TE OGH 2010/2/24 3Ob21/10z

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Veröffentlicht am 24.02.2010
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Prückner als Vorsitzenden sowie die Hofräte und Hofrätinnen Hon.-Prof. Dr. Sailer, Dr. Lovrek, Dr. Jensik und Dr. Fichtenau als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Gert S*****, Ungarn, vertreten durch Dr. Norbert Bergmüller, Rechtsanwalt in Schladming, gegen die beklagte Partei Franziska S*****, vertreten durch Dr. Gerhard Rainer, Rechtsanwalt in Schladming, als Verfahrenshelfer, wegen Einwendungen gegen den Anspruch (§ 35 EO), über die „außerordentliche" Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Leoben als Berufungsgericht vom 9. Dezember 2009, GZ 2 R 361/09a-64, womit das Urteil des Bezirksgerichts Schladming vom 21. Oktober 2009, GZ 1 C 86/07d-59, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Akten werden dem Erstgericht zurückgestellt.

Text

Begründung:

Die Beklagte, die geschiedene Ehefrau des Klägers, betreibt aus einem Scheidungsvergleich gegen diesen exekutiv einen Unterhaltsrückstand von 11.990,88 EUR sA sowie laufenden Unterhalt von monatlich 363,36 EUR.

Das Erstgericht gab auch im zweiten Rechtsgang dem den gesamten betriebenen Anspruch umfassenden Oppositionsklagebegehren zur Gänze statt. Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten gegen dieses Urteil nicht Folge und sprach aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen dieses Urteil erhobene „außerordentliche" Revision der Beklagten legte das Erstgericht unmittelbar dem Obersten Gerichtshof vor.

Diese Vorgangsweise widerspricht der seit Inkrafttreten der WGN 1997 geltenden Rechtslage:

Nach § 502 Abs 4 ZPO idFd WGN 1997 und zuletzt des Budgetbegleitgesetzes BGBl I 2009/52 (anwendbar nach Art 16 Abs 4 leg cit auf nach dem 30. Juni 2009 ergangene Berufungsentscheidungen) ist die Revision - außer im Fall des § 508 Abs 3 ZPO - jedenfalls unzulässig, wenn in einem Verfahren über den aus dem Gesetz gebührenden Unterhalt (wovon hier gemäß § 69a EheG auszugehen ist: RIS-Justiz RS0046467 [T8]) der Entscheidungsgegenstand an Geld oder Geldeswert (hier selbst bei Einbeziehung des Rückstands 25.071,84 EUR) nicht insgesamt 30.000 EUR übersteigt und das Berufungsgericht die ordentliche Revision nach § 500 Abs 2 Z 3 ZPO für nicht zulässig erklärt hat. Unter diesen Voraussetzungen kann jedoch eine Partei nach § 508 Abs 1 und 2 ZPO binnen vier Wochen nach der Zustellung des Berufungsurteils den beim Erstgericht (§ 508 Abs 2 erster Satz ZPO) einzubringenden Antrag an das Berufungsgericht stellen, seinen Ausspruch dahin abzuändern, dass die ordentliche Revision doch für zulässig erklärt werde; ein solcher Antrag, der mit der ordentlichen Revision zu verbinden ist, muss die Gründe dafür anführen, warum entgegen dem Ausspruch des Berufungsgerichts nach § 502 Abs 1 ZPO die ordentliche Revision für zulässig erachtet wird. Oppositionsklagen, mit denen das (auch nur teilweise) Erlöschen des Unterhaltsanspruchs dem Grunde nach geltend gemacht wird, fallen nach ständiger Rechtsprechung unter § 49 Abs 2 Z 2 JN aF. Dasselbe gilt auch nach der durch das AußStr-BegleitG BGBl I 2003/112 geänderten Rechtslage, weil Unterhaltsstreitigkeiten zwischen (auch geschiedenen) Ehegatten nach wie vor von § 49 Abs 2 Z 2 JN erfasst sind (3 Ob 235/08t mwN).

Im vorliegenden Fall hat die Rechtsmittelwerberin das Rechtsmittel rechtzeitig beim Erstgericht eingebracht und geltend gemacht, dass sie entgegen dem Ausspruch des Berufungsgerichts die Revision für zulässig erachte. Der Antrag auf Abänderung des Zulässigkeitsausspruchs ist allerdings nicht an das Berufungsgericht (§ 508 Abs 1 ZPO), sondern - in einem bezirksgerichtlichen Verfahren - an das „Oberlandesgericht Graz als Revisionsgericht" gerichtet.

Im Hinblick auf die oben dargestellte Rechtslage ist der Rechtsmittelschriftsatz nicht dem - hier ausdrücklich gar nicht angerufenen - Obersten Gerichtshof vorzulegen, sind doch (auch) im Streitwertbereich des § 502 Abs 4 ZPO Rechtsmittel gegen Entscheidungen, gegen die nach dem Ausspruch der zweiten Instanz die ordentliche Revision nicht zulässig ist, nur dem Gericht zweiter Instanz (sofort), nicht aber dem Obersten Gerichtshof, vorzulegen (§ 508 ZPO); dieser darf über das Rechtsmittel nämlich nur und erst dann entscheiden, wenn das Gericht zweiter Instanz gemäß § 508 Abs 3 ZPO ausgesprochen hat, dass ein ordentliches Rechtsmittel doch zulässig sei (RIS-Justiz RS0109623).

Ist das Erstgericht der Meinung, einer solchen Vorgangsweise stehe der verfehlte Antrag entgegen, ein nicht im Instanzenzug übergeordneter Gerichtshof zweiter Instanz möge seinen Zulässigkeitsausspruch abändern, dann wird es einen mit Fristsetzung verbundenen Verbesserungsauftrag zu erteilen haben. Die Bezeichnung des richtigen Revisionsgerichts ist - offenbar wegen der fehlenden Mehrzahl von Gerichten dieser Stufe in Österreich - nach § 506 ZPO kein Erfordernis einer Revisionsschrift.

Der Akt ist daher dem Erstgericht zurückzustellen.

Schlagworte

5 Exekutionssachen,Zivilverfahrensrecht,Familienrecht

Textnummer

E93378

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2010:0030OB00021.10Z.0224.000

Im RIS seit

04.05.2010

Zuletzt aktualisiert am

06.03.2012
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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