspielmonopol unterliegende Ausspielungen mittels Glücksspielautomaten zu qualifizieren. Bei den dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Übertretungen handle es sich um ein fortgesetztes Delikt. Die verhängte Strafe sei angemessen. Der Ausspruch über den Verfall stütze sich auf § 50 Abs. 3 Glücksspielgesetz.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer Berufung und brachte darin, soweit für vorliegendes Verfahren noch von Bedeutung, im wesentlichen vor, er sei seit 21. Oktober 1988 nicht mehr handelsrechtlicher Geschäftsführer der Firma XY-GmbH. Die verfahrensgegenständlichen Geräte seien keine Glücksspielautomaten gemäß § 2 Abs. 3 Glücksspielgesetz, weil die Entscheidung über Gewinn und Verlust vom Apparat nicht selbständig ausgeübt werde, sondern vom Ingangsetzen des Zufallgenerators durch den Spieler abhängig sei. Auch die Ausfolgung des Gewinnes geschehe nicht selbsttätig, sondern nur über Verlangen des Spielers. Im übrigen werde das Glücksspiel weder vom Beschwerdeführer noch von der XYZ-GmbH noch von den Eigentümern der Automaten oder deren Aufstellern betrieben, sondern lediglich vom jeweiligen Gast, der den Automaten in Gang setze.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid gab der Landeshauptmann von Kärnten der Berufung keine Folge und bestätigte das angefochtene Straferkenntnis sowie den unter einem ausgesprochenen Verfall. Dies im wesentlichen mit der Begründung, aus der von der belangten Behörde angeforderten Abschrift aus dem Handelsregister des Landesgerichtes Salzburg gehe zweifelsfrei hervor, daß die Löschung des Beschwerdeführers als handelsrechtlichen Geschäftsführers erst mit 21. Dezember 1988 durchgeführt worden sei. Dies bedeute, daß der Beschwerdeführer während des gesamten ihm zur Last gelegten Zeitraumes der Verwaltungsübertretung ein zur Vertretung nach außen berufenes Organ (§ 9 Abs. 1 VStG 1950) der XY-GmbH gewesen sei. Aufgrund der Sach- und Rechtslage stehe fest, daß es sich bei den gegenständlichen Geräten um Spielautomaten im Sinne des § 2 Abs. 3 Glücksspielgesetz handle. Unzutreffend sei die Auffassung des Beschwerdeführers, daß eine Ausspielung nur dann stattfinde, wenn sich eine Mehrzahl von Spielern an einem Spiel beteilige. Für das Automatencasino mit dem oben genannten Standplatz sei von der XY-GmbH öffentlich unter in Aussichtstellung eines Gewinnes geworben worden. Personen, die zu Spielen beabsichtigt hätten, hätten einen Einsatz in unterschiedlicher Höhe zu leisten gehabt, der in einem Kausalzusammenhang mit den Gewinnmöglichkeiten gestanden sei. Für die im Spruch des Straferkenntnisses erster Instanz angeführten Automaten sei sowohl der Einsatz als auch die Gewinnmöglichkeit über der im § 4 Abs. 2 leg. cit. normierten Bagatellgrenze gelegen. Daraus ergebe sich, daß im Automatencasino vom Beschwerdeführer Glücksspiele in der Form von Ausspielungen durchgeführt worden seien. Zu den (oben wiedergegebenen) Berufungseinwänden sei zu sagen, daß der vom § 2 Abs. 1 leg. cit. unter Strafandrohung gestellte Tatbestand nicht darin bestehe, Glücksspielautomaten in Betrieb zu setzen, sondern Ausspielungen durchzuführen. Die verhängte Strafe sei angemessen. Der Verfall sei zwingend auszusprechen gewesen. Die für verfallen erklärten Geräte seien Eigentum einer näher bezeichneten GesmbH. gewesen; diese habe gewußt oder zumindest wissen müssen, daß die Geräte zur Begehung einer mit Verfall bedrohten Verwaltungsübertretung hätten dienen sollen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Darin wird der Beschwerdepunkt wie folgt bezeichnet:

"Durch den angefochtenen Bescheid wurde mir zu Unrecht die Verletzung von Gesetzesnormen im Zusammenhang mit dem Glücksspielgesetz zur Last gelegt bzw. über mich eine Geldstrafe verhängt, die weder dem Schuldgehalt der Tat entspricht noch mit den Milderungs- und Erschwerungsgründen in Einklang zu bringen ist."

Der Beschwerdeführer beantragt, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, verzichtete jedoch auf die Erstattung einer Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die wesentlichen Bestimmungen des im Beschwerdefall noch anzuwendenden Glücksspielgesetzes, BGBl. Nr. 169/1962, in der hier anzuwendenden Fassung der Glücksspielgesetz-Novelle 1976, BGBl. Nr. 626, lauten:

"§ 1. (1) Glücksspiele im Sinne dieses Bundesgesetzes sind Spiele, bei denen Gewinn und Verlust ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängen.

...

§ 2. (1) Ausspielungen sind Glücksspiele, bei denen der Unternehmer (Veranstalter) den Spielern für eine vermögensrechtliche Leistung eine Gegenleistung in Aussicht stellt.

