TE UVS Steiermark 2012/07/30 42.6-4/2012

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Veröffentlicht am 30.07.2012
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Michael Herrmann über die Berufung des Herrn H St, geb. am, vertreten durch Mag. P S, Rechtsanwalt in G, B, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Murtal vom 20.06.2012, GZ: 11.1-79/2011, wie folgt entschieden:

 

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im Folgenden AVG) in Verbindung mit § 35 Abs 1 Führerscheingesetz 1997 (im Folgenden FSG) wird der Berufung dahingehend Folge gegeben, als der angefochtene Bescheid behoben wird.

Text

Mit dem im Spruch genannten Bescheid wurde unter Spruch I. gemäß §§ 24 Abs 1, 3 Abs 1 Z 2 und 3, 7 Abs 1 und 3 und 25 Abs 1 und 3 FSG Herrn H St, geb. am, wohnhaft in A, Pb, die Erlaubnis zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klassen (Gruppen) A, B, C, E und F, erteilt mit Führerschein der Bezirkshauptmannschaft W vom 24.03.1992, Zahl: 199, auf die Dauer von drei Monaten, gerechnet vom Tage der vorläufigen Führerscheinabnahme an (das ist bis einschließlich 03.08.2012) mangels Verkehrszuverlässigkeit entzogen und gleichzeitig ausgesprochen, dass zumindest vor Ablauf dieser Zeit keine Lenkberechtigung erteilt werden darf. Gemäß § 24 Abs 1 FSG ist für den Zeitraum der Entziehung der Lenkberechtigung auch das Lenken von vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen unzulässig. Gemäß § 64 Abs 2 AVG wurde die aufschiebende Wirkung einer allfälligen Berufung ausgeschlossen.

 

Unter Spruch II. wurde gemäß § 32 Abs 1 Z 1 FSG und §§ 24 Abs 1, 3 Abs 1 Z 2 und 3, 7 Abs 1 und 3 und 25 Abs 1 und 3 FSG Herrn H St, geb. am, wohnhaft in A, Pb, das Lenken von Motorfahrrädern und Invalidenkraftfahrzeugen für die Dauer von drei Monaten gerechnet vom Tage der vorläufigen Führerscheinabnahme an (das ist bis einschließlich 03.08.2012) verboten. Gemäß § 32 Abs 2 FSG ist ein allenfalls ausgestellter Mopedausweis unverzüglich bei der Bezirkshauptmannschaft Murtal oder bei der Polizeiinspektion O abzuliefern. Gemäß § 64 Abs 2 AVG wurde die aufschiebende Wirkung einer allfälligen Berufung ausgeschlossen.

 

In der Begründung dieses Bescheides wurde unter anderem darauf verwiesen, dass mit Anzeige der Polizeiinspektion O vom 03.05.2012 der Behörde zur Kenntnis gebracht worden sei, dass Herr H St am 03.05.2011 um 06.25 Uhr den Pkw, Kennzeichen, im Gemeindegebiet von A (Ortsgebiet), auf Höhe der Kreuzung V Oe/R F trotz entzogener Lenkberechtigung gelenkt habe. In rechtlicher Hinsicht wurde unter anderem darauf verwiesen, dass durch eine irrtümliche, behördliche Wiederausfolgung eines Führerscheines während aufrechter Entzugszeit (am 19.12.2011) eine Lenkberechtigung nicht erteilt werde. Sinngemäß wurde darauf verwiesen, dass Herr St mehr als fünf Monate vor der gegenständlichen Tatzeit die Möglichkeit und auch das Wissen darum gehabt habe, die ihm mit Bescheid vom 12.10.2011 aufgetragene Nachschulung zu absolvieren.

 

Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht mit Schreiben vom 06.07.2012 das Rechtsmittel der Berufung eingebracht. Unter anderem wurde darauf verwiesen, dass der Berufungswerber am 19.12.2011 die Wiederausfolgung der Lenkberechtigung beantragt habe und diesem Antrag stattgegeben worden sei. Grundsätzlich hätte vor Absolvierung einer Maßnahme (Nachschulung) keine Wiederausfolgung erfolgen dürfen und wäre es die Behörde, die den Bestimmung des FSG zuwidergehandelt habe. Durch die Wiederausfolgung des Führerscheines habe der Berufungswerber darauf vertrauen können, dass er über eine aufrechte Lenkberechtigung verfüge und sei sohin der Entzug des Führerscheines von drei Monaten mangels Verkehrsunzuverlässigkeit unzulässig.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark stellt hiezu Nachfolgendes fest:

 

Gemäß § 35 Abs 1 FSG ist für die in diesem Bundesgesetz vorgesehenen Amtshandlungen, sofern darin nichts anderes bestimmt ist, in erster Instanz die Bezirksverwaltungsbehörde, im örtlichen Wirkungsbereich einer Bundespolizeibehörde diese zuständig. Über Berufungen gegen Bescheide der Bezirksverwaltungsbehörde oder Bundespolizeibehörde entscheiden die unabhängigen Verwaltungssenate in den Ländern.

