TE Vwgh Erkenntnis 2014/12/17 2012/06/0109

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Veröffentlicht am 17.12.2014
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Index

L85001 Straßen Burgenland;
20/13 Sonstiges allgemeines Privatrecht;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §52;
AVG §74 Abs1;
EisbEG 1954 §44 Abs1;
EisbEG 1954 §44 Abs2;
EisbEG 1954 §44;
EisbEG 1954 §7 Abs3;
LStG Bgld 2005 §28;
LStG Bgld 2005 §30 Abs1;
LStG Bgld 2005 §4 Abs5;
LStG Bgld 2005 §4 Abs6;
LStG Bgld 2005 §43 Abs3 litc;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pallitsch und die Hofrätin Dr. Bayjones, den Hofrat Dr. Moritz, die Hofrätin Mag.a Merl und den Hofrat Mag. Haunold als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Lehner, über die Beschwerde 1. der A und 2. der B, beide in E, beide vertreten durch Dr. Lorenz Edgar Riegler, Rechtsanwalt in 1070 Wien, Mariahilfer Straße 124/15, gegen den Bescheid der Burgenländischen Landesregierung vom 14. Mai 2012, Zl. 5-V-A8809/61-2012, betreffend Ersatz von Verfahrenskosten (mitbeteiligte Partei: Land Burgenland), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird im Umfang der Anfechtung (soweit das Kostenmehrbegehren als unbegründet abgewiesen wurde) wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Burgenland hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Schreiben vom 3. November 2011 wurde seitens der Beschwerdeführerinnen in einem Enteignungsverfahren nach dem Burgenländischen Straßengesetz 2005 (StrG) auf der Bemessungsgrundlage von EUR 171.884,65 folgendes Kostenverzeichnis gelegt:

"Datum

Leistung

Verdienst

Barauslagen

10.06.2011

Einwendungen, TP3A
100 % Einheitssatz

861,30
861,30

 

14.06.2011

Mündliche Verhandlung, TP3A, 12/2
100 % Einheitssatz

3.014,70

3.014,70

 

12.07.2011

Aufgetragene Äußerung, TP3A
50 % Einheitssatz

861,30
430,65

 

15.07.2011

Mündliche Verhandlung, TP3A, 12/2 100 % Einheitssatz

3.014,70
3.014,70

 

29.09.2011

Aufgetragene Äußerung , TP3A
50 % Einheitssatz

861,30
430,65

 

31.10.2011

Aufgetragener Schriftsatz , TP3A
50 % Einheitssatz

861,30
430,65

 

31.10.2011

SV-Gebühren in Geo Dr. L

8.634,80

 

31.10.2011

SV-Gebühren RaumUmwelt
DI M

18.745,67

 

 

 

 

Kostensumme

45.037,72

 

 

 

20 % Umsatzsteuer von 45.037,72

9.077,54

 

 

 

Gesamtsumme

54.115,26"

 

Diesem Kostenverzeichnis lag in Bezug auf den Privatsachverständigen Dr. L dessen Kostennote vom 31. Oktober 2011 zugrunde. Dr. L hatte die "Fachliche Stellungnahme" vom 22. September 2011 abgegeben, die von den Beschwerdeführern der Enteignungsbehörde vorgelegt worden war. Diese betraf Fragen der Auswirkungen des Straßenbauprojektes auf Wässer. Zu eben diesem Themenkreis erstattete Dr. L auch eine ebenfalls der belangten Behörde als Enteignungsbehörde vorgelegte Stellungnahme vom 25. Oktober 2011.

