TE Vwgh Erkenntnis 2013/9/11 2009/02/0305

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Veröffentlicht am 11.09.2013
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
90/01 Straßenverkehrsordnung;

Norm

StVO 1960 §24 Abs3 litb;
StVO 1960 §89a Abs2;
StVO 1960 §89a Abs2a litc;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldstätten und die Senatspräsidentin Dr. Riedinger sowie die Hofräte Dr. Beck, Mag. Dr. Köller und Dr. N. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Farcas, über die Beschwerde der Reiffenstuhl & Reiffenstuhl Rechtsanwaltspartnerschaft OG in 1010 Wien, Franz Josefs Kai 41/9, gegen den Bescheid des Berufungssenates der Stadt Wien vom 1. September 2009, Zl. MA 65 - 1233/2009, betreffend Kostenvorschreibung nach § 89a StVO 1960, (weitere Partei: Wiener Landesregierung) nach der am 11. September 2013 durchgeführten mündlichen Verhandlung, und zwar nach Anhörung des Vortrages der Berichterin, des Vertreters der Beschwerdeführerin sowie des Vertreters der belangten Behörde, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat der Bundeshauptstadt (Gemeinde) Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.302,10 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 1. September 2009 wurden der beschwerdeführenden Partei gemäß § 89a Abs. 7 und 7a StVO 1960 die Kosten für die von der Magistratsabteilung 48 am 27. Juni 2008 um 22.25 Uhr, vorgenommene Entfernung und nachfolgende Aufbewahrung des an einem näher genannten Ort verkehrsbeeinträchtigend abgestellt gewesenen und dem Kennzeichen nach näher bestimmten Kraftfahrzeuges in der Höhe von EUR 199,-- zur Bezahlung vorgeschrieben.

In der Begründung dieses Bescheides wird u.a. ausgeführt, die beschwerdeführende Partei sei unbestritten Zulassungsbesitzerin des entfernten Fahrzeuges. Ebenso stehe außer Streit, dass der PKW am 27. Juni 2008 an einem näher genannten Ort geparkt gewesen und von dieser Örtlichkeit durch die Magistratsabteilung 48 entfernt worden sei.

Laut Stellungnahme des Meldungslegers RI R. vom 9. September 2008 sei die Grundstücksein- und -ausfahrt zum Zeitpunkt der Entfernung deutlich erkennbar gewesen. Insbesondere sei an der gegenständlichen Örtlichkeit kein Randstein vorhanden gewesen bzw. dieser sei abgeschrägt gewesen. Aufgrund der Abstellung des PKW der beschwerdeführenden Partei sei ein Kranwagen der Firma F. an der Ausfahrt aus dem Baustellenareal gehindert worden. Dieser Stellungnahme sei ein Leistungsnachweis des Unternehmens F., der zeige, dass dieses Unternehmen am 27. Juni 2008 bis 19.30 Uhr an der gegenständlichen Örtlichkeit Hebearbeiten mit einem Kranwagen verrichtet habe, sowie ein Plan über die Maße des eingesetzten Kranwagens angeschlossen gewesen.

Die genannte Stellungnahme sei weiters durch einige Lichtbilder vom Ort der Entfernung ergänzt worden. Die Lichtbilder, die etwas über zwei Monate nach der Entfernung angefertigt worden seien, zeigten die Stelle, an der das Fahrzeug von den einschreitenden Polizeibeamten vorgefunden worden sei. Erkennbar sei eine durch zwei Baumscheiben begrenzte Straßenfläche, die fließend in den dahinterliegenden Gehsteig übergehe, sodass zwischen Straße und Gehsteig kein Höhenunterschied bestehe. Hinter dieser Stelle der Straße befinde sich eine Baustelle, die durch Baustellengitter begrenzt sei. Direkt anschließend an den durch Baumscheiben abgegrenzten Bereich der Straße beginne auf dem Baustellenareal eine breite Abfahrtsrampe, die im hinteren Abschnitt überdacht sei.

Im weiteren erstinstanzlichen Verfahren sei der Meldungsleger zusätzlich zeugenschaftlich vernommen worden. Dabei habe der Polizeibeamte ausgesagt, das Fahrzeug der beschwerdeführenden Partei sei vor einer Grundstücksein- und -ausfahrt abgestellt gewesen, sodass ein Kranwagen an der Benutzung der Ausfahrt gehindert gewesen sei. Eine Gehsteigabschrägung sei vorhanden gewesen und der Gitterzaun, der die Baustelle umgrenzt habe, sei zu öffnen gewesen.

