TE Vfgh Erkenntnis 2013/12/12 KR1/2013

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Veröffentlicht am 12.12.2013
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)

Norm

B-VG Art126a, Art126b Abs2, Art127 Abs3, Abs8

Leitsatz

Feststellung der Befugnis des Rechnungshofes zur Gebarungsüberprüfung der Media Quarter Marx Errichtungs- und Verwertungsgesellschaft mbH und zur Einsichtnahme in sämtliche gebarungsrelevanten Unterlagen der Gesellschaft auf Grund der tatsächlichen Beherrschung durch die Stadt Wien im Hinblick auf die Einflussmöglichkeit über die "Wirtschaftsagentur Wien. Ein Fonds der Stadt Wien" und die "ZIT - Die Technologieagentur der Stadt Wien GmbH"

Spruch

I. Dem Antrag auf Feststellung, dass der Rechnungshof zur Überprüfung der Gebarung der Media Quarter Marx Errichtungs- und Verwertungsgesellschaft mbH befugt ist, in sämtliche Unterlagen dieser Gesellschaft Einsicht zu nehmen, wird insoweit stattgegeben, als diese Unterlagen Teil der Gebarung der Media Quarter Marx Errichtungs- und Verwertungsgesellschaft mbH sind.

Der darüber hinausgehende Antrag wird abgewiesen.

II. Die Media Quarter Marx Errichtungs- und Verwertungsgesellschaft mbH ist schuldig, diese Einsichtnahme bei sonstiger Exekution zu ermöglichen.

Begründung

Entscheidungsgründe

I. Sachverhalt, Antrag und Vorverfahren

1. Der Rechnungshof stellte am 30. August 2013 gemäß Art126a B-VG den (zu KR1/2013 protokollierten) Antrag, der Verfassungsgerichtshof möge

"1. feststellen, dass der Rechnungshof befugt ist, zum Zwecke der Gebarungsüberprüfung der Media Quarter Marx Errichtungs- und Verwertungsgesellschaft mbH in sämtliche Unterlagen der Media Quarter Marx Errichtungs- und Verwertungsgesellschaft mbH Einsicht zu nehmen, und

2. aussprechen, dass die Media Quarter Marx Errichtungs- und Verwertungsgesellschaft mbH schuldig ist, diese Einsichtnahme zum Zwecke der Gebarungs-überprüfung bei sonstiger Exekution zu ermöglichen."

2. Dem Antrag des Rechnungshofes liegt folgender – außer Streit stehender – Sachverhalt zugrunde:

2.1. Am 22. November 2012 stellten mehrere Mitglieder des Gemeinderates der Stadt Wien gemäß §73a Wiener Stadtverfassung das Verlangen auf Gebarungsüberprüfung der Stadt Wien beziehungsweise der ZIT – Die Technologieagentur der Stadt Wien GmbH (im Folgenden: "ZIT") in Bezug auf die Gesellschaftsgründung der Media Quarter Marx Errichtungs- und Verwertungsgesellschaft mbH (im Folgenden: "MQM") und die Entwicklung des "Media Quarter Marx". Der Rechnungshof wurde dabei ersucht, zu vier (von insgesamt 15) Fragestellungen eine Prüfung in eventu durchzuführen, "sofern Tatsachen und Anhaltspunkte hervortreten, dass die Gemeinde Wien bzw. die Wirtschaftsagentur Wien bzw. die ZIT – Die Technologieagentur der Stadt Wien GmbH allein oder gemeinsam mit anderen der Zuständigkeit des Rechnungshofes unterliegenden Rechtsträgern die Media Quarter Marx Errichtungs- und Verwertungsgesellschaft mbH durch finanzielle oder sonstige wirtschaftliche oder organisatorische Maßnahmen tatsächlich beherrscht".

Der Rechnungshof teilte der MQM mit Schreiben vom 15. März 2013 mit, dass näher genannte Prüfer beauftragt worden seien, die Gebarung der MQM hinsichtlich ihrer Gesellschaftsgründung und der Entwicklung des Media Quarter Marx zu überprüfen. In weiterer Folge übermittelte der Rechnungshof der MQM eine Unterlagen- und Fragenliste mit dem Ersuchen um Beantwortung bis spätestens 2. April 2013. Zugleich ersuchte der Rechnungshof unter anderem um die Vorlage von Werkverträgen, sonstigen Verträgen und Vereinbarungen, auf Grund derer öffentliche Gelder in das Media Quarter Marx geflossen sind, einer Projektkalkulation, einer Wirtschaftlichkeitsberechnung, eines Liquiditätsplanes, von Unterlagen über den Vermietungsstand des Media Quarter Marx, Finanzierungsangeboten von Banken, Tilgungsplänen sämtlicher Fremdkapitalaufnahmen, Wirtschaftsprüferberichten, des unwiderruflichen Angebotes auf Abtretung von Gesellschaftsanteilen und der Vereinbarung über die Nachbesserung des Kaufpreises samt zugehörigen Beschlüssen, Berechnungen und Protokollen.

2.2. Im April 2013 teilte die MQM mit, dass sie – nach einer außerordentlichen Generalversammlung – die Prüfkompetenz des Rechnungshofes nicht anerkenne und dem Auskunftsverlangen nicht entsprechen könne.

3. Der Rechnungshof stellte daraufhin am 30. August 2013 den vorliegenden Antrag und begründete ihn wie folgt (Zitat ohne die im Original enthaltenen Hervorhebungen):

"I.A. Prüfungsverlangen gemäß §73a der Wiener Stadtverfassung und Prüfungs-verweigerung durch die 'Media Quarter Marx Errichtungs- und Verwertungsgesellschaft mbH'

I.A.1.

Die Mitglieder des Gemeinderates der Stadt Wien Mag. Johann Gudenus, und Kollegen (FPÖ) sowie Dkfm. Dr. Fritz Aichinger und Kollegen (ÖVP) stellten am 22. November 2012 gemäß §73a der Wiener Stadtverfassung das Verlangen auf Gebarungsüberprüfung der Stadt Wien bzw. der ZIT - Die Technologieagentur der Stadt Wien GmbH (ZIT) in Bezug auf die Gesellschaftsgründung der 'Media Quarter Marx Errichtungs- und Verwertungsgesellschaft mbH' (MQM GmbH) und die 'Entwicklung des Media Quarter Marx' (BeiIage ./1). Es wurden insgesamt 15 Fragestellungen begehrt, die sich insbesondere auf folgende Themenbereiche bezogen:

-   Gründe, warum im Zuge eines PPP-Projektes ein Minderheitsanteil der öffentlichen Hand an der MQM GmbH vereinbart wurde,

-   Auswahlkriterien und allfällige Überprüfung des privaten Partners des PPP-Projektes,

-   steuerliche und finanzielle Risiken hinsichtlich des privaten Partners des PPP-Projektes Media Quarter Marx, insbesondere auch im Hinblick auf eine Beteiligung der A.V. Maximus Holding AG in Form einer Treuhandschaft, sowie Kenntnisse des öffentlichen Partners von diesen Risiken,

-   allfällige Vereinbarungen betreffend Restrukturierungsmaßnahmen der MQM GmbH sowie

-   Ausschreibung für die Geschäftsführung der Neu Marx Standortmarketing GmbH.

Der Rechnungshof wurde ersucht, zu vier - von den insgesamt 15 Fragestellungen eine Prüfung in eventu durchzuführen, 'sofern Tatsachen und Anhaltspunkte hervortreten, dass die Gemeinde Wien bzw. die Wirtschaftsagentur Wien bzw. die ZIT — Die Technologieagentur der Stadt Wien GmbH allein oder gemeinsam mit anderen der Zuständigkeit des Rechnungshofes unterliegenden Rechtsträgern die Media Quarter Marx Errichtungs-und Verwertungsgesellschaft mbH durch finanzielle oder sonstige wirtschaftliche oder organisatorische Maßnahmen tatsächlich beherrscht.' Diese vier Fragestellungen bezogen sich auf

-   die Übernahme von Geschäftsanteilen an der MQM GmbH durch die ITN Management GmbH und eine allenfalls zuvor stattgefundene Überprüfung des neuen Anteilsinhabers bezüglich Know-how und Kapitaleinbringung im Sinne einer Strategic Due Diligence,

-   allfällige Vermerke in den Protokollen über ein mögliches Engagement der A.V. Maximus Holding AG,

-   Treuhandverhältnisse bezüglich der VBM Beteiligungsmanagement GmbH, die einen Interessenkonflikt bezüglich der finanziellen und wirtschaftlichen Ziele der MQM GmbH beinhalten können, und

-   Anhaltspunkte für die Notwendigkeit von Restrukturierungen bei der Geschäftsführung der MQM GmbH.

