TE OGH 2009/6/3 15Os74/09k

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Veröffentlicht am 03.06.2009
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 3. Juni 2009 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schmucker als Vorsitzende und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Danek, Dr. T. Solé und Mag. Lendl sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner-Foregger als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Schneider als Schriftführer in der Strafsache gegen Walter W***** wegen des Verbrechens des versuchten Mordes nach §§ 15, 75 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie über die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts St. Pölten als Geschworenengericht vom 11. März 2009, GZ 20 Hv 2/09x-39, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen - auf dem Wahrspruch der Geschworenen beruhenden - Urteil wurde Walter W***** der Verbrechen (zu I./) des versuchten Mordes nach §§ 15, 75 StGB, (zu II./) des versuchten Widerstands gegen die Staatsgewalt nach §§ 15, 269 Abs 1 zweiter Fall StGB und (zu III./) der versuchten schweren Nötigung nach §§ 15, 105 Abs 1, 106 Abs 1 Z 1 StGB, sowie (zu IV./) des Vergehens nach § 50 Abs 1 Z 1 WaffenG schuldig erkannt.

Danach hat er am 4. September 2008 in Traisen

I./ Leopold K***** dadurch, dass er mit einer Selbstladepistole aus einer Entfernung von etwa zwei bis drei Meter auf ihn schoss, vorsätzlich zu töten versucht, wobei es beim Versuch blieb, weil er ihn verfehlte und K***** durch das Projektil lediglich eine Fleischwunde am linken Oberarm erlitt,

II./ dadurch, dass er gegen die Polizeibeamten Christian K*****, Thomas H***** und Ernst B*****, die im Begriff standen, ihn wegen des Verdachts der Begehung der zu I./ angeführten Tat festzunehmen, eine Pistole richtete, Beamte durch Drohung mit dem Tod an einer Amtshandlung zu hindern versucht,

III./ dadurch, dass er gegenüber den einschreitenden Polizeibeamten forderte, sie sollten Zeitungsreporter informieren, wobei er eine Pistole gegen sie richtete, diese durch gefährliche Drohung mit dem Tod zu einer Handlung, nämlich zur Beiziehung von Presseleuten zu nötigen versucht,

IV./ unbefugt eine genehmigungspflichtige Schusswaffe, nämlich eine Selbstladepistole der Type FN Modell 1910/22 im Kaliber 9 mm besessen.

Über den Angeklagten wurde einer Freiheitsstrafe verhängt und unter einem seine Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher gemäß § 21 Abs 2 StGB angeordnet.

Rechtliche Beurteilung

Gegen das Urteil richtet sich die auf § 345 Abs 1 Z 5, 8 und 10a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten; sie schlägt fehl. Die Verfahrensrüge nach Z 5 kritisiert die Nichtzulassung zweier Fragen des Verteidigers an den psychiatrischen Sachverständigen durch den Vorsitzenden (§ 249 Abs 2 StPO; ON 38 S 61 f), vernachlässigt aber, dass vom Verteidiger kein Senatsbeschluss begehrt worden war, wodurch erst eine Bekämpfung mit Nichtigkeitsbeschwerde möglich geworden wäre (vgl Kirchbacher, WK-StPO § 249 Rz 41; RIS-Justiz RS0097971 [T4, T9]). Im Übrigen betrafen die an den Sachverständigen gestellten Fragen (ob das Gericht eine „Nachuntersuchung" des Angeklagten beschlossen und der Sachverständige eine solche vorgenommen habe) nicht die Lösung der Schuld- oder Subsumtionsfrage, sondern ausschließlich die Prognoseentscheidung nach § 21 Abs 2 StGB, sodass die Nichtzulassung aus § 281 Abs 1 Z 4 StPO nicht bekämpfbar ist (vgl Ratz, WK-StPO § 281 Rz 319). Schließlich erfolgte die Nichtzulassung auch inhaltlich zu Recht, weil der Sachverständige zum Thema der Fragen bereits eingangs seines Gutachtens unmissverständlich ausgeführt hat, dass er den Angeklagten (nur) am 4. Dezember 2008 - somit nicht neuerlich kurz vor der Hauptverhandlung - untersucht hatte (ON 38 S 50).

Die Instruktionsrüge (Z 8) orientiert sich nicht am Gesetz, indem sie fordert, die Rechtsbelehrung zum bedingten Vorsatz hätte nicht nur die - von der Beschwerde zugestandener Weise rechtsrichtige - Belehrung iSd § 5 Abs 1 StGB (ON 38, S 87) enthalten sollen, sondern zur Vermeidung der Irreführung der Geschworenen auch die - aus dem Gesetz aber nicht abzuleitende - Ausführung, der Täter müsse zur Verwirklichung bedingten Vorsatzes von einer „hohen Wahrscheinlichkeit" des Eintretens des tatbestandsmäßigen Erfolgs ausgehen (s Reindl in WK2 § 5 Rz 36).

Die Tatsachenrüge (Z 10a) vermag mit dem Hinweis auf die Verantwortung des Angeklagten zur subjektiven Tatseite und das diese nicht widerlegende Gutachten des Schießsachverständigen keine aus den Akten abzuleitenden Bedenken des Obersten Gerichtshofs gegen die Richtigkeit der im Wahrspruch der Geschworenen festgestellten entscheidenden Tatsachen zu wecken.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§§ 285d Abs 1 und 2, 344 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts Wien zur Entscheidung über die Berufungen folgt (§§ 285i, 344 StPO).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

Anmerkung

E9114115Os74.09k

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2009:0150OS00074.09K.0603.000

Zuletzt aktualisiert am

11.08.2009
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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