Im Rahmen des Berufungsverfahrens sei zusätzlich D. P., ein Vertreter des Kranunternehmens F. als Zeuge vernommen worden. Der Zeuge habe bestätigt, dass am Tag der Abschleppung ein Kraneinsatz an der betreffenden Adresse stattgefunden habe.

Weiters habe A. W. bei seiner Vernehmung als Zeuge angegeben, er sei auf der gegenständlichen Baustelle als Stahlbaumonteur tätig gewesen. Der Lenker des Kranwagens habe die zweite Ausfahrt vom Grundstück nicht benutzen können, weil der Kranwagen im Bereich einer Tiefgaragenabfahrt abgestellt gewesen und ein Ausweichen zur zweiten Ausfahrt aufgrund der Stützmauern der Tiefgarage bzw. aufgrund eines Kanalschachts hinter dem Fahrzeug unmöglich gewesen sei. Ergänzend habe der Zeuge erklärt, das die Baustelle umgrenzende Gitter sei für den Fahrer leicht zu öffnen gewesen.

Die Stellungnahme vom 9. September 2008 sowie die zeugenschaftliche Aussage des einschreitenden Polizeibeamten hätten auf die belangte Behörde sehr glaubwürdig gewirkt. Die Angaben zum Sachverhalt seien miteinander im Einklang und vermittelten ein schlüssiges Bild von der Örtlichkeit und den Umständen des gegenständlichen Vorfalls.

Auch die der Stellungnahme vom 9. September 2008 beigelegten Lichtbilder bestätigten die Aussagen des Meldungslegers in allen wesentlichen Punkten. Diese Lichtbilder stimmten in den für das gegenständliche Verfahren maßgeblichen Elementen mit den von der beschwerdeführenden Partei vorgelegten Lichtbildern überein, die am 28. Juni 2008 angefertigt worden seien. Es könne daher im Rahmen der Sachverhaltsfeststellung auch auf die von der Bundespolizeidirektion Wien vorgelegten Lichtbilder Bezug genommen werden, obwohl diese etwa zwei Monate nach der Entfernung gemacht worden seien, weil sich das äußere Erscheinungsbild der Örtlichkeit in dieser Zeit offensichtlich nicht maßgeblich verändert habe.

Aufgrund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens und ihrer Würdigung sehe es die belangte Behörde als erwiesen an, dass das entfernte Fahrzeug am 27. Juni 2008 an dem in Rede stehenden Ort vor einer mit Baustellengittern abgegrenzten Baustelle abgestellt gewesen sei. Das Fahrzeug sei in einem an beiden Seiten durch Baumscheiben abgegrenzten Bereich gestanden. Aufgrund der Öffnung zwischen den Baumscheiben habe sich die Straßenfläche an der gegenständlichen Stelle portalartig in Richtung Gehsteig verbreitert. Genau im Bereich dieses Portals würden Gehsteig und Straßenfläche auf demselben Niveau zusammentreffen, weil die Straße auf breiterer Fläche rampenartig in Richtung Gehsteig hochgezogen gewesen sei. Das hinter dem Gehsteig aufgestellte Baustellengitter habe aus einzelnen in Betonsockeln eingesteckten Gitterelementen bestanden. Der so geschaffene provisorische Zaun habe durch Anheben und Entfernen einzelner Gitterelemente geöffnet werden können. Ein Kranwagen der Firma F. sei auf dem Baustellenareal in unmittelbarer Nähe zum beschriebenen Abstellort des entfernten Fahrzeuges gestanden. Da der Kranwagen auf einer an beiden Seiten durch Mauern begrenzten Tiefgaragenzufahrt geparkt gewesen sei, sei eine Ausfahrt aus der Baustelle nur an der Stelle möglich gewesen, an welcher sich der später entfernte PKW der Beschwerdeführerin befunden habe.