Dem von den Beschwerdeführern vorgelegten Kostenverzeichnis lagen ferner Kostennoten des Privatsachverständigen DI M vom 12. Juli 2011, vom 21. Juli 2011, vom 17. Oktober 2011 und vom 2. November 2011 zugrunde. DI M hatte das "Straßenplanerische Kurzgutachten" vom 21. Juli 2011 erstellt zur Frage der Entsprechung des Detailprojektes 2011 mit der Verordnung des Trassenverlaufes sowie zur Frage der Begründung des öffentlichen Interesses, ferner das "Straßenplanerische Kurzgutachten III" vom 28. September 2011 zur Dokumentation des öffentlichen Interesses sowie das "Straßenplanerische Kurzgutachten IV" vom 27. Oktober 2011 zur Übertragung der Ergebnisse der Nutzen-Kosten-Untersuchung des Schnellstraßenprojektes S 31 auf das Landesstraßenprojekt B 50. Diese Unterlagen waren von den Beschwerdeführern der Enteignungsbehörde vorgelegt worden.

Mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid wurde die Höhe des Anspruches der Beschwerdeführer auf Ersatz der Kosten ihrer anwaltlichen Vertretung mit EUR 20.671,92 inklusive 20 % Umsatzsteuer bestimmt. Das Kostenmehrbegehren wurde als unbegründet abgewiesen. Gestützt wurde diese Entscheidung auf § 30 BSG sowie auf § 44 des Eisenbahn-Enteignungsentschädigungsgesetzes (EisbEG), BGBl. Nr. 71/1954 idF BGBl. I Nr. 112/2003.

Die geltend gemachten Kosten für die anwaltliche Vertretung wurden nach der Bescheidbegründung zur Gänze anerkannt. Das Kostenersatzbegehren betreffend die Privatsachverständigen wurde abgelehnt, weil DI M Fragestellungen beurteilt habe, die nicht das eigentliche Enteignungsverfahren betroffen hätten. Dass der Umweltbericht fehlerhaft gewesen sei oder die Variantenauswahl bei der Trassenfindung sowie die Nutzen-Kosten-Untersuchung nicht ausreichend oder nicht von der S 31 auf die B 50 übertragbar gewesen seien, bezöge sich auf das Trassenverordnungsverfahren. Ferner habe sich der Sachverständige auf Angelegenheiten des Umweltverträglichkeitsprüfungsverfahrens und des naturschutzrechtlichen Verfahrens bezogen. Weiters habe DI M erörtert, dass das Detailprojekt 2011 nicht dem der Trassenverordnung zugrundeliegenden Projekt entsprochen habe. Dies sei aber schon vom behördlich bestellten Sachverständigen DI P in den Verhandlungen am 14. Juni 2011 und am 15. Juli 2011 behandelt worden. Der Privatsachverständige habe diesbezüglich keine anderen Aspekte aufgezeigt. Von ihm seien keine konkreten Lösungsvorschläge erstattet worden, wie z.B. unter Wahrung der Verkehrssicherheitsaspekte auch mit weniger Fremdgrund das Auslangen gefunden werden könnte. Die Ausführungen des Privatsachverständigen Dr. L hätten sich auf Auswirkungen des Straßenbauvorhabens auf Grund- und Oberflächenwässer bezogen und seien Stellungnahmen zu den Gutachten des wasserfachlichen Amtssachverständigen gewesen. Sie hätten sich nicht auf das eigentliche Enteignungsverfahren bezogen. Die Kosten für die Privatsachverständigen seien daher nicht zu ersetzen gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn, soweit die Kosten für die Privatsachverständigen nicht zugesprochen wurden, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Bemerkt wird, dass auf den vorliegenden, mit Ablauf des 31. Dezember 2013 beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Beschwerdefall nach § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG die bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Bestimmungen des VwGG weiter anzuwenden sind.

