TE OGH 1993/2/10 9ObA3/93

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Veröffentlicht am 10.02.1993
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Gamerith als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Maier und Dr.Bauer als weitere Richter sowie die fachkundigen Laienrichter Dr.Mayer und Dr.Stein in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei K***** P*****, vertreten durch Dr. *****, Rechtsanwalt *****, wider die beklagte Partei M***** M*****, Firmengesellschafter, ***** vertreten durch Dr. *****, Rechtsanwalt *****, wegen S 24,944.837,84 sA, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 30. Jänner 1992, GZ 34 Ra 93/91-40, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 30. November 1990, GZ 4 Cga 2507/89-29, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 58.145,40 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 9.690,90 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Beklagte wurde mit Urteil des Obersten Gerichtshofes vom 23.Juni 1988, 8 Ob 565/87, schuldig erkannt, 1.) im eigenen Namen und als Geschäftsführer der M***** M***** Gesellschaft mbH in die Übertragung der ihm zugeschriebenen Kommanditanteile an der "T*****" ***** M***** & Co (im folgenden auch kurz Fa "T*****") *****, im Nominale von S 711.000 auf die Erstklägerin (hier: Klägerin) einzuwilligen und binnen 14 Tagen alle hiefür nötigen Erklärungen abzugeben, insbesondere einen diesbezüglichen Handelsregisterantrag, der seinen Austritt als Kommanditist und den Eintritt der (hier) klagenden Partei als Kommanditistin zum Inhalt hat, zu unterfertigen; 2.) in die entschädigungslose Übertragung des ihm zugeschriebenen einzigen Geschäftsanteiles an der M***** M***** Gesellschaft mbH an die Erstklägerin (hier: Klägerin) einzuwilligen und binnen 14 Tagen die dazu nötigen Erklärungen abzugeben, insbesondere alle erforderlichen Notariatsakte zu unterfertigen, und als Geschäftsführer der M***** M***** Gesellschaft mbH die Übertragung dieses Geschäftsanteiles an die (hier) klagende Partei in ein allenfalls geführtes Anteilsbuch dieser Gesellschaft einzutragen, sowie 3.) über die Verwaltung der zu übertragenden Geschäftsanteile für die Zeit ab dem Geschäftsjahr 1978 binnen 14 Tagen Rechnung zu legen.

Der Beklagte war Treuhänder der Klägerin hinsichtlich der angeführten gesellschaftsrechtlichen Beteiligungen; er übte die Gesellschafterstellung sowohl bei der Fa "T*****" wie auch bei der M***** M***** Gesellschaft mbH als Treunehmer der klagenden Partei aus. Der Beklagte erhielt für seine Tätigkeit als Geschäftsführer und Treuhänder ein valorisiertes Gehalt wie leitende Angestellte der betreffenden Branche. Über alle darüber hinausgehenden Einnahmen sollte die Klägerin disponieren. Bis zum Jahre 1978 verhielt sich der Beklagte entsprechend der getroffenen Treuhandvereinbarung und verfügte über das Treugut im Einvernehmen mit der Klägerin. Er lieferte die Gewinne der Gesellschaften, soweit diese nicht investiert oder in den Unternehmen belassen wurden, an die Klägerin als Treugeberin ab. Für seine Tätigkeit bezog er auch Vergütungen in vereinbarter Höhe, welche überwiegend als Privatentnahmen im Treuhandunternehmen "T*****" verbucht wurden. Dies geschah, um nach außenhin seine Selbständigkeit zu dokumentieren und jeden Hinweis auf die verdeckte Treuhandschaft zu vermeiden.