I.A.2.

Der Rechnungshof teilte der MQM GmbH mit Schreiben vom 15. März 2013 mit, dass aufgrund des Verlangens auf Durchführung besonderer Akte der Gebarungsüberprüfung gemäß §73a der Wiener Stadtverfassung Herr OR Dipl.-Ing. T.[…] O.[…], MBA beauftragt wurde, unter Mitwirkung weiterer Prüferinnen und Prüfer die Gebarung der MQM GmbH hinsichtlich ihrer Gesellschaftsgründung und der Entwicklung des Media Quarter Marx zu überprüfen. Die Beauftragten des Rechnungshofes würden voraus-sichtlich ab dem 15. März 2013 mit der Anforderung von Unterlagen an die MQM GmbH herantreten (Beilage ./2).

I.A.3.

Am 21. März 2013 übermittelte der Rechnungshof der MQM GmbH per E-Mail eine Unterlagen- und Fragenliste mit dem Ersuchen um Beantwortung bis spätestens 2. April 2013 (Beilage ./3).

Mit dieser Unterlagen- und Fragenliste ersuchte der Rechnungshof unter anderem um die Vorlage folgender Unterlagen: Werkverträge, sonstige Verträge und Vereinbarungen, aufgrund derer öffentliche Gelder in das Media Quarter Marx (MQM) geflossen sind, eine Projektkalkulation, eine Wirtschaftlichkeitsberechnung, einen Liquiditätsplan, Unterlagen über den Vermietungsstand des Media Quarter Marx (insbesondere Kopien sämtlicher Mietverträge und Zusagen künftiger Mieter), Finanzierungsangebote von Banken, Tilgungspläne sämtlicher Fremdkapitalaufnahmen, Wirtschaftsprüferberichte, das unwiderrufliche Angebot auf Abtretung von Gesellschaftsanteilen und die Vereinbarung über die Nachbesserung des Kaufpreises, jeweils vom 28. März 2011, samt zugehörigen Beschlüssen, Berechnungen und Protokollen.

Mit Schreiben vom 3. April 2013 teilte Rechtsanwalt Dr. P.[…] J.[…] als Rechtsvertreter der VBM Beteiligungsmanagement GmbH, eines Anteileigners an der MQM GmbH, dem Rechnungshof mit, dass die Vorlage der Dokumente 'in rechtskonformer Auslegung der Rechtslage' abgelehnt werden müsse (Beilage ./4).

Mit Schreiben vom 5. April 2013 teilte die MQM GmbH mit, dass am 2. April 2013 eine außerordentliche Generalversammlung der MQM GmbH stattgefunden habe. In dieser Generalversammlung habe die Geschäftsführung den Antrag zur Abstimmung gebracht, ob die MQM GmbH die Prüfkompetenz des Rechnungshofes anerkennt und damit einhergehend den übermittelten Fragenkatalog beantwortet sowie die angeforderten Unterlagen herausgibt. Dieser Antrag sei mit der Mehrheit der VBM Beteiligungsmanagement GmbH abgelehnt worden. Vor diesem Hintergrund könne die MQM GmbH die vom Rechnungshof behauptete Prüfkompetenz nicht anerkennen und damit dem Auskunftsverlangen des Rechnungshofes nicht entsprechen (Beilage ./5).

Da nicht erkennbar war, wer das Schreiben der MQM GmbH vom 5. April 2013 unter-fertigt hatte, ersuchte der Rechnungshof die Geschäftsführer der MQM GmbH am 9. April 2013 um Mitteilung, ob der Inhalt des Schreibens von der Geschäftsführung der Gesellschaft geteilt wird (Beilage ./6).

In Beantwortung dieses Ersuchens teilten die Geschäftsführer der MQM GmbH in einem E-Mail vom 11. April 2013 mit, dass ein namentlich genannter Mitarbeiter das gegenständliche Schreiben vom 5. April 2013 im Auftrag der Geschäftsführung der MQM GmbH unterfertigt und übermittelt habe (Beilage ./7).

Am 25. April 2013 übermittelte die MQM GmbH das Protokoll der außerordentlichen Generalversammlung vom 2. April 2013. In diesem ist festgehalten, dass der Antrag, die Prüfkompetenz des Rechnungshofes anzuerkennen, den übermittelten Fragenkatalog zu beantworten und die angeforderten Unterlagen (insbesondere die Kredit- und Mietverträge) an den Rechnungshof herauszugeben, mehrheitlich abgelehnt wurde (Beilage ./8).

I.A.6.

Der Rechnungshof vereinbarte mit den Geschäftsführern der MQM GmbH einen Termin (25. April 2013) zur Abfassung einer Niederschrift über das Vorliegen einer Meinungsverschiedenheit über die Vornahme von Prüfungs- und Einschauhandlungen, Zu diesem Termin waren die Vertreter der MQM GmbH jedoch nicht bereit, eine diesbezügliche Niederschrift zu unterfertigen (Beilage ./9a). Mit Schreiben vom 8. Mai 2013 teilte der Rechtsvertreter der VBM Beteiligungsmanagement GmbH mit, 'jedes weitere Treffen mit dem Rechnungshof, dem unserer Ansicht nach keine Prüfungskompetenz der MQM Errichtungs- und Verwertungsgesellschaft mbH zusteht, ablehnen (zu) müssen.' Er teilte weiters mit, eine 'außerordentliche Generalversammlung der MQM zur entsprechenden Beschlussfassung und Erteilung einer Weisung an die Geschäftsführung' einzuberufen (Beilage ./9b).

I.A.7.

Am 10. Juni 2013 übermittelte ein Geschäftsführer der MQM GmbH dem Rechnungshof das Protokoll einer außerordentlichen Generalversammlung der MQM GmbH vom 3. Juni 2013 (Beilage ./10).

Gemäß dem Protokoll wurde in dieser Generalversammlung folgender Beschluss gefasst:

'Die Geschäftsführung wird angewiesen, der vorn RH abverlangten Unterfertigung einer Niederschrift nicht Folge zu leisten sowie über die bereits im Wege der ZIT vorgelegten Unterlagen hinaus dem RH auch keine weiteren Dokumente, die die MQM betreffen, herauszugeben.'

Damit steht zweifelsfrei fest, dass die MQM GmbH eine Gebarungsüberprüfung durch den Rechnungshof nicht zulässt.

I.B.   Beteiligungsverhältnisse, Gründung und Entwicklung der Media Quarter Marx Errichtungs- und Verwertungsgesellschaft mbH (MQM GmbH)

I.B.1.

Die (nunmehrige) 'Wirtschaftsagentur Wien. Ein Fonds der Stadt Wien.' (ursprüngliche Bezeichnung: Wiener Wirtschaftsförderungsfonds; in der Folge grundsätzlich: Wirtschaftsagentur Wien) ist ein Fonds im Sinne von §19 des Wiener Landes-Stiftungs- und Fondsgesetzes, LGBl Nr 14/1988, zuletzt geändert mit LGBl Nr 56/2010.

