TE Vwgh Erkenntnis 2012/10/10 2012/18/0104

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Veröffentlicht am 10.10.2012
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Asylrecht;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;
41/02 Staatsbürgerschaft;

Norm

AVG §59 Abs1;
FrÄG 2011;
FrPolG 2005 §125 Abs14 idF 2011/I/038;
FrPolG 2005 §52 Abs1 idF 2011/I/038;
FrPolG 2005 §52 idF 2011/I/038;
FrPolG 2005 §53 Abs1 idF 2011/I/038;
FrPolG 2005 §53 idF 2011/I/038;
FrPolG 2005 §53;
VwGG §42 Abs2 Z2;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bernegger, den Hofrat Mag. Eder, die Hofrätinnen Mag. Merl und Mag. Dr. Maurer-Kober sowie den Hofrat Mag. Straßegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Krawarik, über die Beschwerde der V J in W, vertreten durch Dr. Wolfgang Weber, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Wollzeile 12/1/27, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 16. Mai 2012, Zl. UVS-FRG/13/11336/2011, betreffend Rückkehrentscheidung und Einreiseverbot (weitere Partei: Bundesministerin für Inneres),

Spruch

1. zu Recht erkannt:

Der angefochtene Bescheid wird, soweit gegen die Beschwerdeführerin ein Einreiseverbot erlassen wurde, wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der Behörde aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

2. den Beschluss gefasst:

Im Übrigen wird die Behandlung der Beschwerde abgelehnt.

Begründung

I.

Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom 1. Juni 2011 wurde die Beschwerdeführerin, eine serbische Staatsangehörige, gemäß § 53 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) in der Fassung vor dem FrÄG 2011, ausgewiesen.

Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung keine Folge und bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid mit der Maßgabe, dass gegen die Beschwerdeführerin eine Rückkehrentscheidung sowie ein Einreiseverbot für die Dauer von 18 Monaten erlassen werden.

Begründend führte sie aus, die Beschwerdeführerin sei seit dem 2. September 2008 im Bundesgebiet behördlich gemeldet, jedoch unbestritten nicht im Besitz eines Aufenthaltstitels. Ihr Antrag auf Erteilung einer "quotenfreien Aufenthaltsbewilligung mit dem Zweck 'humanitäre Gründe'" (richtig: Niederlassungsbewilligung - Angehöriger gemäß § 47 Abs. 3 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz i.d.F. vor dem FrÄG 2011) sei in zweiter Instanz mit Bescheid vom 24. Februar 2010 abgewiesen worden. Eine dagegen eingebrachte Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof sei am 11. Mai 2010 (Zl. 2010/22/0040) abgewiesen worden. Die Beschwerdeführerin halte sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet auf, weshalb eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 FPG idF BGBl. I Nr. 38/2011, zu erlassen sei.

Im Rahmen der Interessenabwägung gemäß § 61 FPG berücksichtigte die belangte Behörde den Aufenthalt der Beschwerdeführerin im Bundesgebiet seit mehr als drei Jahren. Das Vorbringen, die Beschwerdeführerin betreue die herzkranke und pflegebedürftige Großmutter ihres geschiedenen Ehemannes, sei nicht belegt und es sei auch nicht dargelegt worden, weshalb ein allfälliger Pflegebedarf nur durch sie und nicht durch andere Personen erfolgen könne.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde nach Vorlage der Verwaltungsakten durch die belangte Behörde erwogen:

Zunächst ist anzumerken, dass es sich bei der Erlassung einer Rückkehrentscheidung einerseits und dem Einreiseverbot andererseits um trennbare Spruchbestandteile handelt. Dies ergibt sich zum einen auf Grund der gesetzlichen Regelungen des § 52 und § 53 FPG, anhand deren klar wird, dass unterschiedliche Rechtsinstitute vorliegen. Zum anderen ist dies aus der Übergangsbestimmung des § 125 Abs. 14 FPG abzuleiten, in der der Gesetzgeber davon ausgeht, es könne eine Rückkehrentscheidung geben, ohne dass damit ein Einreiseverbot verbunden sei (vgl. dazu ausführlich das hg. Erkenntnis vom 15. Mai 2012, Zl. 2012/18/0029, auf dessen Begründung gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen wird).

Zum Einreiseverbot:

Die Beschwerdeführerin hält sich unbestritten nicht

rechtmäßig im Bundesgebiet auf.

In einem Übergangsfall, in dem in erster Instanz eine Ausweisung gemäß § 53 FPG 2005 idF vor dem FrÄG 2011 erlassen wurde, hat die Berufungsbehörde in einem Fall, wie er hier vorliegt, im Falle einer inhaltlichen Bestätigung unter Anwendung der nunmehr geltenden Fassung des FPG nach dem FrÄG 2011 (in Form einer sogenannten "Maßgabebestätigung") eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 FPG idF des FrÄG 2011 auszusprechen. Jedoch darf in diesen Fällen von der Berufungsinstanz kein Einreiseverbot erlassen werden, weil darüber in erster Instanz nicht abgesprochen wurde. Andernfalls würde die Sache des Berufungsverfahrens überschritten und den Fremden "eine Instanz genommen" werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. Juni 2012, Zl. 2012/18/0027, auf dessen Begründung gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen wird).

Da die belangte Behörde dies verkannte und ein Einreiseverbot gegen die Beschwerdeführerin verhängte, belastete sie den angefochtenen Bescheid in diesem Abspruch mit Rechtswidrigkeit infolge ihrer Unzuständigkeit, weshalb er in diesem Umfang gemäß § 42 Abs. 2 Z. 2 VwGG aufzuheben war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff, insbesondere § 50 VwGG iVm der Aufwandersatzverordnung 2008. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil in dem pauschalierten Betrag für den Aufwandersatz die Umsatzsteuer bereits enthalten ist.

Zur Rückkehrentscheidung:

Gemäß § 33a VwGG idF BGBl. I Nr. 51/2012 kann der Verwaltungsgerichtshof die Behandlung einer Beschwerde gegen einen Bescheid eines unabhängigen Verwaltungssenates, des unabhängigen Finanzsenates oder einer Behörde gemäß Art. 20 Abs. 2 Z 2 oder 3 B-VG durch Beschluss ablehnen, wenn die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil der Bescheid von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die belangte Behörde ist im angefochtenen Bescheid im Hinblick auf die Rückkehrentscheidung nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen.

In der vorliegenden Beschwerde werden dazu keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des § 33a VwGG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Der erkennende Senat hat daher beschlossen, die Behandlung der Beschwerde, soweit sie sich gegen die Rückkehrentscheidung richtet, abzulehnen.

Wien, am 10. Oktober 2012

Schlagworte

Trennbarkeit gesonderter AbspruchAnzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2012:2012180104.X00

Im RIS seit

12.11.2012

Zuletzt aktualisiert am

27.11.2012
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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