Im Wesentlichen führen die Beschwerdeführer aus, das BSG erkläre die Bestimmung des § 44 Abs. 1 EisbEG gerade nicht für anwendbar. Betreffend die Entschädigung gelte lediglich § 28 Abs. 1 BSG, der ausdrücklich vorsehe, dass alle durch die Enteignung verursachten vermögensrechtlichen Nachteile dem Enteigneten zu ersetzen seien. Die Sachverständigenkosten seien durch die Enteignung verursacht. Das StrG verweise auf das Eisenbahn-Enteignungsgesetz 1954 und nicht auf das Eisenbahn-Enteignungsentschädigungsgesetz. Das Eisenbahn-Enteignungsgesetz 1954 enthalte keinen § 44 Abs. 1, und es unterscheide nicht Kosten des Enteignungsverfahrens und des gerichtlichen Verfahrens. Es könne somit nicht damit argumentiert werden, dass § 44 Abs. 2 Eisenbahn-Enteignungsentschädigungsgesetz die Sachverständigenberatung nur in gerichtlichen Verfahren für ersatzpflichtig erkläre. Das Gesetz stelle auch nicht darauf ab, ob sämtliche Kosten notwendig gewesen seien, sondern nur darauf, ob sie auf einem ungerechtfertigten Einschreiten der Partei beruhten. Sollte sich daher herausstellen, dass die Einholung von nicht ganz so umfangreichen Sachverständigengutachten ausreichend gewesen wäre, könne den Enteignungsgegnern dennoch nicht unterstellt werden, dass die Sachverständigengutachten auf einem ungerechtfertigten Einschreiten beruhten. Auch § 44 Abs. 2 des Eisenbahn-Enteignungsentschädigungsgesetzes könne nicht unterstellt werden, dass die Sachverständigenberatung nur im gerichtlichen "Neufestsetzungsverfahren", nicht jedoch im Enteignungsverfahren zu ersetzen sei. Eine derartige Auffassung wäre verfassungs- und gleichheitswidrig. Eine sachliche Differenzierung zwischen diesen beiden Verfahren sei gerade nicht gerechtfertigt und würde auch dem allgemeinen Prinzip der Sparsamkeit und Effizienz widersprechen. Sie würde den Enteigneten geradezu dazu zwingen, ein Neufestsetzungsverfahren zu beantragen. Im Enteignungsverfahren, in dem ursprünglich die Entschädigungssumme festgelegt werde, würde kein Gegengutachten vorgelegt werden und weiters würde man den Rechtsschutz in einer das Eigentumsgrundrecht wesentlich tangierenden Weise einschränken. § 44 Abs. 2 Eisenbahn-Enteignungsentschädigungsgesetz sei vielmehr dahingehend zu lesen, dass dem Enteigneten selbst dann noch die Kosten einer Sachverständigenberatung zu ersetzen seien, wenn ihm bereits im Verwaltungsverfahren Kosten einer Sachverständigenberatung ersetzt worden seien. Der Amtssachverständige DI P sei befangen gewesen. Die Behörde hätte dies durch die Einholung eines neuerlichen Gutachtens eines unbefangenen Sachverständigen aufzugreifen gehabt. Da ein objektives Sachverständigengutachten nicht vorgelegen sei, seien die Beschwerdeführerinnen gezwungen gewesen, umfassende Privatsachverständigengutachten zur gleichen Thematik einzuholen. Von einem ungerechtfertigten Einschreiten könne somit in keiner Weise die Rede sein.

Die hier maßgebenden Bestimmungen des Burgenländischen Straßengesetzes 2005 (StrG) idF LGBl. Nr. 20/2007 lauten:

"§ 4

Einteilung und Erklärung von Straßen

...

(5) Landesstraßen B oder L sind solche, die durch Verordnung der Landesregierung zu solchen erklärt werden. Gemeindestraßen oder Güterwege sind solche, die durch Verordnung des Gemeinderates zu solchen erklärt werden.

(6) In einer solchen Verordnung ist der Verlauf der Straße durch Festlegung der Straßenachse zu bestimmen. Es können auch Straßen verordnet werden, deren Bau beabsichtigt, aber noch nicht durchgeführt ist. Bei der Übernahme einer bereits bestehenden Straße genügt es, deren Verlauf in den Grundzügen (Linienführung) zu beschreiben.