Zielsetzung des Fonds ist gemäß §2 Abs1 seiner Satzung in der Fassung des Beschlusses des Vorstandes vom 20. Jänner 2011 (Beilage ./11), durch Förderung der Wiener Wirtschaft zur Stärkung der Wirtschaftskraft Wiens und zur Strukturverbesserung der Wiener Wirtschaft durch geeignete Maßnahmen beizutragen; zu diesen, ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen Zwecken zählen insbesondere folgende Maßnahmen:

a)     der Erwerb von bebauten und unbebauten Grundstücken, die aufgrund ihrer Widmung, Lage und Beschaffenheit ganz oder teilweise für die Ansiedlung oder die Erweiterung von Industrie-, Gewerbe- und Dienstleistungsunternehmen geeignet sind (Betriebsbaugründe) oder künftighin für einen derartigen Verwendungszweck in Frage kommen,

(...)

f)     Bereitstellung von aufgeschlossenen, baureifen Betriebsbaugründen für gesamtwirtschaftlich förderungswürdige Industrie-, Gewerbe- und Dienstleistungsunternehmen,

(...)

i)     Finanzierung und Durchführung baulicher Adaptierungen an bestehenden Betriebsobjekten und Neubau solcher Betriebsgebäude. (...)

Organe des Fonds sind gemäß §4 der Satzung der Vorstand, das Präsidium, der Präsident, der Beirat und die Geschäftsstelle.

Zum Vorstand:

Gemäß §5 der Satzung entsendet die Stadt Wien den für das Finanzwesen zuständigen Amtsführenden Stadtrat als Präsidenten, den für das Liegenschaftswesen zuständigen Amtsführenden Stadtrat als Vizepräsidenten sowie fünf weitere Vertreter in den Vorstand (Abs1). Die Kammer für Arbeiter und Angestellte für Wien, die Wirtschaftskammer Wien, der Österreichische Gewerkschaftsbund und die Vereinigung Österreichischer Industrieller haben das Recht, je einen Vertreter in den Vorstand zu entsenden (Abs2). Die nunmehrige Bank Austria AG und die nunmehrige Erste Österreichische Spar-Casse-Bank AG haben das Recht, je einen Vertreter in den Vorstand zu entsenden (Abs3).

Gemäß §5 Abs6 der Satzung werden die Beschlüsse grundsätzlich mit der Mehrheit der abgegebenen Stimmen und der gleichzeitigen Mehrheit der Stimmen jener Vorstandsmitglieder gefasst, deren entsendende Körperschaft eine Einlage geleistet hat; dabei handelt es sich nach den Ausführungen in der Präambel um die Stadt Wien, die nunmehrige Bank Austria AG und die nunmehrige Erste Österreichische Spar-Casse-Bank AG.

Gemäß §7 (Aufgaben des Vorstandes) obliegt dem Vorstand die Beschlussfassung in allen grundsätzlichen Angelegenheiten. Dazu gehören u.a.

a)     die Genehmigung des Wirtschaftsplanes,

b)     die Genehmigung des Rechnungsabschlusses,

c)     die Festlegung von Richtlinien für Kauf und Verkauf von Liegenschaften und Immobilien, (...)

e)     die Aufnahme von Krediten über 5 Millionen Schilling, (...)

g)     die Beschlussfassung über die Geschäftsordnung des Vorstandes, des Beirates und der Geschäftsstelle oder

h)     die Bestellung der Geschäftsführer, (...).

Zum Präsidium:

Das Präsidium besteht gemäß §8 Abs1 der Satzung aus dem Präsidenten, dem Vizepräsidenten und aus zwei weiteren Vertretern des Vorstandes, deren Auswahl der Stadt Wien zusteht. In näher bestimmten Angelegenheiten gehören Vertreter der Kreditinstitute dem Präsidium mit beratender Stimme an. Gemäß §8 Abs3 der Satzung können die Beschlüsse nur mit Stimmeneinhelligkeit gefasst werden.

Gemäß §8 Abs4 obliegt dem Präsidium die Beschlussfassung in folgenden Angelegenheiten:

a)     Durchführung von Vorstandsbeschlüssen in jenen Fällen, in denen der Vorstand eine Angelegenheit grundsätzlich beschließt und die Bestimmung der näheren Umstände dem Präsidium überträgt,

b)     Beschlussfassung über den Ankauf und Verkauf von Liegenschaften und Objekten,

c)     Erstattung von Verwertungsvorschlägen für städtische Betriebsbaugebiete,

d)     Abwicklung von bzw. Mitwirkung bei Wirtschaftsförderungsaktionen der Stadt Wien,

e)     Abschluss von Miet- und Pachtverträgen,

f)     Beschlussfassung über die Geschäftsordnung des Präsidiums.

Gemäß §9 Abs1 der Satzung vertritt der Präsident den Fonds nach außen und vollzieht die Beschlüsse des Vorstandes und des Präsidiums; er bedient sich dazu der Geschäftsstelle.

Gemäß §11 Abs1 der Satzung besteht die Geschäftsstelle aus dem Leiter der Geschäftsstelle, zwei weiteren Geschäftsführern und der erforderlichen Anzahl weiterer Angestellten. Sie besorgt unter der Leitung der Geschäftsführer die Aufgaben des Fonds, soweit sie nicht dem Präsidenten, dem Vorstand oder dem Beirat vorbehalten sind.

Der Beirat besteht gemäß §10 der Satzung aus sämtlichen Vorstandsmitgliedern und 15 weiteren, von der Stadt Wien entsendeten Vertretern. Ihm obliegt die Vorberatung aller Angelegenheiten, die in die Zuständigkeit des Vorstandes fallen.

I.B.2.

Einziger Gesellschafter der 'ZIT – Die Technologieagentur der Stadt Wien GmbH' (ursprüngliche Firma: 'ZIT Zentrum für Innovation und Technologie GmbH') ist seit ihrer Gründung im Jahr 2000 (aufgrund der Erklärung über die Errichtung der Gesellschaft vom 13.12.2000) die 'Wirtschaftsagentur Wien. Ein Fonds der Stadt Wien.' (Beilage ./12).

I.B.3.

Die Media Quarter Marx Errichtungs- und Verwertungsgesellschaft mbH wurde mit Gesellschaftsvertrag vom 1. Februar 2007 (Beilage ./13) gegründet.

Das Stammkapital der Gesellschaft beträgt […] EUR. Davon haben übernommen:

die VBM Beteiligungsmanagement GmbH (FN 288878x) eine Stammeinlage von […] EUR und die ZIT – Die Technologieagentur der Stadt Wien GmbH (FN 203631h; ursprüngliche Firma: ZIT Zentrum für Innovation und Technologie GmbH) eine Stammeinlage von […] EUR.

Diese Beteiligungsverhältnisse bestehen seit der Gesellschaftsgründung unverändert fort (laut Firmenbuchauszug Beilage ./14).

I.B.4.

Der Gesellschaftsvertrag der Media Quarter Marx Errichtungs- und Verwertungsgesellschaft mbH vom 1. Februar 2007 enthält folgende hinsichtlich der Willensbildung und Beschlussfassung der Gesellschaftsorgane wesentliche Bestimmungen:

Gemäß §7 Abs5 ('Geschäftsführung und Vertretung') ist die Zustimmung der Gesellschafter mit einem Konsensquorum von zumindest 80 % (achtzig Prozent) der abgegebenen Stimmen in bestimmten Fällen jedenfalls erforderlich. Als Fälle werden ausdrücklich genannt:

[…]

Gemäß §7 Abs6 haben die Geschäftsführer jeweils bis zum Ablauf des letzten Monats des Geschäftsjahres ein Budget für das Folgegeschäftsjahr aufzustellen, das unter anderem ein Umsatz-, Investitions-, Personal- und Finanzbudget sowie eine Liquiditätsvorschau zu enthalten hat, und dieses der Generalversammlung zur Genehmigung vorzulegen. Sollte die Generalversammlung das von den Geschäftsführern vorgelegte Jahresbudget nicht mit dem erforderlichen Quorum von 80 % der abgegebenen Stimmen genehmigen, wird das Budget des letzten Geschäftsjahres gemäß §7 Abs7 sinngemäß fortgeschrieben.

