TE OGH 2010/3/17 7Ob252/09y

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Veröffentlicht am 17.03.2010
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Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schaumüller, Dr. Hoch, Dr. Kalivoda und Dr. Roch als weitere Richter in der Pflegschaftssache des Minderjährigen M***** B*****, geboren am *****, vertreten durch den Vater Mag. C***** B*****, beide: *****, der Vater vertreten durch Wukovits & Eppelein Rechtsanwälte GmbH in Wien, Mutter G***** B*****, vertreten durch Dr. Helmut Graupner, Rechtsanwalt in Wien, wegen Besuchsrechtsregelung, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Mutter gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 23. Oktober 2009, GZ 44 R 521/09g-S-211, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Döbling vom 3. August 2009, GZ 10 PS 61/09h-198, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben und dem Rekursgericht die neuerliche Entscheidung aufgetragen.

Text

Begründung:

Die Ehe der Eltern des Minderjährigen ist geschieden, sie leben seit April 2006 getrennt. Der Minderjährige lebt beim Vater, dem die alleinige Obsorge übertragen wurde. Der Mutter wurde ein wöchentliches Besuchsrecht zuerkannt.

Der Vater beantragte am 2. 11. 2007 die Aussetzung des Besuchsrechts, hilfsweise die allfällige Neufestsetzung unter Besuchsbegleitung sowie Gewährleistung des Ausschlusses der mütterlichen Großmutter. Die Besuchskontakte fänden seit geraumer Zeit ausschließlich in der Wohnung der mütterlichen Großmutter statt, die für den Minderjährigen so bedrohlich wirke, dass tiefgreifende Wesensveränderungen zu befürchten seien. Der Minderjährige wolle den Kontakt zur Großmutter nicht und werde vor oder bei Besuchskontakten krank oder wünsche sich dies jedenfalls. Der Vater legte ein Privatgutachten der Sachverständigen Dr. E***** S***** vor, das die Aussetzung der Besuchskontakte empfahl.

Die Mutter sprach sich gegen den Antrag aus. Der Minderjährige fühle sich bei den Besuchskontakten wohl. Er habe am Ende der Besuche nicht zum Vater zurück wollen und teilweise auch mit Krankheit reagiert. Szenen bei der Übergabe seien auf ein Fehlverhalten des Vaters und der Personen in seinem Umfeld zurückzuführen. Der Vater neige zur Gewalt und misshandle den Minderjährigen.

Erster Rechtsgang:

Das Erstgericht setzte basierend auf dem von ihm eingeholten Gutachten der Sachverständigen Mag. Dr. S***** S***** das Besuchsrecht der Mutter aus und stellte folgenden Sachverhalt fest:

Beim Minderjährigen bestehen psychische Leidenszustände im Zusammenhang mit den Streitigkeiten der Eltern und der daraus resultierenden Verfeindung/Frontbildung der mütterlichen und väterlichen Familie. Er ist verunsichert und emotional belastet, was er mit Vermeidungsverhalten quittiert. Der Minderjährige reagiert nicht auf etwaige Gefährdungsmomente im Zusammenhang mit seiner Pflege und Betreuung beim Vater oder der Mutter, sondern vielmehr auf die emotionale Zerrissenheit, die durch die ablehnende Haltung und Atmosphäre zwischen den Eltern verursacht wird. Schon bei jedem Wechsel von einem zum anderen Elternteil sieht sich das Kind emotional einem akuten inneren Loyalitätskonflikt ausgesetzt. Zur Veränderung der ungünstigen Grundsituation müssten die Eltern dringend mittels professioneller Begleitung - zur Vermeidung des Verbleibs in einer gegenseitigen Vorwurfshaltung - an der Entwicklung einer Perspektive für den gemeinsamen Sohn arbeiten. Dies könne nur im Rahmen einer längerfristigen Erziehungsberatung im Vorfeld jeglicher Wiederanbahnung eines Besuchskontakts geschehen.

Die von der Sachverständigen vorgeschlagenen Lösungsmöglichkeiten sind an der mangelnden Kooperation der Mutter gescheitert. Bei maximaler Bedachtnahme auf die Lebenssituation der Mutter als Gehörlose ist nur mit größter Mühe aller beteiligten Fachkräfte und zugezogenen Personen (auch einer Vertrauensperson der Mutter) ein Termin zur Wiederbegegnung von Mutter und Kind koordiniert worden, den die Mutter allerdings, ohne verhindert gewesen zu sein, einzig mit der Begründung absagte, dass der zuvor nur in Aussicht genommene Termin ihr zweckmäßiger erscheine und sie daher den nun festgesetzten Termin ablehne. Das eher widerstrebende Kind ist von der Sachverständigen bereits auf die Wiederbegegnung mit der Mutter, die dann nicht stattfand, vorbereitet worden.

In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, dass gegenwärtig keine Form von Besuchskontakten dem Kindeswohl zuträglich sei. Angesichts des von der Mutter an den Tag gelegten Verhaltens sei bis zum Beweis des Gegenteils nicht zu erwarten, dass sie in naher Zukunft die nötige Bereitschaft zeigen werde. Die vom W***** F***** versuchte Besuchsanbahnung sei von ihr vereitelt worden, „weil nicht sofort alles genau nach ihren Wünschen von der Einrichtung gehandhabt worden“ sei. So habe etwa zunächst die Sozialarbeiterin, wie dies üblich sei, und nicht die Mutter selbst, mit dem Kind interagiert, um es kennen zu lernen und sein Vertrauen zu gewinnen. Die mütterliche Großmutter habe bei ihren zahlreichen Vorsprachen erklärt, dass die Mutter die Einschaltung jeglicher anderer Besuchsbegleitungsorganisationen ablehne.

Das Rekursgericht hob den Beschluss auf. Das vom Erstgericht erzielte „Gesamtergebnis“ sei an sich schlüssig, beruhe aber auf einem mangelhaften Verfahren. Die Befundaufnahme sei unvollständig, solange nicht die von der Sachverständigen für wichtig gehaltene und von beiden Eltern gewünschte Interaktionsbeobachtung zwischen Mutter und Kind durchgeführt worden sei. Nur dann könne beurteilt werden, ob zwischen ihnen überhaupt ein Kontakt stattfinden könne.

Zweiter Rechtsgang:

Im fortgesetzten Verfahren übermittelte das Erstgericht den Akt der Sachverständigen „im Sinn der Rechtsmittelentscheidung“. Die Sachverständige teilte dem Erstgericht mit, dass aus fachlicher Sicht aufgrund der mittlerweile sehr langen Aussetzung von Kontakten zwischen Mutter und Kind sowie der schon bekannten Schwierigkeiten vor einer Gutachtensergänzung unbedingt eine allmähliche Kontaktanbahnung erforderlich sei. Diese solle im Rahmen einer mindestens halbjährigen Besuchsbegleitung mit der Möglichkeit des Neuaufbaus wie auch der Neugestaltung der wechselseitigen Mutter-Kind-Beziehung erfolgen. Dafür sei der W***** F***** geeignet, da dieser fachlich auf Besuchsbegleitungen spezialisiert sei und in einem Fall wie diesem relativ rasch und flexibel Termine anbieten könne. Er erstelle auch nach Vereinbarung Berichte über die Besuchsbegleitungen, welche für eine ergänzende Begutachtung sehr bedeutsam wären. Das Erstgericht ordnete zum Zweck der Vorbereitung einer für das Kind gedeihlichen Ausgestaltung der Interaktionsbeobachtung eine allmähliche Besuchsanbahnung „im Rahmen des W***** F*****“ an. Es wurde die Zuziehung einer einrichtungsfremden, von der Mutter namhaft gemachten Person als Besuchsbegleiterin, die die Gebärdensprache beherrscht, erwogen. Der Vater sprach sich wegen befürchteter fehlender Objektivität dagegen aus. Die Leiterin des W***** F***** (in der Folge: Leiterin) entschloss sich daher, einen Besuchsbegleiter ihrer Einrichtung heranzuziehen, der im Beisein eines Gebärdendolmetschers tätig sein sollte. Die Leiterin riet der Mutter, dem zuzustimmen. Die Besuchsbegleitung müsse „neutral“ sein, weil sie sonst meist abgebrochen werde oder Gründe für einen Abbruch gesucht würden. Die Mutter wurde um ihre schriftliche Zustimmung zu dieser Vorgangsweise ersucht, die mit dem Erstgericht abgesprochen war. Die mütterliche Großmutter teilte aber der Leiterin mit, sie denke nicht daran, einer solchen Besuchsbegleitung zuzustimmen. Zwei Tage später informierte die Leiterin die Mutter, dass sie die Zusage auf Begleitung von Besuchskontakten zurückziehen müsse, weil die mütterliche Großmutter wiederholt „grenzüberschreitend“ agiert und sich damit über das Kontaktverbot mit dem W***** F***** hinweggesetzt habe. Sie habe im Mai 2009 das Büro mehrfach aufgesucht und sich geweigert, dieses wieder zu verlassen. Sie sei der Leiterin gegenüber ausfällig geworden. Sie habe auch den Landesvorsitzenden, der zu dieser Zeit im Spital gewesen sei, über seine Privatnummer angerufen und sei dabei nicht „zu stoppen gewesen“. Dabei habe sie sich sehr abfällig über die Leiterin geäußert. Unter diesen Bedingungen sei eine Zusammenarbeit nicht möglich.

Das Erstgericht setzte mit dem angefochtenen Beschluss neuerlich das Besuchsrecht der Mutter auf unbestimmte Zeit aus. Es hielt fest, welche Feststellungen und welche rechtliche Beurteilung dem ersten Rechtsgang zu Grunde lagen und ergänzte diese Ausführungen durch die Darlegung des vorhin dargestellten Verfahrenshergangs. Der neuerliche Versuch zur Gutachtensergänzung durch Interaktionsbeobachtung (bzw Schaffung der Voraussetzungen dafür) seien aus Gründen der Sphäre der Mutter fehlgeschlagen, sodass nur wie im ersten Rechtsgang entschieden werden könne. Es bestehe derzeit faktisch keine Möglichkeit zu einer im Sinn der nachvollziehbaren Empfehlung der Sachverständigen durchgeführten Kontaktanbahnung. Richtig sei, dass im Gegensatz zum ersten Rechtsgang die Bemühungen durch das Verhalten der mütterlichen Großmutter, und nicht durch das der Mutter, gescheitert seien. Dies gehe aber zu Lasten der Mutter, weil sie keinen Versuch unternommen habe, dieses Tun zu unterbinden.

Das Rekursgericht bestätigte den Beschluss. Die Aussetzung des Besuchsrechts sei zu Recht erfolgt. Gemäß § 111 AußStrG dürfe nur eine dazu bereite Person zur Besuchsbegleitung herangezogen werden und Zwangsmaßnahmen seien gegen die begleitende Person nicht zulässig. Es könne daher die Berechtigung der Zurücknahme der erklärten Bereitschaft durch den W***** F***** nicht überprüft werden. Es komme auch nicht darauf an, ob das Verhalten der Großmutter die Zurücknahme der Zustimmung des Familienverbands gerechtfertigt habe. Es stelle sich daher nicht die Frage, ob eine Einflussnahme dritter Personen auch zu Lasten der Verfahrensparteien gehen könne. Ein Besuch zwischen Mutter und Minderjährigem, der ihr bereits entfremdet sei und der vor der (in enger Beziehung zur Mutter lebenden) Großmutter Angst habe, könne keineswegs unbegleitet stattfinden. Damit sei aber noch nicht endgültig entschieden, dass die Mutter das Kind vor seinem 14. Lebensjahr nicht mehr sehen dürfe. Vielmehr stehe es ihr und auch dem Vater frei, eine andere zur Besuchsbegleitung bereite Institution namhaft zu machen, die dann gemäß § 111 AußStrG am fortzusetzenden Verfahren zu beteiligen sei.

Das Rekursgericht sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei, weil keine Rechtsfrage von grundlegender Bedeutung im Sinn von § 62 Abs 1 AußStrG zu lösen sei.

Dagegen richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs der Mutter mit einem Abänderungsantrag, hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der Vater beantragt, den Revisionsrekurs zurückzuweisen, hilfsweise ihm nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig, er ist auch im Sinn des Aufhebungsantrags berechtigt.

Zu Recht rügt der Revisionsrekurs als Mangelhaftigkeit, dass sich das Rekursgericht nicht mit der Ablehnung der Sachverständigen, auf deren Gutachten die Beschlüsse basieren, auseinandergesetzt hat:

Die Mutter brachte schon im ersten Rechtsgang in ihrer Stellungnahme zum Gutachten vor, dass die Sachverständige ihr gegenüber voreingenommen sei, wobei sie die Gründe anführte, die dies ihrer Meinung nach belegen (ON S-148). Das selbe Vorbringen erstattete sie auch in hier nicht unmittelbar gegenständlichen Rechtsmitteln (ON S-154 und ON S-155). Auch wenn sie nicht ausdrücklich einen Ablehnungsantrag stellte, ergibt sich doch aus dem gesamten Vorbringen, dass sie (ab Kenntnis des Gutachtens) die Befangenheit der Sachverständigen anzeigen und verhindern will, dass dieses Gutachten als Entscheidungsgrundlage herangezogen wird.

Dieses Vorbringen kann - im Gegensatz zur Ansicht des Erstgerichts - nur als Antrag auf Ablehnung der Sachverständigen aufgefasst werden.

Gemäß § 35 AußStrG sind - von hier nicht relevanten Ausnahmen - die Bestimmungen der Zivilprozessordnung über die einzelnen Beweismittel sinngemäß anzuwenden. Das bedeutet, dass auch im Außerstreitverfahren für die Ablehnung eines Sachverständigen die Bestimmungen des § 355 ZPO sinngemäß zu gelten haben (vgl Fucik/Kloiber, AußStrG, § 31 Rz 3; vgl RIS-Justiz RS0110741). Gleichzeitig mit der Ablehnung sind die Gründe der Ablehnung anzugeben. Die Entscheidung über die Ablehnung steht - hier - dem erkennenden Richter zu (§ 356 Abs 1 ZPO). Wird der Ablehnung stattgegeben, so ist ohne Aufschub die Bestellung eines anderen Sachverständigen zu veranlassen (§ 356 Abs 2 ZPO). Geschieht dies nicht, bewirkt dies mangels gesetzlicher Anordnung keine Nichtigkeit, wohl aber einen sonstigen Verfahrensmangel (10 ObS 316/02x; RIS-Justiz RS0040667; Rechberger in Rechberger², §§ 355, 356 ZPO Rz 6). Es darf also der gerichtlichen Sachentscheidung nicht ein Gutachten eines abgelehnten Sachverständigen zu Grunde gelegt werden, solange nicht über den Ablehnungsantrag rechtskräftig im abweisenden Sinn entschieden wird. Wird einem Ablehnungsantrag stattgegeben, muss ein neuer Sachverständiger bestellt werden.

Für den vorliegenden Fall bedeutet dies Folgendes:

Das Erstgericht wies nur den (abermals) im zweiten Rechtsgang erhobenen und nur ausdrücklich so bezeichneten Antrag auf Ablehnung der Sachverständigen (ON S-169) als verspätet zurück (ON S-173). Das Rekursgericht wies den Rekurs dagegen unter Hinweis darauf zurück, dass eine abgesonderte Anfechtung des Beschlusses nicht zulässig sei. Es zeigte die „der Beurteilung des Erstgerichts vorbehaltene“ Möglichkeit auf, das bereits in ON S-148 erstattete Vorbringen allenfalls auch als gesonderten Ablehnungsantrag zu behandeln (ON S-182). Das Erstgericht teilte aber den Parteien in einer „Note“ mit, dass es nicht die Auffassung vertrete, es liege ein Ablehnungsantrag vor (ON S-183). Obwohl nun der Rekurs der Mutter gegen die Sachentscheidung des Erstgerichts unter Hinweis auf ihr bisheriges Vorbringen neuerlich die mehrfach gerügte Voreingenommenheit der Sachverständigen releviert, nimmt das Rekursgericht dazu mit keinem Wort Stellung und legt das Gutachten ohne jegliche Begründung seiner Entscheidung zu Grunde.

Dies begründet einen wesentlichen Verfahrensmangel. Das Gutachten kann nur dann Grundlage der Entscheidung sein, wenn über die Ablehnungsanträge rechtskräftig abweisend entschieden wurde. Das Erstgericht hat ausdrücklich nur über den - seiner Meinung nach verspäteten - Ablehnungsantrag in ON S-169 entschieden. Das Rekursgericht wird daher im fortzusetzenden Verfahren über die im Rekurs enthaltene Rüge zur Zurückweisung des Ablehnungsantrags der Mutter gegen die Sachverständige durch das Erstgericht, nun verbunden mit dem Rekurs gegen die Endentscheidung, Stellung nehmen müssen. Sollte die Zurückweisung des Antrags ON S-169 rechtskräftig werden, müsste noch eine rechtskräftige Entscheidung über das als Ablehnungsantrag aufzufassende Vorbringen in ON S-148 herbeigeführt werden, bevor geklärt ist, ob ein Gutachten der Entscheidung erster Instanz zu Grunde liegt, das eine befangene Sachverständige erstattet hat. Erst dann kann über das Vorliegen des gerügten, aber bisher übergangenen Verfahrensmangels erster Instanz entschieden werden.

Selbst bei Abweisung des Ablehnungsantrags ist die Sache allerdings noch aus einem anderen Grund nicht spruchreif. Das Rekursgericht übergeht nämlich in seiner Entscheidung, dass die von ihm im ersten Rechtsgang aufgetragene Gutachtensergänzung noch nicht erfolgt ist. Sein Hinweis auf § 111 AußStrG ist insofern verfehlt, als die Zuziehung des W***** F***** nicht der Besuchsrechtsausübung an sich dienen sollte, sondern über Anregung der Sachverständigen als Hilfsmittel der Gutachtensergänzung. Der Oberste Gerichtshof, der nicht Tatsacheninstanz ist, tritt der ursprünglich vom Rekursgericht erkannten Notwendigkeit der Verbreiterung der Tatsachengrundlage zur Prüfung des Kindeswohls nicht entgegen. Die Gutachterin wurde aber von der vorliegenden Situation bisher nicht informiert und es erfolgte auch keine Gutachtensergänzung, sodass bislang nicht bekannt ist, ob und mit welchen Maßnahmen eine Gutachtensergänzung durch Interaktionsbeobachtung Mutter-Kind jetzt dennoch möglich ist. Falls die Ergänzung des Gutachtens durch Interaktionsbeobachtung nicht möglich ist, bedarf es einer Ergänzung des Gutachtens durch Darlegung der Gründe und der daraus sich ergebenden Konsequenzen für das Kindeswohl. Von weiteren möglichen Versuchen der Interaktionsbeobachtung wäre nur dann abzusehen, falls diese dem Kindeswohl widerstreiten. Auch dazu wäre in einem Ergänzungsgutachten Stellung zu nehmen. Das Verfahren bedarf also zusätzlich im aufgezeigten Sinn einer Ergänzung, damit eine entsprechende Feststellungslage geschaffen werden kann, die die Beurteilung erlaubt, welche Vorgangsweise dem Kindeswohl entspricht.

Der angefochtene Beschluss konnte daher nicht Bestand haben.

Textnummer

E93454

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2010:0070OB00252.09Y.0317.000

Im RIS seit

10.05.2010

Zuletzt aktualisiert am

06.07.2012
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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