TE OGH 2009/12/17 13Os123/09a

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Veröffentlicht am 17.12.2009
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 17. Dezember 2009 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Ratz als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Kirchbacher und Dr. Lässig, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Fuchs und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Dr. Kurz als Schriftführerin in der Strafsache gegen Georg S***** wegen des Vergehens der Veruntreuung nach § 133 Abs 1 und 2 erster Fall StGB und anderer strafbarer Handlungen über die von der Generalprokuratur gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Innsbruck vom 23. April 2009, AZ 7 Bs 191/09k (= GZ 39 Hv 120/08h-86 des Landesgerichts Innsbruck), erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Mag. Knibbe, zu Recht erkannt:

Spruch

Der Beschluss des Oberlandesgerichts Innsbruck vom 23. April 2009, AZ 7 Bs 191/09k (= GZ 39 Hv 120/08h-86 des Landesgerichts Innsbruck), verletzt § 494a Abs 2 zweiter Satz StPO.

Dieser Beschluss wird aufgehoben und die Beschwerde der Staatsanwaltschaft Innsbruck gegen den Beschluss des Einzelrichters des Landesgerichts Innsbruck vom 15. Dezember 2008, GZ 39 Hv 120/08h-65, abgewiesen.

Text

Gründe:

Georg S***** wurde im Verfahren AZ 20 h Vr 11.316/81 des Landesgerichts für Strafsachen Wien zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt. Aus dieser wurde er vom Landesgericht für Strafsachen Graz als Vollzugsgericht unter Bestimmung einer zehnjährigen Probezeit am 15. Jänner 2003 bedingt entlassen.

Mit Urteil des Einzelrichters des Landesgerichts Innsbruck vom 15. Dezember 2008, GZ 39 Hv 120/08h-65, wurde er wegen in der Probezeit verwirklichter strafbarer Handlungen zu einer Freiheitsstrafe verurteilt. Mit einem gemeinsam mit dem Urteil gefassten Beschluss sprach der Einzelrichter „gemäß § 494a Abs 1 Z 4 und Abs 2 letzter Satz StPO" aus, dass die Entscheidung über den Widerruf der bedingten Entlassung aus der lebenslangen Freiheitsstrafe dem Gericht vorbehalten bleibe, dem sonst die Entscheidung zukäme, womit er, wie aus den Gründen hervorgeht (US 16), das Landesgericht Innsbruck als nunmehriges (§ 179 Abs 1 StVG) Vollzugsgericht meinte.

In Stattgebung einer Beschwerde der Staatsanwaltschaft (ON 70) änderte das Oberlandesgericht Innsbruck diesen Beschluss mit Entscheidung vom 23. April 2009, AZ 7 Bs 191/09k, dahin ab, dass die Beschlussfassung über den Widerruf der bedingten Entlassung „dem Landesgericht für Strafsachen Wien als Geschworenengericht vorbehalten wird", dessen Zuständigkeit aus § 494a Abs 2 zweiter Satz StPO abgeleitet wurde (ON 86 des Hv-Aktes).

Rechtliche Beurteilung

Dieser Beschluss des Oberlandesgerichts Innsbruck steht, wie die Generalprokuratur in der Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes zutreffend aufzeigt, mit dem Gesetz nicht in Einklang.

§ 494a Abs 2 StPO regelt - wie auch dessen letzter Satz verdeutlicht - die Kompetenz des erkennenden Gerichts zur Entscheidung über den Widerruf einer bedingten Nachsicht oder bedingten Entlassung (ErläutRV 359 BlgNR 17. GP 53; Fabrizy StPO10 § 494a Rz 6).

Im Licht dessen bedeutet der hier interessierende zweite Satz dieser Bestimmung, wonach der Widerruf der bedingten Entlassung aus einer lebenslangen Freiheitsstrafe (ebenso wie der Widerruf einer bedingten Nachsicht der Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher nach § 21 Abs 1 StGB oder der bedingten Entlassung aus einer solchen Unterbringung) dem Schöffen- oder Geschworenengericht vorbehalten ist, dass ein solcher Beschluss dem erkennenden Gericht nur zusteht, wenn es sich dabei um ein Kollegialgericht handelt. Anderenfalls hat es, wenn ihm nicht ein Absehen vom Widerruf geboten erscheint (§ 494a Abs 1 Z 2 StPO), zufolge § 494a Abs 2 dritter Satz StPO - mit bloß deklarativer Bedeutung (RIS-Justiz RS0111830; Jerabek, WK-StPO § 494a Rz 6) - auszusprechen, dass die Entscheidung über den Widerruf dem Gericht vorbehalten bleibt, dem sonst (dh außer in den Fällen des § 494a StPO) die Entscheidung zukäme, das ist im Fall des Widerrufs der bedingten Entlassung aus einer Freiheitsstrafe (oder einer vorbeugenden Maßnahme) das Vollzugsgericht (§§ 16 Abs 1 und Abs 2 Z 12, 162 Abs 1 und Abs 2 Z 1, 179 StVG; RIS-Justiz RS0101956).

Indem das Oberlandesgericht Innsbruck dem von der Generalprokuratur aufgezeigten Missverständnis des § 494a Abs 2 zweiter Satz StPO unterlag, verletzte es diese Bestimmung, was gemäß § 292 letzter Satz StPO nicht nur festzustellen, sondern auch (mit Blick auf RIS-Justiz RS0111830 lediglich) zur Klarstellung (Ratz, WK-StPO § 292 Rz 45) wie aus dem Spruch ersichtlich zu beheben war.

Textnummer

E92793

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2009:0130OS00123.09A.1217.000

Im RIS seit

16.01.2010

Zuletzt aktualisiert am

12.08.2011
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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