TE Vwgh Erkenntnis 2013/12/11 2013/12/0016

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Veröffentlicht am 11.12.2013
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
63/01 Beamten-Dienstrechtsgesetz;
63/02 Gehaltsgesetz;
64/05 Sonstiges besonderes Dienstrecht und Besoldungsrecht;

Norm

AVG §59 Abs1;
BDG 1979 §80 Abs5;
BDG 1979 §80 Abs7;
BDG 1979 §80 Abs9;
GehG 1956 §24a Abs4;
RStDG §70a Abs5;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok, die Hofräte Dr. Zens, Dr. Thoma und Dr. Pfiel sowie die Hofrätin Mag. Rehak als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Köhler, über die Beschwerde der GK in W, vertreten durch Dr. Walter Riedl, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Franz Josefs-Kai 5, gegen den Bescheid des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport vom 18. Dezember 2012, Zl. P401644/21- PersC/2012, betreffend u.a. Neufestsetzung der Grundvergütung einer Naturalwohnung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird in seinem Spruchpunkt 2. wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin steht seit 1. Dezember 2011 in einem öffentlich-rechtlichen Ruhestandsverhältnis zum Bund.

Während ihrer Aktivdienstzeit war ihr mit Bescheid vom 24. März 1977 eine Naturalwohnung zugewiesen worden.

Mit einem Bescheid vom 12. Jänner 2012 verfügte das Streitkräfteführungskommando gegenüber der Beschwerdeführerin Folgendes:

"Gemäß § 80 Abs. 5 Ziffer 1 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes (BDG) 1979, BGBl. Nr. 333, wird Ihnen die mit Bescheid des BMLV vom 24 03 1977, Zl. 209.681/2-2.3/77, zugewiesene Naturalwohnung … mit Wirksamkeit vom 01. Dezember 2011 entzogen, da Sie mit Ablauf des 30 11 2011 in den Ruhestand versetzt wurden.

Gemäß § 80 Abs. 7 BDG 1979 wird Ihnen eine Räumungsfrist von sechs Monaten gewährt.

Sie haben die Naturalwohnung bis spätestens 31 05 2012 geräumt an das Militärkommando WIEN zu übergeben.

Aufgrund Ihrer Versetzung in den Ruhestand mit Ablauf das 30 11 2011, wird für die Ihnen zugewiesene Naturalwohnung ab 01 12 2011 bis zum Zeitpunkt der Rückgabe, wegen dem Wegfall der Begünstigungen gemäß § 24a Abs. 4 des Gehaltsgesetzes 1956 (GehG), die Grundvergütung mit 100 % der Bemessungsgrundlage mit EUR 547,10 neu festgesetzt."

Gegen diesen Bescheid richtete sich eine Berufung der Beschwerdeführerin, welche sich gegen die Neufestsetzung der Vergütung für die Naturalwohnung wendete. Erst in einer am 12. März 2012 erstatteten Ergänzung zu dieser Berufung bekämpfte sie auch die rückwirkende Entziehung ihrer Naturalwohnung schon mit 1. Dezember 2011.

Mit Spruchpunkt 1. des Bescheides der belangten Behörde vom 18. Dezember 2012 wurde die Berufung der Beschwerdeführerin hinsichtlich der Entziehung der Naturalwohnung als verspätet zurückgewiesen.

Mit Spruchpunkt 2. dieses Bescheides wurde die Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid vom 12. Jänner 2012 hinsichtlich der Neufestsetzung der Grundvergütung als unbegründet abgewiesen.

Begründend führte die belangte Behörde zu Spruchpunkt 2. ihres Bescheides im Wesentlichen Folgendes aus:

"Zu Spruchpunkt 2:

Ihre gegen den Bescheid des Streitkräfteführungskommandos vom 12. Jänner 2012, Zl. P401644/14-SKFüKdo/J1/2011, hinsichtlich der Neufestsetzung der Grundvergütung ab 01. Dezember 2011 fristgerecht eingebrachte Berufung vom 19. Jänner 2012 wird abgewiesen und der angefochtene Bescheid hinsichtlich dieses Punktes bestätigt.

Bezüglich der Bemessungsgrundlage für die Grundvergütung wird wie folgt erwogen: Diese ist bei vom Bund angemieteten Wohnungen, welche ehemalige BIG-Wohnungen waren, die Nutzfläche (m2) x dem gemittelten Richtwert gemäß Richtwertgesetz.

Der gemittelte Richtwert beträgt derzeit EUR 5,11 pro m2.

Die Grundvergütung beträgt in Ihrem Fall derzeit (gerundet):

107,06 m2 x EUR 5,11 = EUR 547,10.

Aufgrund Ihrer Versetzung in den Ruhestand mit Ablauf des 30. November 2011 war für die Ihnen zugewiesene Naturalwohnung ab 01. Dezember 2011 bis zum Zeitpunkt der Rückgabe wegen Wegfalles der Begünstigungen gemäß § 24a Abs. 4 des Gehaltsgesetzes 1956 die Grundvergütung mit 100% der Bemessungsgrundlage mit EUR 547,10 neu festzusetzen."