 

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Judenburg vom 12.10.2011, GZ: 11.1-79/2011, wurde unter Spruch I. gemäß §§ 26 Abs 3, 3 Abs 1 Z 2, 7 Abs 1 und 3 Z 4 und 24 Abs 1 Z 1 FSG Herrn H St, geb. am, wohnhaft in A, Pb, die Berechtigung zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klassen (Gruppen) A, B, C, E und F, erteilt mit Führerschein der Bezirkshauptmannschaft W vom 24.03.1992, Zahl: 199, vorübergehend auf die Dauer von sechs Wochen, gerechnet ab Rechtskraft dieses Bescheides entzogen und gleichzeitig ausgesprochen, dass vor Ablauf dieser Zeit keine Lenkberechtigung erteilt werden darf.

 

Gemäß § 24 Abs 3 6. Satz FSG endet die Entziehungsdauer jedoch nicht vor Befolgung der mit Spruch II. angeordneten Maßnahme.

 

Gemäß § 99 Abs 3 FSG ist der über die entzogene Lenkberechtigung ausgestellte Führerschein unverzüglich nach Vollstreckbarkeit dieses Bescheides bei der Bezirkshauptmannschaft Judenburg oder bei der Polizeiinspektion O abzuliefern.

 

Unter Spruch II. wurde gemäß § 24 Abs 3 Z 2 FSG Herrn H St, geb. am, wohnhaft in A, Pb, aufgetragen, binnen drei Monaten, gerechnet ab Rechtskraft dieses Bescheides, eine Nachschulung zu absolvieren.

 

Obiger Bescheid ist am 04.11.2011 in Rechtskraft erwachsen und endete die unter Spruch I. ausgesprochene Entziehung der Lenkberechtigung somit am 16.12.2011, die Frist für die Absolvierung der unter Spruch II. aufgetragenen Nachschulung endete am 04.02.2012.

 

In weiterer Folge wurde mit dem nunmehrigen Berufungswerber am 19.12.2011 eine Niederschrift bei der Bezirkshauptmannschaft Judenburg mit nachfolgendem Inhalt aufgenommen:

 

Gegenstand der Amtshandlung:

 

Wiederausfolgung des Führerscheines nach Ablauf der Entziehungszeit

 

Unvorgeladen erscheint Herr St, Pers. i. Akt und beantragt die Wiederausfolgung des Führerscheines nach Ablauf der Entziehungszeit.

 

Der Führerschein wird wieder ausgefolgt und bestätigt Obgenannter mit seiner Unterschrift den Erhalt desselben.

 

Herr St wird auf die Absolvierung der Nachschulung hingewiesen.

 

Im Weiteren erging mit Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Judenburg vom 19.12.2011 die Mitteilung an die Polizeiinspektion O, dass die dem Berufungswerber mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Judenburg vom 12.10.2011 entzogene Lenkberechtigung am 19.12.2011 wieder auflebte.

 

Mit Schreiben vom 29.03.2012 erging ein Ladungsbescheid an den nunmehrigen Berufungswerber für den 12.04.2012, Zeit 09.00 Uhr, am Sitz der Behörde. Gegenstand der Amtshandlung: Verfahren zur Entziehung der Lenkberechtigung - Kenntnisnahme des Ermittlungsverfahrens - Stellungnahme. Dieser Bescheid wurde postamtlich hinterlegt (Beginn der Abholfrist 02.04.2012). Der Bescheid (Rückscheinbrief) lange in weitere Folge mit dem Vermerk nicht behoben an die Behörde erster Instanz retour.

 

Mit Anzeige der Polizeiinspektion O vom 03.05.2012 wurde der Behörde erster Instanz zur Kenntnis gebracht, dass Herr H St am 03.05.2012 um 06.55 Uhr, den Pkw, Kennzeichen, im Gemeindegebiet von A (Ortsgebiet) auf Höhe der Kreuzung V Oe/R F trotz entzogener Lenkberechtigung gelenkt hat.

 

Aus diesem Grunde wurde mit Mandatsbescheid der Bezirkshauptmannschaft Murtal vom 03.05.2012 dem nunmehrigen Berufungswerber die gegenständliche Lenkberechtigung auf die Dauer von drei Monaten - gerechnet ab vorläufiger Führerscheinabnahme - entzogen und auf dieselbe Dauer das Lenken von Motorfahrrädern und Invalidenkraftfahrzeugen verboten. Gegen diesen Bescheid wurde rechtzeitig das Rechtsmittel der Vorstellung eingebracht.

 

Im Zuge des weiteren erstinstanzlichen Ermittlungsverfahrens wurde eine Bestätigung der Go & D vom 25.05.2012 vorgelegt, wonach der nunmehrige Berufungswerber in der Zeit vom 04.05.2012 bis 25.05.2012 bei Go & D eine Nachschulung für verkehrsauffällige Kraftfahrer gemäß § 4 Abs 3, § 24 Abs 3 und § 26 Abs 8 FSG iVm § 2 FSG-NV inklusive gesetzlich vorgeschriebener Fahrprobe in Form von Einzelsitzungen gemäß § 5 Abs 5 FSG-NV positiv absolviert hat.

 

Nach Abschluss des Ermittlungsverfahrens wurde sodann der nunmehrig in Berufung gezogene Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Murtal vom 20.06.2012 erlassen.

 

Obiger Sachverhalt ergibt sich auf Grund des unbedenklichen Inhaltes des Aktes der Behörde erster Instanz. Dieser wird vom Berufungswerber auch nicht weiter in Abrede gestellt.

 

Rechtliche Beurteilung

 

Gemäß § 28 Abs 1 FSG ist der Führerschein nach Ablauf der Entziehungsdauer auf Antrag wieder auszufolgen, wenn

1.

die Entziehungsdauer nicht länger als 18 Monate war und

2.

keine weitere Entziehung der Lenkberechtigung angeordnet wird.

 

Gemäß § 28 Abs 2 FSG ist vor Wiederausfolgung des Führerscheines das Lenken von Kraftfahrzeugen unzulässig.

 

Wie ausgeführt wurde dem nunmehrigen Berufungswerber mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Murtal vom 12.10.2011 unter Spruch I. seine Lenkberechtigung auf die Dauer von sechs Wochen, gerechnete ab Rechtskraft dieses Bescheides entzogen. Es wurde darauf verwiesen, dass die Entziehungszeit jedoch nicht vor Befolgung der mit Spruch II. angeordneten Maßnahme endet. Unter Spruch II. wurde dem nunmehrigen Berufungswerber aufgetragen binnen drei Wochen ab Rechtskraft dieses Bescheides eine Nachschulung zu absolvieren.

 

Der Berufungswerber ist nach Ablauf der genannten Entziehungszeit von sechs Wochen bei der Behörde erster Instanz am 19.12.2011 vorstellig geworden und wurde darüber auch eine Niederschrift verfasst. Gegenstand der Amtshandlung war die Wiederausfolgung des Führerscheines nach Ablauf der Entziehungszeit. Herr Steinkellner beantragte die Wiederausfolgung des Führerscheines nach Ablauf der Entziehungszeit und wurde diesem der Führerschein wieder ausgefolgt. Herr St wurde weiters auf die Absolvierung der Nachschulung hingewiesen.

 

Hiezu ist festzustellen, dass die genannte Niederschrift vom 19.12.2011 von der für Lenkberechtigungen zuständigen Behörde in Form eines Formulars verfasst wurde. Die Behörde führte hiebei eindeutig aus, dass die Wiederausfolgung des Führerscheines nach Ablauf der Entziehungszeit erfolgt. Der Berufungswerber muss sich darauf verlassen können und zwar auch dann, wenn im Entziehungsbescheid vom 12.10.2011 ausgeführt wird, dass die Entziehungsdauer nicht vor Absolvierung der Nachschulung endet und er bei Ausfolgung des Führerscheines am 19.12.2011 auf die Absolvierung derselben hingewiesen erinnert wird. Hiebei ist jedenfalls darauf Bedacht zu nehmen, dass die Wiederausfolgung nicht unter der Bedingung der Absolvierung der Nachschulung erfolgte. Der Hinweis auf die Nachschulung lässt bei diesem Formular nicht erkennen, dass der Berufungswerber von seiner Lenkberechtigung erst dann Gebrauch machen darf, wenn er die Nachschulung absolviert hat.

 

Der Berufungswerber befand sich daher durch eine falsche Auskunft bzw. Handlung der hiefür zuständigen Behörde in einem entschuldbaren Rechtsirrtum. Der Berufungswerber konnte somit davon ausgehen, dass durch die Ausfolgung des Führerscheines seine Lenkberechtigung wieder aufrecht ist und auch zum Zeitpunkt des Lenkens gültig war. So war für den Berufungswerber auch aus dem Ladungsbescheid vom 29.03.2012 nicht erkennbar, dass er sich doch nicht im Besitz einer gültigen Lenkberechtigung befindet, wobei der Berufungswerber den Ladungsbescheid nicht einmal behoben hat.

 

Die irrtümliche Wiederausfolgung des Führerscheins an den Berufungswerber am 19.12.2011, welche offensichtlich auf die missverständlichen Angaben im Bescheid (Entziehungsdauer sechs Wochen, die Nachschulung ist binnen drei Wochen zu absolvieren) erfolgte, kann nicht zu Lasten des Berufungswerbers gehen.

 

Zusammenfassend hat der Berufungswerber somit das subjektive Tatbestandselement des Lenkens eines Fahrzeuges ohne Führerschein nicht erfüllt und war der angefochtene Bescheid mangels des Vorliegens von Verkehrsunzuverlässigkeit zu beheben.

Schlagworte
Lenkberechtigung; Wiederausfolgung; Ablauf; entschuldbarer Rechtsirrtum; Formular; Verkehrszuverlässigkeit
Zuletzt aktualisiert am
29.10.2012
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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