TE OGH 2009/3/24 40R30/09x

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Veröffentlicht am 24.03.2009
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Kopf

Das Landesgericht für ZRS Wien als Berufungsgericht erkennt durch HR Dr. Garai als Vorsitzenden sowie die weiteren Richter des Landesgerichtes Mag. Dr. Hörmann und Dr. Kodek in der Rechtssache des Klägers Dr. Karl F. E*****, Rechtsanwalt in Wien als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen des Werner T*****, vertreten durch Dr. Engelhart & Partner, Rechtsanwälte OG in Wien, wider die Beklagte W***** GmbH, *****Wien, vertreten durch Dr. Erich Hirt, Rechtsanwalt in Wien, wegen EUR 313.918,53 s.A., infolge Berufung des Klägers gegen das Urteil des Bezirksgerichtes Favoriten vom 24.11.2008, 5 C 435/08b-9, mangels Antrages auf Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht:

Spruch

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Der Kläger ist schuldig, der Beklagten deren mit EUR 3.762,90 bestimmte Kosten des Berufungsverfahrens (darin EUR 627,15 USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig.

Entscheidungsgründe:

Text

Mit dem angefochtenen Urteil wies das Erstgericht das auf Nichterfüllung einer vereinbarten Zahlungspflicht, "hilfsweise auf Ersatz des notwendigen und nützlichen für die Beklagte getätigten Aufwandes sowie auf Bereicherungsansprüche" gestützte Zahlungsbegehren kostenpflichtig ab. Das Erstgericht stellte den auf Seiten 5 bis 9 der Urteilsausfertigungen wiedergegebenen Sachverhalt fest und erachtete rechtlich, dass mangels feststellbarer Vereinbarung zwischen früherem Masseverwalter und der Beklagten (behauptet war die Vereinbarung, wonach die Beklagte bis auf Widerruf die Liegenschaft zu Geschäftszwecken ohne Entgelt benutzen darf, jedoch sämtliche die Liegenschaft betreffenden Auslagen und sämtliche mit dem Betrieb im Zusammenhang stehenden Aufwendungen sowie die Instandsetzung der Gebäude aus eigenem zu bezahlen oder der Konkursmasse zu ersetzen hat, wozu neben den Grundbesitzabgaben die Ausgaben für Strom, Wasser, Müll etc., aber auch der Ersatz der Kosten für die Zumietung der Objekte L***** und C***** fallen), das darauf gestützte Klagebegehren nicht berechtigt ist. Gegen dieses Urteil wendet sich die Berufung des Klägers aus den Berufungsgründen der unrichtigen Tatsachenfeststellung aufgrund unrichtiger Beweiswürdigung sowie der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, dem Grunde nach im Sinne des Klagebegehrens zu entscheiden, hilfsweise der Klage sogleich Folge zu geben, allenfalls das Urteil aufzuheben und die Rechtssache zur ergänzenden Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückzuverweisen.

Die Beklagte beantragt, der Berufung nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Berufung ist nicht berechtigt.

Die Beweisrüge wendet sich gegen die Feststellung, dass die behauptete Vereinbarung zwischen früherem Masseverwalter und dem Geschäftsführer der Beklagten über die Bezahlung von Betriebskosten (behauptet war aber auch der Ersatz des Hauptmietzinses für die beiden Nachbarliegenschaften, somit die Bezahlung von Untermiete) nicht getroffen wurde. Vielmehr sei aufgrund der Aussage des früheren Masseverwalters festzustellen gewesen, dass die Beklagte bis auf Widerruf die Liegenschaft zu Geschäftszwecken nutzen dürfe und zwar prekaristisch mit der in der Klage genannten Verpflichtung. Die Berufungsausführungen vermögen die erstrichterliche überzeugende Beweiswürdigung nicht zu erschüttern (§ 500a ZPO). Der frühere Masseverwalter hat in der Verhandlung vom 9.7.2008 als Zeuge vernommen, noch vom Abschluss eines Mietvertrages mit der Beklagten und davon berichtet, dass die Miete der ersten Monate auch schriftlich eingemahnt worden ist, wobei er gleichzeitig darauf hinwies, die Rechnungen, die er erhielt (gemeint Betriebskosten) einfach abgelegt zu haben, weil er vertraute, dass es zum Zwangsausgleich komme. In der Verhandlung wurde ihm schon das gegenteilige Vorbringen der Beklagten entgegengehalten. In der weiteren Verhandlung vom 25.9.2008 korrigierte er seine Aussage. Schließlich beendete er diese mit der Aussage, die Benützungsentgeltfrage sei deshalb nicht weiter verfolgt worden, weil der Zwangsausgleich im Raum gestanden ist. Wenn man berücksichtigt, dass nach Ansicht des Zeugen, das Benützungsverhältnis hinsichtlich aller drei Liegenschaften gegen jederzeitigen Widerruf eingegangen wurde und daher von ihm wie auch von der Beklagten jederzeit beendbar war, verwundert es schon sehr, dass das Benützungsverhältnis mit der Beklagten bis über den Zeitpunkt hinaus, da die Beklagte Ende November 2006 selbst beenden wollte, aber nicht beendete, ohne Bezahlung der Untermiete (Ersatz der Hauptmiete = Mietverhältnis), aber auch ohne Bezahlung der Stromkosten aufrecht erhalten wurde und solche Kosten vom Masseverwalter auch nicht eingetrieben wurden. Gerade die Überlegung, dass das pflichtgemäße Verhalten eines Masseverwalters das Betreiben der Forderung für die Masse wäre, dies aber viele Jahre hindurch nicht erfolgte legt doch nahe, dass eine Vereinbarung über diesen Ersatz auch nicht besteht. Der von ihm geprägte Begriff "Benützung gegen Service" (Seite 5 der Urteilsausfertigungen) deutet auf die Bestreitung kleinerer Reparaturen die im Geschäftsbetrieb anfallen, nicht aber auf Ersatz der der Masse anfallender Gebrauchskosten hin. Die vom Erstgericht vorgenommene Beweiswürdigung ist überzeugend.

Was die zweite, bekämpfte Feststellung betrifft "nach der Auflösung des Benützungsverhältnisses mit 1.12.2006 bestand ..." handelt es sich nur um eine undeutliche Formulierung betreffend das Schreiben der Beklagten vom 30.11.2006 ./B über den von der Beklagten damals kurzfristig geplanten Auszug, der nicht in die Tat umgesetzt wurde. Das Berufungsgericht übernimmt die erstrichterlichen Feststellungen. Davon ausgehend versagt auch die Rechtsrüge.

Eingeklagt war die Zahlung sämtlicher die drei Liegenschaften (mittlere Liegenschaft im Eigentum des Klägers, die beiden Nachbarliegenschaften in Hauptmiete angemietet) betreffenden Auslagen und sämtlicher mit dem Betrieb im Zusammenhang stehenden Aufwendungen sowie die Instandhaltung der Gebäude einschließlich des Ersatzes der Kosten für die Zumietung der beiden Nachbarliegenschaften für die Zeit vom 19.3.2003 (der damalige Masseverwalter führte aber nach den Feststellungen selbst noch zweieinhalb Monate danach die Geschäfte) bis 15.2.2008 in Höhe von EUR 315.344,15. Weiters war der Ersatz der Hauptmiete für März und April 2008 für das Objekt C***** in Höhe von EUR 574,38 eingeklagt. Dies ist eindeutig das Begehren nach Bezahlung von Hauptmiete für die mittlere Liegenschaft und Untermiete für die beiden Nachbarliegenschaften. Mangels festgestellter diesbezüglicher Vereinbarung besteht diese Forderung nicht zu Recht. Rechtlich gesehen ist das Benützungsverhältnis gegen Übernahme kleinerer anfallender Reparaturen als Leihe anzusehen. Eine weitere Vereinbarung über eine Kostentragung lag nicht vor. Entgegen der Ansicht der Berufung wird eine Leihe nicht dadurch entgeltlich, dass Formkaufleute (nunmehr Unternehmer) als Leihnehmer auftreten. Wenn sodann die Berufung noch die Rechtsfigur des Aufwandersatzes nach § 1042 ABGB bemüht und aus § 981 ABGB abliest, dass diese Bestimmung die gesetzliche Pflicht des Leihnehmers statuiert, selbst die Gebrauchskosten zu bestreiten, so ist dem entgegenzuhalten:

Der Ersatz allfälliger in der klagsweise begehrten Haupt- und Untermiete enthaltener Gebrauchskosten, wie Stromkosten, Wassergebühr und Abwassergebühr (nicht auch beim Verleiher ohnehin anfallende Grundbesitzabgaben = 8 Ob 25/06v) ist aus mehreren Gründen nicht gerechtfertigt.

Zunächst kommt ein Aufwandersatzanspruch nach § 1042 ABGB im zweipersonalen Verhältnis nicht in Frage. Die Bestimmung des § 1042 ABGB kommt nämlich nur zur Anwendung, wenn weder zwischen dem Kläger und dem Beklagten, noch zwischen dem Kläger und dem Dritten, an den geleistet wurde, sondern nur zwischen dem Beklagten und dem Dritten eine Rechtsbeziehung, die jenen zum Aufwand verpflichtet hätte, bestand (SZ 52/79, 3 Ob 542/84, 5 Ob 1592/94 = RIS-Justiz RS0104150).

Es müsste daher § 981 ABGB, auf den sich die Berufung stützt, die Ersatzpflicht des Entlehners an den Leihgeber für mit dem Gebrauch ordentlicher Weise verbundene Kosten unmittelbar statuieren. Dem ist aber nicht so. § 981 ABGB regelt, wenn die Bestimmung in ihrem Zusammenhang des ersten und zweiten Satzes gelesen wird, lediglich die "Bestreitung" der beim Entlehner unmittelbar anfallenden Kosten. Mangels anderer Vereinbarung - die Bestimmung ist natürlich dispositiv - kann der Entlehner die bei ihm anfallenden mit dem Gebrauch verbundenen Kosten nicht auch noch vom freigiebigen Verleiher ersetzt begehren. Darin erschöpft sich der Regelungsinhalt des ersten Satzes. Diese Zweifelsregelung hat aber zusätzlich noch eine große Bedeutung: sie ist nämlich die entscheidende Gesetzesstelle um argumentieren zu können, dass diese Gebrauchskosten nicht bereits Entgelt für die Gebrauchsüberlassung und damit Miete darstellen. Der zweite Satz dieser Bestimmung regelt die Vorschusspflicht (Stanzel in Klang² IV/1, 690) des Leihnehmers für bei ihm anfallende außerordentliche Erhaltungskosten, sofern er die Sache dem Verleiher nicht zur "eigenen Besorgung", offenbar gemeint Reparatur, überlassen kann oder will. Kein Wort in § 981 ABGB spricht von Ersatzpflicht für beim Leihgeber anfallende mit dem ordentlichen Gebrauch verbundene Kosten. Das ist aber auch verständlich. Wer einem anderen einen PKW voll aufgetankt zur Benützung während einer Woche unentgeltlich überlässt weiß ja schon, dass sich mit dem Gebrauch der Tank leert. Will er das Benzin nicht überlassen, hat er eine Vereinbarung über den Ersatz der Kosten zu treffen. Will der Verleiher eines Geschäftsraumes die ja absehbaren Strom-, Wasser- und Abwasserkosten künftig nicht weiter selbst tragen, hat er hiefür vorzusorgen, entweder eine Vereinbarung über den Ersatz zu treffen oder eine Vereinbarung darüber, dass die Kosten künftig beim Leihnehmer anfallen. Eine Ersatzpflicht über beim Leihgeber anfallende Gebrauchskosten wird in § 981 ABGB nicht statuiert. Eine einzige offenbar gegenteilig lautende Entscheidung des OGH (1 Ob 542/91) befasst sich mit einer ganz anderen Rechtsfrage im Rahmen der Zurückweisung eines außerordentlichen Revisionsrekurses. Nämlich ob der Verleiher von eigenen Verpflichtungen Dritten gegenüber frei wird.

Verwendungsansprüche ihrerseits scheitern an der Vereinbarung über die Überlassung des Objektes.

Ein weiterer Grund, die mangelnde Berechtigung der Klage auch für Teilbeträge anzunehmen, die tatsächlich nur Gebrauchskosten darstellen, ist, selbst wenn man praeter legem in § 981 ABGB die Bestimmung über eine gesetzliche Ersatzpflicht sieht, dass nach einheitlicher Ansicht § 981 ABGB dispositiv ist. Aus den Feststellungen ergibt sich das eigene Interesse des Masseverwalters an dem weiteren Betrieb eines Kleiderhandels, zumindest im im Eigentum der Konkursmasse stehenden Gebäude auf der mittleren Liegenschaft. Bei Scheitern eines Zwangsausgleiches bestand das Interesse an der leichteren Verwertbarkeit infolge des weiterbestehenden Kleiderhandels. Inwieweit der Geschäftsführer der Beklagten auch noch weitere Interessen Dritter an der Adresse L***** berücksichtigte - die Filiale am W***** war ja aus der Konkursmasse erworben worden - ist schon nicht mehr ausschlaggebend. Eine derartige Konstellation wäre durchaus geeignet, eine konkludente Abweichung von einer allenfalls in § 981 ABGB statuierten gesetzlichen Ersatzpflicht zu sehen.

Wollte man entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes in § 981 ABGB die Statuierung einer gesetzlichen Erhaltungspflicht annehmen, widerspräche es Treu und Glauben für 5 Jahre zurück erstmals Aufwandersatz (allerdings nur für Gebrauchskosten) zu begehren, der nie gefordert, geschweige denn gemahnt oder gerichtlich geltend gemacht wurde. Im Jänner 2004 wurde für 4 Monate bloß ein Benützungsentgelt, also ein Verwendungsanspruch zu fordern versucht. Dies obwohl es nach dem Standpunkt des Klägers ein Leichtes gewesen wäre, das Prekarium zu widerrufen und es andererseits für die Beklagte bei Geltendmachung von Forderungen jederzeit möglich gewesen wäre das Objekt zurückzugeben um weitere Forderungen zu verhindern. Jetzt wo dies im Nachhinein nicht mehr möglich ist Ersatzansprüche zu stellen widerspricht Treu und Glauben. So wie wenn jemand den Vertragspartner in Sicherheit wiegt, Ansprüche nicht geltend zu machen oder die Verjährung nicht einzuwenden (JBl 1991, 190) um die Ansprüche oder die Verjährung nach dem Zeitpunkt dennoch geltend zu machen, zudem dem Vertragspartner die Möglichkeit genommen ist, seine Interessen noch wahrzunehmen.

Zu Recht hat daher das Erstgericht die Klage abgewiesen, wobei es weiterer Feststellungen nicht bedurfte.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41 und 50 ZPO. Die ordentliche Revision war nicht zuzulassen, weil selbst bei Lösung der die Qualität des § 502 Abs 1 ZPO erfüllenden Rechtsfrage, ob § 981 einen gesetzlichen Ersatzanspruch statuiert, die angenommene Abweichung von einer derartigen Ersatzpflicht aufgrund der Sachverhaltskonstellation, die Zulassung der ordentlichen Revision verhindert.

Anmerkung

EWZ0014240R30.09x

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LG00003:2009:04000R00030.09X.0324.000

Zuletzt aktualisiert am

11.01.2010
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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