Ausschließlich gegen den Spruchpunkt 2. des angefochtenen Bescheides richtet sich die Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof. Die Beschwerdeführerin macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheidpunktes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften mit dem Antrag geltend in der Sache zu erkennen und festzustellen, dass die Neufestsetzung der Grundvergütung unzulässig gewesen sei, hilfsweise den angefochtenen Bescheidpunkt wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes oder wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in welcher sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 80 Abs. 2, Abs. 5 Z. 1, Abs. 7 und Abs. 9 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979, BGBl. Nr. 333 (im Folgenden: BDG 1979), in der Fassung dieses Paragrafen durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 176/2004, lautet:

"Sachleistungen

§ 80. ...

(2) Dem Beamten kann im Rahmen des Dienstverhältnisses eine Dienst- oder Naturalwohnung zugewiesen werden. Dienstwohnung ist eine Wohnung, die der Beamte zur Erfüllung seiner dienstlichen Aufgaben beziehen muß, Naturalwohnung ist jede andere Wohnung. Die Zuweisung oder der Entzug einer Dienst- oder Naturalwohnung hat durch Bescheid zu erfolgen.

...

(5) Die Dienstbehörde kann die Dienst- oder Naturalwohnung entziehen, wenn

1. der Beamte an einen anderen Dienstort versetzt wird

oder aus dem Dienststand ausscheidet, ohne daß das Dienstverhältnis aufgelöst wird,

...

(7) Ist eine Dienst- oder Naturalwohnung entzogen worden, so hat sie der Beamte innerhalb der ortsüblichen Frist zu räumen. Die Räumungsfrist kann, wenn es das dienstliche Interesse erfordert, bis auf einen Monat herabgesetzt werden. Eine Verlängerung der Räumungsfrist bis auf insgesamt ein Jahr ist zulässig, wenn der Beamte glaubhaft macht, daß es ihm nicht gelungen ist, innerhalb der Räumungsfrist eine andere Wohnmöglichkeit zu erhalten.

...

(9) Die Dienstbehörde kann dem Beamten, der an einen anderen Dienstort versetzt wurde, dem Beamten des Ruhestandes oder den Hinterbliebenen des Beamten, die mit diesem bis zu dessen Tod im gemeinsamen Haushalt gelebt haben, so lange die tatsächliche Benützung der Naturalwohnung gestatten, als diese nicht für einen Beamten des Dienststandes dringend benötigt wird. Die Abs. 3 bis 8 gelten sinngemäß."

§ 24a Abs. 1 bis 4 des Gehaltsgesetzes 1956, BGBl. Nr. 54 (im Folgenden: GehG), in der Fassung dieses Paragrafen nach dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 130/2003, lautet:

"Vergütung für Dienst- und Naturalwohnungen

§ 24a. (1) Der Beamte hat für eine Wohnung oder eine sonstige Räumlichkeit, die ihm nach § 80 BDG 1979 oder nach vergleichbaren gesetzlichen Bestimmungen überlassen oder zugewiesen worden ist, eine monatliche Vergütung zu leisten. Die Vergütung besteht aus der Grundvergütung und den auf die Wohnung oder die sonstige Räumlichkeit entfallenden Anteilen an den Betriebskosten und den öffentlichen Abgaben sowie an den Nebenkosten.

     (2) Bemessungsgrundlage für die Grundvergütung ist bei

     1.        vom Bund gemieteten

     a)        Wohnungen und

     b)        sonstigen Räumlichkeiten der Hauptmietzins, den der

Bund zu leisten hat,

     2.        im Eigentum des Bundes stehenden Baulichkeiten oder

bei Baulichkeiten, für die der Bund die Kosten der notwendigen Erhaltung trägt, obgleich sie nicht im Eigentum des Bundes stehen, sowie bei sonstigen Baulichkeiten jeweils jener Hauptmietzins, den der Bund bei Neuvermietung der Baulichkeit üblicherweise erhalten würde.

(3) Für Beamte des Dienststandes beträgt die Grundvergütung für

1.

Naturalwohnungen 75 vH,

2.

Dienstwohnungen 50 vH

der Bemessungsgrundlage. Aus wichtigen dienstlichen Gründen kann mit Zustimmung des Bundeskanzlers die Grundvergütung mit einem niedrigeren Hundertsatz bemessen werden.

(4) Wird die tatsächliche Benützung der Naturalwohnung nach § 80 Abs. 9 BDG 1979 oder nach vergleichbaren gesetzlichen Bestimmungen Beamten des Ruhestandes oder Hinterbliebenen des Beamten, die mit diesem bis zu dessen Tod im gemeinsamen Haushalt gelebt haben, gestattet, so beträgt die Grundvergütung 100 vH der Bemessungsgrundlage. Für Beamte des Ruhestandes ist die Grundvergütung mit Wirksamkeit von dem auf das Ausscheiden aus dem Dienststand folgenden Monatsersten neu zu bemessen. Für die Hinterbliebenen des Beamten ist die Grundvergütung mit Wirksamkeit von dem auf den Tod des Beamten folgenden Monatsersten neu zu bemessen."