...

§ 6

Bestimmung des Straßenverlaufes

(1) Vor dem Bau einer neuen Straße und vor der Umlegung von Teilen einer bestehenden Straße, wenn dabei die Straßenachse von ihrem früheren Verlauf um mehr als 25 m abweicht, hat die Straßenverwaltung den Straßenverlauf nach den Erfordernissen des Verkehrs durch Festlegung der Straßenachse in horizontaler Lage planlich darzustellen und schriftlich zu erläutern. Hiebei ist auf die Bestimmungen der §§ 7 und 8, die Wirtschaftlichkeit des Bauvorhabens, den Denkmalschutz, den Naturschutz, die Umweltverträglichkeit, den Bergbau und die funktionelle Bedeutung des Straßenzuges Bedacht zu nehmen.

...

(4) Bei der Erklärung von Straßen zu Landesstraßen, Gemeindestraßen oder öffentlichen Güterwegen durch Verordnung gemäß § 4 Abs. 5 ist auf die Ergebnisse der Anhörung Bedacht zu nehmen. Subjektive Rechte werden dadurch nicht begründet.

§ 7

Grundsätze für den Bau und die Erhaltung von Straßen

(1) Straßen sind derart zu planen, zu bauen und zu erhalten, dass sie dem jeweiligen Stand der Technik entsprechend nach Maßgabe und bei Beachtung der straßenpolizeilichen und kraftfahrrechtlichen Vorschriften von allen Straßenbenützern unter Bedachtnahme auf die durch die Witterungsverhältnisse oder durch Elementarereignisse bestimmten Umstände ohne besondere Gefahr benützbar sind; hiebei sind auch die Interessen der Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs zu wahren.

(2) Bei Bauvorhaben ist in besonderer Weise auf die Wirtschaftlichkeit des Bauvorhabens, den Naturschutz, den Denkmalschutz, die Umweltverträglichkeit nach den Erfordernissen des Verkehrs und darüber hinaus auf die funktionelle Bedeutung des Straßenzuges Bedacht zu nehmen.

(2a) Planungen für Straßen sind, wenn die Voraussetzungen des § 10a des Burgenländischen Raumplanungsgesetzes sinngemäß vorliegen, einer Umweltprüfung nach den §§ 10a bis 10g des Burgenländischen Raumplanungsgesetzes und den dazu ergangenen Verordnungen zu unterziehen. Ein nochmaliges Anhörungsverfahren gemäß § 6 Abs. 2 kann in diesen Fällen entfallen. § 10a Abs. 6 des Burgenländischen Raumplanungsgesetzes gilt sinngemäß auch für Straßenbauvorhaben.

...

§ 27

Enteignung

(1) Für die Herstellung, Erhaltung und Umgestaltung von Straßen und deren Bestandteilen (§ 2) sowie aus Rücksichten auf die Verpflichtung zur Aufrechterhaltung der Verkehrsbeziehungen kann das Eigentum, die dauernde oder zeitweilige Einräumung, Einschränkung und Aufhebung von dinglichen und obligatorischen Rechten (insbesondere Nutzungs- und Bestandsrechten) an Liegenschaften im Wege der Enteignung in Anspruch genommen werden.

(2) Das gleiche gilt für Baulichkeiten und sonstige Anlagen, deren Entfernung sich aus Gründen der Verkehrssicherheit als notwendig erweist. Auch können zu diesem Zweck die für die Errichtung von Ablagerungsplätzen, Zufahrten, Bauhöfen, Ableitungsgräben und Sickergruben, Retentionsbecken, Bepflanzungen udgl. sowie die zur Aufrechterhaltung der Verkehrsbeziehungen (§ 16) erforderlichen Grundstücke durch Enteignung erworben werden.