Im vorliegenden Fall seien zahlreiche äußere Merkmale vorhanden gewesen, die das Vorliegen einer Ein- und Ausfahrt ersichtlich gemacht hätten. Insbesondere sei die Fahrbahn zwischen den Baumscheiben portalartig verbreitert gewesen, was auf eine Zufahrtsmöglichkeit habe schließen lassen. Ferner habe zwar keine Gehsteigabschrägung im engeren Wortsinn bestanden, die Straße sei jedoch entsprechend Punkt 4.) des Bewilligungsbescheides der Magistratsabteilung 28 vom 6. April 1961 über eine breitere Fläche rampenartig zum Gehsteig hochgezogen gewesen. Zwischen Gehsteig und Fahrbahn habe es im Bereich der bewilligten Ein- und Ausfahrt infolgedessen keinen Niveauunterschied gegeben. Diese baulichen Gegebenheiten hätten klar ersichtlich gemacht, dass es sich um eine Ein- und Ausfahrt handle. Auch die Renovierungsbedürftigkeit der gesamten gegenständlichen Straßenfläche ändere nichts an der noch immer gegebenen Erkennbarkeit der aufgezählten sehr deutlichen Merkmale einer Ein- und Ausfahrt.

Auch den Ausführungen der beschwerdeführenden Partei über den angeblich erheblichen Zeit- und Kraftaufwand zur Öffnung des Baustellengitters, welcher gegen das Vorliegen einer Einfahrt spreche, könne sich die belangte Behörde nicht anschließen, ergebe sich doch aus der Aussage des Zeugen W., dass das Gitter durch Anheben und Entfernen einzelner Elemente leicht zu öffnen gewesen sei. Es habe somit kein maßgeblicher Unterschied zu einem größeren zweiflügeligen Tor bestanden, das vor dem Öffnen erst aufgesperrt werden müsse. Auch was das Öffnen des Gitters in Richtung Gehsteig betreffe, sei nicht ersichtlich, inwieweit sich die Situation am Ort der Entfernung von einem nach außen zu öffnendem "klassischen" Tor unterscheide. Die Überlegungen der beschwerdeführenden Partei zur Entfernung der Fixiersteine und angeblichen Verschraubung der Gitter könnten die praxisnähere Einschätzung des Zeugen W. nicht entkräften, wonach das Gitter leicht habe geöffnet werden können. Die belangte Behörde gehe daher nicht davon aus, dass erst umfangreiche und zeitaufwendige Vorkehrungen nötig gewesen wären, um eine Einfahrt zu schaffen. Vielmehr sei das Baustellengitter in diesem Bereich einem größeren verschlossenen Tor gleichzusetzen, das mit einigen Handgriffen zu öffnen sei.

Eine Verkehrsbeeinträchtigung sei aufgrund der Abstellung eindeutig gegeben gewesen, weil ein Kranwagen nicht aus der Baustelle habe ausfahren können. Der Lenker des Kranwagens habe auch nicht die zweite Ausfahrt des betreffenden Grundstücks benützen können, weil das Baufahrzeug auf einer Tiefgaragenabfahrt abgestellt gewesen sei. Diese Abfahrt habe wegen der an beiden Seiten befindlichen Mauern nur durch die Ausfahrt verlassen werden können, vor der das Fahrzeug der beschwerdeführenden Partei geparkt gewesen sei.

Der Einwand der beschwerdeführenden Partei, der Kranwagen habe aufgrund seiner Abmessungen ohnehin nicht ausfahren können, werde dadurch entkräftet, dass der Kranwagen laut Leistungsnachweis der Firma F. am 25. Juni 2008 in den Baustellenbereich eingefahren sei. Der glaubhaften Aussage des Zeugen W. könne entnommen werden, dass diese Zufahrt über die gegenständliche Grundstückseinfahrt erfolgt sei. Die Grundstückseinfahrt sei somit breit genug gewesen, um ein Passieren des Kranwagens zu ermöglichen. Die von der beschwerdeführenden Partei vorgelegten Lichtbilder, die am 28. Juni 2008 angefertigt worden seien, zeigten außerdem unter anderem die Tiefgaragenzufahrt, auf welcher der Kranwagen noch am Tag vorher abgestellt gewesen sei. Der Kranwagen sei auf den Lichtbildern nicht zu sehen. Offensichtlich habe dieser somit nach der Entfernung sehr wohl die Baustelle durch die gegenständliche Ausfahrt verlassen können.