Nachdem sich der Beklagte ab Beginn des Jahres 1979 geweigert hatte, seine Stellung als Treuhänder der Klägerin anzuerkennen und seine Verpflichtungen ihr gegenüber zu erfüllen, löste die Klägerin das Treuhandverhältnis auf und begehrte vom Beklagten (letztlich im Klagewege) die Herausgabe des Treugutes. Der urteilsmäßigen Verpflichtung zur Herausgabe des Treugutes kam der Beklagte mit Wirkung vom 1.September 1988 nach. In den Jahren 1979 bis 1988 hatte er ohne Zustimmung der Klägerin aus dem Unternehmen "T*****" S 18,134.372,54 und aus dem Unternehmen M***** Gesellschaft mbH S 3,919.556,--, sohin aus beiden Unternehmen insgesamt S 22,053.928,54 entnommen. Im Jahre 1986 leistete der Beklagte Steuervorauszahlungen für Einkommensteuer in der Höhe von S 2,554.000,--, die ihm in der Folge vergütet wurden, weil sie in einem Verlustjahr geleistet wurden. Diesen Betrag hat der Beklagte dem Treuhandkonto nicht wieder gutgebracht. Bereits im Jahre 1977 hatte die Klägerin dem Beklagten ein Darlehen in der Höhe von S 1,400.000,-- gewährt, welches er trotz entsprechender Aufforderung vom 22.September 1988 nicht zurückgezahlt hat. Am 10.Oktober 1988 trat die Klägerin einen Teilbetrag der Forderungen gegen den Beklagten in der Höhe von S 1,063.090,70 an die C***** S. A., Zürich, ab.

Die Klägerin begehrt vom Beklagten Zahlung von S 24,944.837,84 sA. Er habe diese Geldbeträge nach Widerruf des Treuhandverhältnisses ungerechtfertigt entnommen. Da der Beklagte seit der Auflösung des Treuhandverhältnisses die Geschäfte in den Treuhandunternehmen nicht nur ohne Auftrag, sondern gegen den ausdrücklich erklärten Willen der Klägerin geführt habe, sei ihm in dieser Zeit auch kein Entgeltanspruch zugestanden. Er sei daher verpflichtet, die entnommenen Beträge wie auch das ihm gewährte Darlehen zurückzuerstatten.