§ 28

Entschädigung, Parteistellung

(1) Den Enteigneten gebührt für alle durch die Enteignung verursachten vermögensrechtlichen Nachteile Schadloshaltung (§ 1323 ABGB). Bei Bemessung der Entschädigung hat jedoch der Wert der besonderen Vorliebe und die Werterhöhung, die die Liegenschaft durch die straßenbauliche Maßnahme erfährt, außer Betracht zu bleiben. Hingegen ist auf die Verminderung des Wertes eines etwa verbleibenden Grundstücksrestes Rücksicht zu nehmen. Ist dieser Grundstücksrest unter Berücksichtigung seiner bisherigen Verwendung nicht mehr zweckmäßig nutzbar, so ist auf Verlangen des Eigentümers das ganze Grundstück einzulösen.

...

§ 30

Enteignungsverfahren

(1) Über die Notwendigkeit, den Gegenstand und Umfang der Enteignung entscheidet die Behörde unter sinngemäßer Anwendung des Eisenbahnenteignungsgesetzes 1954, wobei auch auf die Wirtschaftlichkeit der Bauausführung Rücksicht zu nehmen ist. Kommen hiebei Eisenbahngrundstücke in Betracht, so ist im Einvernehmen mit der Eisenbahnbehörde vorzugehen.

(2) Der Enteignungsbescheid hat eine Bestimmung über die Höhe der Entschädigung zu enthalten. Diese ist auf Grund der Schätzung eines beeideten unparteiischen Sachverständigen unter Beobachtung der in den §§ 4 bis 8 des Eisenbahnenteignungsgesetzes 1954 aufgestellten Grundsätzen zu ermitteln.

...

§ 43

Wirksamkeitsbeginn; Außerkrafttreten

von Rechtsvorschriften; Verweisungen

...

(3) Sofern auf Bundesgesetze verwiesen wird, gelten diese in folgender Fassung:

...

c) Eisenbahnenteignungsgesetz 1954, BGBl. Nr. 71/1954, zuletzt geändert durch das Gesetz BGBl. I Nr. 112/2003,

..."

Das Eisenbahnenteignungsgesetz 1954 erhielt mit der Novelle BGBl. I Nr. 112/2003 den Titel "Eisenbahn-Enteignungsentschädigungsgesetz - EisbEG".

In der Fassung des EisbEG BGBl. I Nr. 112/2003 lautet § 44 EisbEG:

"§ 44. (1) Die Kosten des Enteignungsverfahrens und der gerichtlichen Feststellung der Entschädigung sind, soweit sie nicht durch ein ungerechtfertigtes Einschreiten einer Partei hervorgerufen werden, vom Eisenbahnunternehmen zu bestreiten.

(2) Im gerichtlichen Verfahren zur Feststellung der Entschädigung hat der Enteignete auf der Grundlage des von ihm ersiegten Entschädigungsbetrages Anspruch auf Ersatz der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen, durch das Gerichtsverfahren verursachten Kosten seiner rechtsfreundlichen Vertretung und sachverständigen Beratung. Als ersiegter Entschädigungsbetrag ist die Differenz zwischen dem gerichtlich zugesprochenen Entschädigungsbetrag und jenem Betrag anzusehen, den der Enteignungswerber zu leisten offenkundig bereit war. § 41 Abs. 1 zweiter Satz, Abs. 2 und Abs. 3 ZPO ist anzuwenden."

Entgegen der Auffassung in der Beschwerde handelt es sich bei dem Eisenbahnenteignungsgesetz 1954 und bei dem Eisenbahn-Enteignungsentschädigungsgesetz nicht um zwei verschiedene Gesetze, sondern um dasselbe Gesetz, dessen Titel mit der Novelle BGBl. I Nr. 112/2003 neu gefasst wurde. Es trifft zwar zu, dass im StrG der neue Titel keine Berücksichtigung gefunden hat, auf Grund dessen § 43 Abs. 3 lit. c StrG steht aber eindeutig fest, dass auf das EisbEG idF BGBl. I Nr. 112/2003 verwiesen wird.

Da § 30 Abs. 1 StrG keine Bestimmungen des EisbEG von der sinngemäßen Anwendung ausschließt, gilt grundsätzlich auch § 44 EisbEG im Enteignungsverfahren nach diesem Gesetz (vgl. das hg. Erkenntnis vom 7. November 2013, Zl. 2010/06/0182, zur vergleichbaren Rechtslage nach dem Bundesstraßengesetz 1971). Auf Grund des § 43 Abs. 3 lit. c StrG ist das EisbEG im Übrigen in der Fassung BGBl. I Nr. 112/2003 anzuwenden, sodass spätere Änderungen des EisbEG nicht zum Tragen kommen. Dies gilt insbesondere für § 7 Abs. 3 EisbEG, der mit der Novelle BGBl. I Nr. 111/2010 neu geschaffen wurde und festlegt, dass der Enteignungsgegner im Enteignungsverfahren Anspruch auf Ersatz der zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendigen Kosten seiner rechtsfreundlichen Vertretung und sachverständigen Beratung hat.

Durch den Verweis auf das EisbEG enthält § 30 Abs. 1 StrG eine abweichende Bestimmung von dem Grundsatz, dass jeder Beteiligte die ihm im Verwaltungsverfahren erwachsenden Kosten selbst zu bestreiten hat (§ 74 Abs. 1 AVG). Es ist damit aber auch klargestellt, dass, entgegen der Auffassung in der Beschwerde, die Verfahrenskosten im Enteignungsverfahren nicht der Entschädigung gemäß § 28 StrG unterliegen. Das diesbezügliche Vorbringen geht daher ins Leere.

Im Übrigen bezieht sich die Regelung des § 30 Abs. 1 StrG lediglich auf das Enteignungsverfahren, nicht aber auf das von diesem zu unterscheidende Verfahren über die Höhe der Entschädigungssumme (vgl. das hg. Erkenntnis vom 9. März 1993, Zl. 91/06/0157) oder auf das ebenfalls vom Enteignungsverfahren zu unterscheidende straßenrechtliche Baubewilligungsverfahren (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 21. Mai 1996, Zl. 95/05/0121, und vom 14. Dezember 2004, Zl. 2004/05/0079, sowie das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 3. Oktober 2007, VfSlg. 18.239). Auch das Verfahren betreffend die Erlassung einer generellen Norm, nämlich wie hier der Trassenverordnung gemäß § 4 Abs. 5 und 6 StrG mit Verordnung der Landesregierung, LGBl. Nr. 25/2011, ist ein anderes Verfahren und von dem Enteignungsverfahren zu unterscheiden. Dabei verschlägt es nichts, wenn die Trassenverordnung bindend ist und im Enteignungsverfahren nicht mehr bestritten werden kann, dass die Voraussetzungen für diese Verordnung vorgelegen sind, dass also etwa die Straße nicht notwendig sei (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. Jänner 1992, Zl. 89/05/0152).

Zu bemerken ist ferner, dass keine Verfassungswidrigkeit dadurch vorliegt, dass der Verfahrenskostenersatz im Enteignungsverfahren und in anderen Verfahren, insbesondere auch im gerichtlichen Entschädigungsverfahren, unterschiedlich geregelt ist (vgl. das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 17. Juni 1998, VfSlg. 15.190, und das hg. Erkenntnis vom 23. Jänner 2013, Zl. 2011/10/0047; § 44 Abs. 2 EisbEG bezieht sich nur auf das gerichtliche Verfahren und kommt hier daher in verfassungskonformer Weise nicht zum Tragen, vgl. die hg. Erkenntnisse vom 3. Oktober 1996, Zl. 95/06/0246, und vom 2. Juni 2004, Zl. 2002/04/0028). Die diesbezüglichen verfassungsrechtlichen Bedenken der Beschwerdeführer gehen daher ins Leere.

