TE Vfgh Erkenntnis 2013/9/26 G93/2012 ua, V60/2012 ua

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Veröffentlicht am 26.09.2013
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Index

L9200 Sozialhilfe, Grundsicherung, Mindestsicherung

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
B-VG Art18 Abs2
Stmk SozialhilfeG §28 Z2 lita
Stmk SozialhilfeG-DurchführungsV 2012 §4, §5, §6
Stmk SozialhilfeG-RegressV 2011
ABGB §231, §234

Leitsatz

Gleichheitsrechtliche Unbedenklichkeit der im Stmk Sozialhilfegesetz normierten Aufwandersatzpflicht unterhaltspflichtiger Eltern und Kinder; Ersatzpflicht an die von der Behörde zu prüfende zivilrechtliche Unterhaltspflicht geknüpft und mit der Höhe dieser Unterhaltspflicht begrenzt; einfach handhabbare Pauschalierungsregelung sachlich gerechtfertigt; Abweisung der Anträge des UVS Steiermark auf Aufhebung der als gleichheitswidrig erachteten gesetzlichen Regelung sowie darauf basierender Verordnungsbestimmungen

Spruch

I.  Die Anträge auf Aufhebung der Wortfolge "und des §28 Z2 lita" im Einleitungssatz der Verordnung der Steiermärkischen Landesregierung vom 1. März 2012, mit der das Steiermärkische Sozialhilfegesetz durchgeführt wird (Steiermärkisches Sozialhilfegesetz-Durchführungsverordnung – StSHG-DVO), LGBl Nr 18/2012, werden zurückgewiesen.

II. Im Übrigen werden die Anträge abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe

I. Anlassverfahren, Antragsvorbringen und Vorverfahren

1. Beim Unabhängigen Verwaltungssenat für die Steiermark (im Folgenden: UVS) sind Berufungsverfahren gegen Bescheide des Bezirkshauptmannes von Deutschlandsberg, des Bezirkshauptmannes von Bruck an der Mur, des Bezirkshauptmannes von Feldbach, des Magistrates der Stadt Graz, des Bezirkshauptmannes von Graz-Umgebung, des Bezirkshauptmannes von Hartberg, des Bezirkshauptmannes von Leibnitz, des Bezirkshauptmannes von Leoben, des Bezirkshauptmannes von Liezen, des Bezirkshauptmannes von Murau, des Bezirkshauptmannes von Mürzzuschlag und des Bezirkshauptmannes von Weiz anhängig, mit denen diese Behörden über die monatliche Aufwandersatzpflicht von Kindern bzw. Elternteilen, deren Elternteile bzw. Kinder Leistungen nach dem Steiermärkischen Sozialhilfegesetz bezogen haben, abgesprochen haben.

1.1. Aus Anlass dieser Verfahren stellt der UVS die auf Art140 B-VG gestützten und beim Verfassungsgerichtshof zu G93/2012, G121/2012 und G77/2013 protokollierten Anträge, §28 Z2 lita Steiermärkisches Sozialhilfegesetz (SHG) LGBl 29/1998 in der derzeit geltenden Fassung LGBl 10/2012, in eventu den 2. Satz des §28 Z2 lita SHG "Bei der Festsetzung der Ersatzpflicht ist auf das Einkommen (§5) und das Angehörigenverhältnis der ersatzpflichtigen Person Bedacht zu nehmen", als verfassungswidrig aufzuheben.

1.2. Des Weiteren stellt der UVS die auf Art139 B-VG gestützten Anträge (beim Verfassungsgerichtshof zu V60/2012, V88/2012 und V54/2013 protokolliert), im Einleitungssatz der Verordnung der Steiermärkischen Landesregierung vom 1. März 2012, mit der das Steiermärkische Sozialhilfegesetz durchgeführt wird (Steiermärkisches Sozialhilfegesetz-Durchführungsverordnung – StSHG-DVO), LGBl 18/2012, die Wortfolge "und des §28 Z2 lita" sowie den 2. Abschnitt mit den §§4, 5 und 6 wegen Verletzung des Gleichheitssatzes als verfassungswidrig aufzuheben.

1.3. Darüber hinaus stellt der UVS die auf Art139 B-VG gestützten Anträge (beim Verfassungsgerichtshof zu V61/2012, V13/2013 und V55/2013 protokolliert), der Verfassungsgerichtshof möge aussprechen, dass die Verordnung der Steiermärkischen Landesregierung vom 1. August 2011 über die Höhe der Ersatzpflicht von Eltern und Kindern von Hilfeempfängern nach dem Steiermärkischen Sozialhilfegesetz (StSHG-RegressVO), LGBl 78/2011, außer Kraft getreten mit Ablauf des 8. März 2012, gemäß §8 StSHG-DVO, LGBl 18/2012, verfassungswidrig war.

1.4. Begründend führt der UVS aus (ohne die Hervorhebungen durch den antragstellenden UVS):

"Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hegt gegen die gesetzliche Regelung des §28 Z2 lit a SHG, deren Aufhebung er beantragt, Bedenken im Hinblick auf den Gleichheitsgrundsatz gemäß Artikel 7 B-VG, die wie folgt näher ausgeführt werden:

§28 Z2 SHG sah bis 31.10.2008 eine Aufwandersatzpflicht für die dem Hilfeempfanger nach bürgerlichem Recht zum Unterhalt verpflichteten Eltern, Kinder und Ehegatten vor, wobei sich die Höhe der Aufwandersatzpflicht nach dem Unterhaltsrecht, konkret nach den §§94, 140 und 143 ABGB, sowie 66ff EheG richtete. Durch die Novelle des SHG, LGBl Nr 113/2008 entfiel die Bestimmung des §28 Z2 SHG, sodass es ab 01.11.2008 in der Steiermark keinen 'Pflegeregress' für Kinder, Eltern und Ehegatten mehr gegeben hat. Mit der Novelle des SHG, LGBl Nr 64/2011 wurde die Bestimmung des §28 Z2 SHG neu gefasst und die Aufwandersatzpflicht von Eltern und Kindern wieder eingeführt, wobei dieser 'Pflegeregress' zwar mit 01.08.2011 in Kraft getreten ist, jedoch auf grund der Übergangsbestimmung des §44f Abs2 SHG für Hilfeleistungen an Sozialhilfeempfanger, für die bereits mit Inkrafttreten der Novelle am 01.08.2011 die Pflegeheimrestkosten übernommen wurden, die Ersatzpflicht für die Eltern und Kinder erst ab dem 01.01.2012 wirksam geworden ist. Hatte sich die alte Regelung des §28 Z2 SHG noch ausschließlich am Unterhaltsrecht orientiert, so sieht die neue Regelung lediglich vor, dass Eltern und Kinder nach Bürgerlichem Recht unterhaltspflichtig sein müssen. Hinsichtlich der Höhe der Aufwandersatzleistung ist nicht nach dem Unterhaltsrecht und nach der Judikatur der Zivilgerichte vorzugehen, sondern entscheidend ist nach §28 Z2 lit a SHG nur mehr das Angehörigenverhältnis (Kind oder Elternteil) und das Einkommen im Sinne des §5 SHG.

Für die Anlassfälle bedeutet dies, dass das Einkommen der aufwandersatzpflichtigen Kinder festgestellt wurde und davon nach der Tabelle des §3 StSHG-RegressVO bzw. des §6 StSHG-DVO der Aufwandersatz nach dem jeweils festgesetzten Prozentsatz des Einkommens der Aufwandersatzpflichtigen ermittelt wurde. Dabei wurde nicht berücksichtigt, ob die aufwandersatzpflichtigen Personen sonstige Unterhaltspflichten haben.

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hegt keine Bedenken, dass es der rechtspolitische Gestaltungsspielraum dem Landesgesetzgeber erlaubt, die Unterhaltspflicht mit pauschalen Prozentsätzen – die noch dazu weit unter den in der unterhaltsrechtlichen Judikatur ausgebildeten Prozentsätzen liegen – festzusetzen, zumal den Aufwandersatzpflichtigen der Gegenbeweis insofern zusteht, dass sie den Nachweis einer niedrigeren Unterhaltsverpflichtung durch eine rechtskräftige gerichtliche Entscheidung erbringen können.

Der Verfassungsgerichtshof hat aber in ständiger Rechtsprechung zur Familienbesteuerung (VfSlg 12.940/1991, 14.992/1997) die Auffassung vertreten, dass die Unterhaltsleistung an Kinder nicht bloß eine Sache der privaten Lebensgestaltung ist, sondern auch im Interesse der Allgemeinheit liegt. Wegen der steuerlichen Nichtberücksichtigung der Unterhaltsleistungen die unterhaltspflichtigen Eltern gegenüber nicht unterhaltspflichtigen Personen diskriminiert, wobei die Transferleistungen (Familienbeihilfe, steuerliche Kinderzuschläge) dies nicht ausreichend ausgleichen.

So hatte der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 10.06.2002, GZ: B1326/01, worin es um die Gewährung einer Studienbeihilfe ging, keine verfassungsrechtlichen Bedenken, dass die soziale Bedürftigkeit im Sinne des Studienförderungsgesetzes an das Einkommen, den Familienstand und die Familiengröße des Studierenden, seiner Eltern und seines Ehegatten anknüpfte. Im damals in Geltung stehenden Studienförderungsgesetz wurde die zumutbare Unterhaltsleistung der Eltern mit pauschalen Prozentsätzen der Bemessungsgrundlage festgelegt und wurde somit grundsätzlich nicht auf den zivilrechtlichen Unterhaltsanspruch abgestellt. Der Verfassungsgerichtshof sah darin keine Bedenken mit der Begründung, dass das Verfahren über die Zuerkennung einer Studienbeihilfe als Massenverfahren aus verwaltungsökonomischen Gründen ohne aufwendige Ermittlungen auskommen muss, die erforderlich wären, um die genaue Höhe der tatsächlichen Unterhaltsleistung im Einzelfall festzustellen. Sieht man sich aber die Bestimmungen über die Ermittlung des Einkommens im Studienförderungsgesetz an, so fällt auf, dass weitere Unterhaltspflichten des Studierenden bzw. seiner Eltern sehr wohl zu berücksichtigen sind. Sah das Studienförderungsgesetz 1969 noch vor, dass sich die Einkommensgrenze für jede Person erhöht, für die der Studierende oder einer der beiden Elternteile Unterhalt zu leisten hat, so sieht §32 Abs1 Studienförderungsgesetz 1992 in der derzeit geltenden Fassung vor, dass die Bemessungsgrundlage des Studierenden, seiner Eltern sowie seines Ehegatten oder seines eingetragenen Partners das Einkommen gemäß den §§8 bis 10 abzüglich der Freibeträge gemäß Abs4 und der nachstehenden Absetzbeträge für die Person, für die entweder der Studierende, einer seiner Elternteile oder sein Ehegatte oder eingetragener Partner kraft [Gesetzes] Unterhalt leistet, umfasst.

Diese Absetzbeträge gliedern sich wie folgt:

1. Für jede Person bis zur Vollendung des 6. Lebensjahres € 2.762,00;

2. Für jede Person nach Vollendung des 6. Lebensjahres bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres € 3.707,00;

3. Für jede Person nach Vollendung des 14. Lebensjahres bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres € 4.216,00;

4. Für jede Person nach Vollendung des 18. Lebensjahres, die gemäß §123 Abs4 ASVG als Angehörige gilt oder begünstigt in der Krankenversicherung selbst versichert ist oder die Studienbeihilfe bezieht, ein Betrag in der Höhe der Höchststudienbeihilfe gemäß §26 Abs1; sofern es sich jedoch um auswärtige Studierende im Sinne des §26 Abs2 handelt, ein Betrag in der Höhe der Höchststudienbeihilfe gemäß §26 Abs2;

5. Für jedes erheblich behinderte Kind im Sinne des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 weitere € 1.890,00.

Im Kärntner Mindestsicherungsgesetz (K-MSG) gibt es ebenfalls Pflegeregressbestimmungen, die im Wesentlichen mit 01.07.2012 Kraft getreten sind. §48 Abs1 K-MSG normiert zunächst, dass Personen, die gesetzlich zum Unterhalt des Mindestsicherungsempfängers verpflichtet sind, die Kosten für Leistungen der sozialen Mindestsicherung im Rahmen der sie treffenden Verpflichtungen zu ersetzen haben. Gemäß §48 Abs2 K-MSG hat die Landesregierung das prozentuelle Ausmaß der Ersatzpflicht von Eltern oder Kindern eines Mindestsicherungsempfängers durch Verordnung festzulegen. Bei der Festlegung der Höhe der Ersatzpflicht ist auf die finanzielle Leistungskraft und sonstige Unterhaltsverpflichtungen der ersatzpflichtigen Person Bedacht zu nehmen. Im §49 Abs2 Kärntner Mindestsicherungsgesetz wird nochmals festgehalten, dass bei der Geltendmachung von Ersatzansprüchen gegenüber Unterhaltspflichtigen auf deren wirtschaftliche Verhältnisse und ihre sonstigen Sorgepflichten Bedacht zu nehmen ist.

§5 der Kärntner Sozialkostenbeteiligungsverordnung, LGBl Nr 54/2012 sieht folgende Abzüge von der Berechnungsgrundlage vor:

1.) Für Ehegatten, ehemalige Ehegatten sowie eingetragene Partner und ehemalige eingetragene Partner: 56 vH des von der gemäß §12 Abs2 K-MSG für das jeweilige Kalenderjahr erlassene Kärntner Mindeststandard-Verordnung festgelegten Mindeststandards;

2.) für volljährige Kinder bis zum vollendeten 30. Lebensjahr: jeweils 37 vH des Mindeststandards nach Z1;

3.) für volljährige Kinder, welche zufolge eines Studiums nicht bei den Eltern wohnen, wenn die auswärtige Wohnung für Zwecke des Studiums erforderlich ist, bis zum vollendeten 30. Lebensjahr: jeweils 46 vH des Mindeststandards nach Z1;

4.) für Kinder mit Behinderung (erhöhte Familienbeihilfe); jeweils 53 vH des Mindeststandards nach Z1;

5.) für das älteste, zweit- und drittälteste minderjährige Kind: jeweils 18 vH des Mindeststandards nach Z1;

6.) ab dem viertältesten minderjährigen Kind: jeweils 15 vH des Mindeststandards nach Z1.

Eine auch nur annähernd gleichartige Bestimmung wie sie das Studienförderungsgesetz oder das Kärntner Mindestsicherungsgesetz vorsehen, worin auf sonstige Unterhaltspflichten Bedacht genommen wird, kennt das Steiermärkische Sozialhilfegesetz nicht, woraus sich die verfassungsrechtlichen Bedenken ergeben.

Der Gleichheitsgrundsatz richtet sich an den Gesetzgeber. Er setzt ihm insofern verfassungsrechtliche Schranken, als er ihm verbietet, Differenzierungen vorzunehmen, die sachlich nicht gerechtfertigt sind (vgl. VfSlg 8457/1978, 10064/1984, 10084/1984). Dem Gleichheitsgrundsatz ist aber auch das Gebot einer differenzierenden Regelung wesentlich unterschiedlicher Sachverhalte immanent (vgl. VfSlg 2956/1956, 5208/1966, 8435/1978). Ungleiches darf nicht in unsachlicher Weise gleich behandelt werden (vgl. VfSlg 6410/1971, 9204/1981). Ob eine Regelung zweckmäßig ist und das Ergebnis in allen Fällen als befriedigend empfunden wird, kann nicht mit dem Maßstab des Gleichheitsgrundsatzes gemessen werden (VfSlg 12416/1990). In der Wahl der Mittel ist der Gesetzgeber weitgehend frei, er darf aber keine Mittel wählen, die zwar an sich geeignet wären, die aber zu einer sachlich nicht begründbaren Differenzierung führen.

Der Verfassungsgerichtshof subsumiert unter das allgemeine Sachlichkeitsgebot auch Fälle, in denen der Gesetzgeber wesentliche Unterschiede nicht berücksichtigt, eine zu wenig differenzierte Regelung getroffen hat oder eine Vorschrift, die für einen Teil der Normadressaten zu unzumutbaren Belastungen führt.

Eine Vorschrift, die ein verpöntes Differenzierungsmerkmal zwar nicht zum Anlass für eine rechtliche Differenzierung nimmt, sich auf die Träger dieser Merkmale aber faktisch ungleich auswirkt, muss daher im Lichte des allgemeinen Gleichheitssatzes stets auf ihre Rechtfertigung untersucht werden können. In Kauf genommen [werden] kann eine faktische Ungleichbehandlung nur, wenn das Interesse der Betroffenen nicht aufgrund einer persönlichen Eigenschaft benachteiligt zu werden zu Gunsten eines anderen schwerer wiegenden Interesses zurücktreten muss. Die Gleichheitsprüfung nimmt in solchen Fällen also zwangsläufig die Form einer Verhältnismäßigkeitsprüfung an. Zu fragen ist, ob die faktische Benachteiligung sich nicht hätte vermeiden lassen [können], ob das Regelungsziel also ebenso gut durch ein Mittel erreicht werden könnte, das derart ungleiche Auswirkungen nicht zeitigt. Steht ein gelinderes Mittel nicht zur Verfügung, so ist das Regelungsziel selbst zu hinterfragen (Magdalena Pöschl, Gleichheit vor dem Gesetz, 2008, S. 486f.).

Da die Unterhaltsleistung an Kinder, wie der Verfassungsgerichtshof wiederholt dargelegt hat, nicht bloß Sache privater Lebensgestaltung ist, erscheint es nicht verfassungskonform, die Personengruppe an aufwandersatzpflichtigen Eltern und Kindern, die selbst Unterhaltspflichten zu tragen hat, mit der Personengruppe von aufwandersatzpflichtigen Eltern und Kindern, die keine Unterhaltspflichten mehr zu tragen hat, gleich zu behandeln. Angesichts der Belastung durch die Unterhaltspflicht und die nicht zu vernachlässigende Zahl der Fälle, in denen Aufwandersatzpflichtige Unterhaltspflichten zu tragen haben, handelt es sich auch keinesfalls um bloße Einzel- oder Härtefälle. Es erscheint hier der rechtspolitische Gestaltungsspielraum verletzt, insbesondere da regelungstechnisch eine Differenzierung – wie aufgezeigt – möglich wäre.

Man könnte natürlich einwenden, dass die Aufwandersatzpflicht mit maximal 10 % des Einkommens begrenzt ist und daher – bis auf wenige Ausnahmefälle – der Aufwandersatzbetrag tatsächlich geringer ist als die Unterhaltspflicht nach Bürgerlichem Recht. Dies ändert aber nichts am Umstand, dass die Aufwandersatzpflichtigen gleich behandelt werden, gleichgültig ob sie weitere Unterhaltspflichten haben oder nicht.

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat daher erhebliche Bedenken, dass die Bestimmung des §28 Z2 lit a SHG gegen den Gleichheitsgrundsatz gemäß §7 B-VG verstößt. Es wird nämlich Ungleiches (Aufwandersatzpflichtige mit weiteren Sorgepflichten und Unterhaltspflichtige ohne weitere Unterhaltspflichten) gleich behandelt, in dem in allen Fällen ein gewisser Prozentsatz vom Einkommen als Aufwandersatz vorgeschrieben wird. Dies bedeutet im Ergebnis, dass jenen Aufwandersatzpflichtigen, die noch weitere Sorgepflichten haben, weniger Geld verbleibt, als Personen, die eben solche Sorgepflichten nicht oder nicht mehr haben, die Belastung de facto also größer ist. Die faktische Benachteiligung hätte sich vermeiden lassen (siehe Studienförderungsgesetz oder das K-MSG und die bezughabende Verordnung). Es ist auch nicht erkennbar, dass es für die Gleichbehandlung einen vernünftigen bzw. gerechtfertigten Grund geben würde, sodass beantragt wird, die Bestimmung des §28 Z2 lit a SHG als verfassungswidrig aufzuheben. Sollte der Verfassungsgerichtshof der Auffassung sein, dass die gänzliche Aufhebung des §28 Z2 lit a SHG überschießend wäre, so wird in eventu beantragt, den zweiten Satz dieser Bestimmung als verfassungswidrig aufzuheben, wonach bei der Festsetzung der Ersatzpflicht nur auf das Einkommen und das Angehörigenverhältnis der ersatzpflichtigen Person, nicht aber auf die Familiengröße Bedacht genommen wird.

Die Steiermärkische Regressverordnung über die Höhe der Ersatzpflicht von Eltern und [Kindern] von Hilfeempfangern nach dem Steiermärkischen Sozialhilfegesetz, die am 04. August 2011 in Kraft und mit 08. März 2012 außer Kraft trat, basiert auf der Bestimmung des §28 Z2 lit a SHG. Sollte der Verfassungsgerichtshof die Bedenken des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark hinsichtlich der Verfassungswidrigkeit dieser Bestimmung teilen, wird zugleich beantragt, auszusprechen, dass die auf dieser Bestimmung basierende StSHG-RegressVO verfassungswidrig war. In dieser Verordnung wurde – wie im 2. Abschnitt der StSHG-DVO – ausschließlich ausgehend vom Einkommen direkt die Höhe des Aufwandersatzes ermittelt.

Mit 09. März 2012 ist die Steiermärkische Sozialhilfegesetz-Durchführungsverordnung in Kraft getreten. Diese regelt im ersten Abschnitt das Einkommen im Sinne des §5 Abs1a SHG und im zweiten Abschnitt die Ersatzansprüche auf Grund der Bestimmung des §28 Z2 lit a SHG. Für den Fall, dass die Bestimmung des §28 Z2 lit a SHG als verfassungswidrig aufgehoben wird, wird weiters beantragt, dass die Wortfolge im Einleitungssatz der Verordnung 'und des §28 Z2 lit a' und die Bestimmungen des zweiten Abschnittes der Verordnung (§4 Ersatzansprüche, §5 Ersatzpflicht jedes Elternteiles, §6 Ersatzpflicht jedes Kindes) als verfassungswidrig aufgehoben werden. Die Bestimmungen im ersten Abschnitt über das Einkommen wären von einer allfälligen Verfassungswidrigkeit des §28 Z2 lit a SHG nicht berührt, gelten die Bestimmungen über das Einkommen doch auch für jene Fälle, in denen es um die Eigenmittel der Hilfeempfänger nach dem SHG geht."

1.5. In seinen zu G77/2013, V54, 55/2013 protokollierten Anträgen übt der antragstellende UVS darüber hinaus Kritik am zur vergleichbaren Rechtslage im Steiermärkischen Mindestsicherungsgesetz ergangenen Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 14. März 2013, G105/12, V73, 74/12.

2. Die Steiermärkische Landesregierung erstattete im Wesentlichen gleichlautende Äußerungen, in denen sie die Abweisung der Anträge des UVS mangels Verfassungswidrigkeit des angefochtenen §28 Z2 lita SHG bzw. des im Eventualantrag angefochtenen 2. Satzes des §28 Z2 lita SHG begehrt.

2.1. Die Steiermärkische Landesregierung bestreitet die Präjudizialität des angefochtenen §28 Z2 lita SHG bzw. des in den Eventualanträgen angefochtenen 2. Satzes des §28 Z2 lita SHG nicht. Zur Zulässigkeit der Anträge auf Aufhebung bzw. Feststellung der Gesetzwidrigkeit der angefochtenen Verordnungsbestimmungen bringt die Steiermärkische Landesregierung jedoch Folgendes vor (ohne die Hervorhebungen durch die Steiermärkische Landesregierung):

"Die StSHG-RegressVO ist nach Ansicht der Steiermärkischen Landesregierung nicht präjudiziell. Der UVS hat diese Verordnung in keinem Anlassfall anzuwenden. Dies folgt aus dem auch vom Verfassungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung vertretenen Grundsatz (siehe VfSlg 16.907 mwN), dass die Behörden ihrer Entscheidung die im Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides geltende Rechtslage zu Grunde zu legen haben. Die ggst. erstinstanzlichen Bescheide wurden alle zu einem Zeitpunkt erlassen, in dem die StSHG-RegressVO nicht mehr dem Rechtsbestand angehört hat. Diese Bescheide hätten daher nicht mehr auf diese Verordnung gestützt werden dürfen. Dies gilt auch für die vom UVS zu erlassenden Bescheide. Der Prüfungsantrag des UVS geht daher jedenfalls in jenen Fällen zu weit, in denen nach seiner Ansicht (…) beide Verordnungen anzuwenden sind."

2.2. In der Sache hält die Steiermärkische Landesregierung den Anträgen des UVS Folgendes entgegen:

"II. Zu den verfassungsrechtlichen Bedenken gegen §28 Z2 lita des Steiermärkischen Sozialhilfegesetzes (SHG), in eventu gegen den zweiten Satz des §28 Z2 lita SHG:

[…]

Gemäß §28 Z2 lita SHG sind Eltern und Kinder, soweit sie nach Bürgerlichem Recht verpflichtet sind, für den Hilfeempfänger Unterhalt zu leisten, zum Aufwandersatz gegenüber dem Sozialhilfeträger verpflichtet. Die Höhe des Aufwandersatzes ist durch Verordnung der Landesregierung zu regeln. Bei der Festsetzung des Aufwandersatzes ist auf das Einkommen (§5) und das Angehörigenverhältnis der ersatzpflichtigen Person Bedacht zu nehmen. Der Aufwandersatz ist mit der Höhe der Unterhaltsverpflichtung begrenzt.

Der erste Satz des §28 Z2 lita SHG bestimmt nicht nur den Kreis der zum Aufwandersatz verpflichteten Personen, sondern auch den Rahmen ('soweit'), innerhalb dessen diese Personen zum Ersatz verpflichtet werden können. Dieser ist mit der Höhe der Unterhaltspflicht nach bürgerlichem Recht begrenzt (der erste Satzteil des vierten Satzes statuiert dies auch expressis verbis). Demgemäß dürfen Unterhaltspflichtige nur höchstens in dem Umfang zum Ersatz herangezogen werden, in dem sie dem Empfänger der. Sozialhilfe Unterhalt leisten müssten (siehe auch Erkenntnis des VwGH ZI. 2001/11/0034, das zwar zur alten Rechtslage ergangen ist, aber auch für die neue Rechtslage zutrifft). Der Umfang der in den Anlassfällen maßgeblichen Unterhaltspflicht von Kindern gegenüber ihren Eltern ist in §143 Abs3 ABGB geregelt. Nach dieser Bestimmung hat ein Kind nur insoweit Unterhalt zu leisten, als es dadurch bei Berücksichtigung seiner sonstigen Sorgepflichten den eigenen angemessenen Unterhalt nicht gefährdet. Die zivilrechtliche Unterhaltspflicht von Kindern, die sonstige Sorgepflichten haben, gegenüber ihren Eltern ist also im Vergleich zu Kindern, die solche Sorgepflichten nicht haben, bei sonst gleicher Bemessungsgrundlage niedriger. Der Verweis auf diese zivilrechtliche Unterhaltspflicht in §28 Z2 lita erster Satz SHG impliziert somit auch die Berücksichtigung sonstiger Sorgepflichten. Es ist daher nicht erforderlich, dies zusätzlich expressis verbis im Gesetz festzuschreiben. Aus diesem Verweis folgt, dass die Vollziehung sonstige Unterhaltspflichten der Kinder bei der Festsetzung der Höhe der Ersatzpflicht zu berücksichtigen hat.

Der angefochtene §28 Z2 lita SHG unterscheidet sich von der Rechtslage vor der Novelle LGBl Nr 113/2008 in dem hier maßgeblichen Zusammenhang nur dadurch, dass die Landesregierung im Sinne eines verwaltungsökonomischen Vollzugs ermächtigt wird, die Höhe der Ersatzpflicht durch Verordnung festzulegen. Der dem Verordnungsgeber gesetzte Rahmen für die Festsetzung der Ersatzpflicht, nämlich der Umfang der zivilrechtlichen Unterhaltspflicht (siehe obige Ausführungen), hat sich nicht geändert. Die Vollziehung ist daher auch nach der geltenden Rechtslage an diesen gebunden. Das Gesetz überlässt dem Verordnungsgeber nur die nähere Ausgestaltung.

Die StSHG-DVO berücksichtigt sonstige Sorgepflichten im Rahmen der Ermittlung des Einkommens. Gemäß §2 StSHG-DVO sind vom Einkommen die Einkommensteuer gemäß §33 Abs1 EStG und die Sozialversicherungsbeiträge abzuziehen. Bei der abzuziehenden Einkommensteuer handelt es sich nicht um die tatsächlich zu leistende, sondern um eine fiktive, da bspw. Absetzbeträge wie insbesondere die Unterhaltsabsetzbeträge nicht von der Steuer abgezogen werden. Dadurch wird vom Einkommen der Ersatzpflichtigen, die sonstige Unterhaltspflichten haben, ein höherer Einkommensteuerbetrag abgerechnet, wodurch sich das Einkommen, das der Bemessung der Ersatzpflicht zu Grunde zu legen ist, verringert. Da die abzuziehenden Sozialversicherungsbeiträge bei Ersatzpflichtigen mit sonstigen Unterhaltspflichten im Allgemeinen ebenfalls höher sein werden, verringern auch diese das der Bemessung der Ersatzpflicht zu Grunde zu legende Einkommen.

Die vom UVS behauptete Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes liegt daher nicht vor.

Die der Grundregel des ersten Satzes des §28 Z2 lita SHG folgenden Sätze sind – entgegen der Rechtsansicht des UVS – nicht isoliert von dieser zu sehen. Sie stehen in engem Konnex mit dieser Bestimmung und haben grundsätzlich weder einen darüber hinausgehenden noch einen diese einschränkenden Inhalt.

So stellt der zweite Satz des §28 Z2 lita SHG, auf den sich der Eventualantrag des UVS stützt, lediglich auf Kriterien ab, die auch nach dem Bürgerlichen Recht für die Bemessung des Unterhalts maßgeblich sind. Dies bedeutet, dass der Verordnungsgeber, auch wenn es diesen Satz nicht gäbe, diese Kriterien für die Festlegung der Ersatzpflicht heranziehen müsste. Aus der gesetzlich vorgegeben Bedachtnahme auf das Einkommen und das Angehörigenverhältnis kann entgegen der Rechtsauffassung des UVS nicht geschlossen werden, dass der Gesetzgeber eine abschließende Regelung getroffen hat und die Vollziehung andere Kriterien nicht berücksichtigen darf bzw. auf Grund der obigen Ausführungen zum Rahmen der Ersatzpflicht sogar muss. Der Grund für die Aufnahme des zweiten Satzes in diese Bestimmung dürfte darin gelegen sein, dass der Gesetzgeber klarstellen wollte, dass dem SHG ein einheitlicher Einkommensbegriff, nämlich jener des §5, zu Grunde gelegt ist. (Der Initiativantrag, der zu dieser Bestimmung geführt hat, enthält diesbezüglich keine Erläuterungen.)

Zusammenfassend ist daher festzuhalten, dass die vom UVS behauptete Gleichheitswidrigkeit dem zweiten Satz des §28 Z2 lita SHG nicht anhaftet. Sie könnte daher, wenn überhaupt, nur der Vollziehung angelastet werden. Eine genauere Betrachtung des Prüfungsantrags des UVS bestätigt diese Einschätzung, da der UVS die Verfassungswidrigkeit des §28 Z2 lita SHG mit der – seiner Ansicht nach – gleichheitswidrigen Vollziehung dieser Bestimmung begründet.

III. Zur Aufhebung der StSHG-RegressVO, LGBl Nr 78/2011, und der Wortfolge 'und des §28 Z2 lita' im Einleitungssatz und des 2. Abschnitts mit den §§4 bis 6 der StSHG-DVO, LGBl Nr 18/2012:

[…]

Das Vorbringen des UVS beschränkt sich darauf, dass der Verfassungsgerichtshof die StSHG-RegressVO und die angefochtenen Teile der StSHG-DVO im Fall des Ausspruchs der Verfassungswidrigkeit des §28 Z2 lita SHG beheben soll. Der UVS begründet den Prüfungsantrag folglich nur mit dem Wegfall der gesetzlichen Grundlagen der (Teile der) Verordnungen. Sonstige Bedenken gegen die Gesetzmäßigkeit der angefochenen (Teile der) Verordnung werden nicht vorgebracht. Dazu kann daher auch kein Vorbringen erstattet werden."

3. Einige der beteiligten Parteien haben Äußerungen erstattet.

II. Rechtslage

1. Die relevanten Bestimmungen des Steiermärkischen Sozialhilfegesetzes (SHG), LGBl 29/1998, in der Fassung LGBl 10/2012, lauten (die angefochtenen Bestimmungen sind hervorgehoben):

"§1

Aufgabe der Sozialhilfe

(1) Durch die Sozialhilfe soll jenen Personen die Führung eines menschenwürdigen Lebens ermöglicht werden, die dazu der Hilfe der Gemeinschaft bedürfen.

(2) Die Sozialhilfe umfaßt:

a) Hilfe zur Sicherung des Lebensbedarfs,

b) Hilfe in besonderen Lebenslagen,

c) Soziale Dienste.

(3) Die Sozialhilfe ist zu gewähren, um eine bestehende Notlage zu beseitigen oder eine drohende Notlage abzuwenden. Sie ist fortzusetzen, wenn dies notwendig ist, um die Wirksamkeit der geleisteten Hilfe zu sichern.

[…]

§4

Voraussetzung der Hilfe

(1) Auf Hilfe zur Sicherung des Lebensbedarfes besteht für Personen, die den Lebensbedarf für sich und unterhaltsberechtigte Angehörige nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Mitteln und Kräften beschaffen können und ihn auch nicht von anderen Personen oder Einrichtungen erhalten, nach Maßgabe der Bestimmungen dieses Abschnittes ein Rechtsanspruch.

1. Wer sich in der Steiermark aufhält und zu einem mehr als dreimonatigen Aufenthalt berechtigt ist, hat einen Rechtsanspruch auf Leistungen im Sinne der §§7 und 14.

2. Wer sich in der Steiermark aufhält und die genannten Voraussetzungen nicht erfüllt, hat einen Rechtsanspruch im Sinne der §§7 Abs1 litb, c, d, Abs2 lita Z2 und 3 und litb und 14. Zur Vermeidung unbilliger Härten können vom Träger der Sozialhilfe als Träger von Privatrechten auch andere Leistungen gewährt werden.

(1a) - (3) […]

§5

Einsatz der eigenen Mittel

(1) Hilfe ist nur so weit zu gewähren, als das Einkommen und das verwertbare Vermögen des Hilfeempfängers nicht ausreichen, um den Lebensbedarf zu sichern.

(1a) Nähere Bestimmungen zum Einkommensbegriff hat die Landesregierung durch Verordnung zu erlassen.

(2) Hilfeempfänger haben Ansprüche gegenüber Dritten zu verfolgen, soweit dies nicht offenbar aussichtslos oder unzumutbar oder mit einem unverhältnismäßigen Kostenrisiko verbunden ist. Keine Rechtsverfolgungspflicht besteht bei Ansprüchen gemäß §947 ABGB sowie bei nichttitulierten Unterhaltsansprüchen des Hilfeempfängers.

(3) Zum verwertbaren Vermögen gehören nicht jene Sachen, die zur persönlichen Fortsetzung einer Erwerbstätigkeit oder zur Befriedigung allgemein anerkannter kultureller Bedürfnisse dienen.

(4) Hat der Hilfeempfänger Vermögen, dessen Verwertung ihm vorerst nicht möglich oder zumutbar ist, kann im Zuerkennungsbescheid oder in einem getrennten Verfahren die Sicherstellung des Ersatzanspruches verfügt werden.

(5) (entfallen)

§6

Einsatz der eigenen Kräfte

(1) Art und Ausmaß der Hilfe sind davon abhängig zu machen, daß der Hilfeempfänger bereit ist, seine Arbeitskraft in zumutbarer Weise zur Beschaffung seines Lebensbedarfes einzusetzen. Dabei ist auf den gesundheitlichen Zustand, das Lebensalter und nach Möglichkeit auf die berufliche Eignung und Vorbildung des Hilfeempfängers sowie auf die familiären Verhältnisse, insbesondere auf die geordnete Erziehung der unterhaltsberechtigten Kinder, Bedacht zu nehmen.

(2) – (3) […]

§7

Lebensbedarf

(1) Zum Lebensbedarf gehören:

a) der Lebensunterhalt (§8);

b) die erforderliche Pflege (§9);

c) die Krankenhilfe (§10);

d) die Hilfe für werdende Mütter und Wöchnerinnen (§11);

e) die Erziehung und Erwerbsbefähigung (§12).

(2) Der ausreichende Lebensbedarf ist durch geeignete Maßnahmen zu sichern. Je nach Bedarf und Zweckmäßigkeit werden gewährt:

a) Geldleistungen:

1. als richtsatzgemäße Geldleistungen, wenn Sozialhilfe voraussichtlich über einen längeren Zeitraum zu gewähren sein wird;

2. zur Kostendeckung einer notwendigen Heim oder Anstaltsunterbringung;

3. für einmalige Unterstützungen.

b) Sachleistungen,

wie insbesondere Unterkunft, Bekleidung und Lebensmittel. Sachleistungen sind vor allem dann zu gewähren, wenn eine zweckentsprechende Verwendung einer Geldleistung nicht gesichert ist oder erwartet werden kann.

[…]

§9

Erforderliche Pflege

(1) Zum Lebensbedarf gehört jene Pflege, die erforderlich wird, wenn auf Grund des körperlichen, geistigen oder psychischen Zustandes die Fähigkeit fehlt, die notwendigen Verrichtungen des täglichen Lebens ohne fremde Hilfe zu besorgen.

(2) Die erforderliche Pflege umfaßt

a) die mobile Pflege;

b) die Pflege in geeigneten stationären Einrichtungen;

c) die Versorgung mit Pflegemitteln und Pflegebehelfen. Kosten der Hilfe zu mobiler Pflege sind bis zu jenem Betrag zu gewähren, der vergleichsweise für dieselben Leistungen in einer stationären Einrichtung anfällt.

[…]

§13

Unterbringung in stationären Einrichtungen

(1) Pflegebedürftige Personen, die ihren Lebensbedarf auf Grund ihrer Pflege und Betreuungsbedürftigkeit sonst nicht in zumutbarer Weise ausreichend decken können, haben Anspruch auf Übernahme der Kosten oder Restkosten der Unterbringung in einer stationären Einrichtung. Bei Personen, die zumindest Pflegegeld der Stufe 4 beziehen, ist das Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen anzunehmen. Bei Personen, die nach den pflegegeldrechtlichen Bestimmungen ein Pflegegeld der Stufe 1 bis 3 beziehen oder bei denen das Verfahren der Pflegegeldeinstufung noch nicht abgeschlossen ist, ist die tatsächliche Notwendigkeit der Unterbringung sowie der Pflege und Betreuungserfordernisse durch ein amtsärztliches und/oder pflegerisches und/oder sozialarbeiterisches Gutachten zu bestätigen.

(2) – (6) […]

5. Abschnitt

Ersatz für Aufwendungen der Sozialhilfe

§28

Ersatzpflichtige

Zum Ersatz des Aufwandes gegenüber dem Sozialhilfeträger sind verpflichtet:

1. der Hilfeempfänger aus seinem Vermögen, soweit hierdurch das Ausmaß des Lebensbedarfes (§7) nicht unterschritten wird;

2. a) Eltern und Kinder, soweit diese nach Bürgerlichem Recht verpflichtet sind, für den Hilfeempfänger Unterhalt zu leisten, in der von der Landesregierung durch Verordnung kundzumachenden Höhe. Bei der Festsetzung der Ersatzpflicht ist auf das Einkommen (§5) und das Angehörigenverhältnis der ersatzpflichtigen Person Bedacht zu nehmen. Im Zeitraum der Inanspruchnahme der Sozialhilfeleistungen geleisteter Unterhalt ist anzurechnen. Die Ersatzpflicht ist mit der Höhe der Unterhaltsverpflichtung begrenzt, wobei der Nachweis einer im Gegensatz zu dem in der Verordnung genannten Betrag niedrigeren Unterhaltsverpflichtung durch den Ersatzpflichtigen zu erbringen ist. Der Nachweis gilt nur durch eine rechtskräftige gerichtliche Entscheidung als erbracht;

b) (geschiedene) Ehegattinnen/Ehegatten und eingetragene Partnerinnen/Partner (nach Auflösung der eingetragenen Partnerschaft). Unterhaltsverpflichtungen dieser Personen gegen die Hilfeempfänger gehen für die Dauer der Leistung auf den Träger der Sozialhilfe über, sobald dies der unterhaltspflichtigen Person schriftlich angezeigt wird. Mit Zustellung der schriftlichen Anzeige an die unterhaltspflichtige Person kann der Anspruch auch ohne Zutun der Hilfeempfänger geltend gemacht werden.

3. die Erben des Hilfeempfängers bis zur Höhe des Wertes des Nachlasses;

4. nicht unterhaltspflichtige Dritte, soweit der Hilfeempfänger ihnen gegenüber Rechtsansprüche oder Forderungen hat, ausgenommen solche nach §947 ABGB und Schmerzensgeldansprüche, und der Sozialhilfeträger die Abtretung in Anspruch nimmt. Damit gehen Ansprüche des Hilfeempfängers gegenüber einem Dritten im Ausmaß der Leistung auf den Sozialhilfeträger über. Der Übergang erfolgt mit Verständigung des verpflichteten Dritten;

5. Personen im Sinne des §28a."

2. Die relevanten Bestimmungen der Steiermärkischen Sozialhilfegesetz-Durchführungsverordnung (StSHG-DVO), LGBl 18/2012, lauten (die angefochtenen Bestimmungen sind hervorgehoben):

"Auf Grund des §5 Abs1a und des §28 Z2 lita des Steiermärkischen Sozialhilfegesetzes, LGBl Nr 29/1998, zuletzt in der Fassung LGBl Nr 10/2012, wird verordnet:

1. Abschnitt

Einkommen

§1

Einkommen

Zum Einkommen zählen insbesondere:

1. Folgende Einkünfte im Sinne des §2 Abs2 Einkommensteuergesetz 1988, BGBl Nr 1988/400, in der Fassung BGBl I Nr 2010/111 (im Folgenden: Einkommensteuergesetz):

a) Einkünfte aus Land und Forstwirtschaft;

b) Einkünfte aus selbständiger Arbeit;

c) Einkünfte aus Gewerbebetrieb;

d) Einkünfte aus nicht selbständiger Arbeit;

e) Einkünfte aus Kapitalvermögen;

f) Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung;

g) Sonstige Einkünfte gemäß §29 Einkommensteuergesetz;

2. Wochengeld;

3. Kinderbetreuungsgeld;

4. Arbeitslosengeld;

5. Notstandshilfe;

6. Pensionsvorschuss;

7. erhaltene Unterhaltszahlungen;

8. Sonderzahlungen;

9. Wohnbeihilfe.

§2

Einkommensermittlung

(1) Vom Einkommen gemäß §1 sind die auf die Einkünfte gemäß §1 Z1 entfallende Einkommensteuer gemäß §33 Abs1 Einkommensteuergesetz –  bereinigt durch die steuerrechtlichen Begünstigungen (Sonderausgaben, außergewöhnliche Belastungen, Freibeträge nach §§104 und 105 Einkommensteuergesetz) vor Abzug der Absetzbeträge (allgemeiner Absetzbetrag, Alleinverdiener- bzw. Alleinerzieherabsetzbetrag, Unterhaltsabsetzbetrag, Arbeitnehmer- und Grenzgängerabsetzbetrag, Verkehrsabsetzbetrag, Pensionistenabsetzbetrag) sowie die Sozialversicherungsbeiträge abzuziehen.

(2) Bei regelmäßig anfallendem Einkommen ist das Jahresnettoeinkommen zu ermitteln. Dieses ist – unter Berücksichtigung allfälliger Sonderzahlungen – durch 12 zu dividieren, um das monatliche Nettoeinkommen zu berechnen. Bei einem nicht regelmäßig anfallenden Einkommen ist das tatsächlich zufließende Einkommen heranzuziehen.

§3

Nachweise

(1) Nachweise über Einkünfte aus der Vergangenheit sind bei der Ermittlung des Einkommens nur dann heranzuziehen, wenn zu erwarten ist, dass diese Einkünfte auch in Zukunft anfallen.

(2) – (6) [...]

2. Abschnitt

Ersatzansprüche

§4

Ersatzansprüche

(1) Für die gewährten Leistungen der Sozialhilfe ist von den

1. Eltern (§5) und

2. Kindern (§6)

des Hilfsempfängers Ersatz zu leisten, soweit nach Bürgerlichem Recht eine Unterhaltsverpflichtung besteht.

(2) Die Höhe der Ersatzpflicht richtet sich nach dem Einkommen der ersatzpflichtigen Person (§5 SHG), wobei ein für den Zeitraum der Inanspruchnahme der Sozialhilfeleistungen geleisteter Unterhalt in Abzug zu bringen ist.

(3) Die Ersatzpflicht ist mit der Höhe der Unterhaltsverpflichtung begrenzt, wobei der Nachweis einer im Gegensatz zur Ersatzpflicht niedrigeren Unterhaltsverpflichtung durch den Ersatzpflichtigen zu erbringen ist. Der Nachweis gilt nur durch eine rechtskräftige gerichtliche Entscheidung als erbracht.

§5

Ersatzpflicht jedes Elternteiles

Die Höhe der Ersatzpflicht jedes Elternteiles des Hilfeempfängers wird wie folgt festgelegt:

Einkommen in Euro

 

Ersatz in % des Einkommens

von

bis

 

1500

1599,99

9,00

1600

1699,99

9,50

1700

1799,99

10,00

1800

1899,99

10,50

1900

1999,99

11,00

2000

2099,99

11,50

2100

2199,99

12,00

2200

2299,99

12,50

2300

2399,99

13,00

2400

2499,99

13,50

2500

2599,99

14,00

2600

2699,99

14,50

ab 2700

15,00

§6

Ersatzpflicht jedes Kindes

Die Höhe der Ersatzpflicht jedes Kindes des Hilfeempfängers wird wie folgt festgelegt:

Einkommen in Euro

 

Ersatz in % des Einkommens

von

bis

 

1500

1599,99

4,00

1600

1699,99

4,50

1700

1799,99

5,00

1800

1899,99

5,50

1900

1999,99

6,00

2000

2099,99

6,50

Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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