TE Vwgh Erkenntnis 2014/12/19 Ro 2014/02/0087

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 19.12.2014
beobachten
merken

Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

VStG §44a Z1;
VStG §44a;
VStG §7;
VStG §9 Abs1;
VStG §9 Abs7;
VwGG §42 Abs2 Z1;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):Ro 2014/02/0088

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Beck, den Hofrat Mag. Dr. Köller und die Hofrätin Mag. Dr. Maurer-Kober als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Farcas-Hutchinson, über die Revisionen 1. der V GmbH in W (protokolliert zur hg. Zl. Ro 2014/02/0087) und 2. des Mag. S in L (protokolliert zur hg. Zl. Ro 2014/02/0088), beide vertreten durch AINEDTER & AINEDTER, Rechtsanwälte in 1020 Wien, Taborstraße 24A, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 16. Dezember 2013, Zl. UVS- 06/FM/9/6445/2012-20, betreffend Übertretung des Bankwesengesetzes und Haftung gemäß § 9 Abs. 7 VStG (weitere Partei: Bundesminister für Finanzen), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat den revisionswerbenden Parteien Aufwendungen in der Höhe von je EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde den Zweitrevisionswerber unter Herabsetzung der Geldstrafe von EUR 50.000,-- auf EUR 35.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 9 Tage statt 14 Tage) folgender Verwaltungsübertretung schuldig erkannt:

"Sie haben in Ihrer Funktion als Geschäftsführer der V ...Gesellschaft m.b.H. (erstrevisionswerbende Partei) gemäß § 9 Abs 1 VStG als zur Vertretung nach außen Verantwortlicher folgendes zu verantworten:

Die (erstrevisionswerbende Partei) hat jedenfalls im Zeitraum von 01.01.2011 bis zum 04.08.2011 fortgesetzt und gewerblich Kredite vermittelt und durch diese Kreditvermittlung andere gemäß § 7 VStG vorsätzlich dazu veranlasst, eine Verwaltungsübertretung zu begehen: Die (erstrevisionswerbende Partei) hat die jeweiligen Kreditgeber laut Aufstellung in Beilage 14 dazu veranlasst, ohne die erforderliche Berechtigung fortgesetzt gewerblich konzessionspflichtige Geschäfte nach § 1 Abs 1 Z 3 BWG (Kreditgeschäfte) in den in Beilage 14 aufgelisteten Fällen abzuschließen. Die (erstrevisionswerbende Partei) veranlasste den Abschluss der jeweiligen Kreditgeschäfte, obwohl die jeweiligen Kreditgeber offensichtlich nicht über die dafür erforderliche Berechtigung verfügten.

Dies erfolgte durch die folgende Vorgehensweise:

Sie (Zweitrevisionswerber) und ein weiterer Mitarbeiter der (erstrevisionswerbenden Partei), Herr K, sind im Namen der bzw. für die (erstrevisionswerbende Partei) aktiv an die in Beilage 14 - als Kreditgeber - genannten Personen herangetreten und haben ihnen eine 'Investitionsmöglichkeit' durch Kreditvergabe vorgeschlagen. Bei dieser 'Veranlagungsform' durch Kreditvergabe waren neben dem Betrag auch die Laufzeit und die Verzinsung variabel.

Im Anschluss an die diesbezügliche Beratung der potentiellen Kreditgeber bzw. an die Vorstellung des jeweiligen Angebotes wurde mit den einzelnen Kreditgebern ein Formular (bezeichnet mit Kreditvermittlungsauftrag des Darlehensgebers) ausgefüllt, wobei jeweils der Name, die Anschrift und der zu erlegende Gesamtbetrag einzutragen waren. Bei diesem Formular handelt es sich um die Auftragserteilung des jeweiligen Kreditgebers an die (zweitrevisionswerbende Partei), dem wörtlich zu entnehmen ist:

'Ich... erteile Herrn (Zweitrevisionswerber) den Auftrag, von dem von mir zu erlegenden Gesamtbetrag von EUR ... Kreditverträge-mit privaten Schuldnern zu vermitteln wobei, der Inhalt des Kreditvertrages eine ...%ige kontokorrentmäßige Verzinsung bei jährlicher Zinsenzahlung und maximaler Laufzeit von ... Jahren, sowie vorzeitiger Rückzahlungsmöglichkeit oder Teilrückzahlungsmöglichkeit der Schuldner beinhalten muss. Ich ermächtige Sie, die von mir unterfertigten Kreditverträge im Sinne des obigen Auftrages zu ergänzen. Es ist mir innerhalb von 14 Tagen nach Vermittlung des jeweiligen Kreditantrages Name und Anschrift der Schuldner und Kreditvaluta bekanntzugeben.'