Für den vorliegenden Fall steht somit fest, dass es lediglich um Kostenersatz im Zusammenhang mit der Frage der Notwendigkeit, des Gegenstandes und des Umfanges der Enteignung und allenfalls der Wirtschaftlichkeit der Bauausführung im Sinne des § 30 StrG gehen kann. Nicht strittig ist, dass auf Grund des § 44 Abs. 1 EisbEG auch Kosten der rechtsfreundlichen Vertretung zu ersetzen sind (vgl. das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 11. Februar 1993, Zl. 90/06/0211). Strittig ist aber, ob auch Kosten für Privatsachverständige zu ersetzen sind und gegebenenfalls in welchem Umfang.

Wie sich schon aus den vorstehenden Ausführungen ergibt, können auch derartige Kosten grundsätzlich Gegenstand eines allfälligen Kostenersatzes sein, wenn das Gutachten des Privatsachverständigen die Notwendigkeit, den Gegenstand und den Umfang der Enteignung und allenfalls die Wirtschaftlichkeit der Bauausführung im Sinne des § 30 Abs. 1 StrG zum Gegenstand hat. Behandelt das Gutachten andere Fragen, wie insbesondere jene der Entschädigung oder auch das Vorliegen der Voraussetzungen für die Trassenverordnung, dann sind auf Grund des § 30 Abs. 1 StrG iVm § 44 Abs. 1 EisbEG dafür entstandene Kosten jedenfalls nicht ersatzfähig (vgl. das zitierte hg. Erkenntnis vom 9. März 1993, Zl. 91/06/0157). Daran ändert es auch nichts, wenn das Privatsachverständigengutachten zur Entkräftung eines Gutachtens eines (eventuell) befangenen Amtssachverständigen zu diesem Thema verfasst wurde.

Im Übrigen ist aber davon auszugehen, dass von der Regelung des § 44 Abs. 1 EisbEG auch Kostenersatz für Aufwendungen für Privatsachverständige umfasst ist (vgl. in diesem Sinne bereits das hg. Erkenntnis vom 18. Oktober 1973, Zl. 279/73; dieses Erkenntnis hat zwar Sachverständigenkosten im Entschädigungsverfahren betroffen, seine Ausführungen zu § 44 EisbEG in der damaligen Fassung sind allerdings auch auf die hier gegenständliche Problematik übertragbar). Eine Einschränkung, wofür die konkreten Kosten angefallen sind, kennt § 44 Abs. 1 EisbEG nämlich schon seinem Wortlaut nach nur dahingehend, dass die Kosten nicht durch ein ungerechtfertigtes Einschreiten hervorgerufen werden, nicht aber in Bezug darauf, für welche Art von Parteihandlungen die Kosten angefallen sind.