Gemäß §11 des Gesellschaftsvertrages ist die Verpfändung von Geschäftsanteilen oder Teilen hievon nur mit Zustimmung der übrigen Gesellschaften wirksam. Ist die Übertragung von Geschäftsanteilen oder von Teilen hievon beabsichtigt, so besteht ein Aufgriffsrecht der(s) übrigen Gesellschafter(s).

I.B.5.

Zusätzlich zu dem Gesellschaftsvertrag wurde am 12. März 2007 – ebenfalls in der Form des Notariatsaktes – ein Syndikatsvertrag (Beilage ./15) zwischen der nunmehrigen 'Wirtschaftsagentur Wien. Ein Fonds der Stadt Wien.', der nunmehrigen 'ZIT – Die Technologieagentur der Stadt Wien GmbH' und der 'VBM Beteiligungsmanagement GmbH' abgeschlossen.

Gemäß Pkt. I. Abs2 des Syndikatsvertrages war beabsichtigt, dass die MQM GmbH von der nunmehrigen Wirtschaftsagentur Wien im Einzelnen bezeichnete Liegenschaften in 1030 Wien kauft und dort gemäß einem angeschlossenen Lageplan ein Bebauungsobjekt errichtet und verwertet. Einzige Aufgabe der MQM GmbH ist es, diese Grundstücke zu erwerben, darauf ein Medienquartier zu errichten und zu verwerten (Pkt. II. Abs5). Die Syndikatspartner verpflichteten sich, gemäß detaillierten Bestimmungen Eigenkapital zur Finanzierung des Projektes laut angeschlossener Wirtschaftlichkeitsberechnung (angestrebter Eigenkapitalanteil von rd. 20 % bei einer Gesamtinvestition von rd. […] EUR) beizustellen oder für dessen Einbringung durch Konzerngesellschaften zu sorgen (Pkt. II. Abs4 und 6, Pkt. VI.).

Zur Geschäftsführung in der MQM GmbH wurde in Pkt. III. vereinbart, dass die MQM GmbH zwei Geschäftsführer hat, wobei die nunmehrige ZIT – Die Technologieagentur der Stadt Wien GmbH und die VBM Beteiligungsmanagement GmbH berechtigt sind, je einen Geschäftsführer zu nominieren. Sie sind auch jeweils berechtigt, den von ihnen jeweils nominierten Geschäftsführer jederzeit durch einen neuen zu ersetzen. Die Syndikatspartner sind daher verpflichtet, durch Gesellschafterbeschluss die Bestellung bzw. Abberufung und Neubestellung der betreffenden Person zu erwirken. Entscheidungen der Geschäftsführer erfolgen einstimmig. Im Falle von Meinungsverschiedenheiten entscheidet die Generalversammlung der MQM GmbH.

Gemäß Pkt. IV. des Syndikatsvertrages führt in den Gesellschafterversammlungen für die Dauer jeweils eines Geschäftsjahres abwechselnd ein Vertreter des Syndikatspartners den Vorsitz. Die Generalversammlung der MQM GmbH ist zugleich die Syndikatsversammlung der Syndikatspartner.

Für den Fall der Übertragung von Geschäftsanteilen an einen Rechtsnachfolger, der nicht Vertragspartner des vorliegenden Vertrages war, war eine Verpflichtung zur Überbindung von Rechten und Pflichten aus dem Syndikatsvertrag auf den Rechtsnachfolger vorgesehen (Pkt. IX.).

I.B.6.

Bei dem in der Folge tatsächlich errichteten Media Quarter Marx handelt es sich um ein Medienzentrum mit rd. 35.000 m2 Bruttogeschoßfläche im Stadtteil Erdberg im dritten Wiener Gemeindebezirk, das im Jahr 2012 seinen Betrieb aufnahm. Diesem Public-Private-Partnership-Projekt gingen zwei Beschlüsse der nunmehrigen 'Wirtschaftsagentur Wien. Ein Fonds der Stadt Wien.' (Beilagen ./16 und ./17) aus den Jahren 2003 und 2005 voraus. Sie betrafen

–      den Beschluss betreffend den Erwerb von Liegenschaften in St. Marx durch die Wirtschaftsagentur Wien und

–      den Beschluss betreffend die Gründung einer Projektgesellschaft spätere MQM GmbH) zwecks Errichtung eines Medienzentrums, an der private Investoren beteiligt sein sollten.

Der zweitgenannte Beschluss legte darüber hinaus fest, dass die Projektgesellschaft die zuvor von der Wirtschaftsagentur Wien erworbenen Liegenschaften kaufen und in der Folge auf diesen ein Medienzentrum mit einem Investitionsvolumen von rd. […] EUR errichten sollte. Der Anteil der Fremdfinanzierung (= Bankenfinanzierung) am Projekt sollte voraussichtlich zwischen 75 % und 85 % betragen (bei einer Ausstattung der Gesellschaft mit Stamm- bzw. Eigenkapital von 15 % bis 25 %).

I.B.7.

Die MQM GmbH besorgt die laufende Buchführung, die Bilanzierung und das Controlling nicht selbst, sondern lässt diese Aufgaben von der Wirtschaftsagentur Wien besorgen. So schloss die MQM GmbH am 24. August 2011 eine rückwirkend mit 1. Jänner 2011 in Kraft getretene Vereinbarung über die Inanspruchnahme von Dienstleistungen der Abteilung Finanzen und Controlling der Wirtschaftsagentur Wien (siehe Beilage ./18).

Darüber hinaus beauftragte die Wirtschaftsagentur Wien die ZIT sowohl im Dezember 2008 als auch im Jänner 2010 mit Leistungen im Hinblick auf das Projekt Media Quarter Marx, für die eigentlich die MQM GmbH zuständig gewesen wäre.

I.B.8.

Das Präsidium der Wirtschaftsagentur Wien beschloss am 28. Oktober 2010, die Geschäftsführung der – 100%igen Tochtergesellschaft – ZIT zu ermächtigen und zu beauftragen, mit der VBM Beteiligungsmanagement GmbH eine Optionsvereinbarung abzuschließen, mit der die VBM Beteiligungsmanagement GmbH das Recht erhält, innerhalb einer Laufzeit von drei Jahren den derzeit von der ZIT gehaltenen Geschäfts-anteil an der MQM GmbH um ein fix vereinbartes, wertgesichertes Abtretungsentgelt in der Höhe von […] EUR zu erwerben oder an eigener Stelle einen dritten Erwerber zu denselben Konditionen namhaft zu machen (Beilage ./19).

In der Folge bot die ZIT mit Notariatsakt vom 28. März 2011 unwiderruflich einen Geschäftsanteil von 39,9 % des Stammkapitals der ITN Medienberatungsgesellschaft mbH und einen Geschäftsanteil von 0,1 % des Stammkapitals der SAPIO Medienstandort Immobilien-Verwaltungsgesellschaft mbH um einen wertgesicherten Gesamtabtretungspreis von […] EUR zum Kauf an, wobei das Anbot bis spätestens 31. Dezember 2013 bindend ist. Gleichzeitig wurde eine Vereinbarung über die Nachbesserung des Kauf-preises geschlossen (Beilage ./20). Eine Sicherstellung des vereinbarten Kaufpreises durch eine Bankgarantie oder Treuhandschaft wurde nicht vereinbart, sodass die ZIT – als 100%ige Tochtergesellschaft der Wirtschaftsagentur Wien – das Risiko der Einbringlichkeit zu tragen hat.

Bisher wurde das – weiterhin rechtlich bindende – Abtretungsanbot nicht angenommen.

II. Zuständigkeit des Rechnungshofes zur Gebarungsüberprüfung
der MQM GmbH – rechtliche Ausführungen

[…]

II.2.

