TE OGH 2009/5/19 3Ob75/09i

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Veröffentlicht am 19.05.2009
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Prückner als Vorsitzenden sowie die Hofräte und Hofrätinnen Hon.-Prof. Dr. Sailer, Dr. Lovrek, Dr. Jensik und Dr. Fichtenau als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Mag. Oliver Simoncic, Rechtsanwalt, St. Pölten, Rathausplatz 3-4, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der Z***** GmbH & Co KEG *****, gegen die beklagte Partei V***** AG, *****, vertreten durch Urbanek Lind Schmied Reisch Rechtsanwälte OEG in St. Pölten, wegen 35.953,77 EUR sA, über die „außerordentliche" Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 28. Jänner 2009, GZ 3 R 28/08x-16, womit über Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichts St. Pölten vom 3. Jänner 2008, GZ 4 Cg 242/06y-12, bestätigt wurde, den Beschluss

gefasst:

Spruch

1. Die Revision wird in Ansehung der angefochtenen Zahlungen von 736 EUR vom 9. November 2004, von 2.171 EUR vom 5. Jänner 2005, von 736 EUR vom 11. März 2005, von 736 EUR vom 8. Juni 2005 und von 3.156 EUR vom 19. September 2005 (jeweils das Kreditkonto mit der Endnummer 770 betreffend) und von 996 EUR vom 9. November 2004, von 3.017 EUR vom 5. Jänner 2005, von 996 EUR vom 11. März 2005, von 3.060 EUR vom 8. Juni 2005 und von 2.844 EUR vom 19. September 2005 (jeweils das Kreditkonto mit der Endnummer 788 betreffend) zurückgewiesen.

2. In Ansehung der Anfechtung einer Saldosenkung in Höhe von 19.065,97 EUR (das Kontokorrentkreditkonto mit der Endnummer 908 betreffend) werden die Akten dem Erstgericht zur Vorlage an das Berufungsgericht zurückgestellt.

Text

Begründung:

Der klagende Masseverwalter ficht mit seiner am 10. Oktober 2006 beim Erstgericht eingelangten Anfechtungsklage von der beklagten Bank infolge von Kreditrückführungen vorgenommene Saldosenkungen primär gemäß § 30 Abs 1 Z 3 KO an, nämlich

1.) eine Saldosenkung in Ansehung des Kontos mit der Endnummer 770 (Einmalbarkredit) in Höhe von 6.920,40 EUR, die sich aus Zahlungen auf dieses Kreditkonto in Höhe von 736 EUR, 2.171 EUR, 736 EUR, 736 EUR und 3.156 EUR abzüglich näher aufgeschlüsselter Ausgänge (insb Verzugszinsen, Mahnspesen) ergibt;

2.) eine Saldosenkung in Ansehung des Kontos mit der Endnummer 788 (Einmalbarkredit) in Höhe von 9.967,40 EUR, die sich aus Zahlungen von 996 EUR, 3.017 EUR, 996 EUR, 3.060 EUR und 2.844 EUR abzüglich näher aufgeschlüsselter Ausgänge (insb Verzugszinsen, Mahnspesen) ergibt;

3.) eine Saldosenkung in Ansehung des Kontos mit der Endnummer 908 (Kontokorrentkredit) in Höhe von 19.065,97 EUR, die sich aus näher aufgeschlüsselten Zahlungseingängen abzüglich näher aufgeschlüsselter Zahlungsausgänge ergibt

und begehrt die Zahlung des daraus resultierenden Gesamtbetrags von 35.953,77 EUR.

In eventu stützt der Masseverwalter sein Klagebegehren - insofern in näher aufgeschlüsseltem verminderten Umfang - auf § 28 Z 2 KO und § 31 Abs 1 Z 2 KO.

Das Berufungsgericht bestätigte die zur Gänze klageabweisende Entscheidung des Erstgerichts und sprach aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei.

Rechtliche Beurteilung

Die „außerordentliche" Revision des Klägers, mit der er die gänzliche Stattgebung des Klagebegehrens anstrebt, ist in Ansehung der unter 4.000 EUR liegenden Zahlungen jedenfalls unzulässig. In Ansehung der das Kontokorrentkreditkonto betreffenden angefochtenen Saldosenkung von 19.065,97 EUR fehlt (derzeit) die Entscheidungskompetenz des Obersten Gerichtshofs.

