TE AsylGH Erkenntnis 2013/05/06 D11 406514-2/2012

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 06.05.2013
beobachten
merken
Spruch

D11 406514-2/2012/10E

 

IM NAMEN DER REPUBLIK!

 

Der Asylgerichtshof hat durch den Richter DDr. Markus GERHOLD als Vorsitzenden und den Richter MMag. Elie ROSEN als Beisitzer über die Beschwerde desXXXX, geb. am XXXX, StA Nigeria, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 13. Dezember 2011, FZ 11 03.532-BAW, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 11. März 2013 zu Recht erkannt:

 

Die Beschwerde wird gemäß §§ 3, 8 Abs. 1 und 10 AsylG 2005 idgF als unbegründet abgewiesen.

Text

Entscheidungsgründe:

 

I. Sachverhalt und Verfahrensgang:

 

I.1. Der Beschwerdeführer, ein nigerianischer Staatsangehöriger, reiste - seinen Angaben zufolge - am 31.01.2009 illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 01.02.2009 einen ersten Antrag auf internationalen Schutz.

 

I.2. Bei der niederschriftlichen Erstbefragung durch ein Organ der Polizeiinspektion Traiskirchen am 02.02.2009 gab der Beschwerdeführer zu seinen Fluchtgründen an, dass sich der Sohn des Häuptlings seines Dorfes XXXX (Nigeria) ihm angenähert habe und Sex mit dem Beschwerdeführer gefordert habe, was seitens des Beschwerdeführers abgelehnt worden sei. Der Häuptlingssohn habe ihm jedoch keine Ruhe gelassen und sei eines Tages in das Haus des Beschwerdeführers gekommen und habe diesen gezwungen, mit ihm zu schlafen. Die Dorfbewohner hätten dies gesehen und gedroht, den Beschwerdeführer zu töten. Solche Handlungen würden als abartig betrachtet werden, anschließend sei der Beschwerdeführer weggerannt. Er sei über Griechenland und Italien und ein unbekanntes Land gereist und nach Österreich gekommen.

 

I.3. Der Beschwerdeführer wurde im Rahmen einer niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesasylamt am 19.03.2009 im Beisein einer Dolmetscherin der englischen Sprache insbesondere in Kenntnis gesetzt, dass von einer Verfahrenszuständigkeit Griechenlands ausgegangen werde, worauf der Beschwerdeführer erwiderte, dass er in Griechenland keine Unterkunft erhalten habe und sich das Essen habe erbetteln müssen. Auch sei die generelle Stimmung der griechischen Bevölkerung sehr aggressiv. Er habe ein Schriftstück bekommen, wonach er das Land binnen eines Monats habe verlassen müssen.

 

I.4. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 27.04.2009, Zl. 09 01.309-EAST Ost, wurde der Antrag auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten gem. § 5 Abs 1 AsylG 2005 idgF als unzulässig zurückgewiesen und gem. Art 18/7 iVm 10/1 der Verordnung (EG) 343/2003 des Rates die Zuständigkeit Griechenlands für die Prüfung des Antrages festgestellt (Spruchpunkt I.). Weiters wurde der Beschwerdeführer gem. § 10 Abs 1 Z 1 AsylG 2005 aus dem Bundesgebiet nach Griechenland ausgewiesen und die Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Griechenland gem. § 10 Abs 4 AsylG 2005 festgestellt (Spruchpunkt II.). Aus dem bisherigen Verfahren ergebe sich die Zuständigkeit Griechenlands, zudem habe Griechenland nachträglich zur Führung des Asylverfahrens zugestimmt. Der Beschwerdeführer sei nicht refoulement-relevant gefährdet, die Ausweisung erfolge im überwiegenden öffentlichen Interesse.

 

I.5. Die dagegen fristgerecht eingebrachte Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 26.05.2009, GZ S6 406.514-1/2009/2E, gem. §§ 5 und 10 AsylG 2005 idgF als unbegründet abgewiesen.

 

Die Zustellung wurde mit 26.05.2009 bewirkt.

 

I.6. Am 17.03.2011 wurde der Beschwerdeführer mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien, Zl. XXXX gem. § 27 SMG zu einer Freiheitsstrafe von 8 Monaten (davon 6 Monate bedingt) verurteilt.

 

I.7. Am 07.04.2011 wurde mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien, Zl. XXXX die Schubhaft angeordnet.

 

I.8. Aus der Schubhaft heraus stellte der Beschwerdeführer am 12.04.2011 gegenständlichen (zweiten) Antrag auf Internationalen Schutz. Diesen begründete er im Rahmen der am selben Tag von Organen der öffentlichen Sicherheit durchgeführten Erstbefragung zusammengefasst wie folgt: Er habe im Dorf XXXX gelebt, wo der Sohn des Königs den Beschwerdeführer zu sich in sein Appartement bestellt habe und den Beschwerdeführer zum Geschlechtsverkehr habe zwingen wollen. Er habe dem Beschwerdeführer mit Ermordung gedroht, wenn der Beschwerdeführer nicht mit ihm schlafen würde. Plötzlich sei ein Dorfbewohner in das unversperrte Appartement gekommen, habe den Beschwerdeführer unangezogen gesehen und habe laut zu schreien begonnen, worauf viele Leute hinzugekommen seien. Die Leute hätten den Beschwerdeführer attackiert, dieser sei aus Angst um sein Leben aus dem Appartement geflohen. Seit diesem Vorfall würden der König und die Dorfbewohner nach ihm suchen. Es seien überall im Dorf Fotos vom Beschwerdeführer ausgehängt worden. Da der Beschwerdeführer Angst gehabt habe, aufgegriffen und umgebracht zu werden, sei er davongelaufen und habe seine Heimat verlassen.

 

I.7. Am 19.04.2011 wurde der Beschwerdeführer aus der Schubhaft entlassen.

 

I.8. Am 06.06.2011 wurde der Beschwerdeführer in 1200 Wien von Organen der öffentlichen Sicherheit beim versuchten Verkauf von Suchtgiftmitteln betreten und festgenommen. Laut Aktenlage fand diesbezüglich (noch) keine strafgerichtliche Verhandlung statt.

 

I.9. Am 06.12.2011 wurde der Beschwerdeführer vor dem Bundesasylamt niederschriftlich im Beisein einer Dolmetscherin der englischen Sprache einvernommen.

 

Im Rahmen seiner Angaben zu seinen Personalien gab er an, dass sein Vater etwa 1999 und seine Mutter 2006 oder 2007 verstorben seien. Beide Elternteile seien sehr krank gewesen und krankheitshalber verstorben. Er wisse nicht mehr, wann er seine Geschwister zuletzt gesehen habe.

 

Zu seinen Fluchtgründen führte der Beschwerdeführer zusammengefasst aus, dass der Sohn des Häuptlings einen Boten zum Beschwerdeführer geschickt habe, um diesen zu holen. Als der Beschwerdeführer die Wohnung des Häuptlingssohnes betreten habe, habe dieser mit dem Beschwerdeführer Liebe machen wollen, was seitens des Beschwerdeführers verweigert worden sei, da dieser nicht homosexuell sei. Der Beschwerdeführer habe angefangen zu schreien, worauf sich die Leute versammelt hätten und der Beschwerdeführer die Gelegenheit genutzt habe, um wegzulaufen. Der Sohn des Häuptlings habe dann der Beschwerdeführer vor der (Dorf-)Gemeinschaft beschuldigt, dass der Beschwerdeführer ihn zum Sex habe nötigen wollen, was in der dortigen Gesellschaft ein Tabu sei. Es sei auch Geld geboten worden, wenn man den Beschwerdeführer zurück zum Sohn des Häuptlings gebracht hätte.

 

Auf die Frage, warum der Sohn des Häuptlings den Beschwerdeführer wieder zurück haben wolle, erklärte der Beschwerdeführer wörtlich:

"Weil er schwul ist, er möchte mich wiederhaben."

 

Auf die Nachfrage, ob der Häuptlingssohn den Beschwerdeführer also deswegen zurückhaben wollte, weil er Sex mit dem Beschwerdeführer haben wolle, antwortete der Beschwerdeführer wörtlich: "Ja, er will unbedingt Sex mit mir haben".

 

Auf neuerliche Nachfrage, ob der Häuptlingssohn die Fahndungsfotos ausgehängt und Geld ausgelobt habe, weil er mit dem Beschwerdeführer Sex haben wollte, bestätigte der Beschwerdeführer erneut seine Angaben.

 

Der Beschwerdeführer wisse nicht, wann genau dieser Vorfall gewesen sei, es sei unmittelbar vor Verlassen seiner Heimat gewesen.

 

Manche Leute wüssten, dass der Häuptlingssohn homosexuell sei.

 

Man glaube eher dem Häuptlingssohn, da dieser Geld und Einfluss habe.

 

Der Vorfall sei wie folgt abgelaufen: Der Beschwerdeführer habe sich zu Hause aufgehalten, sei jedoch von jemand zum Häuptlingssohn geholt worden. Der Beschwerdeführer sei hingegangen und habe gefragt, was los sei. Der Häuptlingssohn habe sich ausgezogen und habe auch den Beschwerdeführer ausziehen wollen, der sich jedoch gewehrt habe, worauf der Häuptlingssohn mit der Ermordung des Beschwerdeführers gedroht habe. Es sei zu einem Gerangel gekommen, der Beschwerdeführer habe geschrien, alle seien zusammengelaufen. Der Häuptlingssohn habe den Beschwerdeführer der versuchten Vergewaltigung bezichtigt.

 

Der Beschwerdeführer habe (zuvor) versucht, die Tür aufzustoßen, da seien die Leute hereingekommen, der Beschwerdeführer habe den Häuptlingssohn weggestoßen und sei dann weggelaufen. Der Vorfall habe etwa 15 Minuten gedauert.

 

Der Beschwerdeführer bezifferte sein Gewicht mit 110 Kilo und seine Grüße mit 185 Zentimetern.

 

Er wisse nicht, wie der Sohn des Königs heiße. Er wohne in derselben Gemeinde wie der Beschwerdeführer.

 

Befragt nach dem Namen des Königs dachte der Beschwerdeführer lange nach und gab sinngemäß schließlich an, dass ein König in Nigeria prinzipiell "XXXX" genannt werde, dies sei die Bezeichnung für den König. Den (eigentlichen) Namen des Königs wisse er nicht.

 

Er habe nicht gewusst, dass der Sohn des Königs homosexuell sei.

 

Der Sohn des Königs sei fast gleich groß wie der Beschwerdeführer, habe zwar Muskeln, aber nicht so einen kräftigen Körper wie der Beschwerdeführer.

 

Befragt, wie eine körperlich unterlegene Person es schaffen solle, den Beschwerdeführer zu vergewaltigen, gab der Beschwerdeführer an, dass der Sohn des Königs vielleicht geglaubt habe, genügend Kraft zu haben, um den Beschwerdeführer zu überwältigen.

 

Auf die Frage, ob es nicht leichter gewesen wäre, einen schwächeren kleineren Mann zu holen, antwortete der Beschwerdeführer, er wisse es nicht. Er wisse auch nicht, warum gerade er ausgesucht worden sei. Sie hätten sich zwar gesehen, aber nicht so oft, nur ab und zu.

 

Der Sohn des Königs habe den Befehl erteilt, den Beschwerdeführer umzubringen, er habe auch Bilder vom Beschwerdeführer aufgehängt.

 

Auf Vorhalt, der Beschwerdeführer habe zuvor vorgebracht, die Bilder seien deswegen aufgehängt worden, weil der Sohn des Königs den Beschwerdeführer zwecks einer sexuellen Beziehung wieder haben möchte, entgegnete der Beschwerdeführer, der Sohn des Königs werde ihn umbringen, daher werde mit Bildern nach ihm gefahndet.

 

Ob dieser ihn als Liebhaber wiederhaben möchte, wisse er nicht.

 

I.10. Das Bundesasylamt wies den Antrag auf internationalen Schutz des Beschwerdeführers mit Bescheid vom 13.12.2011, Zl. 11 03.532-BAW, bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005, BGBl. I 100/2005 idgF, (Spruchpunkt I.) und in Spruchpunkt II. gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Nigeria ab und wies den Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Nigeria aus (Spruchpunkt III.).

 

In seiner Begründung traf das Bundesasylamt umfangreiche Länderfeststellungen zur Lage in Nigeria und stellte die nigerianische Staatsangehörigkeit, nicht hingegen die Identität des Beschwerdeführers fest. Der Beschwerdeführer habe keine Verfolgung im Sinne des AsylG 2005 glaubhaft gemacht.

 

Beweiswürdigend hielt das Bundesasylamt zusammengefasst im Wesentlichen fest, es sei bei der Darstellung der Fluchtgeschichte zu deutlichen Widersprüchen gekommen, so habe der Beschwerdeführer einmal behauptet, der Sohn des Königs habe den Beschwerdeführer selbst in dessen Haus aufgesucht, ein anderes Mal hingegen, er sei zum Sohn des Königs gerufen worden. Auch habe er einmal behauptet, es werde nach ihm gefahndet, damit der Sohn des Königs eine sexuelle Beziehung mit dem Beschwerdeführer führen könne, während ein anderes Mal die Fahndung für den Zweck der Ermordung des Beschwerdeführers dargestellt wurde. Auch sei nicht glaubhaft, dass ein körperlich unterlegener Mann den 185 cm großen und 110 Kilogramm schweren Beschwerdeführer zum Geschlechtsverkehr hätte zwingen können.

 

Der Beschwerdeführer sei nicht refoulement-relevant gefährdet, die Ausweisung erfolge im überwiegenden öffentlichen Interesse.

 

I.11. Gegen diesen Bescheid brachte der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde ein und focht die Entscheidung des Bundesasylamtes in seinem gesamten Umfang wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften an.

 

Begründend wurde dazu zusammengefasst ausgeführt, dass der Beschwerdeführer eine asylrelevante Gefährdung zu Protokoll gegeben habe, geringfügige Divergenzen bei der Darstellung seien nur natürlich.

 

I.12. Mit Ladung zur mündlichen Verhandlung wurden dem Beschwerdeführer aktuelle Feststellungen zur Lage in Nigeria übermittelt und binnen einer Frist von 14 Tagen die Möglichkeit zur Stellungnahme eingeräumt. Zudem wurde er bei Vorliegen von Erkrankungen jedweder Art zur Vorlage von fachärztlichen Befunden aufgefordert. Eine Stellungnahme langte beim Asylgerichtshof nicht ein.

 

I.13. Am 11.03.2013 führte der zuständige Senat des Asylgerichtshofes im Beisein des Beschwerdeführers und seines Vertreters eine öffentliche mündliche Verhandlung durch. Ein Vertreter des Bundesasylamtes blieb der Verhandlung entschuldigt fern.

 

Hinsichtlich seines Gesundheitszustandes gab der Beschwerdeführer an, dass er gesund sei.

 

Zu seinen im erstinstanzlichen Verfahren bzw. der Beschwerdeschrift erstatteten Fluchtgründen gab er an, dass es nichts zu ergänzen gebe. Sämtliche bisher erstatteten Ausführungen entsprächen der Wahrheit.

 

Er heiße XXXX, sei am XXXX in XXXX geboren und sei nicht verheiratet. Er habe niemals einen einen anderen Namen geführt.

 

Er lebe nicht alleine, sondern lebe mit einem Freund zusammen. Dieser sei aber sinngemäß ein guter Freund, mit dem er nur die Wohnung teile.

 

Er habe noch keine Kinder.

 

Er habe in Nigeria noch Geschwister, aber seine Eltern würden nicht mehr leben. Sein Vater habe einen Herzschlag gehabt, seine Mutter sei an Diabetes gestorben, etwa um das Jahr 2007. Sein Vater sei etwa 1999 oder 2000 gestorben.

 

Auf Vorhalt, dass im Akt das Jahr 2004 als Sterbejahr des Vaters verzeichnet sei, schwieg der Beschwerdeführer.

 

Auf ausdrückliche Nachfrage des vorsitzenden Richters gab der Beschwerdeführer an, der eigentliche Todeszeitraum des Vaters des Beschwerdeführers sei zwischen 1999 und 2000 gewesen, er könne sich nicht erinnern.

 

Auf Vorhalt, das Jahr 2004 ergebe einen nicht unerheblichen Unterschied, erklärte der Beschwerdeführer, er sei unter Stress gestanden, als er nach Europa gekommen sei.

 

Auf Vorhalt, die Jahresangabe 2004 sei erst am 12. April 2011 bei seinem zweiten Asylantrag erfolgt, schwieg der Beschwerdeführer erneut und gab auf ausdrückliche Nachfrage des vorsitzenden Richters an, dass vielleicht auch im Jahr 2011 der Stress zu groß gewesen sei.

 

Auf neuerliche Nachfrage des vorsitzenden Richters, ob dies tatsächlich auch im Jahr 2011 der Fall gewesen sei, räumte der Beschwerdeführer wörtlich ein: "Nicht wirklich."

 

Befragt nach etwaigen Geschwistern sowie deren Name und Alter, gab der Beschwerdeführer den Namen "XXXX" für seinen ältesten Bruder an, er könne sich aber nicht wirklich erinnern, wie alt dieser sei.

 

Auf Vorhalt, bei der Einvernahme am 12. April 2011 habe er es noch gewusst, außerdem könne es nicht schwer sein nachzurechnen, um wie viel Jahre der Bruder älter als der Beschwerdeführer sei, erwiderte der Beschwerdeführer, sein ältester Bruder sei ungefähr 17 oder 18 Jahre älter.

 

Insgesamt habe er drei Brüder und zwei Schwestern, außer XXXX gebe es XXXX, dieser sollte jetzt ungefähr 40 Jahre alt sein, die Schwester XXXX, sei etwa 10 Jahre älter als der Beschwerdeführer. Sie alle hätten ihn vor langer Zeit verlassen und ihn alleine mit seinen Eltern zurückgelassen.

 

Auf Vorhalt des Fehlens der Daten zweier Geschwister nannte der Beschwerdeführer den Namen XXXX, er könne aber nicht sagen, wie alt XXXX sei, dieser sei schon früh weggegangen.

 

Auf Vorhalt, bei der Einvernahme am 12. April 2011 habe er es noch gewusst, zudem habe der Beschwerdeführer soeben bei XXXX und XXXX durch Nachdenken das Alter rekonstruieren können, antwortete der Beschwerdeführer, sein Bruder XXXX sei heute in den "30-ern", das genaue Alter könne er nicht sagen, aber er sei älter als 30.

 

Auf Vorhalt, er habe vor zwei Jahren als Alter dieses Bruders 38 Jahre angegeben, somit müsse der Bruder nun 40 sein, entgegnete der Beschwerdeführer, er habe deswegen auch "in den 30-ern" gesagt, sein Bruder sei zwischen 30 und 40 Jahre alt.

 

Aufgefordert, den letzten fehlenden Geschwisterteil zu nennen, gab der Beschwerdeführer an, er habe noch eine ältere Schwester namens XXXX; sie sei 30 oder älter.

 

Auf Vorhalt, vor zwei Jahren sei XXXX seinen damaligen Angaben zu Folge 25 Jahre alt gewesen, somit müsste sie jetzt 27 Jahre alt sein, erklärte der Beschwerdeführer, seine Schwester sei nahe am 30. Geburtstag.

 

Er habe Österreich oder Europa keine nahe Verwandte.

 

Er habe die nigerianische Staatsbürgerschaft, gehöre der Volksgruppe der Ibo und einer christlichen Religionsgemeinschaft an. Er habe 6 Jahre lang die Grundschule besucht und habe in seiner Heimat als Friseur gearbeitet, sonst habe er keine beruflichen Tätigkeiten ausgeübt. Er habe keinen Wehrdienst absolviert.

 

Bis zu seiner Ausreise habe er immer in XXXX gelebt. In seiner Heimat habe er weder eine Wohnung, noch ein Haus oder eine sonstige Unterkunft oder nennenswertes Vermögen. Er habe bis zu seiner Flucht niemals außerhalb Nigerias gelebt. Auf seiner Flucht habe er in Griechenland um Asyl angesucht.

 

In Nigeria sei er niemals in Haft gewesen oder illegal angehalten worden. Er habe sich nicht politisch betätigt und sei auch nicht aufgrund seiner Rasse, Nationalität oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder aus religiösen Gründen verfolgt worden.

 

Aufgefordert, in chronologischer Reihenfolge die Beweggründe für seine Flucht darzulegen, führte der Beschwerdeführer aus, er sei eines Tages, 2007 oder 2008, jedenfalls vor seiner Ausreise, zu Hause gewesen. Der Sohn des Königs seines Dorfes habe jemanden geschickt, um den Beschwerdeführer zu holen. Dieser habe den Beschwerdeführer aufgefordert, er solle kommen. Der Beschwerdeführer sei dann beim Sohn des Königs gestanden. Dieser habe ihn aufgefordert, zu ihm in die Wohnung (herein) zu kommen. Er sei dann mit ihm in das Zimmer gegangen, das sei am Nachmittag gewesen, so wie jetzt. Der Mann habe das Licht im Zimmer angedreht, habe seine Kleidung ausgezogen und habe gesagt, der Beschwerdeführer solle sich auf das Bett legen und Liebe mit ihm machen. Das habe der Beschwerdeführer abgelehnt. Dann habe der Sohn des Königs begonnen, dem Beschwerdeführer die Kleider vom Leibe zu reißen, und ihn zu zwingen, mit ihm Liebe zu machen, denn er sei homosexuell. Normalerweise sei das in seinem Dorf verboten und jeder, der in seinem Dorf erwischt werde, müsse getötet werden. Das sei die Tradition in seinem Dorf. Der Beschwerdeführer habe sofort zu schreien begonnen, dann hätten die Leute die Tür aufgebrochen und er sei sofort weggerannt. Der Sohn des Königs habe sofort begonnen, den Beschwerdeführer zu verfolgen. Er habe den Dorfbewohnern Geld angeboten, um den Beschwerdeführer aufzuspüren und er habe ihnen gesagt, wenn sie den Beschwerdeführer antreffen würden, so sollten sie ihn töten. Sie hätten überall sein Foto angebracht und ihn für vogelfrei erklärt. Man solle den Beschwerdeführer töten, wenn man ihn fände.

 

Die Ereignisse seien überraschend gekommen, es habe keine Zeit gegeben, wo der Sohn des Königs Avancen getätigt hätte. Er habe an diesem Tage vorher nicht gewusst, dass der Sohn des Königs jemand sei, der mit ihm näher in eine sexuelle oder sonstige Beziehung habe treten wollen. Er habe auch nicht gewusst, dass der Sohn des Königs homosexuell sei.

 

Dieser Mann habe ihn in das Zimmer gerufen und habe die Tür abgesperrt. Dann habe er begonnen, sich seine Kleidungsstücke auszuziehen. Dann habe er gesagt, er solle sich auf das Bett legen, das habe der Beschwerdeführer abgelehnt. Dann habe er begonnen, den Beschwerdeführer zu zwingen.

 

Aufgefordert, diesen Zwang im Detail darzulegen, schilderte der Beschwerdeführer, der Sohn des Königs habe begonnen, dem Beschwerdeführer die Knöpfe von seinem Gewand aufzumachen, aber der Beschwerdeführer habe es verweigert. Der Sohn des Königs habe dann den Beschwerdeführer gezwungen, sich auf das Bett zu legen.

 

Befragt, wie der Sohn des Königs den Beschwerdeführer habe zwingen können, und aufgefordert, sich nicht auf eine allgemeine Darstellung zu beschränken, sondern dem vorsitzenden Richter bis in das letzte Detail zu erklären, wie der Sohn des Königs den Beschwerdeführer gezwungen habe, erklärte der Beschwerdeführer, der Sohn des Königs habe ihn aufgefordert, sich auf das Bett zu legen, er habe Angst vor diesem Mann gehabt, denn dieser sei bereits nackt gewesen.

 

Befragt, warum er Angst vor ihm gehabt habe, wenn dieser bereits seine Kleidung ausgezogen habe, führte der Beschwerdeführer aus, er habe bemerkt, dass dieser Mann Liebe mit dem Beschwerdeführer habe machen wollen, als er gesagt habe, der Beschwerdeführer sich hinlegen sollte.

 

Auf die Frage, ob es normal sei, dass man sich einfach in der Gegenwart eines anderen Mannes ausziehe, da habe der Beschwerdeführer doch schon zu einem früheren Zeitpunkt merken müssen, dass etwas nicht in Ordnung sei, antwortete der Beschwerdeführer, er habe den Sohn des Königs gefragt, was das Ganze bedeuten solle, der Mann habe gesagt, er wolle mit dem Beschwerdeführer Liebe machen. Der Beschwerdeführer habe geschrien und dann hätten andere Leute die Tür aufgebrochen. Der Mann habe den anderen Leuten gesagt, sie sollten dem Beschwerdeführer nachlaufen, dieser hätte versucht, mit ihm Liebe zu machen. Er habe Geld und Verbindungen und habe ihnen Geld dafür angeboten.

 

Befragt, woher man das Fahndungsfoto des Beschwerdeführers gehabt habe, dachte der Beschwerdeführer lange nach und gab an, sie seien aus demselben Dorf.

 

Auf die Anmerkung des vorsitzenden Richters, dies sei noch lange kein Grund, dass man ein Foto von ihm habe, mutmaßte der Beschwerdeführer, vielleicht habe der Sohn des Königs das Foto bekommen, als der Beschwerdeführer versucht habe wegzulaufen.

 

Befragt, von wo man dieses Foto überhaupt gehabt habe und wann und bei welcher Gelegenheit der Beschwerdeführer dieses Foto habe machen lassen, und auf die ergänzende Frage, ob es ein privates Foto oder ein Passfoto gewesen sei, erwiderte der Beschwerdeführer, er wisse es nicht.

 

Auf die Frage, woher er dann überhaupt wisse, dass man Bilder von ihm aufgehängt habe, gab der Beschwerdeführer an, es hätten ihm Leute mitgeteilt, dass überall sein Foto aufgehängt worden sei, als es ihm gelungen sei zu fliehen. Er habe dann an diesem Tag das Dorf verlassen und habe auch einen Aushang mit einem Foto von ihm persönlich gesehen.

 

Auf die neuerliche Frage, woher das Foto herkomme und ob das Foto privat oder "öffentlich" (z.B. für einen Ausweis) gewesen sei, erwiderte der Beschwerdeführer, er wisse es nicht wirklich.

 

Auf die Anmerkung, dass damit die Sache leider eher unglaubwürdig werde, erstens müsste der Beschwerdeführer genau sagen können, ob es ein privates oder "öffentliches" (z.B. Ausweis) Foto gewesen sei, und zweitens müssten er dann doch wissen, in welcher Weise er auf diesem Foto abgebildet gewesen sei, erklärte der Beschwerdeführer, bei ihnen sei es üblich, dass anlässlich des Weihnachtsfestes Fotos geschossen würden, der Mann müsse in sein Haus eingebrochen sein, um es zu stehlen. Es sei ein Brustfoto von ihm und zeige vor allem sein Gesicht.

 

Er sei nach den geschilderten Ereignissen sofort hinausgelaufen, "einfach weg". Er sei unter Druck gewesen und sei einige Zeit lang gelaufen und sei dann schließlich nach Lagos gekommen.

 

Auf die Frage, ob er direkt nach Lagos gelaufen sei, gab der Beschwerdeführer an, er sei an einen Ort gekommen, dessen Namen er nicht kenne.

 

Auf Vorhalt, dies sei nicht sehr glaubwürdig, und auf die Frage, wie lange er überhaupt zu diesem Ort gelaufen sei, erwiderte der Beschwerdeführer, er habe keine Armbanduhr gehabt, er wisse wirklich nicht, welche Entfernung das gewesen sei. Er sei durchgehend gelaufen.

 

Auf die Anmerkung des vorsitzenden Richters, der Beschwerdeführer sei - er möge diese Feststellung verzeihen - offenkundig sehr übergewichtig, geschätzte 110 Kilo schwer und offenkundig untrainiert, der vorsitzende Richter könne sich nicht vorstellen, dass der Beschwerdeführer mit seiner körperlichen Konstitution mehr als zwei oder drei Kilometer durchgehend laufen könne, gab der Beschwerdeführer an, er habe den Verfolgern auch ausweichen müssen, als er müde gewesen sei, sei er stehen geblieben, insgesamt etwa fünf bis sechs Mal.

 

Auf die Anmerkung, auch mit 5 oder 6 Mal stehen bleiben könne sich der vorsitzende Richter angesichts des Übergewichts des Beschwerdeführers nicht vorstellen, dass dieser mehr als 5, maximal 10 Kilometer schaffe, daher sei überhaupt nicht nachvollziehbar, dass der Beschwerdeführer nicht einmal die Ortschaft nennen können, in die er es geschafft habe, denn das müsse die unmittelbar nächste Ortschaft gewesen sein, erwiderte der Beschwerdeführer, er habe von dieser Siedlung dann das Fahrzeug nach Lagos genommen, nun falle ihm ein, er habe es nach XXXX geschafft, das sei von seiner Heimatsiedlung etwa eine Stunde im Laufschritt entfernt. Dort habe er ungefähr 20 Minuten auf das Fahrzeug gewartet und habe sich hinter einer Säule versteckt.

 

Als er dann nach Lagos gekommen sei, habe er immer noch sehr große Angst gehabt, da diese Leute immer noch nach ihm gesucht hätten. Er traf dann einen Mann, einen Pastor. Er habe ihm alles erzählt und dieser habe ihm gesagt, dass er ihm helfen würde.

 

Befragt, wo der Beschwerdeführer überhaupt das Fahndungsplakat mit dem Bild von sich gesehen habe, erklärte er, dies sei gewesen, als er nach Lagos gegangen sei, konkret auf dem Weg nach Lagos, er sei im Fahrzeug gewesen, dieses sei auf einer Art Raststätte stehen geblieben, eine Art Raststätte und Busstation. Dort habe er sich eher versteckt gehalten und habe nach der Pause wieder das Fahrzeug betreten.

 

Daraufhin fasste der vorsitzende Richter zusammen, der Beschwerdeführer sei unmittelbar nach dem Vergewaltigungsversuch hinausgelaufen, sei eine Stunde im Laufschritt gelaufen, habe 20 Minuten auf das Fahrzeug gewartet und habe bei einer Pause, die das Fahrzeug eingelegt habe, bemerkt, dass bereits ein Fahndungsplakat mit seinem Foto aufgehängt sei., dies sei extrem unglaubwürdig, denn man habe ja das Foto des Beschwerdeführers noch nicht gehabt, auch seien diese Fahndungsplakate noch nicht gedruckt gewesen. Das heiße, man müsse zuerst das Foto organisieren, dann das Fahndungsplakat drucken und aufhängen. Nach dem Zeitstrahl des Beschwerdeführers habe dieser da doch schon geschätzte zwei bis drei Stunden Vorsprung, das alles sei aus der Sicht des vorsitzenden Richters kaum möglich. Der Beschwerdeführer entgegnete, bei ihnen gehe das alles mit dem Drucken in wenigen Minuten. Die Fahrt dauere etwa 15 Stunden. Die anderen seien schneller gewesen.

 

Auf Vorhalt, der Beschwerdeführer habe im Rahmen seines ersten Antrages zu Protokoll gegeben, dass der Sohn des Häuptlings sinngemäß über längere Zeit Avancen getätigt und "keine Ruhe gelassen habe", erst dann sei es zum Akt gekommen, darüber hinaus im Haus des Beschwerdeführers, erklärte letzterer, er sei damals nervös gewesen und unter Anspannung gestanden.

 

Daraufhin merkte der vorsitzende Richter an, es sei auch unter Mitberücksichtigung der Nervosität überhaupt nicht nachvollziehbar, dass der Beschwerdeführer wesentliche Elemente seines Vorbringens unrichtig darstelle. Auf weiteren Vorhalt, dass der Beschwerdeführer damals weiter zu Protokoll gegeben habe, dass plötzlich ein Dorfbewohner in der Wohnung gestanden sei und zu schreien begonnen habe, worauf die anderen Leute gekommen seien, und auf die Frage, wie er diesen Widerspruch zur heutigen Darstellung erkläre, antwortete der Beschwerdeführer verneinend, es sei so gewesen, er habe aufgeschrien, als der Sohn des Königs begonnen habe, den Beschwerdeführer zum Geschlechtsakt zu zwingen. Dies hätten die Leute draußen gehört und hätten begonnen, die Tür aufzubrechen.

 

Auf Vorhalt, dass die damalige Darstellung aber eine andere gewesen sei, erwiderte der Beschwerdeführer verneinend, dies sei nicht richtig, er habe geschrien.

 

Auf Vorhalt, der Beschwerdeführer habe damals auch gesagt, dass die Tür nicht zugesperrt gewesen sei, antwortete der Beschwerdeführer, er habe beim Hereinkommen gesehen, dass sein Kontrahent den Schlüssel bewegt habe und er wisse, dass die Mitglieder der (Dorf-) Gemeinschaft die Türe aufgebrochen hätten und dann habe sein Kontrahent gemeint, sie sollten den Beschwerdeführer aufhalten, dieser hätte angeblich mit ihm Liebe machen wollen.

 

Zum Akt sei es nicht gekommen.

 

Auf Vorhalt, er habe bei der damaligen Antragstellung auch zu Protokoll gegeben, dass man überall im Dorf Fotos aufgehängt habe, und auf die Frage, warum er nicht gesagt, dass man auch in mehreren hundert Kilometer Entfernung ein Plakat aufgehängt habe, dies sei doch noch bedrohlicher, wenn man binnen weniger Stunden ein Plakat in mehreren hundert Kilometern vorfinde, antwortete der Beschwerdeführer, er habe gesagt, dass sein Foto überall aufgehängt worden sei. Seine Schwester und sei Bruder hätten ihm gesagt, er solle weglaufen. Es sei die Botschaft gekommen, dass sein Foto überall sei. Sein Bruder sei nach Lagos gekommen.

 

Befragt, wie er seinen Bruder erreicht habe, erklärte der Beschwerdeführer, dies sei über einen Freund geschehen, den er in Lagos getroffen habe. Auf die Frage nach dem Namen dieses Freundes gab der Beschwerdeführer den Vornamen "XXXX" an. Er kenne ihn nur unter diesem Vornamen. Er habe ihm aber so vertraut, dass er auch aus seinem Versteck heraus sich an ihn gewandt habe. Auf die Frage, warum er ihm so vertraut habe, erklärte der Beschwerdeführer sehr zögerlich, sein Geist habe ihm einfach nahe gelegt, ihm zu vertrauen.

 

Der Bote, der ihn zum Sohn des Königs geholt habe, gehöre zur Dorfgemeinschaft und heiße "XXXX". Er habe dem Beschwerdeführer gesagt, dass der Sohn des Königs ihn sehen wolle. Der Beschwerdeführer sei überrascht gewesen, habe aber nicht anders gehandelt, denn er habe keine andere Wahl gehabt. Es sei ihm völlig unbekannt gewesen, dass dieser Mann homosexuell sei. Einige Leute im Dorf hätten es schon früher gesagt, aber bis zum Vorfall habe der Beschwerdeführer es nicht geglaubt.

 

Auf dem Fahndungsplakat sei gestanden, dass "XXXX" [Vorname des Beschwerdeführers] ein Tabu gebrochen habe, dass er versucht habe, den Sohn eines Königs zu vergewaltigen und er solle getötet werden, wo immer er angetroffen werde. Er solle in das Dorf gebracht werden, das sei das Gesetz des Dorfes, er solle getötet werden. Auf die Frage des vorsitzenden Richters, ob zuerst getötet oder zuerst ins Dorf gebracht, präzisierte der Beschwerdeführer, er hätte zuerst ins Dorf gebracht und dann getötet werden sollen. Dies sei das Gesetz des Dorfes.

 

Auf Vorhalt, der Beschwerdeführer habe vor dem Bundesasylamt ausgesagt, dass der Königssohn schwul sei und den Beschwerdeführer unbedingt wieder zurück haben möchte bzw. gewissermaßen "endlich" Sex mit ihm haben möchte und daher die (Fahndungs-)Bilder von ihm ausgehängt habe, erwiderte der Beschwerdeführer, er hätte zurückgebracht und getötet werden sollen.

 

Auf nochmaligen Vorhalt, es sei damals protokolliert worden, er habe die Bilder aushängen lassen und Geld geboten, um den Beschwerdeführer wiederzubekommen, um endlich Sex mit diesem zu haben, antwortete der Beschwerdeführer verneinend, dies sei ein Irrtum.

 

Der Sohn des Königs heiße "XXXX".

 

Auf Vorhalt, er habe beim Bundesasylamt den Namen nicht gewusst, erklärte der Beschwerdeführer, er habe sich damals nicht gut erinnern können.

 

Befragt, wieso er sich zwei Jahre später schon gut erinnern könne, gab der Beschwerdeführer an, manchmal denke er nach und dann gelinge es ihm sich zu erinnern. Er habe den Namen auch heute möglicherweise nicht gut protokollieren lassen, es sei eine phonetische Schreibweise.

 

Der Name des Königs sei "XXXX", da sei die Bezeichnung für einen König. Man könne ihn auch als XXXX bezeichnen. Auch dieses Wort "XXXX" heiße so viel wie "König".

 

Den eigentlichen Namen kenne er aber nicht.

 

Auf die Anmerkung des vorsitzenden Richters, der Beschwerdeführer kenne den Namen nicht, obwohl es der König seines Dorfes sei, und auf die Frage, warum er den Namen des Sohnes, nicht aber des eigentlichen Königs kenne, erwiderte der Beschwerdeführer, er wisse nur, dass sie ("wir") den König "XXXX" genannt hätten.

 

Auf die Anmerkung, bereits das Bundesasylamt habe gefragt, warum jemand, der dem Beschwerdeführer körperlich unterlegen sei, sich ausgerechnet den Beschwerdeführer als Schwergewicht aussuche, um ihn zu vergewaltigen, erklärte der Beschwerdeführer, er sei damals noch dünner gewesen. Heute habe er zwischen 90 und 100 Kilo.

 

Auf Vorhalt, auf dem unmittelbar nach seiner Ankunft aufgenommenen Foto weise er 15 bis 20 Kilo mehr auf als heute, zudem habe er auch beim Bundesasylamt eingeräumt, (damals) 110 Kilo gehabt zu haben, schwieg der Beschwerdeführer.

 

Auf die Anmerkung des vorsitzenden Richters, er könne ebenso wie das Bundesasylamt nicht nachvollziehen, dass man sich trotz des zu befürchtenden Widerstandes eine 110-Kilogramm schwere Person aussucht, um ihn zu vergewaltigen, gab der Beschwerdeführer an, er sei auch überrascht gewesen.

 

Befragt, ob es seitens seines Kontrahenten nur Drohungen gegeben habe oder ob eventuell Geld oder Zuneigung geboten wurde oder dieser versucht habe, den Beschwerdeführer zu verführen, antwortete der Beschwerdeführer verneinend, es habe nur Gewalt gegeben. Sein Kontrahent habe gewusst, dass er nicht einverstanden wäre, da es in ihrem Dorf verboten sei. Nigeria sei anders und sein Dorf sei auch anders. In seinem Dorf werde das nicht toleriert und man werde getötet, wenn man erwischt werde.

 

Auf die Frage, welche Akte von Gewalt es zwischen ihm und dem Königssohn gegeben habe, antwortete der Beschwerdeführer, er habe ihm die Kleidung vom Leibe gerissen. Er habe ein Hemd angehabt (dabei deutete der Beschwerdeführer das Aufknöpfen eines Hemdes an), kein T-Shirt.

 

Auf Vorhalt, er habe früher zu Protokoll gegeben, es sei ihm das T-Shirt vom Leib gerissen worden, erklärte der Beschwerdeführer, er habe damals gesagt, sein Hemd, sein Shirt. Der Kontrahent habe erfolglos versucht, ihm das Hemd vom Leibe zu reißen und auch das T-Shirt darunter.

 

Auf Vorhalt, er habe vor einer Minute ausdrücklich verneint, erklärte der Beschwerdeführer, es sei ein Singlet [Anm.:

Unterleibchen] gewesen, (nur) etwas ähnliches wie ein T-Shirt.

 

Sein Kontrahent habe auch erfolglos versucht, dem Beschwerdeführer die Hose auszuziehen, dieser habe erfolgreich Widerstand geleistet.

 

Auf Vorhalt, er habe früher zu Protokoll gegeben, dass sein Kontrahent ihm erfolgreich diee Hose vom Leib gerissen habe, antwortete der Beschwerdeführer verneinend, dieser habe kämpfend versucht, dem Beschwerdeführer die Hose vom Leibe zu reißen. Es müsse sich damals wohl um einen Protokollierungsirrtum gehandelt haben.

 

Auf weiteren Vorhalt, er habe damals zu Protokoll gegeben, dass die Leute den Beschwerdeführer unbekleidet gesehen hätten, somit müsse er ohne Hose gewesen sein, erwiderte der Beschwerdeführer, er sei nicht nackt gewesen. Sein Kontrahent habe versucht, ihm die Hose vom Leibe zu reißen, aber er habe Widerstand geleistet. Er sei nicht komplett nackt gewesen.

 

Auf die Frage, ob er versucht habe, in seinem Herkunftsstaat Schutz vor den von Ihnen genannten Verfolgungshandlungen zu suchen (z.B. Anzeige bei der Polizei oder Staatsanwaltschaft, Inanspruchnahme von NGOs, etc.), antwortete der Beschwerdeführer verneinend, das habe er nicht getan. Sein Kontrahent habe Geld und Einfluss. In ihrem Dorf sei Homosexualität komplett verboten und man hätte nicht dem Beschwerdeführer geglaubt sondern seinem Kontrahenten.

 

Für den Fall einer Rückkehr in den Herkunftsstaat werde er in sein Dorf gebracht und befürchte er seine Ermordung. Dies sei zu hundert Prozent so.

 

Er habe in Österreich Telefonwertkarten verkauft. Dabei habe er drei- bis fünfhundert Euro verdient, das sei normale Schwarzarbeit gewesen. Aber er wäre daran interessiert gewesen, einen Deutschkurs zu machen, aber er habe kein Geld dafür gehabt. Er würde auch gerne Deutsch schreiben lernen. Er sei zur Caritas gegangen, um sich diesbezüglich zu erkundigen.

 

Er fühle sich in der Lage, auch körperlich anstrengende Arbeiten zu übernehmen. Derzeit verkaufe er immer noch diese Telefonwertkarten. Er sei nicht in der Grundversorgung.

 

Beim Kartenverkauf verdiene er zwanzig bis dreißig Euro am Tag, manchmal auch gar nichts. Sonst mache er nichts.

 

Er habe mangels Geld keinen Deutschkurs besucht. Er wisse nicht, wie viel ein Kurs kostet. Er habe versucht, sich zu erkundigen, aber man habe keine Antwort gewusst. Er sei sehr interessiert an der Sprache.

 

Aufgefordert, die letzte Aussage glaubhaft zu machen, führte der Beschwerdeführer aus, er habe sich zwei Mal an die Caritas gewandt. Er habe nicht genug Geld, um einen Sprachkurs zu belegen.

 

Nach Beantwortung mehrerer Fragen (ohne Unterstützung durch den Dolmetscher) zum Namen, der Herkunft, etwaigen Hobbys oder der Familie kamen der vorsitzende und der beisitzende Richter überein, dass der Beschwerdeführer faktisch keine Deutschkenntnisse aufweist.

 

Auf die Frage, was er über die österreichische Geschichte, Kultur oder Politik wisse, erklärte der Beschwerdeführer, er wisse nicht wirklich etwas über Politik. Es sei ihm bewusst, dass er mehr wissen sollte, aber dadurch, dass er nicht Deutsch könne, sei dies so.

 

Er habe keine wirklich engen Freunde, gehe aber sehr oft zur Kirche, der Pastor kenne ihn gut.

 

Er sei in Österreich aufgrund eines Drogendeliktes verurteilt worden, dies sei ein Fehler gewesen, den er niemals wiederholen werde, dies habe er auch dem damaligen Richter gesagt.

 

Am Ende der Verhandlung wies der Beschwerdeführervertreter darauf hin, dass es für ihn angesichts der langen Befragung zu den Familienverhältnissen des Beschwerdeführers (in der Heimat) nicht feststellbar sei, welchen Vorteil der Beschwerdeführer davon hätte, nicht die Wahrheit zu sagen. Daher sei anzunehmen, dass er sich einfach nicht erinnern könne. Zweitens sei Homosexualität ein großes Tabu in dieser Gegend, sodass die Erklärungen des Beschwerdeführers insofern schon glaubwürdig seien, als er schockiert gewesen sei, dass der Sohn des Königs sich auf solche Weise ihm annähern wollte. Möglicherweise habe der Sohn des Königs diese Tatsache dazu zu benützen versucht, seinen möglichen physischen Nachteil dem BF gegenüber auszunutzen. Vielleicht habe er gar nicht erwartet, dass der Beschwerdeführer sich wehrt, insbesondere da ein Machtungleichgewicht bestehe. Drittens wolle er noch sagen, dass der Beschwerdeführer in der Einvernahme vor dem Bundesasylamtes zum Motiv, dessentwegen die Fahndungsplakate aufgehängt worden seien, nicht nur gesagt habe, dass ihn der Sohn des Königs wieder zurückhaben wolle, vielmehr habe er etwas später seine ursprüngliche Antwort korrigiert und ausgeführt, dass der Sohn des Königs ihn umbringen wolle, die Bilder seien deswegen angebracht worden. Offenbar sei das ein Missverständnis des damaligen Leiters der Einvernahme gewesen.

 

Der Beschwerdeführer ergänzte, er brauche wirklich eine Gelegenheit, um einen Sprachkurs zu nützen. Er wolle sehr gerne in Österreich bleiben.

 

1.14. Mit Schriftsatz vom 22.03.2013 wurde ein Empfehlungsschreiben des Vereins XXXX zugunsten des Beschwerdeführers vorgelegt. Beispielsweise beteilige sich dieser aktiv an Vereinsveranstaltungen und verteile Flyer, wodurch er Kontakt zu Menschen finde und aufbaue.

 

II. Der Asylgerichtshof hat über die gegen den angefochtenen Bescheid gerichtete Beschwerde wie folgt festgestellt und erwogen:

 

II.1. Zur Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes wurde im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweis erhoben durch Einsicht in den dem Asylgerichtshof vorliegenden Verwaltungsakt des Bundesasylamtes sowie in die im Zuge des gegenständlichen Verwaltungsverfahrens vorgelegten Beweismittel, die Einvernahme des Beschwerdeführers in der durchgeführten mündlichen Verhandlung vom 11.03.2013 sowie die Erörterung der in der Verhandlung eingeführten Länderdokumente.

 

II.2. Der erkennende Senat des Asylgerichtshofes geht von folgendem für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhalt aus:

 

II. 2.1 Zur Person und den Fluchtgründen:

 

Der Beschwerdeführer, dessen Identität mangels identitätsbezeugender Dokumente nicht zweifelsfrei feststeht, ist Staatsangehöriger von Nigeria. Er reiste am 31.01.2009 illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 01.02.2009 einen (ersten) Antrag auf internationalen Schutz.

 

Die Gründe für die Ausreise aus dem Herkunftsstaat des Beschwerdeführers konnten jedoch nicht festgestellt werden. Es kann weder festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer in Nigeria einer Verfolgung ausgesetzt war, noch droht eine solche aktuell. Es kann nicht festgestellt werden, dass dem Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr nach Nigeria aus Gründen der Rasse, der Religion, der Nationalität, der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Ansichten von staatlicher Seite oder von Seiten Dritter bedroht wäre.

 

Nicht festgestellt werden kann, dass dem Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Nigeria die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen wäre.

 

Es kann weiters nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Nigeria in eine existenzgefährdende Notlage geraten würde. Bei einer Rückkehr nach Nigeria droht ihm weder eine unmenschliche Behandlung, Todesstrafe oder unverhältnismäßige Strafe noch eine sonstige individuelle Gefahr. Der Beschwerdeführer leidet an keiner lebensbedrohlichen Krankheit, die einer Rückführung in den Herkunftsstaat entgegenstehen würde.

 

Es besteht in Österreich kein schützenswertes Privat- oder Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK. Dem vorbestraften Beschwerdeführer kam zu keinem Zeitpunkt seines Aufenthaltes in Österreich ein nicht auf das Asylverfahren gestütztes Aufenthaltsrecht zu, noch konnte ein besonderes Maß an Integration festgestellt werden. Der Beschwerdeführer weist weder Deutschkenntnisse auf noch ist er Mitglied eines Vereins, er ging in Österreich - gemäß seinen Angaben - keiner (legalen) Beschäftigung/Arbeit nach. Er ist von keiner zum dauernden Aufenthalt berechtigten Person in Österreich abhängig. Es kann von keiner Selbsterhaltungsfähigkeit ausgegangen werden. In Nigeria leben noch Familienangehörige des Beschwerdeführers.

 

II.2.2 Zur aktuellen Lage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers wird, wie vorgehalten, festgestellt:

 

Teil 1: Allgemeine Lage

 

Block 1: Politik und Wahlen

 

Nigeria ist eine föderale Republik, gegliedert in 36 Teilstaaten und das Federal Capital Territory (FTC, Abuja) im geographischen Zentrum des Landes. Staatsoberhaupt und Oberbefehlshaber der Armee ist der Präsident der Republik, welcher für vier Jahre gewählt wird; eine einmalige Wiederwahl ist möglich. Der Staatspräsident führt den Vorsitz der von ihm ernannten Bundesregierung (Federal Executive Council).

 

Jeder der 36 Bundesstaaten verfügt über eine Regierung unter Leitung eines direkt gewählten Gouverneurs mit vierjähriger Amtszeit und der Möglichkeit einer einmaligen Wiederwahl, sowie über ein Landesparlament.

 

Der legislative Apparat ist die National Assembly, welche den 109sitzigen Senat und das Repräsentantenhaus mit 360 Sitzen umfasst. Beide werden jeweils für eine Legislaturperiode von vier Jahren durch Direktwahlen bestimmt. Der Senat setzt sich aus je drei Senatoren pro Bundesstaat sowie einem Senator des Federal Capital Territory (FCT) zusammen.

 

Gouverneurs- und Senatswahlen fanden 2011 in 32 der 36 Provinzen sowie im FCT statt; die Regierungspartei PDP verlor in den überwiegend von Yoruba bewohnten Teilstaaten an den ACN. Von 83 neu gewählten Senatoren entfielen 54 auf PDP, 18 auf ACN, 6 auf CPC, 4 auf ANPP, 2 auf LP und 1 Senator auf APGA.

 

Die Parteienlandschaft wird auch nach den Wahlen vom 2.4.2011 von der People-s Democratic Party (PDP) beherrscht, andere politische Parteien wie Action Congress Nigeria (ACN), All Nigeria People?s Party (ANPP), Labour Party(LP), Congress for Progressive Change (CPC), Alliance for Democracy (AD), All Progressive Grand Alliance (APGA), National Democratic Party (NDP), ACCORD-Party sind nur von regionaler Bedeutung (vor allem ist der ACN traditionell eine Yoruba-Partei, die APGA eine Igbo-Sammelbewegung).

 

Darüber hinaus wurden für die National Assembly-Wahlen 2011 weitere 54 kleine Parteien von der unabhängigen Wahlkommission zugelassen, spielten im Wahlkampf und bei den Wahlergebnissen jedoch eine marginale Rolle. Die hohe Anzahl verschiedener Parteien ist auf die äußerst große Bevölkerungsvielfalt Nigerias zurück zu führen (rd. 400 zum Teil sehr kleine Ethnien, 434 Sprachen und Stammesdialekte).

 

(ÖB Abuja: Asylländerbericht Nigeria, 11.2011)

 

Seit Jahren gibt es eine breite Verfassungsreformdebatte, in Gang gehalten vor allem durch Schwächen des Grundgesetzes in der Praxis wie auch durch Kritik an den starken zentralistischen Elementen. Eine besondere Rolle spielt die Diskussion um die Verteilung der Öleinnahmen (sie bilden den Großteil der Staatseinnahmen); diese Gelder fließen zunächst der Föderation zu und werden dann nach einem festen Schlüssel verteilt. Ebenso wichtig im Vielvölkerstaat Nigeria ist die Frage, wie gewährleistet werden kann, dass die verschiedenen Volksgruppen an der Macht in der Bundesregierung beteiligt werden können. Bisher ist das Projekt einer Verfassungsreform nicht vorangekommen. 2010 gelang zumindest erstmals eine Verfassungsänderung im Rahmen der Wahlreform.

 

Im Bundesparlament sind seit den Wahlen vom April 2011 neun Parteien vertreten. Die People's Democratic Party (PDP) verfügt in beiden Häusern über die absolute Mehrheit. Wichtigste Oppositionsparteien sind der Action Congress of Nigeria (ACN), der Congress for Progressive Change (CPC) und die All Nigeria People's Party (ANPP). Fünf weitere Parteien sind aufgrund des Mehrheitswahlsystems nur mit wenigen Abgeordneten vertreten. Auch nach den letzten Wahlen bleibt die Zahl weiblicher Abgeordneter gering: 7 von 109 Senatoren und 19 von 360 Mitgliedern des Repräsentantenhauses sind Frauen; ihr Anteil ging gegenüber den vorherigen Wahlen sogar leicht zurück.

 

Parteien in Nigeria sind vor allem Wahlplattformen für Politiker (laut Verfassung können nur Parteienvertreter bei Wahlen antreten, Unabhängige sind nicht zugelassen); eine Ausrichtung an bestimmten Interessenvertretungen oder gar Weltanschauungen gibt es bei den großen Parteien nicht, eine Orientierung an ethnischen Gruppen ist ausdrücklich verboten.

 

Sieger der Präsidentschaftswahlen vom 16.4.2011 wurde der Kandidat der PDP und bisherige Amtsinhaber Goodluck Jonathan mit 58,8 % der Stimmen vor dem CPC-Kandidaten Muhammadu Buhari mit 32 %. Jonathan hatte als Vizepräsident das Amt von dem im Mai 2010 verstorbenen Präsidenten Umaru Musa Yar'Adua übernommen.

 

In den 36 Bundesstaaten stellt die PDP derzeit 23 Gouverneure, der ACN 6, die ANPP 3, die APGA 2, die LP und der CPC je einen Gouverneur. Wie bisher ist kein Gouverneur eine Frau.

 

Die Wahlen vom April 2011 wurden sowohl in Nigeria als auch von internationalen Wahlbeobachtern trotz festgestellter Mängel als "die besten Wahlen seit 1999" bezeichnet.

 

(Auswärtiges Amt: Nigeria - Innenpolitik, Stand 3.2012, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Nigeria/Innenpolitik_node.html, Zugriff 15.10.2012)

 

Die Situation spitze sich seit 2011 dramatisch zu, als mit Goodluck Jonathan wieder ein Christ aus dem Süden Präsident wurde. Norden und Süden stehen sich misstrauisch und letztlich inkompatibel gegenüber. Im besten Falle verachtet man sich gegenseitig. Das wird so natürlich nicht öffentlich gesagt. Um nicht völlig auseinanderbrechen zu lassen, was nicht zusammenpasst, hat man sich teils inoffiziell, teils offiziell auf ein System der Postenteilung und -rotation verständigt. Der Präsident, so die Übereinkunft innerhalb der herrschenden Partei PDP, sollte abwechselnd alle acht Jahre (also nach zwei Amtszeiten, dem Maximum) aus dem Norden bzw. dem Süden kommen. So soll einer einseitigen, dauerhaften Dominanz mit all ihren Konsequenzen vorgebeugt werden.

 

(Konrad Adenauer Stiftung: Nigeria ein Jahr nach der Wahl - Die Konflikte nehmen zu, 4.2012,

http://www.kas.de/wf/doc/kas_30778-1522-1-30.pdf?120420114559, Zugriff 15.10.2012)

 

Die ersten Monate im Amt, gelang es Präsident Jonathan die angespannte Situation im Nigerdelta etwas zu beruhigen. Darüber hinaus engagierte er sich dafür die Wirtschaft anzukurbeln, in dem er u.a. den Kontakt mit den Regierungen der wirtschaftlich starken Länder Europas intensivierte.

 

Trotz des Engagements der Regierung Jonathans stellten die Konflikte mit der islamischen Bewegung "Boko Haram" sowie die Proteste gegen die Abschaffung der staatlichen Benzinpreissubventionen das Land vor eine innere Zerreißprobe. So übten die Anhänger der "Boko Haram" seit Juni 2011 vermehrt terroristische Anschläge in Nigeria aus, die mehrere hundert Tote und Verletzte hinterließen. Zudem protestierte die Bevölkerung massiv gegen die Abschaffung der Benzinpreissubventionen und legte durch Streiks in vielen Städten das Wirtschaftsleben des Landes lahm.

 

(Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit: Nigeria - Geschichte und Staat, 6.2012,

http://liportal.giz.de/nigeria/geschichte-staat.html, Zugriff 15.10.2012)

 

Block 2: Allgemeine Sicherheitslage

 

Gewarnt wird: vor Reisen in die nördlichen Bundesstaaten Borno, Yobe, in den südlichen Teil des Bundesstaates Bauchi, in den nördlichen Teil von Plateau State (Jos und Umgebung) sowie nach Kano, Kaduna und Sokoto, insbesondere in die gleichnamigen Hauptstädte, und in die Stadt Zaira angesichts von wiederholten Angriffen und Sprengstoffanschlägen militanter Gruppen auf Sicherheitskräfte, Märkte, Kirchen und Moscheen.

 

Dringend abgeraten wird: von Aufenthalten im Gebiet Suleja im Bundesstaat Niger. Hier wurde wie in Teilen der Bundesstaaten Borno, Yobe und Bauchi vorübergehend ein Ausnahmezustand verhängt.

 

In der Hauptstadt Abuja kam es am 1. Oktober und 31. Dezember 2010, am 16. Juni und 26. August 2011 und am 26. April 2012 zu Bombenanschlägen. Am 25. Dezember 2011 erfolgte ein Anschlag auf eine Kirche in Madalla, einem Vorort der Hauptstadt.

 

In den Ölfördergebieten in der Region des Niger Deltas, das die nigerianischen Bundesstaaten Delta, Bayelsa, Rivers und Akwa Ibom umfasst, kam es über Jahre immer wieder zu Kämpfen zwischen paramilitärisch organisierten Banden und Sicherheitskräften, aber auch von bewaffneten Gruppen untereinander.

 

Darüber hinaus können in Nigeria, meist kaum vorhersehbar, in allen Regionen lokale Konflikte aufbrechen. Ursachen und Anlässe der Konflikte sind meist politischer, wirtschaftlicher, religiöser oder ethnischer Art. Meist sind diese Auseinandersetzungen von kurzer Dauer (wenige Tage) und örtlich begrenzt (meist nur einzelne Orte, in größeren Städten nur einzelne Stadtteile).

 

(Auswärtiges Amt: Nigeria - Reise- und Sicherheitshinweise (Teilreisewarnung), Stand 15.10.2012 (unverändert gültig seit: 16.8.2012),

http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Laenderinformationen/00-SiHi/Nodes/NigeriaSicherheit_node.html, Zugriff 15.10.2012)

 

Block 3: Regionale Problemzonen [Geheimgesellschaften und Kulte siehe NIGR_F_2012_10_SOG]

 

Middle Belt (u.a. Jos - Plateau)

 

Ethnisch oder religiös motivierte Gewalt wird oft von Streitigkeiten zwischen Landwirten und Nomaden ausgelöst und resultierten auch [2011] im Verlust zahlreicher Menschenleben und signifikanter Vertreibungen. Die tödlichsten Beispiele derartiger Konflikte ereigneten sich in Jos und in der Umgebung der Stadt. Im Jänner 2011 kamen mehr als 100 Personen ums Leben. Human Rights Watch schätzt, dass die Zahl für das Gesamtjahr 2011 mehr als 200 Tote übersteigt.

 

Ende August kamen bei einem Konflikt zwischen Muslimen und Christen in und um Jos rund 100 Menschen ums Leben. Die Behörden haben keine Anklagen erhoben.

 

Präsident Jonathan hat Ende September 2011 rund 1.300 Soldaten in den Plateau State verlegen lassen, da die lokale Polizei die Gewalt nicht unter Kontrolle bringen konnte.

 

Ethnische Streitigkeiten über Land und politischen Einfluss haben entlang der Grenzen von Benue/Taraba/Nassarawa zu Gewalt, Zerstörung von Eigentum und der Vertreibung hunderter Personen geführt. Die Bundesregierung hat mobile Polizei in den betroffenen Gebieten stationiert, um weitere Gewalt zu verhindern.

 

(U.S. Department of State: Country Report on Human Rights Practices for 2011 - Nigeria, 24.5.2012,

http://www.ecoi.net

Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten