TE Vwgh Erkenntnis 2001/1/25 2000/20/0520

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Veröffentlicht am 25.01.2001
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Index

41/04 Sprengmittel Waffen Munition;

Norm

WaffG 1996 §25 Abs3;
WaffG 1996 §8 Abs1 Z2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kremla und die Hofräte Dr. Nowakowski und Dr. Sulzbacher als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Hohenecker, über die Beschwerde des M V in O, vertreten durch Gruböck & Gruböck Rechtsanwälte OEG in 2500 Baden, Beethovengasse 4-6, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 2. Oktober 2000, Zl. Wa- 197/00, betreffend Entziehung eines Waffenpasses, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der Beschwerde und dem angefochtenen Bescheid ergibt sich nachstehender entscheidungswesentlicher Sachverhalt:

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Baden vom 20. Juni 2000, mit dem der dem Beschwerdeführer am 27. Februar 1980 ausgestellte Waffenpass Nr. 094687 gemäß § 25 Abs. 3 in Verbindung mit § 8 des Waffengesetzes 1996, BGBl. I Nr. 12/1997 (WaffG), entzogen worden war, keine Folge gegeben.

Die belangte Behörde nahm als erwiesen an, dass die Ehegattin des Beschwerdeführers, die keine Berechtigung zum Besitz von Schusswaffen habe, am 15. Juni 2000 beim Gendarmerieposten Traiskirchen zwei dem Beschwerdeführer gehörige genehmigungspflichtige Schusswaffen (eine Pistole und einen Revolver), die er in einem Einbautresor (Safe) im Schlafzimmer verwahrt gehabt habe, abgegeben habe. Es sei davon auszugehen, dass die Ehegattin des Beschwerdeführers Zugang zu den Schusswaffen gehabt habe. Sie habe schon seit längerer Zeit (seit der Anschaffung des Tresors) "ständig" Kenntnis von dessen Zahlenkombination und somit Zugang zu den Waffen gehabt.

In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde zusammenfassend aus, an die Art und Weise der Sicherung von Waffen gegenüber dem möglichen Zugriff eines nach dem Waffengesetz nicht berechtigten Mitbewohners (z.B. Ehepartner oder Kinder) seien zwar keine überspitzten Anforderungen zu stellen, doch bestehe nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch gegenüber solchen Personen die Pflicht zu einer "verhältnismäßig sicheren" Verwahrung einer Waffe. Nach der Judikatur sei darauf abzustellen, ob diese Personen jederzeit und ohne Notwendigkeit der Überwindung eines Hindernisses Zugang zur Waffe hätten. Unter Bezugnahme auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 17. Juni 1999, Zl. 99/20/0158, führte die belangte Behörde weiter aus, in einem ähnlich gelagerten Fall sei die Aufbewahrung in einem nicht versperrten Nachtkästchen, zu dem die Ehegattin jederzeit Zugang gehabt habe, als nicht ausreichende sichere Verwahrung im Sinne des Waffengesetzes qualifiziert worden. Es sei nicht maßgeblich, ob die Waffe geladen oder ungeladen bzw. ob sie mit oder ohne Munition aufbewahrt gewesen sei. Schon alleine die Verwahrung der nicht geladenen genehmigungspflichtigen Schusswaffe an einem Ort, zu dem die Ehegattin jederzeit Zugang gehabt habe (jederzeit zugänglicher Tresor), sei im Sinne des § 8 Abs. 1 Z 2 WaffG  als nicht sorgfältige Verwahrung zu qualifizieren. Diese Feststellungen seien, insbesondere unter Berücksichtigung des Umstandes, dass bei der Anwendung waffenrechtlicher Vorschriften ein strenger Maßstab anzulegen sei, ausreichend, um in berechtigter Weise annehmen zu können, der Beschwerdeführer werde auch in Hinkunft Waffen nicht sorgfältig verwahren und es sei deshalb seine waffenrechtliche Verlässlichkeit nicht mehr gegeben.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes mit dem Antrag, ihn aus diesem Grund aufzuheben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat darüber in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Gemäß § 25 Abs. 2 WaffG hat die Behörde die Verlässlichkeit des Inhabers einer waffenrechtlichen Urkunde zu überprüfen, wenn Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Berechtigte nicht (mehr) verlässlich ist. Ergibt sich, dass der Berechtigte nicht (mehr) verlässlich ist, so hat die Behörde nach § 25 Abs. 3 WaffG die waffenrechtlichen Urkunden zu entziehen. Unter welchen Voraussetzungen die Behörde vom Fortbestand der (waffenrechtlichen) Verlässlichkeit auszugehen hat und wann diese zu verneinen ist, ergibt sich aus § 8 WaffG. Nach Abs. 1 Z 2 dieser Bestimmung ist ein Mensch als verlässlich anzusehen, wenn er voraussichtlich mit Waffen sachgemäß umgehen wird und keine Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass er mit Waffen unvorsichtig umgehen oder diese nicht sorgfältig verwahren wird. Bei Auslegung des Begriffes der sorgfältigen Verwahrung im Sinne dieser Bestimmung ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes angesichts des mit dem Waffenbesitz von Privatpersonen verbundenen Sicherheitsbedürfnisses nach Sinn und Zweck der Regelung des Waffengesetzes ein strenger Maßstab anzulegen. Ob die im Einzelfall gewählte Verwahrungsart als sorgfältig bezeichnet werden kann, hängt von objektiven Momenten ab (u.a. jüngst das hg. Erkenntnis vom 21. September 2000, Zl. 98/20/0394 mwN).

