TE OGH 2010/2/2 2R29/10w

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Veröffentlicht am 02.02.2010
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Das Landesgericht Feldkirch als Rekursgericht hat durch den Richter Hofrat Dr. Höfle als Vorsitzenden sowie den Richter Dr. Müller und die Richterin Dr. Ciresa als weitere Senatsmitglieder in der Rechtssache der klagenden Partei D*****, vertreten durch Dr. Sepp Manhart, Dr. Meinrad Einsle, Rechtsanwälte in Bregenz, gegen die beklagte Partei S*****, wegen EUR 1.400,-- sA, über den Rekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Bezirksgerichtes Feldkirch vom 30. November 2009, 20 C 658/09k-10, in nicht öffentlicher Sitzung beschlossen:

Spruch

Dem Rekurs wird Folge gegeben und der angefochtene Beschluss ersatzlos aufgehoben.

Die Rekurskosten sind weitere Verfahrenskosten.

Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.

Text

Begründung:

Mit der am 21.7.2009 beim Erstgericht eingebrachten Mahnklage begehrt der Kläger als Mieter vom Beklagten als Vermieter die Rückzahlung der von ihm geleisteten Kaution von restlich EUR 1.400,-- sA. Dazu brachte er vor, er sei Mieter einer Wohnung des Beklagten gewesen. Nach Beendigung des Bestandverhältnisses am 31.10.2008 habe er dem Beklagten die Wohnung im vereinbarten Zustand übergeben. Dennoch weigere sich der Beklagte, die vom Kläger erlegte Kaution zurückzuzahlen.

Der bislang anwaltlich nicht vertretene Beklagte bestritt und wendete ein, es sei vereinbart worden, dass der Kläger beim Auszug aus der Wohnung die farbigen Wände wieder weiß streichen müsse. Dies habe er unterlassen, wodurch Kosten in Höhe der Klagsforderung angefallen seien.

Mit dem angefochtenen Beschluss sprach das Erstgericht von Amts wegen aus, dass es „sachlich unzuständig“ sei und die Rechtssache gemäß §§ 44, 40a JN in das Verfahren außer Streitsachen überwiesen werde. Dabei vertrat es die Auffassung, § 16b Abs 4 MRG idF Wohnrechtsnovelle 2009 bestimme, dass über die Höhe des Rückforderungsanspruchs bezüglich einer Kaution im mietrechtlichen Außerstreitverfahren zu entscheiden sei. Laute das Begehren des Mieters nach Beendigung des Mietverhältnisses auf Rückzahlung der Kaution, so sei diese Klage in einen Antrag auf Feststellung der Höhe der Kaution umzudeuten. Demgemäß sei die Rechtssache vom streitigen in das außerstreitige Verfahren zu überweisen. Diese Vorgangsweise sei auch dann zu wählen, wenn der Vermieter aus dem Mietverhältnis resultierende eigene Forderungen einwende.

Gegen diesen Beschluss richtet sich der fristgerechte Rekurs des Klägers mit dem Antrag, die Entscheidung ersatzlos aufzuheben. Hilfsweise wird ein verfahrensrechtlicher Aufhebungsantrag gestellt.

Der Beklagte hat sich am Rekursverfahren nicht beteiligt.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist berechtigt.

Der Kläger vertritt den Standpunkt, die Bestimmung des § 16b MRG komme hier nicht zur Anwendung, weil der Mietgegenstand in einem Gebäude mit nicht mehr als zwei selbstständigen Wohnungen oder Geschäftsräumlichkeiten gelegen sei. Deshalb sei das MRG zur Gänze nicht anwendbar. Diese Frage habe das Erstgericht nicht geprüft und dazu auch keine Feststellungen getroffen, was einen relevanten Verfahrensmangel darstelle.

Dem Kläger ist beizupflichten, dass die neuen Bestimmungen über die Kaution wohl auch für den Teilanwendungsbereich des MRG gelten, da in der im Einleitungssatz des § 1 Abs 4 MRG enthaltenen Aufzählung die Wendung „16b,“ eingefügt wurde. Allerdings gilt § 16b MRG dann nicht, wenn der Mietgegenstand überhaupt nicht in den Anwendungsbereich des MRG iSd § 1 Abs 2 MRG fällt. Dies trifft nach § 1 Abs 2 Z 5 MRG auf Mietgegenstände in einem Gebäude mit nicht mehr als zwei selbstständigen Wohnungen oder Geschäftsräumlichkeiten zu, wobei Räume, die nachträglich durch einen Ausbau des Dachbodens neu geschaffen wurden oder werden, nicht zählen. Mit dieser Frage hat sich das Erstgericht nicht beschäftigt und dazu auch keine Feststellungen getroffen, was an sich einen Verfahrensmangel darstellt und zur weiteren Prüfung durch das Erstgericht führen müsste.

Eine Aufhebung des angefochtenen Beschlusses zur Verfahrensergänzung erübrigt sich aber überhaupt, weil die gegenständliche Klage, die auf Zurückzahlung des Kautionsrestes gerichtet ist, nicht zwingend der Bestimmung des § 16b Abs 4 MRG zu unterstellen ist. Zu diesem Thema werden in der Literatur unterschiedliche Standpunkte vertreten (vgl die Literaturnachweise in Würth/Zingher/Kovanyi, Miet- und Wohnrecht I22 § 16b MRG). Das erkennende Rekursgericht schließt sich der überwiegenden Ansicht an, dass im Außerstreitverfahren nicht die Kaution rückgefordert, sondern nur die Höhe des „rückforderbaren“, das heißt um die Ansprüche des Vermieters aus dem Mietverhältnis verminderten Kautionsbetrages festgestellt wird. Wie auch sonst im Mietrecht (etwa nach § 27 Abs 3 MRG) hat der rückfordernde Mieter die Wahl, den Kautionsbetrag unmittelbar im Rechtsweg zurückzufordern oder (zunächst) einen Feststellungsantrag im Außerstreitverfahren zu stellen (Würth/Zingher/Kovanyi, Miet- und Wohnrecht I22 § 16b MRG Rz 7; Garai, Nur ein Problem zu lösen! Kautionsrückforderung und § 37 Abs 1 Z 8b MRG, RZ 2009, 128; Würth, Einige Bemerkungen zu den Kautionsregelungen, wobl 2009, 265; Prader, WRN 2009 - „Problemkind“ Kaution, immolex 2009, 134; Stabentheiner, Die Wohnrechtsnovelle 2009, wobl 2009, 97; vgl auch 6 Ob 104/09a).

Daraus folgt, dass das Erstgericht zu Unrecht von Amts wegen den auf Zahlung gerichteten Kautionrückzahlungsanspruch des Mieters ins außerstreitige Mietrechtsverfahren überwiesen hat. Deshalb ist dem Rekurs des Klägers Folge zu geben und der angefochtene Beschluss ersatzlos aufzuheben.

Die Rekurskosten sind gemäß § 52 ZPO als weitere Verfahrenskosten zu behandeln, weil kein vom Beklagten ausgelöster Zwischenstreit vorliegt.

Nach § 528 Abs 2 Z 1 ZPO ist der Revisionsrekurs jedenfalls unzulässig.

Landesgericht Feldkirch

Abt. 2, am 2. Februar 2010.

Textnummer

EFE0000189

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LG00929:2010:00200R00029.10W.0202.000

Im RIS seit

18.06.2010

Zuletzt aktualisiert am

18.06.2010
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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