TE OGH 2009/9/28 2Ob186/09f

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Veröffentlicht am 28.09.2009
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Baumann als Vorsitzenden und die Hofräte Dr. Veith, Dr. E. Solé, Dr. Schwarzenbacher und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1.) Lusik G*****, 2.) Diana G*****, beide vertreten durch Dr. Klaus Oblin, LLM., Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei G*****, vertreten durch Dr. Walter Heel und Mag. Christof Heel, Rechtsanwälte in Innsbruck, wegen (Erstklägerin) 39.884,84 EUR sA (Berufungs- und Revisionsinteresse 15.000 EUR sA) und (Zweitklägerin) 14.800 EUR sA (Berufungs- und Revisionsinteresse 7.400 EUR sA), über die „außerordentliche Revision" der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 24. Juni 2009, GZ 2 R 139/09x-37, womit das Urteil des Landesgerichts Innsbruck vom 8. April 2009, GZ 15 Cg 2/08h-32, bestätigt wurde, den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Akten werden dem Erstgericht zurückgestellt.

Text

Begründung:

Die Beklagte betreibt das Bezirkskrankenhaus K*****, in dem die verstorbene Meri G***** am 12. 8. 2006 aufgrund eines Behandlungsvertrags aufgenommen wurde. Am selben Tag sprang Meri G***** aus dem vierten Stock der geschlossenen psychiatrischen Abteilung und verletzte sich tödlich.

Mit dem Vorbringen, die Sicherheitsvorkehrungen im Krankenhaus der Beklagten seien nicht ausreichend gewesen, begehrte die Erstklägerin, die Mutter der Verstorbenen, 30.000 EUR an Trauerschmerzengeld, 3.631,64 EUR Überstellungskosten und 6.197,20 EUR Beisetzungskosten. Die Zweitklägerin, die Schwester der Verstorbenen, begehrt an Trauerschmerzengeld 14.800 EUR.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren hinsichtlich beider Klägerinnen vollinhaltlich statt.

Dagegen erhob die Beklagte teilweise Berufung und begehrte, hinsichtlich der Erstklägerin das Klagebegehren im Betrag von 15.000 EUR, hinsichtlich der Zweitklägerin es im Betrag von 7.400 EUR abzuweisen.

Das Berufungsgericht gab der Berufung nicht Folge und erklärte die ordentliche Revision für nicht zulässig.

Gegen dieses Urteil richtet sich die „außerordentliche Revision" der beklagten Partei mit dem Antrag auf Abänderung, wie er schon in der Berufung gestellt wurde.

Das Erstgericht legte den Akt unmittelbar dem Obersten Gerichtshof vor.

Rechtliche Beurteilung

Diese Aktenvorlage ist verfehlt.

Nach ständiger Rechtsprechung sind mehrere aus einem Unfall Geschädigte nur formelle Streitgenossen im Sinn des § 11 Z 2 ZPO (RIS-Justiz RS0110982). Ebenso sind mehrere Kläger, die ihre (Unterhalts-)Ansprüche aus dem gleichen Unfallsereignis ableiten, wie etwa Angehörige des unterhaltspflichtig gewesenen Getöteten, formelle Streitgenossen im Sinn des § 11 Z 2 ZPO (RIS-Justiz RS0035615 [T2, T5, T7, T8, T14]). Die Zulässigkeit der Revision ist bei formeller Streitgenossenschaft für jeden einzelnen Streitgenossen gesondert zu beurteilen (RIS-Justiz RS0035710; RS0035588).

Nach diesen Grundsätzen ist auch im vorliegenden Fall für beide Klägerinnen gesondert die Zulässigkeit der Revision zu beurteilen. Gemäß § 502 Abs 3 ZPO in der hier anzuwendenden Fassung vor Inkrafttreten des Budgetbegleitgesetzes 2009 (BGBl I 2009/52 Art 15 Z 19 und Art 16 Abs 4) ist die Revision jedenfalls unzulässig, wenn - wie hier - der Entscheidungsgegenstand 4.000 EUR, nicht aber insgesamt 20.000 EUR übersteigt und das Berufungsgericht die ordentliche Revision nach § 500 Abs 2 Z 3 ZPO für nicht zulässig erklärt hat. Eine Partei kann in einem solchen Fall nur gemäß § 508 Abs 1 ZPO einen Antrag an das Berufungsgericht stellen, seinen Ausspruch dahingehend abzuändern, dass das ordentliche Rechtsmittel doch für zulässig erklärt werde. Mit demselben Schriftsatz ist das ordentliche Rechtsmittel auszuführen. Dieser Antrag, verbunden mit dem ordentlichen Rechtsmittel, ist beim Prozessgericht erster Instanz einzubringen und gemäß § 508 Abs 3 und 4 ZPO vom Rechtsmittelgericht zu behandeln. Erhebt in den dargestellten Fällen eine Partei ein Rechtsmittel, so ist dieses gemäß § 507b Abs 2 ZPO dem Gericht zweiter Instanz vorzulegen. Das gilt auch dann, wenn das Rechtsmittel als „außerordentliches" Rechtsmittel bezeichnet wird und wenn es an den Obersten Gerichtshof gerichtet ist; auch dieser darf hierüber nur und erst entscheiden, wenn das Gericht zweiter Instanz gemäß § 508 Abs 3 ZPO ausgesprochen hat, dass ein ordentliches Rechtsmittel doch zulässig sei. Dies gilt ferner auch dann, wenn der Rechtsmittelwerber in dem Schriftsatz nicht im Sinn des § 508 Abs 1 ZPO den Antrag auf Abänderung des Ausspruchs des Gerichts zweiter Instanz gestellt hat, weil dieser Mangel gemäß § 84 Abs 3 ZPO verbesserungsfähig ist (RIS-Justiz RS0109623).

Das Erstgericht wird somit das Rechtsmittel dem Berufungsgericht vorzulegen haben. Ob der Schriftsatz den Erfordernissen des § 508 Abs 1 ZPO entspricht oder einer Verbesserung bedarf, bleibt der Beurteilung der Vorinstanzen überlassen.

Anmerkung

E922322Ob186.09f

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2009:0020OB00186.09F.0928.000

Zuletzt aktualisiert am

01.12.2009
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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