TE Vfgh Erkenntnis 1998/3/5 B722/96

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Veröffentlicht am 05.03.1998
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Index

62 Arbeitsmarktverwaltung
62/01 Arbeitsmarktverwaltung

Norm

B-VG Art144 Abs1 / Anlaßfall

Leitsatz

Anlaßfallwirkung der Aufhebung der Worte "über das zuletzt veranlagte Kalenderjahr" im ersten Halbsatz der Z1 des §36a Abs5 AlVG idF BGBl 411/1996 bzw des §36b Abs1 und des letzten Satzes des §36b Abs2 AlVG idF BGBl 297/1995 mit E v 05.03.98, G284/97.

Spruch

Die beschwerdeführende Partei ist durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in ihren Rechten verletzt worden.

Der Bescheid wird aufgehoben.

Der Bund (Bundesminister für Arbeit, Gesundheit und Soziales) ist schuldig, der beschwerdeführenden Partei zuhanden ihres Rechtsvertreters die mit S 18.000,-- bestimmten Prozeßkosten binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I.1. Der Beschwerdeführer stellte, nachdem er seinen Arbeitsplatz verloren hatte, am 30. Oktober 1995 bei der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Innsbruck einen Antrag auf Zuerkennung von Arbeitslosengeld. Diese wies den Antrag mit Bescheid vom 15. November 1995 gemäß §7 Abs1 Z1 iVm §12 des Arbeitslosenversicherungsgesetzes 1977 (AlVG), BGBl. 609/1977, "in geltender Fassung", mangels Arbeitslosigkeit des Antragstellers ab.

Die dagegen erhobene Berufung wurde mit Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Tirol (Ausschuß für Leistungsangelegenheiten des Landesdirektoriums) vom 8. Jänner 1996 abgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, daß Einkommen und Umsatz aus der selbständigen Tätigkeit des Antragstellers über der Geringfügigkeitsgrenze lägen, sodaß Arbeitslosigkeit im Sinne des Gesetzes nicht gegeben sei. Der Berechnung des Einkommens und des Umsatzes aus selbständiger Erwerbstätigkeit legte die belangte Behörde gemäß §36a Abs5 Z1 und §36b Abs2 letzter Satz AlVG den an den Beschwerdeführer ergangenen Umsatz- bzw. Einkommensteuerbescheid betreffend 1994 zugrunde.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der der Beschwerdeführer behauptet, in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit vor dem Gesetz verletzt zu sein, und die Aufhebung des angefochtenen Bescheides, in eventu die Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof beantragt.

3. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt, von der Erstattung einer Gegenschrift aber abgesehen.

II.Aus Anlaß dieser Beschwerde leitete der Verfassungsgerichtshof gemäß Art140 Abs1 B-VG von Amts wegen ein Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit des §36a Abs5 Z1 und des §36b AlVG (idF BGBl. 297/1995) ein. Mit Erkenntnis G284/97 vom heutigen Tag hob er einen Teil der in Prüfung genommenen Bestimmungen als verfassungswidrig auf.

III.Die Beschwerde ist

begründet:

Die belangte Behörde hat verfassungswidrige Gesetzesbestimmungen angewendet. Es ist nach Lage des Falles nicht von vornherein ausgeschlossen, daß ihre Anwendung für die Rechtsstellung des Beschwerdeführers nachteilig war.

Der Beschwerdeführer wurde also durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung verfassungswidriger Gesetzesbestimmungen in seinen Rechten verletzt (zB VfSlg. 10404/1985).

Der Bescheid war daher aufzuheben.

Dies konnte gemäß §19 Abs4 Z3 VerfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf §88 VerfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von S 3.000,-- enthalten.

Schlagworte

VfGH / Anlaßfall

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1998:B722.1996

Dokumentnummer

JFT_10019695_96B00722_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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