Die Wortfolge "oder nach vergleichbaren gesetzlichen Bestimmungen" in § 24a Abs. 4 GehG geht auf die Novelle BGBl. I Nr. 127/1999 zurück. In den Erläuterungen zu dieser Novellierung (RV 1764 BlgNR 20. GP, 82) heißt es:

"Da diese Bestimmungen auch für Richter gelten und an diese Wohnungen nach dem Richterdienstgesetz zugewiesen werden, ist eine entsprechende Ergänzung der Bezugnahme auf das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 erforderlich. Diese Regelungen dienen lediglich der Klarstellung und haben keine finanziellen Auswirkungen."

In der Beschwerde wird unter dem Gesichtspunkt einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides gerügt, dass die belangte Behörde im Instanzenzug eine auf § 24a Abs. 4 GehG gestützte Neubemessung der Grundvergütung vorgenommen habe, ohne dass (für den Zeitraum nach der Entziehung der Naturalwohnung) ein dafür erforderliches Gestattungsverhältnis im Verständnis des § 80 Abs. 9 BDG 1979 mit der Beschwerdeführerin begründet worden wäre.

Mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerdeführerin eine inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf:

Der zweite Satz des § 24a Abs. 4 GehG meint unter der Wendung neu zu bemessen lediglich die im ersten Satz dieser Bestimmung vorgesehene Anhebung der Grundvergütung auf 100 v.H. für Ruhestandsbeamte bzw. deren Hinterbliebene, denen die (weitere) Benützung der Naturalwohnung nach § 80 Abs. 9 BDG 1979 gestattet wurde (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 28. April 2000, Zl. 99/12/0311). § 24a Abs. 4 zweiter Satz GehG ermächtigt daher nicht schon zu einer Neubemessung der Vergütung der Naturalwohnung aus Anlass der Ruhestandsversetzung des Beamten, sondern setzt vielmehr voraus, dass ihm die Naturalwohnung zunächst wirksam entzogen und gemäß § 80 Abs. 9 BDG 1979 ein Gestattungsverhältnis anstelle des Naturalwohnungsverhältnisses begründet wird. Dabei ist ein Gestattungsverhältnis nach § 80 Abs. 9 BDG 1979 bescheidmäßig zu begründen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. Juni 2002, Zl. 2000/12/0238). Bei der Entziehung einer Naturalwohnung nach § 80 Abs. 5 BDG 1979 einerseits sowie der Gestattung ihrer Benützung nach § 80 Abs. 9 BDG 1979 andererseits handelt es sich um verschiedene "Verwaltungssachen", die in gesonderten Verfahren abzuhandeln und in gesonderten Bescheiden bzw. Spruchpunkten zu erledigen sind (vgl. das hg. Erkenntnis vom 16. September 2013, Zl. 2013/12/0098).

Vorliegendenfalls hat die erstinstanzliche Dienstbehörde zwar mit dem insofern in Rechtskraft erwachsenen Bescheid vom 12. Jänner 2012 einen Entzug der Naturalwohnung verfügt; eine gesonderte Begründung eines Gestattungsverhältnisses nach § 80 Abs. 9 BDG 1979 ist aber nicht erfolgt.

Bei dem in dem genannten Bescheid als Rechtsgrundlage der gleichfalls verfügten Gewährung einer Räumungsfrist von sechs Monaten herangezogenen § 80 Abs. 7 BDG 1979 handelt es sich nicht um eine dem § 80 Abs. 9 BDG 1979 "vergleichbare gesetzliche Bestimmung" im Verständnis des § 24a Abs. 4 erster Satz GehG. Wie die Gesetzesmaterialien zur Einfügung der diesbezüglichen Wortfolge in den § 24a Abs. 4 GehG durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 127/1999 zeigen, sind unter "vergleichbaren gesetzlichen Bestimmungen" Ermächtigungen zur Begründung von Gestattungsverhältnissen in dienstrechtlichen Normen für Beamte, auf die das BDG 1979 und damit auch § 80 Abs. 9 leg. cit. nicht anwendbar sind, wie insbesondere § 70a Abs. 5 des (nunmehrigen) Richter- und Staatsanwaltsdienstgesetzes, BGBl. Nr. 305/1961, gemeint (vgl. weitere Beispiele bei Zach-Koblizek, GehG, Anmerkung 8 zu § 24a).

Aus diesen Erwägungen erweist sich der angefochtene Bescheidpunkt als mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet. Da der Verwaltungsgerichtshof vorliegendenfalls von seiner Ermächtigung gemäß § 42 Abs. 3a VwGG in der Sache selbst zu entscheiden nicht Gebrauch macht, war der angefochtene Bescheidpunkt gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am 11. Dezember 2013

Schlagworte

Trennbarkeit gesonderter AbspruchBesondere RechtsgebieteAuslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Verhältnis der wörtlichen Auslegung zur teleologischen und historischen Auslegung Bedeutung der Gesetzesmaterialien VwRallg3/2/2

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2013:2013120016.X00

Im RIS seit

27.12.2013

Zuletzt aktualisiert am

03.03.2014
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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