Bei Privatsachverständigenkosten kommt es somit darauf an, ob im Sinne des § 44 Abs. 1 EisbEG ein ungerechtfertigtes Einschreiten der Partei diese Kosten hervorgerufen hat. Ein ungerechtfertigtes Einschreiten liegt dann vor, wenn es nach objektiven Maßstäben kein geeignetes Mittel für eine zweckdienliche Rechtsverfolgung sein kann (vgl. das zitierte hg. Erkenntnis vom 18. Oktober 1973). Jede Rechtshandlung des Enteignungsgegners ist gesondert darauf zu prüfen, ob beziehungsweise inwieweit ein ungerechtfertigtes Einschreiten iSd § 44 Abs. 1 EisbEG gegeben ist (vgl. das zitierte hg. Erkenntnis vom 21. Mai 1996, Zl. 95/05/0121, sowie das hg. Erkenntnis vom 29. Jänner 2008, Zl. 2006/05/0252). Ausgehend davon kann etwa ein Sachverständigengutachten dann kein geeignetes Mittel für eine zweckdienliche Rechtsverfolgung nach objektiven Maßstäben sein, wenn es etwa keine Fachfragen, sondern nur Fragen der allgemeinen Lebenserfahrung betrifft (vgl. zur Notwendigkeit eines Sachverständigengutachtens allgemein die hg. Rechtsprechung bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahren I, 2. Auflage, S. 801, E 17 f). Auch ein Gutachten eines für die Behandlung einer bestimmten Fachfrage nicht berufenen Sachverständigen würde keiner zweckdienlichen Rechtsverfolgung dienen. Entgegen der Auffassung der belangten Behörde in ihrer Gegenschrift ist aber ein Gegengutachten gegen ein Amtssachverständigengutachten keinesfalls als ungerechtfertigt anzusehen, bildet doch in der Regel ein solches Gegengutachten die einzige Möglichkeit, ein Sachverständigengutachten zu entkräften (vgl. die Judikaturnachweise bei Walter/Thienel, aaO, S. 837 unter E 239 zitierte hg. Rechtsprechung). Dabei verschlägt es nichts, wenn der Privatsachverständige zum selben Ergebnis wie der Amtssachverständige kommt, kann doch nicht von vornherein davon ausgegangen werden, dass dies der Fall ist, und würde bei einer solchen Auffassung daher eine sachlich nicht gerechtfertigte und gleichheitsrechtlich bedenkliche Vorgangsweise vorliegen. Hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang auch darauf, dass es ganz allgemein bei Kostenersätzen im Sinne des § 44 EisbEG gerade nicht darauf ankommt, ob die von der zu enteignenden Partei aufgewendeten Kosten letztlich zum Ziele geführt haben, ob also der Enteignungsantrag im Ergebnis ganz oder teilweise erfolgreich ist (vgl. z.B. das zitierte hg. Erkenntnis vom 7. November 2013, Zl. 2010/06/0182).

Für den vorliegenden Fall bedeutet dies nun, dass die Kosten des Privatsachverständigen Dr. L nicht zu ersetzen sind, weil sie nicht die Notwendigkeit, den Gegenstand oder den Umfang der Enteignung betreffen, ebenso nicht die Frage der Wirtschaftlichkeit der Bauausführung. Gleiches gilt für die Nutzen-Kosten-Untersuchung der Straße an sich sowie für das öffentliche Interesse an der Straße, weil diese Aspekte im Trassenverordnungsverfahren zu behandeln sind, nicht aber im Enteignungsverfahren. Die Kosten für die "Straßenplanerischen Kurzgutachten III und IV" des Privatsachverständigen DI M sind daher nicht zu ersetzen.

Anders verhält sich dies mit den Kosten für das "Straßenplanerische Kurzgutachten" des Privatsachverständigen DI M vom 21. Juli 2011, soweit dieses die Entsprechung des Detailprojektes mit der Verordnung des Trassenverlaufes betrifft, nicht hingegen, soweit auch in diesem Gutachten die Begründung des öffentlichen Interesses an der Straße untersucht wird. Die Kosten für das "Straßenplanerische Kurzgutachten" vom 21. Juli 2011, soweit es die Entsprechung des Detailprojektes mit der Verordnung des Trassenverlaufes zum Gegenstand hat, werden also zu ersetzen sein.

Angesichts der Unteilbarkeit des Spruches des in Beschwerde gezogenen Bescheides hinsichtlich der Abweisung des die Privatsachverständigenkosten betreffenden Mehrbegehrens war dieser somit im spruchgemäßen Umfang aus den dargestellten Gründen zur Gänze gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes zu beheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit § 79 Abs. 11 VwGG und § 3 der Verordnung BGBl. II Nr. 518/2013 idF Nr. 8/2014 in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 17. Dezember 2014

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2014:2012060109.X00

Im RIS seit

11.02.2015

Zuletzt aktualisiert am

02.10.2017
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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