TE OGH 2009/11/11 15Os137/09z

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Veröffentlicht am 11.11.2009
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 11. November 2009 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schmucker als Vorsitzende sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Danek, Dr. T. Solé und Mag. Lendl sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner-Foregger als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Dr. Hofer als Schriftführerin in der Strafsache gegen H***** v***** E***** wegen des Verbrechens des Missbrauchs der Amtsgewalt nach §§ 15, 12 zweiter Fall, 302 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Schöffengericht vom 4. August 2009, GZ 038 Hv 106/09v-13, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde H***** v***** E***** des Verbrechens des Missbrauchs der Amtsgewalt nach §§ 15, 12 zweiter Fall, 302 Abs 1 StGB schuldig erkannt.

Danach hat er am 18. Jänner 2009 in Ebbs mit dem Vorsatz, dadurch die Republik Österreich in ihrem Recht auf Strafverfolgung zu schädigen, die Polizeibeamtinnen Daniela K***** und Christiane F***** durch die mehrfache Aufforderung, die ganze Sache zu vergessen, da er ein deutscher Kollege sei, und darüber hinaus beide ansonsten große Probleme bekommen würden, dazu zu bestimmen versucht, von einem Test der Atemluft auf Alkoholgehalt trotz Feststellung von Alkoholisierungsmerkmalen, von einer Abnahme der Lenkerberechtigung sowie von einer Anzeigenerstattung wegen Verwaltungsübertretungen nach §§ 99 Abs 1 lit b iVm 5 Abs 2 StVO sowie § 102 Abs 4 KFG abzusehen, somit deren Befugnisse, im Namen des Bundes als dessen Organe in Vollziehung der Gesetze Amtsgeschäfte vorzunehmen, wissentlich zu missbrauchen.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die auf Z 5, 5a, 9 lit a und 10 des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, die ihr Ziel verfehlt.

Der von der Rüge vermisste Schädigungsvorsatz (inhaltlich Z 9 lit a) findet sich - disloziert und gerade noch deutlich genug - auf US 16. Danach hatte der Angeklagte - in der Absicht, eine rechtmäßige Amtshandlung zu verhindern (US 14, 15) - versucht, die Beamtinnen zu einem Verhalten zu bewegen, „das die Republik Österreich an konkreten Rechten hindert" (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 19).

Soweit die Beschwerde weiters unter Zitierung einzelner Urteilspasssagen vermeint, die „Feststellungen des erstinstanzlichen Urteils lassen gerade darauf schließen", dass beim Angeklagten keine Wissentlichkeit vorliege, so erschöpft sie sich in eigenständigen beweiswürdigenden Erwägungen, ohne einen Begründungsmangel (Z 5 vierter Fall) aufzeigen zu können. Im Übrigen wurde die betreffende Vorsatzform auf US 11 konstatiert und diese Annahme auf US 15 auch begründet.

Mit der Wiederholung der Verantwortung des Angeklagten, dass er der Meinung gewesen sei, es handle sich bei dem Abstellplatz nicht um einen öffentlichen Parkplatz, auf dem die StVO gelte, und mit dem Argument, „die Meinung des Schöffengerichts" widerspreche dem gesamten Verhalten des Angeklagten, vermag die Tatsachenrüge (Z 5a) keine erheblichen Bedenken des Obersten Gerichtshofs gegen die dem Schuldspruch zugrunde liegenden entscheidenden Tatsachen zu wecken. Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) geht mit ihrer Argumentation, es läge lediglich eine Verwaltungsübertretung nach § 82 Abs 1 SPG (aggressives Verhalten gegenüber Organen der öffentlichen Aufsicht oder Militärwachen) vor, nicht von den Feststellungen aus, wonach der Angeklagte versuchte, die beiden Polizeibeamtinnen zu einem Befugnismissbrauch zu bestimmen. Ob das Verhalten des Beschwerdeführers allenfalls auch das Vergehen nach § 82 Abs 1 SPG erfüllt, ist nicht Gegenstand der strafrechtlichen Prüfung. Die neuerlich vermissten Feststellungen zur subjektiven Tatseite finden sich auf US 11, 14 und 15. Mit Spekulationen über ein „plausibleres" Täterverhalten („der Angeklagte würde wohl nicht ...") verlässt das Rechtsmittel erneut den Boden der erstgerichtlichen Konstatierungen.

Das weitere Vorbringen der Rechtsrüge, die Wissentlichkeit sei „falsch gewürdigt" und aus den festgestellten Tatsachen seien die „falschen Schlüsse" gezogen worden, erschöpft sich in einer Kritik der Beweiswürdigung der Tatrichter und verfehlt solcherart die gebotene Orientierung an den Verfahrensgesetzen.

Dass in der rechtlichen Beurteilung „jeglicher Hinweis auf die inneren Tatseiten" fehlt, vermag keine Nichtigkeit darzustellen, zumal der tatbestandsspezifische Vorsatz mängelfrei konstatiert wurde.

Wieso es zur Begründung der Strafbarkeit nicht ausreichen sollte, dass die intervenierenden Beamtinnen der begründeten Meinung waren, der Angeklagte habe eine Verwaltungsübertretung begangen, leitet die Rüge nicht aus dem Gesetz ab (vgl aber RIS-Justiz RS0089703). Die Subsumtionsrüge (Z 10) meint, es läge allenfalls ein versuchter Widerstand gegen die Staatsgewalt nach §§ 15, 269 Abs 1 StGB vor, nimmt aber mit der selektiven Betonung des aggressiven Verhaltens des Angeklagten einmal mehr nicht die Gesamtheit der Urteilsannahmen in den Blick, nach denen der Angeklagte weder Gewalt noch gefährliche Drohung gebraucht hat.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts Innsbruck zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

Anmerkung

E9283215Os137.09z

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2009:0150OS00137.09Z.1111.000

Zuletzt aktualisiert am

27.01.2010
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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