Der Rechnungshof ist aus folgenden Erwägungen für die Gebarungskontrolle der MQM GmbH zuständig:

Die 'Wirtschaftsagentur Wien. Ein Fonds der Stadt Wien.' ist ein Fonds i.S.d. Art127 Abs1 B-VG, weil er von Personen verwaltet wird, die hiezu mehrheitlich von Organen des Landes Wien bestellt sind (Kroneder-Partisch in Korinek/Holoubek, Kommentar zum B-VG, Rz 15 zu Art126b B-VG), wodurch ein maßgeblicher Einfluss der öffentlichen Hand sichergestellt ist. Daraus resultiert gemäß Art127 Abs3 letzter Satz B-VG wiederum eine Prüfzuständigkeit des Rechnungshofes für Unternehmungen, die von der 'Wirtschaftsagentur Wien. Ein Fonds der Stadt Wien.' beherrscht werden bzw. an welchen diese mit mindestens 50 % des Stamm-, Grund- oder Eigenkapitals beteiligt ist (Hengstschläger, Rechnungshofkontrolle [2000], Rz 10 und 11 zu Art126b Abs2 B-VG).

Darüber hinaus liegt eine Zuständigkeit des Rechnungshofes zur Gebarungskontrolle auch gemäß Art127 Abs3 i.V.m. Art126b Abs2 B-VG vor, weil die Wirtschaftsagentur Wien als ein von der Stadt Wien tatsächlich beherrschtes Unternehmen anzusehen ist.

Gemäß Art127 Abs3 B-VG letzter Satz erstreckt sich die Zuständigkeit des Rechnungs-hofes auch 'auf Unternehmungen jeder weiteren Stufe, bei denen die Voraussetzungen gemäß diesem Absatz vorliegen'. Daraus folgt, dass die Prüfungszuständigkeit des Rechnungshofes auch bei Subbeteiligungen gegeben ist, sofern ein oder mehrere der RH-Kontrolle unterworfene Unternehmungen allein oder gemeinsam mit anderen der RH-Kontrolle unterliegenden Rechtsträgern mit mindestens 50 % des Stamm-, Grund- oder Eigenkapitals an einer (weiteren) Unternehmung beteiligt sind oder diese Unternehmung tatsächlich beherrschen. Demnach unterliegt auch die 'ZIT – Die Technologieagentur der Stadt Wien GmbH', deren einzige Gesellschafterin seit ihrer Errichtung im Jahr 2000 die Wirtschaftsagentur Wien ist (Anteil am Stammkapital 100 %), der Gebarungskontrolle durch den Rechnungshof.

Von Stufe zu Stufe kann die Prüfungskompetenz des Rechnungshofes an der jeweils weiteren Unternehmung auch abwechselnd durch eine entsprechende Beteiligung oder eine hinreichende Beherrschung begründet werden (Hengstschläger, Rechnungshofkontrolle [2000], Art126b Abs2 B-VG Rz 10). Eine Zuständigkeit des Rechnungshofes zur Gebarungskontrolle ist demnach auch für die MQM GmbH, die ihrerseits von der 'ZIT – Die Technologieagentur der Stadt Wien GmbH' durch finanzielle oder sonstige wirtschaftliche oder organisatorische Maßnahmen tatsächlich beherrscht wird, gegeben.

II.3.

Zur tatsächlichen Beherrschung der Wirtschaftsagentur Wien durch die Stadt Wien ist im Einzelnen Folgendes auszuführen:

Die Stadt Wien beherrscht die Wirtschaftsagentur Wien durch organisatorische Maßnahmen. Dies im Hinblick darauf, dass die Stadt gemäß den Bestimmungen der Satzung der Wirtschaftsagentur Wien den Präsidenten, den Vizepräsidenten sowie fünf weitere Vorstandsmitglieder und damit insgesamt sieben Mitglieder von insgesamt 13 Vorstandsmitgliedern entsendet; diese von der Stadt Wien entsandten Mitglieder haben die Möglichkeit, die übrigen Mitglieder bei Mehrheitsbeschlüssen zu überstimmen. Dass ohne Zustimmung der Stadt Wien im Vorstand der Wirtschaftsagentur Wien keine Entscheidungen getroffen werden können, wird überdies dadurch sichergestellt, dass Vorstandsbeschlüsse nicht bloß von der Mehrheit der abgegebenen Stimmen, sondern gleichzeitig die Mehrheit der Stimmen erfordern, die eine Einlage geleistet haben. Die letztere Mehrheit kann von den Vertretern der Stadt Wien jedenfalls sichergestellt werden, zumal neben der Stadt Wien nur die beiden Bankinstitute (im Vorstand mit je einer Stimme) vertreten sind.

Überdies werden sämtliche stimmberechtigten Mitglieder des Präsidiums von der Stadt Wien entsandt, zumal dieses aus dem Präsidenten und Vizepräsidenten und aus zwei weiteren von der Stadt Wien ausgewählten Vorstandsmitgliedern besteht.

Sämtliche wichtigen Entscheidungen, insbesondere zur Durchführung von Projekten, zum Ankauf oder zur Verwertung von Liegenschaften oder zum Abschluss von Bestand- und Mietverträgen werden vom Vorstand oder vom Präsidium getroffen, in welchen den Vertretern der Stadt Wien eine dominierende Rolle zukommt.

Die zur Bestellung der laufenden Geschäfte bestellten Geschäftsführer werden ihrerseits vom Vorstand bestellt.

Es liegt demnach eine Beherrschung durch organisatorische Maßnahmen vor, die zumindest der Stellung eines 50%igen Anteilsinhabers entspricht.

II.4.

Zur erforderlichen Intensität der Beherrschung nahm der Verfassungsgerichtshof in VfSlg Nr 10.609/1985 auf den Ausschussbericht zur B-VG-Novelle BGBl Nr 539/1977 (623 BlgNR 14. GP) Bezug. In diesem wurde zur Neufassung von Art126b Abs2 B-VG ausgeführt, dass der Rechnungshof immer dann zur Kontrolle befugt sein sollte, wenn ein beherrschender Einfluss der öffentlichen Hand auf Unternehmungen vorliegt, und dass die erwähnte Grenze gewählt wurde, da eine Beteiligung von 50 vH einerseits eine Majorisierung durch andere abblockt, andererseits einen wesentlichen Einfluss auf die Unternehmenspolitik sichert. Der Verfassungsgerichtshof führte dazu in VfSlg Nr 10.609/1985 weiter aus:

'Sowohl aus der logisch-systematischen wie auch aus einer historischen Interpretation lässt sich somit ableiten, dass im Falle der Beteiligung ein beherrschender Einfluss dann als gegeben erachtet wird, wenn eine Beteiligung von 50 vH vorliegt, da diesfalls eine Majorisierung durch andere abgeblockt werden kann und ein wesentlicher Einfluss auf die Unternehmenspolitik gesichert ist. Man wird deshalb, wenn man die sonstigen Formen der Einflussnahme auf ihre Eignung als Maßnahmen der Beherrschung beurteilt, darauf abzustellen haben, ob sie ebenfalls diesen Effekt herbeizuführen geeignet sind. Jede andere Interpretation würde auch zu einem Wertungswiderspruch zwischen den verschiedenen, eine Rechnungshofkontrolle begründenden Tatbeständen führen. Denn es wäre nicht einzusehen, daß im Falle einer Beteiligung ein minderes Maß an Einflussmöglichkeiten auf das Unternehmen schon kontrollbegründend sein sollte als im Fall einer anderweitigen Beherrschung.'

In VfSlg Nr 13.346/1993 führte der Verfassungsgerichtshof damit übereinstimmend aus wie folgt:

'Zudem müssen die rechtlichen Verflechtungsmaßnahmen, um von einer 'Beherrschung' iSd B-VG sprechen zu können, einen Einfluss auf das Unternehmen vermitteln, wie er einer mindestens 50 %igen Beteiligung am Stamm-, Grund- oder Eigenkapital annähernd entspricht.'

Der Verfassungsgerichtshof hielt an seiner Auffassung fest, dass für die Beherrschung nach Art126b Abs2 B-VG eine Einflussmöglichkeit ausreicht, die einer 50%igen Beteiligung entspricht und führte diesbezüglich in VfSlg Nr 14.096/1995 aus:

'Wäre es richtig, daß der Verfassungsgesetzgeber mit dem zweiten Satz des Art126 b Abs2 B-VG nur die Kontrollbefugnis des Rechnungshofs auf jene Unternehmungen ausdehnen wollte, die der Bund allein oder gemeinsam mit anderen der Zuständigkeit des Rechnungshofs unterliegenden Rechtsträgern durch finanzielle oder sonstige wirtschaftliche oder organisatorische Maßnahmen 'beherrscht', hätte es einer solchen, die Prüfungsbefugnis (allein) festschreibenden Anordnung bedurft, aber keineswegs der Aussage, daß einer finanziellen Beteiligung (von mindestens 50 vH, nicht von mehr als 50 vH) die Beherrschung von Unternehmungen durch andere finanzielle oder sonstige wirtschaftliche oder organisatorische Maßnahmen 'gleichzuhalten' sei. Diese Rechtsansicht, die einen Wertungswiderspruch zwischen dem Beteiligungs- und dem Beherrschungstatbestand des Art126 b Abs2 B-VG vermeidet und dem Vorerkenntnis des Verfassungsgerichtshofs vom 15. März 1993, KR1/92-10, zugrunde liegt, ergibt sich aus der Wortinterpretation des Verfassungstextes: Sie lässt sich entgegen der von der Antragsgegnerin vertretenen Deutung des Art126 b Abs2 B-VG aber auch mit Gesetzesmaterialien, und zwar dem parlamentarischen Ausschussbericht zur Verfassungsnovelle BGBl 539/1977, 623 BlgNR XIV. GP, und damit zur Neufassung des Art126 b Abs2 B-VG belegen. Danach soll der Rechnungshof immer dann zur Kontrolle befugt sein, wenn ein beherrschender Einfluss der öffentlichen Hand auf Unternehmungen besteht. Dazu ist erläuternd ausdrücklich hervorgehoben, dass die Formulierung 'mindestens 50 vH' (und zugleich die in Rede stehende Grenze) deshalb gewählt wurde, weil eine Beteiligung von 50 vH 'einerseits eine Majorisierung durch andere abblockt, andererseits einen wesentlichen Einfluss auf die Unternehmenspolitik sichert'. Der Verfassungsgerichtshof hält auch im Licht des vorliegenden Verfahrens an der eingangs ausgebreiteten, seine bisherige gefestigte Judikatur zu Art126 b B-VG leitenden Rechtsansicht fest.'

Was die geforderte Intensität der Beherrschung betrifft, ist durch die B-VG-Novelle BGBl I Nr 106/2009 keine relevante Änderung gegenüber der bisherigen Rechtslage und Judikatur des Verfassungsgerichtshofs eingetreten. Da die Erläuterungen diesbezüglich keine Ausführungen enthalten, ist davon auszugehen, dass der Verfassungsgesetzgeber in diesem Punkt keine Änderung vornehmen wollte (Budischowsky, Die Neuregelung der Unternehmensprüfung durch den Rechnungshof, ecolex 2010, 706 [709]).

Es reicht demnach der aus den Fondsstatuten resultierende überragende Einfluss der Stadt Wien auf die Fondsgebarung jedenfalls aus, um von einer Zuständigkeit des Rechnungshofes wegen tatsächlicher Beherrschung auszugehen.

II.5.

Zur tatsächlichen Beherrschung der MQM GmbH durch die 'ZIT – Die Technologieagentur der Stadt Wien GmbH':

Die 'ZIT – Die Technologieagentur der Stadt Wien GmbH' ist am Stammkapital der MQM GmbH zu 40 % beteiligt. Aufgrund des Gesellschaftsvertrags und des Syndikatsvertrags ergibt sich allerdings eine 'Beherrschung' der MQM GmbH durch die ZIT und damit eine Prüfungszuständigkeit durch den Rechnungshof. Die Prüfungszuständigkeit des Rechnungshofes hinsichtlich der MQM GmbH wird auch in einem von der ZIT selbst in Auftrag gegebenen externen Rechtsgutachten mit Stand 13. Februar 2013 ausdrücklich festgestellt (Beilage ./21).

Aufgrund des umfassenden Katalogs von gesellschaftsvertraglich der Zustimmung durch die Gesellschafter unterworfenen Geschäftsführungsmaßnahmen, deren Vornahme aufgrund des qualifizierten Mehrheitserfordernisses (mindestens 80 %) de facto Einstimmigkeit erfordert, und des Syndikatsvertrags zwischen der ZIT und der Wirtschaftsagentur Wien (= 100%ige Eigentümerin der ZIT) einerseits sowie des privaten Partners (= VBM Beteiligungsmanagement GmbH) andererseits besteht ein Kräftegleichgewicht. Dies auch im Hinblick auf Maßnahmen, die üblicherweise der ordentlichen Geschäftsführung zugerechnet werden, wie z.B. der Abschluss von Mietverträgen oder der Abschluss von Anstellungsverträgen. Da diese einen 50%igen Anteilsinhaber gleichzuhaltende Stellung im Einklang mit der oben wiedergegebenen Judikatur des Verfassungsgerichtshofs für eine tatsächliche Beherrschung ausreicht, ist die MQM GmbH der Kontrolle durch den Rechnungshof unterworfen. Überdies ist die Stellung der ZIT als eines gleichberechtigten Partners auch dadurch gesichert, dass sie laut Syndikatsvertrag einen der beiden Geschäftsführer nominiert und eine Veräußerung von Geschäftsanteilen ohne Überbindung der gesellschaftsrechtlichen und syndikatsvertraglichen Bindungen nicht möglich ist, wobei überdies Aufgriffsrechte vorgesehen sind.

Der Verfassungsgerichtshof hat bereits in seiner bisherigen Rechtsprechung eine Beherrschung in Fällen zuerkannt, in welchen eine besondere durch einen Syndikatsvertrag zugesicherte Rechtsposition, insbesondere Nominierungsrechte von Leitungsorganen und eine rechtlich zugesicherte Einflussnahme auf das Stimmverhalten bestand (VfSlg Nr 17.423/2004, siehe zu Syndikatsverträgen auch VfSlg Nr 17.489/2005).

Die Organe der Media Quarter Marx Errichtungs- und Verwertungsgesellschaft mbH haben demnach die Prüfungszuständigkeit des Rechnungshofes zu Unrecht bestritten und die Einsichtnahme des Rechnungshofs in ihre Unterlagen zum Zweck der Gebarungsüberprüfung zu Unrecht verweigert."

4. Dem Antrag des Rechnungshofes trat die MQM in ihrer Äußerung mit folgender Begründung entgegen:

"1.3 Zur Frage der Prüfkompetenz des Rechnungshofs

Am 03.04.2013 übermittelte der Rechtsvertreter der VBM, Herr RA Dr. P.[…] J.[…], dem Rechnungshof eine Stellungnahme, in der er zum Ergebnis kam, dass die MQM nicht der Prüfung des Rechnungshofs unterworfen ist. Zuvor schon, am 02.04.2013, fand eine außerordentliche Generalversammlung der MQM statt, in der über die Frage abgestimmt wurde, ob die MQM die Prüfungskompetenz des Rechnungshofs anerkennt. Die Frage wurde vom privaten Gesellschafter VBM verneint, die Prüfungskompetenz des Rechnungshofs von der MQM aufgrund des durch die VBM herbeigeführten Mehrheitsbeschlusses daher abgelehnt. Dem Rechnungshof wurde dies mit Schreiben vom 05.04.2013 mitgeteilt. Auf Nachfrage des Rechnungshofs vom 09.04.2013 wurde diesem mit E-Mail vom 11.04.2013 diese Ablehnung bestätigt. In Entsprechung ihrer Ansicht, kein der Kontrolle des Rechnungshofs unterworfenes Unternehmen zu sein, wies die MQM die ZIT an, die vom Rechnungshof geforderten, die MQM betreffenden Dokumente mangels Prüfkompetenz des Rechnungshofs an diesen nicht herauszugeben.

1.4 Zur Herausgabe von Unterlagen an den Rechnungshof

Ungeachtet dessen, dass in der Gesellschafterversammlung die Prüfkompetenz des Rechnungshofs dem Grunde nach verneint wurde, hat die MQM in ihrer Generalversammlung vom 02.04.2013 der Herausgabe bestimmter, vom Rechnungshof geforderter Unterlagen zugestimmt. Zugestimmt wurde der Herausgabe der unter dem Titel 'Übersicht zur Erfolgsbeurteilung Projekt MQM' durchgeführten Untersuchung der PKF-Wirtschaftsprüfung und Steuerberatung. Hierin wurden insbesondere der Abgleich der Mieterlöse mit den Mietverträgen hinsichtlich der Höhe der Mieterlöse untersucht. Weiter zugestimmt wurde der Herausgabe des Abtretungsangebots vom 28.03.2011 und des 'Besserungsscheins' vom selben Datum.

Die ZIT hat im Zuge einer sie selbst betreffenden Rechnungshofprüfung dem Rechnungshof mit Schreiben vom 24.04.2013 – nach Zustimmung der MQM – zahlreiche vom Rechnungshof geforderte, die MQM betreffende Unterlagen übermittelt. Unter einem wurden die Kredit- und Darlehensverträge der MQM, alle Generalversammlungs- und Umlaufbeschlüsse und alle weiteren Unterlagen zu den Generalversammlungen – insoweit nicht mietvertragsrelevant – sowie die 'Exit-Strategien', dh das Abtretungsanbot und der Besserungsschein sowie die Übersicht zur Erfolgsbeurteilung des Projekts MQM übermittelt. Diese Tatsache ist auch aus dem als Beilage ./10 dem Antrag des Rechnungshofs übermittelten Generalversammlungsprotokoll der MQM vom 03.06.2013 ersichtlich. Ein in derselben Generalversammlung erstatteter Vorschlag, ob die MQM die vom Rechnungshof genannte 'Geplante Niederschrift', übermittelt am 03.05.2013, über eine Besprechung zwischen der MQM und dem Rechnungshof am 25.04.2013 unterfertigen sollte, wurde abgelehnt.

2 Formelle Prüfungskompetenz

2.1 Gesetzliche Vorgabe

Gemäß Art126b Abs2 B-VG überprüft der Rechnungshof die Gebarung von Unternehmungen, an denen Gebietskörperschaften allein oder gemeinsam mit anderen der Zuständigkeit des Rechnungshofes unterliegenden Rechtsträgern jedenfalls mit mindestens 50% des Stammkapitals beteiligt sind oder die der Bund allein oder gemeinsam mit solchen Rechtsträgern betreibt, oder die der Bund allein oder gemeinsam mit anderen solchen Rechtsträgern 'durch finanzielle oder sonstige wirtschaftliche oder organisatorische Maßnahmen tatsächlich beherrscht'.

2.2 Ausgangslage

Im vorliegenden Szenario ist der Rechnungshof zur Prüfung der Gebarung der mehrheitlich öffentlich gehaltenen WAW und, davon abgeleitet, zur Prüfung der Gebarung der von der WAW gehaltenen ZIT zuständig. Die ZIT ist mit einem Anteil von 40% am Stammkapital Minderheitseigentümerin der MQM. Mehrheitseigentümerin mit einem Anteil iHv 60% des Stammkapitals ist die privat gehaltene VBM.

Der Rechnungshof vertritt im verfahrensgegenständlichen Antrag die Ansicht, er wäre gemäß Art127 Abs3 iVm Art126b Abs2 B-VG zur Gebarungskontrolle der MQM zuständig. Dies leitet er daraus ab, dass die ZIT zwar nicht zu mindestens 50% am Stammkapital der MQM beteiligt ist, die MQM jedoch von einem der Zuständigkeit des Rechnungshofs unterliegenden Rechtsträger (gegenständlich: der ZIT) 'tatsächlich' iSd Art126b Abs2 B-VG beherrscht würde. Diese Annahme ist – wie nachfolgend aufgezeigt wird – unzutreffend.

2.3 Voraussetzungen für eine 'tatsächliche' Beherrschung

Bis zur Novelle des B-VG durch BGBl I 2009/105 fiel unter die Prüfungskompetenz des Rechnungshofs jedes Unternehmen, an dem eine Gebietskörperschaft mit mindestens 50% des Gesellschaftskapitals beteiligt war; einer solchen finanziellen Beteiligung war 'die Beherrschung von Unternehmungen durch andere finanzielle oder sonstige wirtschaftliche oder organisatorische Maßnahmen gleichzuhalten'. Der Verfassungsgerichtshof schloss sich in seiner Auslegung dieses Wortlauts der Rechtsmeinung von Robert Walter an, wonach die 'Beherrschung' nicht als faktische sondern als 'rechtliche Kategorie' (Walter, Die Kompetenz des Rechnungshofes zur Prüfung von Tochterunternehmungen; in Festschrift Wenger [1983], 322) zu verstehen sei. Der Verfassungsgerichtshof legte Art126b B-VG so aus, dass 'der Begriff der 'Beherrschung' nicht (nur) einen faktischen Zustand [erfaßt], sondern die rechtliche Möglichkeit der Einflußnahme auf die Unternehmung [umschreibt]' (VfSlg 10.371; 3.522, 3.296). Der Verfassungsgerichtshof vertrat die Ansicht, dass im Zweifel nicht anzunehmen sei, der Verfassungsgesetzgeber habe zu einer Formulierung gegriffen, welche die Kompetenz des Rechnungshofs in einer so unbestimmten und fließenden Weise abgrenzt, wie dies bei Annahme rein faktischer Beherrschungszustände, die möglicherweise einem häufigen Wandel unterworfen sind, der Fall wäre (Walter, Die Kompetenz des Rechnungshofes zur Prüfung von Tochterunternehmungen; in Festschrift Wenger [1982], 321). Die Judikatur des VfGH sprach dann von eine solchen Beherrschung, wenn Maßnahmen ähnlicher Intensität getroffen werden können, wie sie einem Eigentümer von 50% des Gesellschaftskapitals zustehen (VfSlg 10.609). Die Maßnahmen mussten geeignet sein, die Majorisierung durch andere abzublocken und einen wesentlichen Einfluss auf die Unternehmenspolitik sichern. Diese Rechtsprechung entwickelte sich anschließend dahingehend, dass die Intensität der Einflussmöglichkeit bei einer Beherrschung 'annähernd' dem Abblockungspotential entsprechen müsse, das mit einer mindestens 50%igen Beteiligung einhergeht (VfSlg 14.096). Nähere Angaben, welcher Grad an 'Annäherung' erreicht werden müsse, um von einer Beherrschung sprechen zu können, sind der Judikatur jedoch nicht zu entnehmen.

Ausweislich der parlamentarischen Materialien (Initiativantrag BlgNR 746/A XXIV. GP) sollte mit der Novellierung des Art126b B-VG mit BGBl I 2009/105 durch die Einführung des tatsächlichen Beherrschungstatbestands sichergestellt werden, dass trotz einer Beteiligung der Gebietskörperschaften von unter 50% jedenfalls dann eine Prüfungszuständigkeit des Rechnungshofs besteht, wenn 'im Hinblick auf die wirtschaftlichen Gegebenheiten bei der betreffenden Unternehmung ein tatsächlicher Einfluss dieser Gebietskörperschaften möglich ist und auch ausgeübt werden kann (wie z.B. bei der Flughafen Wien AG)'. In den Materialien zur Änderung von §12 Rechnungshofgesetz (Initiativantrag BlgNR 766/A XXIV. GP) wurde ausgeführt, dass eine 'tatsächliche Beherrschung' dann vorliegen solle, 'wenn aufgrund der finanziellen, rechtlichen und faktischen Gegebenheiten klar ist, dass der Bund allein oder gemeinsam mit anderen der Rechnungshofkontrolle unterliegenden Rechtsträgern die Unternehmung dominiert'. Laut Hengstschläger wird damit angedeutet, dass für eine 'faktische' Beherrschung ein Abblockpotential, das nach der bisherigen Rechtslage maßgeblich war, nicht mehr ausreicht, sondern dass 'Dominanz', also 'Überlegenheit' des öffentlichen Anteilsinhabers, gefordert ist (Hengstschläger, Die Ausweitung der Prüfungskompetenz des Rechnungshofes, Gedenkschrift Walter [2013], 175).

Für Hengstschläger ist hinsichtlich der Frage der Prüfungsunterworfenheit entscheidend, ob die wirtschaftlichen, finanziellen und organisatorischen Einwirkungsmöglichkeiten der öffentlichen Hand faktisch ausreichten und dafür eingesetzt wurden, um die Unternehmenspolitik und -führung zu bestimmen und die maßgeblichen Entscheidungen zu dominieren (Hengstschläger, Die Ausweitung der Prüfungskompetenz des Rechnungshofes, Gedenkschrift Walter [2013], 178). Bloß punktuelle Abstimmungserfolge sowie eine Dominanz in nur einzelnen unternehmenspolitischen Bereichen und Entscheidungen können eine 'tatsächliche Beherrschung' nicht begründen (Hengstschläger, Die Ausweitung der Prüfungskompetenz des Rechnungshofes, Gedenkschrift Walter [2013], 180f).

Für die Begründung der Prüfkompetenz des Rechnungshofs reicht es nicht aus, wenn die Gebietskörperschaft und die sonstigen kontrollunterworfenen Rechtsträger ihren Willen in den Unternehmensorganen lediglich mit Hilfe der Unterstützung privater Beteiligter durchzusetzen vermögen (Hengstschläger, Die Ausweitung der Prüfungskompetenz des Rechnungshofes, Gedenkschrift Walter [2013], 181). Sowohl Hengstschläger (Hengstschläger, Die Ausweitung der Prüfungskompetenz des Rechnungshofes, Gedenkschrift Walter [2013], 183) als auch Budischowsky (Budischowsky, Die Neuregelung der Unternehmensprüfung durch den Rechnungshof, ecolex 2010, 708) erwähnen im gegebenen Zusammenhang, dass die Beurteilung, ob ein Unternehmen innerhalb eines bestimmten Zeitraums der Kontrolle des Rechnungshofs unterlag, (lediglich) an Hand einer ex post-Kontrolle beurteilt werden könne, da es von zahlreichen Faktoren abhängig sei, ob eine Beherrschung durch die öffentliche Hand bejaht werden kann. In den Worten Walters (Walter, Die Kompetenz des Rechnungshofes zur Prüfung von Tochterunternehmung, Festschrift Korinek [1983], 322) ist die rechtliche Auslegung am Ende ihrer Möglichkeiten, wenn es tatsächlich auf alle faktischen Umstände ankommt. In diesem – wie auch im gegebenen – Fall muss die Machtstruktur (auch) 'mit den Mitteln der Soziologie und der Psychologie' festgestellt werden.

2.4 Prüfkompetenz des Rechnungshofs durch 'tatsächliche Beherrschung'?

2.4.1 Allgemeines

Der Rechnungshof ist der Ansicht, die ZIT würde die MQM 'tatsächlich' beherrschen, wodurch seine Prüfungskompetenz gemäß Art126b Abs2 B-VG begründet würde. Er geht davon aus, dass die Bestimmungen des Gesellschaftsvertrags der MQM vom 01.02.2007 und des am 24.01.2007 zwischen den Syndikatspartnern WAW, ZIT und VBM geschlossenen Syndikatsvertrags ein 'Kräftegleichgewicht' zwischen der ZIT und der WAW einerseits und dem privaten Partner VBM andererseits herstellen. Dies würde der ZIT eine einem Anteilsinhaber von 50% des Gesellschaftskapitals gleichzuhaltende Stellung einräumen. Gemäß Judikatur und Gesetz wären daher die Voraussetzungen für die Prüfungskompetenz des Rechnungshofes gegeben. Diese Ansicht ist unrichtig. Dazu wie folgt:

2.4.2 Rechtsgutachten vom 13.02.2013

Der Rechnungshof beruft sich – insb durch zT wortgleiche Verwendung darin enthaltener Redewendungen – auf ein Gutachten des Rechtsanwalts Dr. S. F. vom 13.02.2013 zum Thema 'Zulässigkeit Gebarungsprüfung durch den Rechnungshof' betreffend die Gesellschaften WAW, ZIT und MQM. In diesem Gutachten wird die Prüfunterworfenheit der MQM auf Basis dem Gutachter vorliegender Verträge bejaht.

Im Wesentlichen macht sich der Rechnungshof diese gutachterliche Aussage zu Eigen und stützt sein Antragsvorbringen auf diese Beurteilung. Dabei übersieht der Rechnungshof jedoch, dass dieses Gutachten ausschließlich auf Verträge, welche dem Gutachter vorlagen, gegründet war. Nicht aber nahm der Gutachter eine umfassende Beurteilung der wirtschaftlichen, finanziellen und organisatorischen Einwirkungsmöglichkeiten der öffentlichen Hand bei der MQM vor (was dem Gutachter mangels Detailkenntnisse zur tatsächlichen Geschäftsgebarung der MQM wohl auch nicht möglich gewesen wäre). Vielmehr beschränkte er sich bei seiner Beurteilung auf die ihm vorliegenden Verträge bzw Vertragsauszüge.

Dass dieses Gutachten sohin nicht die zur Beurteilung der Prüfunterworfenheit der MQM gebotene Gesamtbetrachtung der Einwirkungsmöglichkeiten der öffentlichen Hand auf die Geschäftsgebarung der MQM bot (und auch nicht bieten konnte), wurde vom Rechnungshof übersehen. Dies offenbart sich in dem Umstand, dass der Rechnungshof jegliche Begründung, inwiefern tatsächliche, die Prüfunterworfenheit der MQM begründende finanzielle, wirtschaftliche oder organisatorische Einwirkungsmöglichkeiten der ZIT in die Gebarung der MQM vorliegen, schon im Ansatz schuldig blieb. Die bloß undifferenzierte Wiedergabe des in Rede stehenden Gutachtens, genügt aus den angeführten Gründen nicht. Insofern ist das Antragsvorbringen des Rechnungshofs unschlüssig bzw unvollständig.

Dass tatsächlich eine umfassendere Betrachtungsweise geboten ist, zeigt alleine schon der Umstand, dass in dem in Rede stehenden Gutachten deutlich gemacht wird, dass Gesellschaftsvertrag und Syndikatsvertrag die ZIT nicht majorisieren. Lediglich auf schuldrechtlicher Ebene wird die 'grundsätzlich einvernehmliche Zusammenarbeit' gefordert, aus der der Rechnungshof eine tatsächliche Beherrschung abzuleiten versucht. Von einem 'Kräftegleichgewicht' kann lediglich deswegen gesprochen werden, weil die beteiligten Gesellschaften gleichermaßen am Erfolg des Projekts 'MQM' interessiert sind und das einvernehmliche Vorgehen diesem Interesse zu Gute kommt (anzumerken ist, dass sowohl die ZIT als auch die WAW durch den Syndikatsvertrag keine Position erlangen, aus der eine 'tatsächliche' Beherrschung der MQM abgeleitet werden könnte). Das gemeinsame Interesse am Gelingen eines Projekts bewirkt jedoch keine tatsächliche Beherrschung. Dass die ZIT tatsächlich keinen 'majorisierenden' Einfluss hat, dh keine 'tatsächliche' Beherrschung gegenüber der MQM ausübt, zeigt sich an Hand zahlreicher Punkte, welche im Gutachten nicht (und damit auch nicht im Antrag des Rechnungshofs) thematisiert wurden:

2.4.3 Bestimmungen zu Gunsten der MQM über die Vertretung der Gesellschaft

Der Rechnungshof führt in Anlehnung an das Gutachten aus, dass gemäß Pkt III Abs3 des Syndikatsvertrags sowohl die ZI

Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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