Der Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Er bestritt die Gewährung eines Darlehens von S 1,400.000; die Klägerin habe bei der Bestimmung der jährlichen Entnahmen keinen Einfluß ausgeübt; er habe diese im Rahmen von Vorweggewinnen durchgeführt. Selbst wenn das Treuhandverhältnis bereits mit Ablauf des Jahres 1978 aufgelöst worden sei, stehe ihm für seine Tätigkeit ein angemessenes Entgelt als Geschäftsführer zu. Dieses Entgelt decke sich mit den in der Klage behaupteten Entnahmen. Es gehe nicht an, daß er für seine Tätigkeit keine Gegenleistung erhalte, habe er doch die Geschäfte auch zum klaren und überwiegenden Vorteil der Klägerin geführt. Die mit der Klage geltend gemachten Ansprüche seien im übrigen, soweit sie das Jahr 1985 und die Vorjahre beträfen, verjährt. Im zitierten Urteil des Obersten Gerichtshofes sei das Treugut eindeutig umschrieben worden; es habe aus einem Kommanditanteil an der "T*****" und dem Geschäftsanteil an der M***** M***** Gesellschaft mbH bestanden. Diese Firmenanteile könnten nur einen Anspruch auf das zum Zeitpunkt der Übergabe des Treugutes, sohin zum 1.September 1988, vorhandene Firmenvermögen vermitteln, nicht aber darüber hinausgehende Ansprüche schaffen.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Nach dem Urteil des Obersten Gerichtshofes vom 23.Juni 1988, 8 Ob 565/87, sei der Beklagte Treuhänder der Klägerin gewesen. Nach Beendigung des Treuhandverhältnisses habe er die Geschäfte gegen den ausdrücklichen Willen der Klägerin fortgeführt. Er habe daher gemäß § 1040 ABGB nicht nur den der Klägerin daraus erwachsenden Schaden zu ersetzen, sondern verliere auch den gemachten Aufwand. Ein Entgelt für seine Tätigkeit stehe ihm nicht zu. Die Klägerin sei daher berechtigt, die Rückforderung aller vom Beklagten entnommenen Beträge zu begehren. Auch das Begehren auf Rückzahlung des Darlehens werde zu Recht geltend gemacht. Da sowohl für den Verwendungsanspruch als auch für den Anspruch auf Rückzahlung des Darlehens die 30-jährige Verjährungszeit gelte, gehe auch die Verjährungseinrede ins Leere.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Beklagten nur bezüglich eines Teiles des Zinsenbegehrens Folge; im übrigen bestätigte es das Urteil des Erstgerichtes. Es verneinte das Vorliegen der in der Berufung gerügten Verfahrensmängel und erachtete die Beweiswürdigung des Erstgerichtes für unbedenklich. Gegen die rechtliche Beurteilung des Erstgerichtes führte der Beklagte ins Treffen, daß § 1040 ABGB als Anspruchsgrundlage ausscheide, weil er seit seiner Weigerung, seine Stellung als Treuhänder anzuerkennen, also seit 1979 nie die Absicht gehabt habe, im Interesse der Klägerin tätig zu sein, sondern ausschließlich im eigenen. Er habe sich kein fremdes Vermögen zugewendet; vielmehr liege "eine bewußte Vermögensverschiebung im Sinne eines Kondiktionsanspruches" nach "§§ 1431 f ABGB" vor. Ein solcher Anspruch verjähre, anders als der Verwendungsanspruch nach § 1041 ABGB in drei Jahren, so daß der erhobene Anspruch zum größten Teil verjährt sei. Die Klageforderung sei auch deswegen nicht berechtigt, weil er durch seinen Einsatz und seine Tätigkeit den Wert des Treugutes in einem die Klageforderung wesentlich übersteigenden Betrag vermehrt habe. Die eingeklagten Beträge stünden ihm daher als angemessenes Entgelt im Sinne des § 1152 ABGB zu. Im Hinblick auf seine verdienstvolle Tätigkeit für die Klägerin sei auch die Anwendung des § 335 ABGB, wonach er "alle Vorteile herauszugeben habe", verfehlt. Er habe nämlich nicht eine "naheliegende Nutzungshandlung" gesetzt, deren Wert im Vergleich zum Wert des verwendeten fremden Rechtsgutes gering sei, sondern Arbeit, Initiative sowie schöpferische und organisatorische Leistungen eingesetzt, die einen "höchstgewichtigen eigenen Beitrag seiner Person" gebildet hätten. Wenngleich kein Anreiz zum Eingriff in fremde Rechtsgüter bestehen dürfe, sei es dennoch nicht gerechtfertigt, daß derjenige, in dessen Rechtsgüter eingegriffen wurde, damit "das Geschäft seines Lebens" mache und im Ergebnis zur Gänze Vermögenswerte erhalte, die nur als Produkt "seines eigenen Rechtsgutes" und "der Beiträge des Bereicherten entstanden" seien. Er habe daher als unredlicher Bereicherungsschuldner nicht schlechthin alle Vorteile herauszugeben; vielmehr sei eine Verteilung des erzielten Gesamtvorteils auf die Beteiligten vorzunehmen und die Verwendung der Rechtsgüter des Bereicherungsgläubigers durch eine angemessene Vergütung auszugleichen. In seinem Falle bestehe die angemessene Vergütung aus den Klagebeträgen. Da eine Prüfung der Werterhöhungen des Treugutes unterlassen worden sei, bestünden Feststellungsmängel.

