TE OGH 2009/7/8 7Ob134/09w

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Veröffentlicht am 08.07.2009
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schaumüller, Dr. Hoch, Dr. Kalivoda und Dr. Roch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Josef S*****, vertreten durch Waltl & Partner, Rechtsanwälte in Zell am See, gegen die beklagte Partei Maria S*****, vertreten durch Mag. Claudia Fitzal, Rechtsanwältin in Zell am See, wegen Feststellung, Räumung, Unterlassung und Zahlung von 5.700 EUR, über die außerordentliche Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Berufungsgericht vom 28. April 2009, GZ 54 R 216/08s-23, in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 11. Mai 2009, GZ 54 R 216/08s-25, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Ob Sittenwidrigkeit vorliegt, ist eine Frage des Einzelfalls, die nicht aufzugreifen ist, wenn das Berufungsgericht bei dieser Entscheidung die Grenzen des ihm eingeräumten Ermessens nicht überschritten hat (5 Ob 149/08k, RIS-Justiz RS0042881 [T8]; vgl auch RIS-Justiz RS0042881 [T3 und T5]). Dies trifft hier zu. Die Revisionswerberin verkennt die Situation insofern, als Sittenwidrigkeit des Pachtvertrags nicht (nur) wegen der langen Pachtzeit von 50 Jahren und des vereinbarten Pachtzinses von nur 1 EUR jährlich, sondern deshalb angenommen wurde, weil die Beklagte den Pachtvertrag nur zu dem Zweck abgeschlossen hat, die Übernahme des Erbhofs durch den Kläger zu vereiteln. Unter diesem Aspekt kann keine Rede davon sein, dass die Ansicht der Vorinstanzen, der Pachtvertrag sei wegen Sittenwidrigkeit nichtig, zu oberstgerichtlicher Judikatur in Widerspruch stünde oder unvertretbar wäre und die angefochtene Entscheidung daher einer Korrektur durch den Obersten Gerichtshofs bedürfte.

Auch von der Beklagten getätigte Investitionen sollten dem eben erwähnten sittenwidrigen Zweck dienen (der Übernahmeberechtigte sollte dadurch festgestelltermaßen „vor vollendete Tatsachen gestellt werden"). Entgegen der Meinung der Revisionswerberin liegt daher kein Fall eines Anspruchs nach § 877 ABGB vor. Die von der Beklagten im Rahmen der Rechtsrüge aufgestellte Behauptung, sie habe darauf vertrauen dürfen, dass keines der berechtigten Kinder die Übergabe des Hofs verlangen werde, entbehrt jeder Grundlage; vielmehr ist das Gegenteil richtig. Wie vom Erstgericht erkannt, ist die Beklagte als unredliche Besitzerin nach § 336 ABGB zu behandeln und sind ihre Aufwendungen daher unter dem Gesichtspunkt der §§ 1035 bis 1040 ABGB zu betrachten. Dabei erscheint es nach den konkreten Umständen des vorliegenden Einzelfalls gerechtfertigt, den Kläger (analog) § 1038 ABGB zu behandeln, was zu dem von den Vorinstanzen erzielten Ergebnis führt, dass er „zu keinem Ersatze verbunden" ist. Unter den gegebenen Umständen ist aber auch in Betracht zu ziehen, die Beklagte im Sinn des § 1040 ABGB jemandem gleich zu halten, der „gegen den gültig erklärten Willen des Eigentümers sich eines fremden Geschäfts anmaßt, oder den rechtmäßigen Bevollmächtigten durch eine solche Einwendung an der Besorgung des Geschäfts verhindert". Nach der genannten Gesetzesstelle hat derjenige nicht nur den hieraus erwachsenen Schaden und entgangenen Gewinn zu verantworten, sondern verliert auch den gemachten Aufwand, insofern er nicht „in Natur" zurückgenommen werden kann. Allfällige (es fehlen dazu sowohl detailliertes Vorbringen als auch entsprechende Feststellungen) in Natur rückforderbare Investitionen der Beklagten - festgestellt ist lediglich, dass die Beklagte „sich" diverses Groß- und Kleinvieh wie Pferde, Esel, Hühner, Hasen und anderes Getier zulegte - können allerdings mangels Gleichartigkeit nicht als Gegenforderung mit dem Zahlungsanspruch von 5.700 EUR kompensiert werden. (Analog) § 1040 ABGB steht auch der Ersatz eines Aufwands für die im Rahmen des persönlichen Einsatzes erbrachten Arbeitsleistungen nicht zu; auch ein Anspruch aus § 1041 ABGB ist ausgeschlossen (9 ObA 3/93 WBl 1993, 260). Da die Rechtsansicht, dass demnach - wie von den Vorinstanzen erkannt - die von der Beklagten mit 300.000 EUR bewertete Gegenforderung (bis zur Höhe des berechtigten Zahlungsbegehrens von 5.700 EUR) nicht berechtigt oder aufrechenbar ist, auf den spezifischen Umständen des vorliegenden Einzelfalls beruht, liegt auch in diesem Zusammenhang keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO vor. Zwar sind die Vorinstanzen aus teilweise anderen Überlegungen zu diesem Ergebnis gelangt. Da dieses Ergebnis aber letztlich mit keinen gravierenden Beurteilungsfehlern behaftet ist und die Revision auch sonst keine Rechtsfragen aufwirft, die nicht schon durch die vorhandene Judikatur gelöst wären oder sich anhand der ohnehin klaren Rechtslage beantworten ließen, ist die Revision mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen.

Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

Textnummer

E91537

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2009:0070OB00134.09W.0708.000

Im RIS seit

07.08.2009

Zuletzt aktualisiert am

01.10.2012
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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