Zinssätze und Laufzeit waren bereits im Formular(vordruck) enthalten. Den Kreditgebern waren und sind die Kreditnehmer nicht persönlich bekannt, vielmehr wurden diese in weiterer Folge ausschließlich von der (erstrevisionswerbenden Partei) ausgewählt. Diese Aufträge zur Kreditvermittlung an die (erstrevisionswerbende Partei) sind nicht etwa auf (zeitlich vorgelagerte) Entschlüsse der Kreditgeber, gewerblich Kreditgeschäfte betreiben zu wollen, zurückzuführen, sondern auf die der (erstrevisionswerbenden Partei) zurechenbaren Vermittlungshandlungen, bei denen den Kreditgebern ein 'gutes-Angebot' bzw. eine Veranlagungsform für Geld zu evident besseren Konditionen als bei einem Bank-konto angepriesen wurde. Diese Vermittlungshandlungen waren kausal für die Kreditvergaben bzw. für den Entschluss der jeweiligen Kreditgeber die gegenständlichen Kredite zu vergeben und damit für den Abschluss und den Betrieb der unerlaubten gewerblichen Kreditgeschäfte.

Die Vermittlungs- bzw. Veranlassungshandlungen sind der (erstrevisionswerbenden Partei) zuzurechnen, zumal die gegenständlichen Kreditgeschäfte im Namen der bzw. für die (erstrevisionswerbende Partei) und damit durch diese vermittelt wurden.

Sämtliche der Vermittlungs- bzw. Veranlassungshandlungen waren von dem einheitlichen Entschluss getragen, die Kreditgeber fortgesetzt vorsätzlich zur Begehung der gegenständlichen Verwaltungsübertretungen zu veranlassen und bilden somit eine einzige strafbare Handlung.

Die Kreditvermittlung durch die (erstrevisionswerbende Partei) selbst diente ebenfalls der Erzielung von Einnahmen durch die Geschäftstätigkeit und erfolgte somit gewerblich im Sinne des BWG.

Sie haben sowohl die Begehung der gegenständlichen Verwaltungsübertretungen durch die jeweiligen Kreditgeber, als auch die fortgesetzte gewerbliche Veranlassung der Kreditgeber zur Begehung der Verwaltungsübertretungen durch die (erstrevisionswerbende Partei) (zumindest) ernstlich für möglich gehalten und billigend in Kauf genommen und daher zu verantworten.

Die genannte Beilage bildet einen integrierten Bestandteil des Straferkenntnisses.

Wegen Übertretung der §§ 98 Abs. 1, 4 Abs. 1, 1 Abs. 1 Z 3 BWG iVm §§ 7 1. Fall, 9 Abs. 1 VStG wurde deswegen über den (Zweitrevisionswerber) gemäß § 98 Abs. 1 BWG (BGBl. Nr. 532/1993 in der Fassung BGBl. I Nr. 72/2010) iVm §§ 16, 19, 44a VStG eine Geldstrafe von 50.000,-- Euro, Ersatzfreiheitsstrafe im Uneinbringlichkeitsfall von 14 Tagen, verhängt und wurde ihm gemäß § 64 VStG auch ein entsprechender Verfahrenskostenbeitrag von 5.000,-- vorgeschrieben.

Zudem wurde die Haftung der (erstrevisionswerbenden Partei) gemäß § 9 Abs 7 VStG für die über den Beschuldigten verhängte Geldstrafe und die Verfahrenskosten zur ungeteilten Hand ausgesprochen."

In der Begründung gab die belangte Behörde den Gang des Verwaltungsstrafverfahrens, den Inhalt der Berufung sowie die Angaben in der Berufungsverhandlung wieder und traf nach Darstellung der Rechtslage folgende Feststellungen:

"Der (Zweitrevisionswerber) war zur fraglichen Zeit handelsrechtlicher Geschäftsführer der (erstrevisionswerbenden Partei) sowie Alleingesellschafter dieser in Wien situierten Kapitalgesellschaft, welche über diverse Gewerbeberechtigungen (Versicherungsvermittlung in der Form Versicherungsmakler und Berater in Versicherungsangelegenheiten, Gewerbliche Vermögensberatung mit Berechtigung zur Vermittlung von Lebens- und Unfallversicherungen in der Form Versicherungsmakler und Berater in Versicherungsangelegenheiten) verfügt (hat). Der Genannte, der schon jahrelang u.a. im Bereich der Vermittlung von Krediten unter Privatpersonen tätig gewesen ist, wurde in diesem Zusammenhang bereits zweimal wegen des Betriebs unerlaubter Bankgeschäfte rechtskräftig bestraft.