Das Berufungsgericht lehnte diese Rechtsansicht ab. Das im Vorprozeß ergangene Urteil entfalte im vorliegenden Verfahren soweit Bindungswirkung, als hier vom Vorliegen einer Treuhandschaft auszugehen sei. Die hier geltend gemachten Ansprüche seien nicht auf den Titel der Vertragserfüllung (Herausgabe des Treugutes) gestützt; es handle sich vielmehr um Ansprüche aus der Rückabwicklung nach der Vertragsauflösung, also um Kondiktionsforderungen. Diese seien entgegen der Meinung des Beklagten keine Leistungskondiktionen, weil die Übereignung im Rahmen der Treuhand keine Vermögensverschiebung bewirke. Ob eine Leistungskondiktion oder ein Verwendungsanspruch vorliege, sei für die Frage der Verjährung im übrigen nicht von Bedeutung, weil alle Kondiktionsansprüche der 30-jährigen Verjährung unterlägen. Ab der Auflösung des Treuhandverhältnisses sei der Beklagte als unredlicher Besitzer anzusehen und habe daher gemäß § 335 ABGB alle Vorteile herauszugeben; ein Anspruch auf Entlohnung stehe ihm nicht zu. Selbst wenn man mit Franz Bydlinski ("Zum Bereicherungsanspruch des Unredlichen", JBl 1969, 252 ff) in Betracht ziehe, daß auch dem Unredlichen ein Anteil am Vermögenszuwachs zugebilligt werden könne, käme dies nur in Frage, wenn durch die Tätigkeit des Unredlichen ein ungewöhnlicher Vermögenszuwachs eingetreten sei; so etwa, wenn der Unredliche kraft seiner besonderen Fähigkeiten aus fremden Mitteln ein Unternehmen aufbaue, das dann ein Vielfaches der eingesetzten Mittel wert sei, so daß ein Erfolg vorliege, den der Eigentümer der verwendeten Mittel selbst nie zustandegebracht hätte. Derartiges habe der Beklagte aber nicht behauptet. Sein Vorbringen sei vielmehr bloß dahin zu verstehen, daß er die Geschäfte wie ein ordentlicher Kaufmann geführt habe. Er begehre auch nicht einen Ersatz für die Steigerung des Wertes des Unternehmens, sondern eine Entlohnung für seine Tätigkeit, wie sie auch einem angestellten Geschäftsführer zu leisten gewesen wäre.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Beklagten mit dem Antrag, es dahin abzuändern, daß das Klagebegehren abgewiesen werde; hilfsweise stellt er einen Aufhebungsantrag. Auf Grund der Erhebungen des Erstgerichtes ist davon auszugehen, daß die Revisionsschrift rechtzeitig eingebracht wurde und beim Erstgericht auch tatsächlich eingelangt ist, dort jedoch in Verstoß geriet.

Die Klägerin beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist im Ergebnis nicht berechtigt.

Die Klägerin hat zur Begründung ihres Begehrens vorgebracht, daß der Beklagte seit der Auflösung des Treuhandverhältnisses die Geschäfte in den Treuhandunternehmen nicht nur ohne Auftrag, sondern gegen ihren ausdrücklich erklärten Willen geführt habe und sich damit auf die Anspruchsgrundlage der Geschäftsführung ohne Auftrag berufen. Der Beklagte hat dem entgegengehalten, daß § 1040 ABGB nicht anzuwenden sei, weil er seit der Weigerung im Jahre 1979, seine Stellung als Treuhänder anzuerkennen, nie die Absicht gehabt habe, im Interesse der Klägerin tätig zu sein, sondern ausschließlich im eigenen Interesse.