Nach ständiger Rechtsprechung reicht zur Annahme eines rechtlichen Zusammenhangs iSd § 55 Abs 1 JN nicht aus, dass für alle Rechtshandlungen der gleiche Anfechtungstatbestand behauptet wird (7 Ob 282/01y = ZIK 2002, 64; RIS-Justiz RS0042938). Die angefochtenen Rückzahlungen auf die zwei Einmalbarkreditkonten der Gemeinschuldnerin sind mangels der Voraussetzungen des § 55 Abs 1 JN nicht zusammenzurechnen: Jede dieser Anfechtungen kann - etwa im Hinblick auf das Erfordernis der fristgerechten Anspruchserhebung (§ 30 Abs 2 KO) bzw auf das Erfordernis der Kenntnis oder der fahrlässigen Unkenntnis von der Begünstigungsabsicht (§ 30 Abs 1 Z 3 KO) ein verschiedenes Schicksal haben. Mangels der Voraussetzungen des § 55 Abs 1 JN ist daher in Ansehung der geleisteten Kreditrückführungsraten auf die gewährten Einmalbarkredite jede Zahlung für die Beurteilung der Revisionszulässigkeit (§ 55 Abs 4 JN) gesondert zu beurteilen (7 Ob 282/01y mwN; 3 Ob 110/08k). Insofern übersteigt der Entscheidungsgegenstand jeweils 4.000 EUR nicht. In diesem Umfang ist die Revision als absolut unzulässig zurückzuweisen. Anders ist die angefochtene Saldosenkung auf dem Kontokorrentkreditkonto zu beurteilen. Hier nämlich ist die Anfechtung der Kredittilgung auf das Ausmaß der Saldosenkung beschränkt (RIS-Justiz RS0117945; RS0111461; 3 Ob 68/02z = SZ 2003/71). Nicht die einzelnen Zahlungen sind Gegenstand der Anfechtung, sondern die Differenz zwischen dem niedrigeren aushaftenden Saldo im Zeitpunkt der Konkurseröffnung und dem Höchststand des aushaftenden Saldos während der kritischen Zeit (3 Ob 68/02z), also hier der Betrag von 19.065,97 EUR.

Es ist daher in diesem Umfang § 502 Abs 3 ZPO idF der WGN 1997 anzuwenden, wonach die Revision - außer im Fall des § 508 Abs 3 ZPO - jedenfalls unzulässig ist, wenn der Entscheidungsgegenstand an Geld oder Geldeswert zwar 4.000 EUR, nicht aber insgesamt 20.000 EUR übersteigt und das Berufungsgericht die ordentliche Revision für nicht zulässig erklärt hat. Unter diesen Voraussetzungen kann eine Partei jedoch nach § 508 Abs 1 und 2 ZPO binnen vier Wochen nach der Zustellung des Berufungsurteils den beim Erstgericht (§ 508 Abs 2 erster Satz ZPO) einzubringenden Antrag an das Berufungsgericht stellen, seinen Ausspruch dahin abzuändern, dass die ordentliche Revision doch für zulässig erklärt werde. Es schadet nicht, dass der Rechtsmittelwerber in seinem Rechtsmittel keinen Antrag auf Abänderung des Ausspruchs des Gerichts zweiter Instanz gestellt hat, weil dieser Mangel gemäß § 84 Abs 3 ZPO verbesserungsfähig ist (RIS-Justiz RS0109623).

Das Erstgericht wird somit das Rechtsmittel des Klägers dem Berufungsgericht vorzulegen haben. Ob der Schriftsatz in Ansehung des noch nicht rechtskräftig erledigten Begehrens über 19.065,97 EUR den Erfordernissen des § 508 Abs 1 ZPO entspricht oder ob er einer Verbesserung bedarf, bleibt der Beurteilung der Vorinstanzen vorbehalten.

Anmerkung

E909353Ob75.09i

Schlagworte

Kennung XPUBLDiese Entscheidung wurde veröffentlicht inZIK 2009/254 S 167 - ZIK 2009,167XPUBLEND

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2009:0030OB00075.09I.0519.000

Zuletzt aktualisiert am

25.11.2009
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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