(2) Eine Ausspielung mittels eines Glücksspielapparates liegt vor, wenn die Entscheidung über Gewinn und Verlust durch eine mechanische oder elektronische Vorrichtung herbeigeführt wird.

(3) Ein Glücksspielautomat ist ein Glücksspielapparat, der nach Einwurf von Geld- oder Spielmarken die Entscheidung über Gewinn und Verlust selbsttätig herbeiführt oder der den Gewinn selbsttätig ausfolgt.

§ 3. Das Recht zur Durchführung von Glücksspielen, insbesondere aller Arten von Ausspielungen, wie Lotto und Toto, Klassenlotterie, sonstige Lotterien, Roulette und rouletteähnliche Spiele, Tombolaspiele, Glückshäfen und Juxausspielungen, sowie das Recht zum Betrieb von Spielbanken ist, soweit in diesem Bundesgesetz nichts anderes bestimmt wird, dem Bund vorbehalten (Glücksspielmonopol).

...

§ 50. (1) Des Eingriffes in das Glücksspielmonopol macht sich schuldig, wer

1. den Vorschriften über das Glücksspielmonopol zuwider ein Glücksspiel durchführt ...

...

(3) Gegenstände, mit deren Hilfe in das Glücksspielmonopol eingegriffen wurde, unterliegen dem Verfall."

In seiner Verfahrensrüge bringt der Beschwerdeführer vor, dem angefochtenen Bescheid ermangle es an jedweder Feststellung darüber, aus welchem konkret festgestellten technischen Grund die gegenständlichen Apparate Glücksspielapparate (gemeint offenbar: Glücksspielautomaten) sein sollten. Insbesondere hätte die Behörde festzustellen gehabt, auf Grund welchen technischen Vorganges das Zufallselement oder das Geschicklichkeitselement überwiege. Die Behörde habe nicht einmal festgestellt, welche Tätigkeiten ein Anwender des Apparates konkret auszuführen habe und ob diese Tätigkeiten nur ein zufälliges Resultat zeigten oder ob es bzw. inwieweit es hier auf die Geschicklichkeit des Anwenders ankomme. Der Beschwerdeführer halte ausdrücklich fest, daß das Geschicklichkeitselement bei weitem überwiege (weit mehr als 50 %).

Diesem Vorbringen ist entgegenzuhalten, daß es dem im verwaltungsgerichtlichen Verfahren herrschenden, aus § 41 VwGG abzuleitenden Neuerungsverbot widerspricht. Der Beschwerdeführer hat auf Verwaltungsebene niemals behauptet, daß es sich bei den gegenständlichen Apparaten (Automaten) um Geschicklichkeitsapparate handle, bei denen Gewinn und Verlust nicht ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhinge. In Ermangelung eines solchen Vorbringens oder sonstiger in diese Richtung zielender Umstände durfte die Behörde erster Instanz (und mit ihr die belangte Behörde) vom Gutachten des Amtssachverständigen ausgehen, wonach bei den verfahrensgegenständlichen Apparaten Gewinn und Verlust ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängen.

Im Recht ist der Beschwerdeführer freilich, wenn er darauf verweist, daß die belangte Behörde seine Behauptung, er sei seit 21. Oktober 1988 nicht mehr handelsrechtlicher Geschäftsführer der wiederholt genannten Ges.m.b.H., unter Hinweis auf die zitierte Handelsregistereintragung ungeprüft ließ. Zutreffend verweist der Beschwerdeführer auf das hg. Erkenntnis vom 5. Juni 1984, Zl. 84/04/0037, 0043, Slg. Nr. 11.460/A. Dort hat der Verwaltungsgerichtshof unter Hinweis auf seine Rechtsprechung und jene des Obersten Gerichtshofes dargetan, daß die ordnungsgemäße Bestellung und Abberufung der Geschäftsführer einer Ges.m.b.H. sofort wirksam und von der Eintragung im Handelsregister unabhängig ist. Einer Person kann daher trotz anderslautendem Registerstand die Geschäftsführereigenschaft fehlen. Der Verwaltungsgerichtshof hat dort weiters ausgesprochen, daß sich die damals belangte Behörde nicht mit dem bloßen Hinweis darauf begnügen durfte, der damalige Beschwerdeführer sei deshalb als das gemäß § 9 VStG 1950 zur Vertretung nach außen berufene Organ der betreffenden Ges.m.b.H. zur jeweiligen Tatzeit anzusehen, weil er zu diesen Zeitpunkten im Handelsregister als Geschäftsführer derselben eingetragen war. Der Verwaltungsgerichtshof sieht keinen Anlaß, von dieser Rechtsprechung abzugehen.

Da die belangte Behörde daher in dieser Hinsicht die Rechtslage verkannte und keine Feststellungen über die Berufungsbehauptung des Beschwerdeführers traf, er sei seit 21. Oktober 1988 nicht mehr handelsrechtlicher Geschäftsführer der Firma XY-GmbH gewesen, hat sie ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet. Dies mußte gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG zu dessen Aufhebung - und zwar wegen seines inhaltlich untrennbaren Zusammenhanges zur Gänze - führen, ohne daß auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen war.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich im Rahmen des vom Beschwerdeführer gestellten Begehrens auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991, insbesondere auch auf deren Artikel III Abs. 2.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1990170112.X00

Im RIS seit

20.12.1991
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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