Nun ist wohl richtig, daß die Geschäftsführung ohne Auftrag im Sinne der §§ 1035 ff ABGB schon begrifflich die Absicht voraussetzt, ausschließlich ein fremdes Geschäft zu besorgen, also im Interesse eines anderen (des Geschäftsherrn) tätig zu werden (Stanzl in Klang2 IV/1, 892; Rummel in Rummel, ABGB2, Rz 4 zu § 1035, Koziol-Welser9 I 497; Schwimann/Apathy, ABGB IV/1, § 1035 Rz 6; SZ 47/130; SZ 49/63 ua). Davon ausgehend wurde die Übernahme der in Deutschland und in der Schweiz entwickelten Grundsätze über die sogenannte "unechte Geschäftsführung" von der älteren österreichischen Rechtslehre (Schey, Krasnopolski, Schuster-Bonott, Swoboda) zunächst als dem Wesen der Geschäftsführung widersprechend abgelehnt. Schon Ehrenzweig (System2 II/1, 716) hat aber denjenigen als "unechten Geschäftsführer" bezeichnet, der ein an sich fremdes Geschäft in der unredlichen Absicht besorgt, den Nutzen für sich zu behalten. Da sich niemand auf seine eigene Unredlichkeit berufen könne, müsse es sich ein solcher "Geschäftsführer" gefallen lassen, vom Eigentümer so behandelt zu werden, als ob er das Geschäft redlich, also in Geschäftsführungsabsicht, unternommen hätte. Dem hat sich in der Folge ein Teil des österreichischen Schrifttums (Stanzl aaO 894;

Gschnitzer, Schuldrecht, besT und Schadenersatz1, 97, 107;

Gschnitzer-Faistenberger-Barta-Eccher, Schuldrecht, besT und Schadenersatz2, 260; Rummel in Koziol, Österreichisches Haftpflichtrecht2 II 304; derselbe, JBl 1971, 391; Reischauer, ÖJZ 1987, 264; aM Koziol-Welser9 I 500; Zum Meinungsstand Rummel in Rummel, ABGB2, Rz 7 zu § 1039) angeschlossen und so die Grundgedanken des § 687 Abs 2 BGB bzw. des Art 423 schwOR für den österreichischen Rechtsbereich nutzbar gemacht. Auch die Rechtsprechung hat sich schon mehrfach der Rechtsfigur der sogenannten "unechten Geschäftsführung" bedient: Nachdem der Oberste Gerichtshof die von Ehrenzweig entwickelten Grundsätze bereits in Rsp 1934/25 ausdrücklich übernommen hatte, wurde in JBl 1960, 337 ein Miterbe, der ohne Zustimmung der anderen Miterben über die Nachlaßstücke verfügt und deren Erträgnisse für sich verwendet hatte, als Geschäftsführer ohne Auftrag behandelt, der gemäß § 1039 ABGB gleich einem Bevollmächtigten Rechnung zu legen und den Gegenwert herauszugeben habe. Auch in EvBl 1969/156 = JBl 1969, 272 wurde die Lehre Ehrenzweigs und Stanzls gebilligt und dabei zur Rechtfertigung des Satzes, daß sich niemand auf seine eigene Unredlichkeit berufen dürfe, auf die "natürlichen Rechtsgrundsätze" des § 7 ABGB verwiesen. Nicht zuletzt wurde aber die "unechte Geschäftsführung" vom Obersten Gerichtshof zur Begründung der Rechnungslegungspflicht des Verletzers in den Fällen des § 148 PatG aF und § 87 Abs 4 aF UrhG (vor dem Inkrafttreten des § 151 PatG und des § 87 a UrhG) herangezogen (ausführlich SZ 49/63). In dieser Entscheidung wurde ausgesprochen, daß der durch eine Verletzungshandlung im Sinne des § 9 UWG in seinem Ausschließlichkeitsrecht beeinträchtigte Markeninhaber den Verletzer immer dann in analoger Anwendung des § 1039 ABGB auf Rechnungslegung in Anspruch nehmen könne, wenn die Voraussetzungen der sogenannten "unechten Geschäftsführung" gegeben seien, der Verletzer also in der unredlichen Absicht, den Nutzen für sich zu behalten, schuldhaft gehandelt habe, wobei Fahrlässigkeit des Verletzers genüge; in SZ 53/29 = JBl 1981, 287 wurde dieser Grundsatz für wissentliches Handeln bestätigt. Auch zu 4 Ob 105/88 wurde für einen ähnlich gelagerten Fall grundsätzlich die Anwendung des § 1039 ABGB bejaht.

Im vorliegenden Fall hat der Beklagte nach Widerruf des Treuhandverhältnisses die Herausgabe des Treugutes verweigert und die Geschäfte der Unternehmen weitergeführt. Dabei handelte er gegen den erklärten Willen der Treugeberin, die die Herausgabe der von ihm treuhändig gehaltenen Gesellschaftsanteile begehrt hatte. Es liegen daher alle Tatbestandsvoraussetzungen des § 1040 ABGB vor. Daß der Beklagte dabei die Absicht hatte, die Geschäfte auf eigene Rechnung zu führen, ändert daran nichts, zumal ihm aufgrund der Umstände - die Tatsache der Einräumung der (fremdnützigen) Treuhandschaft war ihm bekannt - klar sein mußte, daß er damit fremde Geschäfte besorgte.

Nach Lehre und Rechtsprechung hat § 1041 ABGB nur ergänzende Funktion (Rummel aaO Rz 9 zu § 1041) und kommt infolgedessen nicht in Betracht, wenn entweder ein die Vermögensverschiebung rechtfertigendes Vertragsverhältnis oder vertragsähnliches Verhältnis besteht oder Geschäftsführung ohne Auftrag vorliegt (SZ 47/130; SZ 49/63 mwH ua). Da der Beklagte, wie ausgeführt, als Geschäftsführer ohne Auftrag tätig wurde, scheidet daher eine Beurteilung des geltend gemachten Anspruches nach § 1041 ABGB aus.

Die im Verfahren strittigen Ansprüche sind daher nach § 1040 ABGB zu beurteilen. Diese Norm bestimmt, daß jemand, der gegen den gültig erklärten Willen des Eigentümers sich eines fremden Geschäftes anmaßt, nicht nur den hieraus erwachsenen Schaden und entgangenen Gewinn verantwortet, sondern auch den gemachten Aufwand verliert, soweit er nicht in Natur zurückgenommen werden kann. Auf Grund dieser Gesetzesstelle steht auch der Ersatz eines Aufwandes für die im Rahmen des persönlichen Einsatzes erbrachten Arbeitsleistungen nicht zu. Soweit der Beklagte seine Ansprüche aus seiner Tätigkeit als Geschäftsführer ableitet und damit Entgeltansprüche hiefür geltend macht, kommt seinem Begehren schon aus diesem Grund keine Berechtigung zu. Auch ein Anspruch aus § 1041 ABGB ist ausgeschlossen (Rummel aaO Rz 1 zu § 1040 mwN; Schwimann/Apathy aaO Rz 4 §§ 1036-1040). Aus der in der Revision zitierten Entscheidung SZ 6/195 ist für den vorliegenden Fall nichts abzuleiten, weil ihr nicht der Fall einer Geschäftsführung ohne Auftrag zugrunde lag.

Der Beklagte beruft sich darüber hinaus darauf, daß er die Geschäfte zum klaren und überwiegenden Vorteil der Klägerin geführt und durch seine Tätigkeit einen ungewöhnlichen Erfolg erzielt habe. Die Lehre gewähre in solchen Fällen auch dem Unredlichen einen Anteil an dem erwirtschafteten Vermögenszuwachs. Auch diese Einwendung ist verfehlt.

Aus der Pflicht zur Rechnungslegung des Geschäftsführers ohne Auftrag und der Analogie zu § 1009 ABGB ergibt sich die Pflicht, den gesamten aus der Geschäftsführung erlangten Nutzen herauszugeben. Bei gleichzeitiger Verfolgung eigener Interessen entsteht ein Zurechnungsproblem wie bei Verwendungsansprüchen (Rummel aaO, Rz 4 zu § 1039 ABGB). Bydlinski (JBl 1969, 252 ff [255]) wies darauf hin, daß der Rechtsgedanke des § 335 ABGB auch in seiner durch § 1437 ABGB angeordneten sinngemäßen Anwendung im Bereicherungsrecht, wonach der unredliche Bereicherungsschuldner alle erlangten Vorteile herausgeben müsse, nur dann zu einem vernünftigen Ergebnis führe, wen man diesen Gedanken auf die Fälle beschränkt sehe, in denen der erlangte Vorteil nach der Bewertung des Verkehrs eindeutig im wesentlichen der Sache bzw. dem Rechtsgut des Bereicherungsgläubigers zugerechnet werde, während sich der kausale Beitrag des unredlichen Bereicherungsschuldners in naheliegenden und quantitativ geringfügigen Verwertungshandlungen erschöpfe.

Ein anderes Ergebnis vertrat er für Fälle, in denen das fremde Rechtsgut zugleich mit Mitteln oder mit Arbeit und Unternehmertätigkeit des Bereicherten selbst produktiv verwendet, also ein Erfolg erzielt wurde, der vermögensmäßig den Wert der Beiträge, insbesondere aber den Wert des verwendeten fremden Gutes übersteigt. Wo aber der Beitrag des Unredlichen nicht höher zu veranschlagen sei, als die naheliegende bestimmungsgemäße Ziehung von Früchten, dort sei ein eigener Beitrag zum schließlich erzielten Gesamtvorteil zu vernachlässigen. Zum Fall der "unechten Geschäftsführung" der allein bei bewußter Unredlichkeit in Frage kommen könne, sei zu erwägen, ob wenigstens der bewußt Unredliche entgegen den Fällen der Bereicherung allen erlangten Vorteil ohne Rücksicht auf seinen eigenen Beitrag herauszugeben habe. Selbst bei bewußt unberechtigtem Gebrauch einer fremden Sache erscheine es aber nicht sachgerecht, den Unredlichen ohne weiters strafweise ganz zu enteignen und dem in seinen Rechten Verletzten zum "Geschäft seines Lebens" zu verhelfen. Eine so weitgehende Begünstigung des Berechtigten auf Kosten selbst des bewußt Unredlichen könne nicht gerechtfertigt werden, wenn sie des vernünftigen Maßes, nämlich des vertretbaren Verhältnisses zum Wert der beiderseitigen Beiträge und auch zum Verschulden des Eingreifers entbehre.

Ob diesen Erwägungen zu folgen wäre, kann auf sich beruhen. Selbst wenn man diese Ausführungen zugrundelegt, ist hieraus für den Standpunkt des Klägers nichts gewonnen. Nach den Ergebnissen des Verfahrens hat sich der Beitrag des Klägers auf die Führung der laufenden Geschäfte der Unternehmen, die Gegenstand der Treuhandschaft waren, beschränkt. Selbst wenn er die Geschäftsentwicklung durch seine Tätigkeit positiv beeinflußte und sich die Ertragslage der Gesellschaften unter seiner Leitung sehr günstig entwickelte, handelt es sich bei den Erträgen doch nicht um Vorteile, die über die im Rahmen der ordentlichen Führung der Geschäfte erwirtschafteten Erträge hinausgingen. Ein anderer Sachverhalt wurde aber vom Beklagten nicht behauptet.

Die Verjährung der Ansprüche der Klägerin wurde von den Vorinstanzen zu Recht verneint; diese Frage wird in der Revision auch nicht mehr releviert.

Die Vorinstanzen sind daher im Ergebnis zutreffend zum Ergebnis gelangt, daß die vom Beklagten geltend gemachten Ansprüche nicht zu Recht bestehen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.

Anmerkung

E32346

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1993:009OBA00003.93.0210.000

Dokumentnummer

JJT_19930210_OGH0002_009OBA00003_9300000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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