Die belangte Behörde hat unter Bedachtnahme auf § 3 Abs. 2 Z 3 der Zweiten Waffengesetz-Durchführungsverordnung, BGBl. II Nr. 313/1998 (2. WaffV), wonach für die Beurteilung der Sicherheit der Verwahrung von Waffen und Munition deren Schutz vor dem Zugriff von Mitbewohnern, die zu deren Verwendung nicht befugt sind, maßgeblich ist, und unter Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 17. Juni 1999, Zl. 99/20/0158, angenommen, dass die Verwahrung von Waffen in einem Tresor im Schlafzimmer, zu dem die Ehegattin auf Grund der Kenntnis der Zahlenkombination "seit längerer Zeit" ungehinderten Zugang hatte, keine sorgfältige Verwahrung im Sinne des Waffengesetzes darstelle. Dem hält die Beschwerde nur entgegen, in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entschiedene Fälle - Erkenntnis vom 23. Februar 1994, Zl. 93/01/0327, wo eine geladene Waffe in einem jederzeit aufsperrbaren Kasten verwahrt worden sei; Erkenntnis vom 17. Juni 1981, Zlen. 81/01/0032, 0033, wo sich die Faustfeuerwaffe in einem versperrten Kasten mit steckendem Schlüssel befunden habe; Erkenntnis vom 28. November 1984, Zl. 84/01/0156, wo die geladene Faustfeuerwaffe im unversperrten Schlafzimmer in einem unversperrten Schrank aufbewahrt worden sei; Erkenntnis vom 26. Februar 1994 (richtig: 1992), Zl. 91/01/0191, wo sich die in einem Tuch eingeschlagene Waffe auf bzw. in einem 2,4 m hohen Schlafzimmerschrank befunden habe - seien mit der vorliegenden, anders gelagerten Fallkonstellation nicht vergleichbar. In den zitierten Entscheidungen werde davon ausgegangen, dass die Waffe an einem ungesicherten Ort aufbewahrt worden sei, zu dem ein Mitbewohner (Ehefrau), der (die) nicht zum Besitz von Waffen berechtigt gewesen sei, jederzeit und ohne die Notwendigkeit der Überwindung eines Hindernisses Zugang gehabt habe. Im gegenständlichen Fall seien jedoch die Waffen in einem Safe mit einem Verschlusssystem mit Zahlenkombination verwahrt worden. Dies stelle insbesondere unter dem Aspekt, dass der Beschwerdeführer diese Zahlenkombination immer wieder geändert habe, eine ausreichende Maßnahme zur Hintanhaltung des Zugangs von unberufenen Personen (Ehegattin) zu seinen Waffen dar. Der Beschwerdeführer habe sohin seine Waffen sehr wohl sorgfältig im Sinne des § 8 Abs. 1 Z 2 WaffG verwahrt und sei daher als verlässlich im Sinne des § 8 WaffG anzusehen.

Diesen Beschwerdeausführungen ist zunächst zu erwidern, dass sie sich von dem von der belangten Behörde festgestellten und vom Verwaltungsgerichtshof im Rahmen seiner Prüfungsbefugnis nach § 41 Abs. 1 VwGG zugrunde zu legenden Sachverhalt entfernen. Die belangte Behörde ist in ihrem Bescheid der als nachvollziehbar und lebensnah beurteilten Aussage der Ehegattin des Beschwerdeführers gefolgt, wonach diese seit der Anschaffung des Tresors die Zahlenkombination gekannt und "immer die Möglichkeit des Zuganges" zu dem Safe gehabt habe. Demgegenüber wurde die Darstellung des Beschwerdeführers, er habe seiner Ehegattin die Zahlenkombination niemals mitgeteilt, sie könne sie nur durch Zufall herausgefunden haben und er habe diese immer wieder geändert, als "bloße Schutzbehauptung" qualifiziert. Dem entsprechend vermochte die belangte Behörde keine auf diese Aussage gestützten Feststellungen zu treffen, sondern nahm vielmehr die Angaben der Ehegattin des Beschwerdeführers als erwiesen an. Soweit daher in der Beschwerde mit dem Hinweis darauf argumentiert wird, der Beschwerdeführer habe die Zahlenkombination des Safes immer wieder geändert, gehen die Beschwerdeausführungen nicht vom festgestellten Sachverhalt aus.

Nach dem im angefochtenen Bescheid als erwiesen angenommenen Sachverhalt bestand auch im vorliegenden Fall für die Ehegattin des Beschwerdeführers ein jederzeit möglicher und ungehinderter Zugriff auf die beiden Waffen. Dem Beschwerdeführer ist zwar zuzugestehen, dass nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes in Bezug auf Personen im privaten Nahebereich die Anwendung überspitzter Maßstäbe für die erforderliche Sicherung der Waffe gegenüber einem möglichen Zugriff nicht in Betracht kommt. Die Pflicht zur ordnungsgemäßen Verwahrung besteht aber auch gegenüber solchen Personen, wobei darauf abzustellen ist, ob diese Personen zur Waffe jederzeit und ohne Notwendigkeit der Überwindung eines Hindernisses Zugang haben. So ist es grundsätzlich auch gegenüber einem Ehegatten geboten, die Waffe versperrt zu verwahren, um dem Begriff der sorgfältigen Verwahrung im Sinne des § 8 Abs. 1 Z 2 WaffG zu entsprechen (zuletzt das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom 21. September 2000, Zl. 98/20/0394 mwN).

Dieser Verpflichtung hat der Beschwerdeführer nicht entsprochen, wenn die Safesperre in Wahrheit kein Hindernis darstellte, weil die Ehegattin des Beschwerdeführers Kenntnis von der Zahlenkombination hatte. Der Fall ist nicht anders zu beurteilen, als jener, bei dem der Schlüssel im Schloss eines abgesperrten Kleiderschrankes steckte, was einem unversperrten Behältnis gleichgehalten wurde (vgl. das auch in der Beschwerde zitierte hg. Erkenntnis vom 17. Juni 1981, Zlen. 81/01/0032, 0033; ferner das hg. Erkenntnis vom 7. Mai 1998, Zl. 98/20/0083). Insoweit ist die hier zu beurteilende Konstellation mit jenem Fall, der dem bereits erwähnten Erkenntnis vom 17. Juni 1999, Zl. 99/20/0158, zugrunde lag, auf das sich die belangte Behörde stützte, durchaus vergleichbar. In diesem Erkenntnis wurde die Verwahrung einer Waffe im unversperrten Nachtkästchen im ungehindert zugänglichen Schlafzimmer als gegenüber Mitbewohnern nicht ausreichend angesehen (vgl. in diesem Sinne zu ähnlichen Sachverhalten auch das in der Beschwerde erwähnte hg. Erkenntnis vom 23. Februar 1994, Zl. 93/01/0327, sowie das hg. Erkenntnis vom 18. Dezember 1996, Zl. 95/20/0363, und das bereits zitierte Erkenntnis vom 21. September 2000, Zl. 98/20/0394).

Mangels wirksamen Hindernisses gegen den jederzeitigen Zugriff der Ehegattin des Beschwerdeführers auf die beiden Waffen entsprach deren Verwahrung auch im vorliegenden Fall nicht dem (strengen) Sorgfaltsmaßstab des Waffengesetzes. Die belangte Behörde hat daher ohne Rechtsirrtum die vom Beschwerdeführer gewählte Verwahrungsart als nicht ordnungsgemäß qualifiziert. Der belangten Behörde kann auch nicht entgegengetreten werden, wenn sie aus dieser Art der Verwahrung über einen nicht nur kurzen Zeitraum (prognostizierend) den Schluss zog, dabei handle es sich um eine Tatsache, welche die Annahme rechtfertige, dass der Beschwerdeführer auch in Hinkunft Waffen nicht sorgfältig verwahren werde, zumal er (auch weiterhin) der Auffassung ist, die von ihm gewählte Verwahrungsart sei ausreichend.

Da sohin die Voraussetzungen für die Entziehung der waffenrechtlichen Urkunde des Beschwerdeführers nach § 25 Abs. 3 in Verbindung mit § 8 Abs. 1 Z 2 WaffG vorlagen, haftet dem Bescheid die geltend gemachte inhaltliche Rechtswidrigkeit nicht an. Das ergibt sich bereits aus dem Inhalt der Beschwerde in Verbindung mit dem vorgelegten Bescheid, weshalb die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen war.

Bei Abweisung der Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG erübrigt sich eine Entscheidung über den Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.

Wien, am 25. Jänner 2001

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2001:2000200520.X00

Im RIS seit

24.04.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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