Somit sei aufgrund der rechtswidrigen Abstellung des Fahrzeuges der beschwerdeführenden Partei eine Verkehrsbeeinträchtigung entstanden, weil der Lenker eines Kranfahrzeuges am Verlassen der Baustelle gehindert gewesen sei. Die Entfernung eines Kraftfahrzeuges gemäß § 89a Abs. 2 StVO 1960 setze kein Verschulden des für die Abstellung Verantwortlichen voraus. Es sei infolgedessen irrelevant, ob der Lenker die Verwendung der Ausfahrt durch Berechtigte vorhergesehen und in Kauf genommen habe oder ob die Ausfahrt für den Verantwortlichen überraschend erfolgt sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschiften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung erwogen:

In der Beschwerde wird u.a. eingewendet, nach den Feststellungen der belangten Behörde habe zum Vorfallszeitpunkt eine Gehsteigabschrägung gefehlt. Die Straßenfläche gehe im Bereich des abgestellten Fahrzeuges ohne Niveauunterschied zur Gehsteigfläche über. Angrenzend an die Gehsteigfläche habe sich zur Abgrenzung des Baustellenareals ein Baustellenzaun befunden. Den schlechten baulichen Zustand (Renovierungsbedürftigkeit) der Straßen- und Gehsteigfläche habe die belangte Behörde für rechtlich irrelevant gehalten.

Wenn auch (nach außen hin erkennbare) Baustellenein- und - ausfahrten grundsätzlich unter die Bestimmungen des § 24 Abs. 3 lit. b StVO 1960 zu subsumieren seien, so müsse für einen außenstehenden Dritten zweifellos und leicht erkennbar sein, dass diese in Bau befindliche Tiefgarage von Fahrzeugen auch benützt worden sei bzw. zumindest habe benützt werden können. Die von der Beschwerdeführerin vorgelegten Lichtbilder zeigten eindeutig, dass eine solche Benützung bzw. Benutzbarkeit zum Vorfallszeitpunkt zu verneinen gewesen sei.

Es sei nicht nur das gesamte Baustellenareal mit Baustellengittern fest verschlossen und verriegelt gewesen, sondern auch diese in Bau befindliche Tiefgarage infolge gelagerten Baumaterials (Betonringe, Betonplatten, Ziegelsteine, Baugerüst, etc.) - ohne vorherige Entfernung - auch nicht für einen Fahrzeugverkehr benutzbar gewesen.

Eine entsprechende Ein- und Ausfahrtsmöglichkeit von Fahrzeugen sei daher bei dieser damals im Rohbau befindlichen Tiefgarage - ohne Entfernung von Baustellgitterelementen samt Betonsockelhalterungen und Baumaterial etc. - von vornherein nicht in Betracht gekommen, sodass von einer Aus- bzw. Grundstückseinfahrt im Sinne des § 89a Abs. 2a lit. c StVO 1960 nicht gesprochen werden könne. Vielmehr sei diese damals noch in Bau befindliche "Garage" für den Fahrzeugverkehr nicht benutzbar gewesen.

Mit Ausnahme einer auf dem Baustellenareal in Betonform ausgegossenen Rampe zu einer darunter gelegenen - im Bau befindlichen - Garage seien sonst keine äußeren Merkmale vorhanden gewesen, die auf ein Ein- oder Ausfahren von Kraftfahrzeugen hätten schließen lassen.

Demzufolge sei auch eine konkrete Besorgnis einer Hinderung zum Ein- und Ausfahren von Fahrzeugen nicht erkennbar gewesen, zumal - den indirekten Feststellungen der belangten Behörde folgend (unter Berufung auf den Leistungsnachweis der Fa. F. Arbeitsende: 19.30 Uhr) - zum Zeitpunkt des Abstellens des Fahrzeuges (Freitag, ca. 20.00 Uhr) keine Baustellentätigkeit vorhanden gewesen sei, sodass der Lenker des abgeschleppten Fahrzeuges auch aus diesem Grunde nicht habe erkennen können, dass um diese Zeit - nach vorheriger Entfernung von Baustellengittern und Betonsockel, Baumaterial etc. - der dortige Bereich als Ein- und Ausfahrt von Baufahrzeugen verwendet werde.

Ein Baustellenzaun stelle - ohne konkrete zusätzliche Hinweise - rechtlich keine Haus- oder Grundstücksein-/ausfahrt dar und es sei daher auch keine Verkehrsbeeinträchtigung im Sinne des § 89a Abs. 2a StVO 1960 verursacht worden. Das abgestellte Fahrzeug sei demnach nicht gesetzwidrig abgestellt gewesen. Die Entfernung des Fahrzeuges sei rechtswidrig erfolgt.

Gemäß § 24 Abs. 3 lit. b StVO 1960 ist das Parken außer in den im Abs. 1 angeführten Fällen vor Haus- und Grundstückseinfahrten verboten.

Nach § 89a Abs. 2a lit. c StVO 1960 ist eine Verkehrsbeeinträchtigung im Sinne des Abs. 2 insbesondere gegeben, wenn der Lenker eines sonstigen Fahrzeuges am Vorbeifahren oder Wegfahren oder am Zufahren zu einer Ladezone oder zu einer Garagen- oder Grundstückseinfahrt gehindert ist.

Nach der hg. Rechtsprechung kommt es für die Beurteilung der Frage, ob eine Haus- oder Grundstückseinfahrt im Sinne des § 24 Abs. 3 lit. b StVO 1960 vorliegt, ausschließlich auf die äußeren Merkmale, nicht aber darauf an, ob für diese Einfahrt die nach anderen gesetzlichen Bestimmungen (etwa nach der Bauordnung) gegebenenfalls erforderlichen Bewilligungen erteilt wurden und ob die Einfahrt "auch tatsächlich" als solche benützt wird. Vielmehr kommt es nur darauf an, ob die Einfahrt überhaupt "benützbar" ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 7. August 2003, Zl. 2002/02/0308, mwN).

Ferner hat der Verwaltungsgerichtshof zum Begriff der Haus- und Grundstückseinfahrt festgestellt, dass die Abschrägung des Gehsteiges kein unerlässliches Erfordernis ist, wenn der Niveauunterschied zwischen Gehsteig und Fahrbahn gering ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. Mai 1983, Zl. 81/02/0195).

Die Beschwerde entfernt sich mit den vorstehenden Ausführungen von Feststellungen der belangten Behörde, die in einer nicht als unschlüssig zu erkennenden Beweiswürdigung vorgenommen wurden. Die vom Beschwerdeführer selbst vorgelegten Fotos lassen unschwer erkennen, dass sich der eigentliche Gehweg aufgrund der Bauarbeiten erst in Bau befunden hat und die Fußgänger vor der Baustelle einen Ersatzgehweg auf einer Behelfsfläche benutzen mussten, die sich in etwa auf gleichem Niveau wie die - getrennt durch einen Grünstreifen - parallel verlaufende Fahrbahn befand. Weder die gerügte fehlende Abschrägung zur Fahrbahn hin noch der schlechte bauliche Zustand vermögen - insbesondere unter diesen behelfsmäßigen Umständen der Umbauphase - aufgrund der festgestellten sonstigen baulichen Ausgestaltung der gegenständlichen Zufahrt den Charakter einer Grundstückszufahrt zu nehmen. Gerade die trichterförmige Ausgestaltung der Zufahrt, die auch schon auf den von der Beschwerdeführerin vorgelegten Lichtbildern deutlich erkennbar ist, aber auch der hinter den Gittern im Zufahrtsbereich zur in Bau befindlichen Tiefgarage abgestellte Kranwagen ließen unschwer erkennen, dass es sich bei der in Rede stehenden Fläche um eine Zufahrt zu einem Grundstück handelte. Dass die in Bau befindliche Garage zu diesem Zeitpunkt allenfalls noch nicht benutzbar war, vermag nichts an der Eigenschaft der Grundstückszufahrt zu ändern, zumal gerade durch die Benützung der Garagenabfahrt durch Baufahrzeuge, die Möglichkeit und Notwendigkeit einer Zufahrt zu diesem Grundstücksteil evident war.

Die gegen die Benützbarkeit der Einfahrt vorgebrachten Argumente vermögen schon deshalb nicht zu überzeugen, weil auch das im Einfahrtbereich abgelagerte Baumaterial, so wie es auf den Lichtbildern der Beschwerdeführerin dargestellt ist, deutlich erkennbar nicht die Zufahrt mit Fahrzeugen hinderte und auch eine massive Befestigung des Bauzaungitters, wie sie in der Beschwerde behauptet wird, aus den vorgelegten Fotos nicht entnommen werden kann. Überdies wurde von der belangten Behörde in einer nicht als unschlüssig zu erkennenden Beweiswürdigung dargelegt, dass die Zu- und Abfahrt selbst für einen Kranwagen, der auf der Zufahrt zur im Bau befindlichen Garage zum Vorfallszeitpunkt abgestellt wurde, leicht möglich war.

Nach der ständigen hg. Rechtsprechung ist Voraussetzung der Zulässigkeit der Entfernung eines Kraftfahrzeuges nicht, dass dadurch bestimmte Verkehrsteilnehmer konkret be- oder gehindert werden. Es genügt vielmehr für die Annahme einer Verkehrsbeeinträchtigung im Sinne des § 89a Abs. 2 StVO 1960 die begründete Besorgnis einer Hinderung des Verkehrs (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. November 2003, Zl. 2003/02/0240, mwN).

Eine solche begründete Besorgnis ist in Ansehung einer Garagen- oder Grundstückseinfahrt schon dann berechtigt, wenn deren Benützung nicht völlig auszuschließen ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. Oktober 2001, Zl. 98/02/0106).

Selbst wenn - wie in der Beschwerde ausgeführt wird - keine erkennbare Baustellentätigkeit im Zeitpunkt des Abstellens des Fahrzeuges der Beschwerdeführerin auf der gegenständlichen Zufahrtsfläche erkennbar gewesen sein sollte, war dennoch nicht völlig ausgeschlossen, dass auch während der Abend- und Nachtstunden die ungehinderte Zu- und Abfahrt für Fahrzeuge erforderlich wurde (im vorliegenden Fall wurde der im Bereich der Abfahrt der in Bau befindlichen Tiefgarage abgestellte Kranwagen sogar konkret am Wegfahren aufgrund des im Zufahrtsbereich abgestellten Fahrzeugs der Beschwerdeführerin gehindert).

Insoweit in der Beschwerde gerügt wird, es fehlten Feststellungen, wo der Kranwagen vor dem Verlassen des Baustellenareals konkret abgestellt gewesen sei, ob und welche Vorkehrungen vom Aufforderer und möglichen Helfern getroffen worden seien, um im Bereich des entfernten Fahrzeuges ausfahren zu können, wird im Lichte der vorzitierten Judikatur zur Besorgnis einer Behinderung nicht die Wesentlichkeit dieses Verfahrensmangels aufgezeigt.

Wenn in der Beschwerde ferner vorgebracht wird, es seien nähere Ermittlungen unterblieben, dass die Gitterelemente fest verschraubt und verriegelt gewesen seien, so wird auch damit kein wesentlicher Verfahrensmangel aufgezeigt, zumal es selbst nach den von der Beschwerdeführerin vorgelegten Fotos an hinreichenden Anhaltspunkten dafür fehlt, dass tatsächlich eine massive Verriegelung der Gitter an der in Rede stehenden Stelle der Zufahrt vorhanden gewesen wäre. Auch mit der Behauptung der Notwendigkeit der Entfernung von "mehreren Betonsockeln" für das Wegfahren des Kranwagens entfernt sich die Beschwerde von den nicht als unschlüssig zu erkennenden Feststellungen der belangten Behörde, die auch durch die Lichtbilder bestätigt werden, nämlich dass bei Öffnen von zwei Gitterteilen im Bereich der Zufahrt der in der Mitte liegende Betonsockel, der der Verankerung der Gitter diente, das Fahrzeug nicht am Verlassen des Baustellengeländes gehindert habe.

Die Beschwerde vermag auch die Schlüssigkeit der Beweiswürdigung der belangten Behörde in Bezug auf die leichte Entfernbarkeit der gegenständlichen Gitter in Bereich der Zufahrt unter Hinweis auf die Aussage des Zeugen A. W. nicht zu widerlegen, zumal es aufgrund der von der Beschwerdeführerin vorgelegten Fotos an hinreichenden Anhaltspunkten dafür fehlte, dass diese Gitter massiv miteinander verbunden gewesen wären. Auch die leichte Entfernbarkeit von allfälligen verschraubten Sperrvorrichtungen bei diesen Gittern, von der die belangte Behörde ausgegangen ist, vermag keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen, zumal die belangte Behörde unter Bezugnahme auf die im Akt befindlichen Lichtbilder der Polizei, die erst ca. 2 Monate nach dem Vorfall aufgenommen wurden, schlüssig begründet darlegte, dass sich die örtlichen Verhältnisse bezüglich des Zufahrtsbereiches im Vergleich zu den von der Beschwerdeführerin angefertigten Fotos nicht wesentlich geändert hatten.

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am 11. September 2013

Schlagworte

Auslegung unbestimmter Begriffe VwRallg3/4

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2013:2009020305.X00

Im RIS seit

11.10.2013

Zuletzt aktualisiert am

03.12.2013
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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