Im Rahmen eines Gesamtkonzeptes wurde im verfahrensrelevanten, im Spruch des bekämpften Straferkenntnisses umschriebenen Zeitraum von Seiten der (erstrevisionswerbenden Partei) fortgesetzt Kredite in der Weise vermittelt, dass die laut Beilage 14 d. A. in Rede stehenden Kreditgeber (29 an der Zahl) vorsätzlich dazu veranlasst wurden, trotz fehlender Konzession der FMA gewerblich (insgesamt 174) Geldkreditverträge abzuschließen und Gelddarlehen zu gewähren.

Die jeweiligen Kreditgeber haben den von der (erstrevisionswerbenden Partei) ausgewählten und vermittelten Kreditnehmern die jeweiligen Geldbeträge verzinst und für eine bestimmte Laufzeit zur Verfügung gestellt. Am Ende der Laufzeit besteht eine Verpflichtung der Kreditnehmer, die jeweiligen Geldbeträge zurückzubezahlen. Die genannten Kreditverträge kamen durch Konsens der Vertragsparteien zustande.

Die Vermittlung erfolgte durch die (erstrevisionswerbende Partei) (in der Person des (Zweitrevisionswerbers) persönlich oder durch Herrn K (Mitarbeiter der (erstrevisionswerbende Partei)), die initiativ und aktiv an die jeweiligen Kreditgeber herangetreten ist und die Kreditvergabe vorgeschlagen hat. Im Anschluss an eine diesbezügliche Beratung bzw. an die Vorstellung des Geschäftsmodells erfolgte die Auftragserteilung der Kreditgeber an die (erstrevisionswerbende Partei) zur Vermittlung von Kreditverträgen mit privaten Schuldnern, in der auf den Gesamtbetrag für die zu vermittelnden Kredite sowie auf Laufzeit, Rückzahlung und Verzinsung Bezug genommen wurde (vgl. dazu etwa Beilage 7 d.A.). Die Kreditnehmer waren den Kreditgebern zunächst nicht persönlich bekannt, sondern wurden von der (erstrevisionswerbenden Partei) ausgewählt. In der Folge wurden die die einzelnen konkreten Kreditgeschäfte betreffenden Anbots- und Annahmeformblätter, aus denen Kreditvaluta, Laufzeit, Rückzahlungsverpflichtung und Verzinsung sowie die Namen der Vertragsparteien ersichtlich sind, unterfertigt. Die jeweiligen Geldbeträge wurden zugunsten der Kreditnehmer transferiert. Auf die von der Erstbehörde dargestellte Illustration von Fällen (Seite 5f des Straferkenntnisses) wird an dieser Stelle ausdrücklich verwiesen.

Sowohl die Kreditgeber als auch die Kreditnehmer stammten aus dem Kundenstock der (erstrevisionswerbenden Partei). Das Geschäftsmodell dieser Kapitalgesellschaft im gegenständlichen Kontext diente sowohl als 'Serviceleistung' für die Kreditgeber, denen eine lukrative 'Veranlagungsmöglichkeit' angepriesen wurde als auch u.a. dazu, finanziell beengten Kreditnehmern einen Zugang zu (weiteren) Krediten zu verschaffen. Dieses 'Kreditvermittlungsmodell' der (erstrevisionswerbenden Partei) war darauf ausgerichtet, bei potentiellen Kreditgebern den Entschluss reifen zu lassen, gewerblich eine Mehrzahl von verzinsten Krediten an ihnen persönlich unbekannte Kreditnehmer zu vergeben, wobei (ausschließlich) die (erstrevisionswerbende Partei) bzw. der (Zweitrevisionswerber) bei der Vermittlung der Kreditgeschäfte eingebunden war und auf Seiten der (erstrevisionswerbenden Partei) bekannt war, dass keiner der Kreditgeber über eine Konzession der FMA für Kreditgeschäfte verfügte."

In der rechtlichen Beurteilung führte die belangte Behörde aus, dass die von Seiten der zweitrevisionswerbenden Partei iniziierten Kreditgeschäfte auf Seiten der Kreditgeber mit Einnahmenerzielungsabsicht abgeschlossen worden seien. Dass dabei auf Seiten der Kreditgeber nur eine einmalige oder gelegentliche Tätigkeit ins Auge gefasst worden sei, sei nicht anzunehmen gewesen, wie bei einem Gutteil der Kreditgeber durch wiederholte Kreditvergaben bereits innerhalb einer relativ kurzen Zeitspanne evident gewesen sei. Selbst beim anderen Teil der Kreditgeber, der etwa nur zwei oder drei derartige Kreditvergaben durchgeführt habe, könne aufgrund der Begleitumstände auf die Wiederholungsabsicht geschlossen werden. Es sei nicht hervorgekommen, dass gerade diese Kreditgeber keine Absicht hätten, eine nachhaltige Tätigkeit zu entfalten. Sämtliche Kreditgeber seien auch bescheidmäßig als unmittelbare Täter schuldig gesprochen worden. Zu den Kreditnehmern sei keine Nahebeziehung vorgelegen, diese seien den Kreditgebern unbekannt gewesen. Aus den Akten betreffend die Strafverfahren gegen die verfahrensgegenständlichen Kreditgeber ergebe sich das Bild, dass dem jeweiligen Kreditgeber regelmäßig mehr als ein Kreditnehmer, sogar bis zu 34 verschiedene Kreditnehmer gegenübergestanden und die Kreditvergaben prinzipiell nicht als Anschlussgeschäfte erfolgt seien, sondern Neuvergaben bereits während des Anfangsstadiums der grundsätzlich langen bis sehr langen Laufzeiten bereits erfolgter Kreditvergaben getätigt worden seien. Seitens der Kreditgeber liege weitgehend eine wiederholte Tätigkeit vor, die auf die Erzielung eines Gewinnes gerichtet gewesen sei und die durchwegs für eine mehrjährige Zeitspanne regelmäßige Einnahmen aus dem Zinsgewinn versprochen habe. Es handle sich um wirtschaftliche Tätigkeiten, die über eine private Vermögensverwaltung der einzelnen Kreditgeber hinausgingen. Die verfahrensgegenständlichen Kreditgeschäfte seien somit gewerblich im Sinne des § 1 Abs. 1 BWG erbracht worden. Damit lägen Bankgeschäfte im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 3 BWG vor, die mangels Konzession nach § 4 Abs. 1 BWG rechtswidrig gewesen seien. Die Kreditvergabe sei auf Veranlassung der erstrevisionswerbenden Partei, in der Person eines Mitarbeiters und des Zweitrevisionswerbers als Geschäftsführer erfolgt. Es folgten Ausführungen zur Strafbemessung.

Gegen diesen Bescheid haben die revisionswerbenden Parteien Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof erhoben, der ihre Behandlung mit Beschlüssen vom 20. Februar 2014, B 185/2014-6 und B 186/2014-6, abgelehnt und die Beschwerden dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten hat.

In den auftragsgemäß ergänzten - im Wesentlichen gleichlautenden - Revisionen machen die revisionswerbenden Parteien Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Das Verwaltungsgericht hat die Verfahrensakten vorgelegt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat die beiden Verfahren zur gemeinsamen Entscheidung verbunden und darüber erwogen:

Der angefochtene Bescheid wurde den revisionswerbenden Parteien am 23. Dezember 2013 zugestellt. Für die Behandlung der Revision gelten gemäß § 4 Abs. 5 VwGbk-ÜG die Bestimmungen des VwGG in der bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Fassung sinngemäß.

Gemäß § 9 Abs. 1 VStG ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte (Abs. 2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.

Dem Zweitrevisionswerber wurde gemäß § 9 Abs. 1 VStG als Geschäftsführer der erstrevisionswerbenden Partei wegen Anstiftung Dritter durch die erstrevisionswerbende Partei zur konzessionslosen gewerblichen Kreditvergabe bestraft.

§ 7 VStG lautet:

"Wer vorsätzlich veranlasst, dass ein anderer eine Verwaltungsübertretung begeht, oder wer vorsätzlich einem anderen die Begehung einer Verwaltungsübertretung erleichtert, unterliegt der auf diese Übertretung gesetzten Strafe, und zwar auch dann, wenn der unmittelbare Täter selbst nicht strafbar ist."

Strafbare Anstiftung (§7 VStG) erfordert eine bewusste Einwirkung auf den Täter, die ihn zu seinem Verhalten veranlasst oder in seinem Verhalten bestärkt hat. Eine Anstiftung iSd § 7 VStG kann insbesondere durch Bitten, Befehlen, Anheimstellen, Überreden, Auffordern, Bedrängen, Beschenken, Bestechen, Loben, Versprechen, Drohung oder Ausübung sonstigen Druckes, Täuschung uä erfolgen. Eine "unschuldige" Frage, scheinbares Abraten, ein "Wetten, dass" uä kann genügen. Unter Umständen können auch andere zum Teil sehr subtile Formen der Einflussnahme auf einen anderen die Annahme von Bestimmungstäterschaft nahelegen, etwa der Appell an die "Loyalität" oder die bewusste Aktivierung des Vorausgehorsams, des Weiteren gezieltes Sticheln, Liebesentzug und andere "Strategien", um einen anderen, unter Umständen erst nach längerer Beeinflussung, allmählich "herumzukriegen"; dabei kommt es entscheidend auf die psychologische Gesamtsituation an. Auch eine verschlüsselte Aufforderung genügt (vgl. das Erkenntnis vom 27. Jänner 2012, Zl. 2010/02/0185). Der bedingte Vorsatz muss sich dem Wortlaut des § 7 VStG nach auf die Tätereigenschaft des unmittelbar Handelnden beziehen (vgl. das Erkenntnis vom 10. September 2004, Zl. 2004/02/0193).

Die im Verwaltungsstrafverfahren an den Spruch gestellten Anforderungen regelt § 44a VStG, nach dem der Spruch, wenn er nicht auf Einstellung lautet, zu enthalten hat:

-1. die als erwiesen angenommene Tat;

2. die Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist;

3.

die verhängte Strafe und die angewendete Gesetzesbestimmung;

4.

den etwaigen Ausspruch über privatrechtliche Ansprüche;

5.

im Fall eines Straferkenntnisses die Entscheidung über die Kosten."

Nach der Rechtsprechung ist im Falle einer Anstiftung den Anforderungen des § 44a Z 1 VStG entsprechend im Spruch auch der unmittelbare Täter, also der Angestiftete, anzuführen (vgl. das Erkenntnis vom 19. Dezember 1997, Zl. 96/02/0594). Anstiftung und Beihilfe sind nämlich nur dann strafbar, wenn der unmittelbare Täter das Tatbild hergestellt hat, das der übertretenen Vorschrift entspricht, weshalb die Feststellung, wer der unmittelbare Täter ist, wesentlich ist (vgl. das Erkenntnis vom 28. Februar 2014, Zl. 2012/03/0167).

Im vorliegenden Fall wurde der Spruch der erstinstanzlichen Behörde von der belangten Behörde im Wesentlichen übernommen. Weder im Spruch des erstinstanzlichen Straferkenntnisses noch im Spruch des angefochtenen Bescheides wurden die unmittelbaren Täter genannt. Im Spruch wird diesbezüglich auf eine "Aufstellung in Beilage 14" verwiesen, die jedoch nach der Aktenlage keiner der beiden Entscheidungen angeschlossen ist. Zwar findet sich in einem mit den Verwaltungsakten vorgelegten Ordner mit Beilagen der erstinstanzlichen Behörde eine entsprechende Beilage 14, dieser Beilagenordner ist aber nicht Teil der angefochtenen Entscheidung.

Ergeben sich die unmittelbaren Täter nicht aus dem Text des Spruches, sondern wird nur auf eine nicht angeschlossene Beilage verwiesen, ist hinsichtlich der als erwiesen angenommenen Tat den durch die Rechtsprechung zu § 44a Z 1 VStG aufgestellten Anforderungen an den Spruch nicht Genüge getan. Das Fehlen der Nennung der unmittelbaren Täter könnte im vorliegenden Fall den Zweitrevisionswerber der Gefahr einer Doppelbestrafung aussetzen. Diese Gefahr besteht auch hinsichtlich der Tatzeit, die von der belangten Behörde mit einem Zeitraum festgesetzt wurde, ohne dass klar ist, ob sich der Zeitraum auf die Haupttaten oder die Anstiftungen bezieht, wobei beides zeitlich (einem Zeitpunkt) zuzuordnen wäre.

Der angefochtene Bescheid erweist sich noch aus einem anderen Grund als rechtswidrig:

Zwar sind alle Beteiligten einer Straftat (Haupttäter, Bestimmungstäter oder Beitragstäter) derselben Strafdrohung ausgesetzt; die unterschiedliche Täterschaftsform ist jedoch durch die individuelle Bewertung der einzelnen Beteiligungshandlung im Rahmen der Strafzumessung zu berücksichtigen (vgl. das Erkenntnis vom 29. November 2010, Zl. 2010/17/0130). Eine Person kann den Tatbestand einer Verwaltungsübertretung nur entweder als unmittelbarer Täter oder in der Begehungsform der Beihilfe begehen (vgl. das Erkenntnis vom 8. August 2008, Zl. 2006/09/0126). Ein und dieselbe Person kann nicht wegen derselben Tat gleichzeitig als unmittelbarer Täter und als Mitbeschuldigter bestraft werden (vgl. das Erkenntnis vom 28. September 1999, Zl. 99/05/0145).

Ist ein Beschuldigter zur Vertretung nach außen im Sinne des § 9 Abs. 1 VStG berufen, so kommt er als strafrechtlich Verantwortlicher im Sinne dieser Bestimmung, nicht aber auch noch zusätzlich als Anstifter im Sinne des § 7 VStG in Betracht (vgl. das Erkenntnis vom 21. Oktober 1992, 92/10/0111).

     Mit dem angefochtenen Bescheid ist der Zweitrevisionswerber

spruchgemäß als Geschäftsführer der erstrevisionswerbenden Partei

gemäß § 9 Abs. 1 VStG zur Verantwortung gezogen worden. Im Spruch

wird weiter ausgeführt, dass im Anschluss an die Beratung durch

den Zweitrevisionswerber "für die erstrevisionswerbende Partei"

von den einzelnen Kreditgebern ein Formular ausgefüllt worden sei,

bei dem es sich um die Auftragserteilung des jeweiligen

Kreditgebers an die (erstrevisionswerbende Partei) handle, dem

wörtlich zu entnehmen sei: "Ich erteile Herrn

(Zweitrevisionswerber) den Auftrag, von dem von mir zu erlegenden

Gesamtbetrag von EUR ... Kreditverträge mit privaten Schuldnern zu

vermitteln ... ".

Ein Hinweis darauf, dass der Zweitrevisionswerber als Vertreter der erstrevisionswerbenden Partei aufgetreten ist oder ein Hinweis auf seine Funktion als Geschäftsführer der erstrevisionswerbenden Partei findet sich nicht.

Diese Spruchfassung erweist sich zunächst als in sich widersprüchlich, weil entgegen dem dem Zitat direkt vorangestellten Text dem Formular folgend der Zweitrevisionswerber als Auftragnehmer und auch als Bevollmächtigter der Kreditgeber genannt wird; aus der Auftragserteilung an den Zweitrevisionswerber ergäbe sich jedoch dessen unmittelbare persönliche Täterschaft als Anstifter nach § 7 VStG, was im Widerspruch zu seiner Bestrafung gemäß § 9 Abs. 1 VStG "als zur Vertretung nach außen Verantwortlicher" der (erstrevisionswerbenden Partei) steht.

Weiter ist im Spruch festgehalten, dass die Vermittlungshandlungen der (erstrevisionswerbenden Partei) zuzurechnen seien, zumal die gegenständlichen Kreditgeschäfte im Namen der bzw. für die (erstrevisionswerbende Partei) und damit durch diese vermittelt worden seien. Dies steht ebenfalls im Widerspruch zu dem wörtlich wiedergegebenen Kreditvermittlungsauftragsformular. Auch aus den Feststellungen ergibt sich keine Auftragserteilung der Kreditgeber an die erstrevisionswerbende Partei. Die belangte Behörde legte nicht offen, inwiefern die Handlungen des Zweitrevisionswerbers der erstrevisionswerbenden Partei "zuzurechnen" seien. Nur dies führte zu einer Verantwortlichkeit gemäß § 9 Abs. 1 VStG.

Schon aus den angeführten Gründen erweist sich der angefochtene Bescheid als inhaltlich rechtswidrig, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben war.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf §§ 47ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung BGBl. II Nr. 518/2013 idF BGBl. II Nr. 8/2014.

Wien, am 19. Dezember 2014

Schlagworte

"Die als erwiesen angenommene Tat" Begriff Tatzeit Mängel bei BeschreibungMängel im SpruchVerantwortlichkeit (VStG §9) Beteiligungsformen (VStG §7)

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2014:RO2014020087.J00

Im RIS seit

27.01.2015

Zuletzt aktualisiert am

28.01.2015
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten