TE OGH 2009/2/17 14Os180/08i

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Veröffentlicht am 17.02.2009
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 17. Februar 2009 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Philipp als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Schroll und Dr. Lässig sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger und Mag. Fuchs in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Klugar als Schriftführerin in der Strafsache gegen Nihat U***** und einen weiteren Angeklagten wegen des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 zweiter Fall StGB sowie weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Nihat U***** und die Berufung des Zlatko T***** gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Jugendgeschworenengericht vom 9. September 2008, GZ 23 Hv 47/08f-153, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

Dem Angeklagten Nihat U***** fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen, auf dem Wahrspruch der Geschworenen beruhenden Urteil wurden Zlatko T***** und Nihat U***** jeweils der Verbrechen des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 zweiter Fall StGB (1./) und der schweren Nötigung nach §§ 105 Abs 1, 106 Abs 1 Z 1 StGB (2./) sowie der Vergehen der Entfremdung unbarer Zahlungsmittel nach § 241e StGB (3./) und des Diebstahls nach § 127 StGB (4./) schuldig erkannt.

Danach haben sie im bewussten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter am 13. Jänner 2008 in Breitenbach am Inn und anderen Orten

1./ dadurch, dass sie eine Pistole und ein ca 30 cm langes Küchenmesser gegen Gertraud S*****, Silvia S***** und Michael G***** richteten und sie aufforderten, Geld und Wertgegenstände herauszugeben, somit durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben, den Genannten fremde bewegliche Sachen, nämlich zwei Notebooks, einen Schlüsselbund und 150 EUR Bargeld, mit dem Vorsatz abgenötigt, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, wobei sie den Raub unter Verwendung von zwei Waffen verübt haben;

2./ Michael G***** im Zuge der unter 1./ geschilderten Tat durch die Aufforderung, den Bankomatkartencode zu nennen, durch Drohung mit dem Tod (Vorhalten einer Pistole und eines ca 30 cm langen Küchenmessers) zu einer Handlung, nämlich zur Bekanntgabe des Bankomatkartencodes, genötigt;

3./ sich ein unbares Zahlungsmittel, über das sie nicht oder nicht allein verfügen durften, nämlich die Bankomatkarte des Michael G*****, mit dem Vorsatz verschafft, dass sie durch deren Verwendung im Rechtsverkehr unrechtmäßig bereichert werden;

4./ fremde bewegliche Sachen, nämlich 800 EUR Bargeld, dem Michael G***** durch Beheben von einem Bankomat in Söll mit dem Vorsatz weggenommen, sich durch die Zueignung unrechtmäßig zu bereichern.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die auf § 345 Abs 1 Z 12 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Nihat U*****, der jedoch keine Berechtigung zukommt.

Die Subsumtionsrüge (Z 12) argumentiert, dass die zu Punkt 2./ des Schuldspruchs genannte Nötigung Teil des zu Punkt 1./ des Schuldspruchs erfassten schweren Raubes sei, weil die Bankomatkarte mit Bekanntgabe des Codes Wertträgereigenschaft aufweise und daher Deliktsobjekt des Raubes sei. Doch auch nach dem Beschwerdevorbringen nötigten die beiden Angeklagten dem Michael G***** die Bankomatkarte zunächst ab und forderten diesen erst danach unter Einsatz einer gefährlichen Drohung mit dem Tod auf, den Bankomatcode zu nennen. Solcherart geht der Rechtsmittelwerber nicht von den im Wahrspruch der Geschworenen festgestellten entscheidenden Tatsachen aus, wonach zwei sachverhaltsmäßig getrennte Taten vorliegen: Den Angeklagten war im Zeitpunkt der Erlangung der Bankomatkarte der Bankomatcode noch nicht bekannt, sodass auch auf der Basis der Argumentation des Nichtigkeitswerbers keine werthältige Sache abgenötigt wurde. Dagegen richtete sich die vom Punkt 2./ des Schuldspruchs erfasste, erst danach begangene Nötigung auf die Gewinnung einer Information und damit keiner Sache mit Wertträgereigenschaft. Solcherart vermengt der Nichtigkeitswerber bei seinen rechtlichen Ausführungen in unzulässiger Weise Sachverhaltselemente aus den Wahrsprüchen zu zwei unterschiedlichen Taten.

Im Übrigen kommt Bankomatkarten ohne aufgeladene Quick-Chip-Funktion (dazu vgl Schroll in WK2 § 74 Rz 60j, Vorbem zu §§ 241a bis 241g Rz 10 und § 241e Rz 24; Kienapfel/Schmoller StudB BT III § 241e Rz 40; Bertel/Schwaighofer BT II8 § 241e Rz 2; dies BT I10 § 127 Rz 6; Fabrizy StGB9 § 127 Rz 4; 12 Os 88/07v) auch dann keine Wertträgereigenschaft zu, wenn dem Täter der Bankomatkartencode bekannt ist oder wird (vgl RIS-Justiz RS0093750; Karollus wbl 1989, 100; Fabrizy StGB9 § 127 Rz 4; Birklbauer ÖJZ 1996, 780). Dies entspricht der herrschenden Auffasssung zur insoweit vergleichbaren Ausgangssituation bei vinkulierten Sparbüchern (vgl RIS-Justiz RS0093543; Kienapfel/Schmoller StudB BT II § 127 Rz 39; Fabrizy StGB9 § 127 Rz 4; Leukauf/Steininger Komm3 § 127 Rz 10).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§§ 344, 285d Abs 1 StPO). Daraus folgt die Kompetenz des Oberlandesgerichts Innsbruck zur Entscheidung über die Berufungen (§§ 344, 285i StPO).

Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 390a Abs 1 StPO.

Textnummer

E90422

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2009:0140OS00180.08I.0217.000

Im RIS seit

19.03.2009

Zuletzt aktualisiert am

10.08.2011
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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