TE OGH 2010/3/23 8Ob15/10d

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Veröffentlicht am 23.03.2010
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Spenling als Vorsitzenden sowie den Hofrat Hon.-Prof. Dr. Kuras, die Hofrätin Dr. Tarmann-Prentner und die Hofräte Mag. Ziegelbauer und Dr. Brenn als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei R***** H*****, Angestellte, *****, vertreten durch Mag. Axel Bauer, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Dipl.-Ing. S***** H*****, Angestellter, *****, vertreten durch Dr. Raimund Hora, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterhalt von monatlich 1.000 EUR und Rechnungslegung (Streitwert: 4.000 EUR), über den Rekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 15. Dezember 2009, GZ 44 R 550/09x-41, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts Hietzing vom 13. August 2009, GZ 1 C 25/07f-34, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

B e s c h l u s s

gefasst:

Spruch

Der Rekurs wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 838,44 EUR (darin enthalten 139,74 EUR USt) bestimmten Kosten der Rekursbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

B e g r ü n d u n g :

Die Streitteile sind österreichisch-slowakische Doppelstaatsbürger; ihr letzter gemeinsamer gewöhnlicher Aufenthalt befand sich in Österreich. Im Jahr 2001 wurde die Ehe der Streitteile von einem slowakischen Bezirksgericht ohne Verschuldensausspruch geschieden. Das Scheidungsurteil wurde in Österreich anerkannt. In einem Vorverfahren aus dem Jahr 2003 wurde das Begehren der Klägerin, den Beklagten ab 1. 2. 2003 zu Unterhaltsleistungen zu verpflichten, abgewiesen. Nach einem Bandscheibenvorfall ist die Klägerin seit 1. 4. 2007 arbeitslos.

Im vorliegenden Verfahren begehrt die Klägerin einen monatlichen Unterhaltsbetrag von 1.000 EUR ab 1. 4. 2007 sowie Rechnungslegung über das vom Beklagten erzielte Nettoeinkommen. Seit Schluss der Verhandlung im Vorverfahren habe sich der Sachverhalt maßgeblich geändert. Aufgrund eines Bandscheibenvorfalls sei ihre Arbeitsfähigkeit stark eingeschränkt, weshalb sie nicht mehr in der Lage sei, das im Vorverfahren festgestellte Einkommen zu erzielen. Sie sei seit 1. 4. 2007 arbeitslos und beziehe lediglich Arbeitslosengeld. Der Beklagte arbeite als Bauingenieur und sei zudem Inhaber von zwei in Brünn registrierten Unternehmen. Von seinem ehemaligen Dienstgeber habe er eine Abfertigung erhalten; er beziehe auch Einkünfte aus Kapitalvermögen. In Anwendung des § 69 Abs 3 EheG stehe ihr ein Billigkeitsunterhalt in Höhe von mindestens 1.000 EUR monatlich zu.

Der Beklagte entgegnete, dass die Klägerin eine Lebensgemeinschaft aufgenommen habe, weshalb ihr kein Unterhaltsanspruch zustehe. Außerdem hätten sich die im Vorverfahren festgestellten Umstände nicht entscheidend geändert. Der Klägerin sei auch weiterhin zumutbar, in ihrem früheren Beruf als technische Zeichnerin zu arbeiten. Eine der beiden Töchter sei ihm von der Klägerin untergeschoben worden.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Da die Klägerin eine Lebensgemeinschaft eingegangen sei, ruhe ihr Unterhaltsanspruch.

Das Berufungsgericht hob diese Entscheidung auf und verwies die Rechtssachen zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurück. Die vom Erstgericht im Rahmen seiner Feststellungen getroffene Aussage, wonach die Klägerin seit mindestens Anfang 2007 eine Lebensgemeinschaft unterhalte und zumindest zum Teil eine Wirtschaftsgemeinschaft vorliege, stelle in Wirklichkeit eine rechtliche Beurteilung dar. Insbesondere zum Vorliegen einer geschlechtlichen Gemeinschaft sowie einer Wirtschaftsgemeinschaft mangle es an einem entsprechenden Tatsachensubstrat. Für eine abschließende rechtliche Würdigung des Vorliegens einer Lebensgemeinschaft müssten daher die konkreten Umstände detaillierter festgestellt werden. Hinsichtlich der Beweislastverteilung sei davon auszugehen, dass zum Nachweis des Vorliegens einer Lebensgemeinschaft des Unterhaltsberechtigten der Anscheinsbeweis dann genüge, wenn der äußere Anschein typischerweise eine Lebensgemeinschaft vermuten lasse. In diesem Fall treffe den Unterhaltsberechtigten eine Offenlegungspflicht. Da zu dieser Frage der anwendbaren Beweislastregeln für den Nachweis einer Lebensgemeinschaft höchstgerichtliche Rechtsprechung fehle, sei der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig.

Gegen den Aufhebungsbeschluss richtet sich der Rekurs des Beklagten, mit dem er die Wiederherstellung des Urteils des Erstgerichts anstrebt.

Mit ihrer Rekursbeantwortung beantragt die Klägerin, den Rekurs zurückzuweisen, in eventu diesem den Erfolg zu versagen.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs erweist sich als unzulässig.

1. Aufgrund eines Zulässigkeitsausspruch des Berufungsgerichts iSd § 519 Abs 1 Z 2 ZPO wird ein Aufhebungsbeschluss grundsätzlich anfechtbar. Der Zweck des Rekurses besteht allerdings in der Überprüfung der Rechtsansicht des Berufungsgerichts durch den Obersten Gerichtshof. Dementsprechend muss im Rekurs eine erhebliche Rechtsfrage iSd § 528 Abs 1 ZPO geltend gemacht werden (7 Ob 9/02b; 5 Ob 294/03a). Ist die dem Aufhebungsbeschluss zugrunde liegende Rechtsansicht nicht zu beanstanden oder wird sie vom Rekurswerber gar nicht bekämpft, so kann der Oberste Gerichtshof aber nicht überprüfen, ob sich die vom Berufungsgericht angeordnete Ergänzung des Verfahrens oder der Feststellungen tatsächlich als notwendig erweist (RIS-Justiz RS0042179 [T17 und T19]; Kodek in Rechberger, ZPO3 § 519 Rz 26 mwN).

2. Zur vom Berufungsgericht als erheblich bezeichneten Rechtsfrage der Beweiserleichterung bzw Beweislastverteilung (vgl RIS-Justiz RS0047081; RS0037797) zum Nachweis des Bestehens einer Lebensgemeinschaft bei dem eine Unterhaltsleistung begehrenden geschiedenen Ehegatten sowie einer damit allenfalls verbundenen Offenlegungspflicht wird im Rekurs nichts ausgeführt. Vielmehr vertritt der Beklagte lediglich die Ansicht, dass die „Feststellung“ des Erstgerichts über das Vorliegen einer Lebensgemeinschaft der Klägerin das Ergebnis einer mängelfreien richterlichen Beweiswürdigung sei und die erstinstanzlichen Feststellungen für die abschließende rechtliche Beurteilung daher ausreichten. Die Frage nach der Anwendung von Beweislastregeln und der Zulässigkeit des Anscheinsbeweises könne dahingestellt bleiben.

Die Ansicht des Berufungsgerichts, die Aussage des Erstgerichts, wonach die Klägerin seit mindestens Anfang 2007 eine Lebensgemeinschaft habe und zumindest zum Teil eine Wirtschaftsgemeinschaft bestehe, betreffe in Wirklichkeit eine rechtliche Beurteilung, ist nicht zu beanstanden. Da der Beklagte im Übrigen die Rechtsauffassung des Berufungsgerichts nicht bekämpft und keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO anspricht, ist der Rekurs zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die Kosten des Rekursverfahrens gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO. Auf die Unzulässigkeit des Rekurses hat die Klägerin hingewiesen (RIS-Justiz RS0123222).

Schlagworte

Unterhaltsrecht

Textnummer

E93647

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2010:0080OB00015.10D.0323.000

Im RIS seit

22.05.2010

Zuletzt aktualisiert am

22.05.2010
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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