TE Vwgh Erkenntnis 1994/2/23 93/01/0327

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Veröffentlicht am 23.02.1994
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Index

41/04 Sprengmittel Waffen Munition;

Norm

WaffG 1967 §6 Abs1 Z2 impl;
WaffG 1986 §20 Abs1;
WaffG 1986 §6 Abs1 Z2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Herberth und die Hofräte Dr. Dorner, Dr. Kremla, Dr. Händschke und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Kopp, über die Beschwerde des H in F, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in K, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Kärnten vom 19. Jänner 1993, Zl. Wa-984-1/92, betreffend Entzug eines Waffenpasses, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid hat die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Kärnten die Berufung gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Klagenfurt vom 12. Oktober 1992, mit dem dem Beschwerdeführer der am 14. Juni 1972 ausgestellte Waffenpaß gemäß § 20 Abs. 1 in Verbindung mit § 6 Abs. 1 des Waffengesetzes 1986 entzogen worden war, gemäß § 66 Abs. 4 abgewiesen. Eine Überprüfung der waffenpolizeilichen Verläßlichkeit des Beschwerdeführers am 5. Dezember 1991 habe ergeben, daß die verfahrensgegenständliche Faustfeuerwaffe bei einem Einbruch am 31. August 1991 aus einem unversperrten Nachtkästchen im Schlafzimmer gestohlen worden sei. Die Ehegattin des Beschwerdeführers sei selbst nicht im Besitz einer Berechtigung zum Besitz oder Führen einer Faustfeuerwaffe. Die Ehegattin habe daher zur Waffe jederzeit und ohne die Notwendigkeit der Überwindung eines Hindernisses Zugang gehabt. Wenn man auch an die Art der Sicherung von Waffen gegenüber dem möglichen Zugriff des Ehepartners keinen überspitzt strengen Maßstab anzulegen habe, so hätte der Beschwerdeführer zumindest das Schlafzimmerkästchen versperrt halten müssen. Ein Waffenpaß stelle eine höchstpersönliche Befugnis dar. Es würden daher den aus einer waffenrechtlichen Urkunde Berechtigten besondere, gleichfalls höchstpersönliche Verpflichtungen obliegen, die das Gesetz etwa im § 6 Waffengesetz 1986 statuiere. Die Verpflichtung zur sorgfältigen Verwahrung und Nichtweitergabe von Faustfeuerwaffen an zum Waffenbesitz nicht Berechtigte gelte daher auch im Verhältnis zum Ehepartner. Die mangelnde Sorgfalt des Beschwerdeführers beim Verwahren der Faustfeuerwaffe sei als Tatsache anzusehen, welche die Annahme rechtfertige, daß der Beschwerdeführer keine Gewähr dafür biete, Waffen in jedem Fall sorgfältig zu verwahren. Die Einwendung in der Berufung, daß ein Versperren des Nachtkästchens den Diebstahl der Waffe nicht hätte verhindern können, sei rechtlich irrelevant. Nicht der Einbruch und der damit verbundene Diebstahl der Waffe des Beschwerdeführers sei der Grund für die Behörden, dem Beschwerdeführer die Verläßlichkeit nach dem Waffengesetz abzusprechen, sondern die nicht dem Gesetz entsprechende nicht "sorgfältige Verwahrung" der Faustfeuerwaffe vor seiner im gemeinsamen Haushalt lebenden Gattin.

In der gegen den angefochtenen Bescheid erhobenen Beschwerde wird die inhaltliche Rechtswidrigkeit des Bescheides geltend gemacht. Der Beschwerdeführer erachtet sich in dem Recht gemäß § 16 und § 6 Waffengesetz auf Erwerb, Besitz und Führen von Faustfeuerwaffen aufgrund der ihm mit Waffenpaß vom 14. Juni 1972 erteilten Erlaubnis verletzt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 20 Abs. 1 Waffengesetz 1986, BGBl. Nr. 443 (im folgenden: WaffG), hat die Behörde spätestens alle fünf Jahre die Verläßlichkeit des Inhabers eines Waffenpasses oder einer Waffenbesitzkarte zu überprüfen. Ergibt sich hiebei oder aus anderem Anlaß, daß er nicht mehr verläßlich ist, so hat die Behörde diese Urkunden zu entziehen. Unter welchen Voraussetzungen die Behörde vom Fortbestand der Verläßlichkeit ausgehen kann und wann diese zu verneinen ist, ergibt sich aus § 6 des Gesetzes. Eine Person ist danach als verläßlich im Sinne des Waffengesetzes anzusehen, wenn Tatsachen u.a. die Annahme rechtfertigen, daß sie mit Waffen vorsichtig und sachgemäß umgehen und diese sorgfältig verwahren wird (§ 6 Abs. 1 Z. 2 leg. cit.).

Die belangte Behörde hat im vorliegenden Fall den Waffenpaß gemäß § 20 Abs. 1 in Verbindung mit § 6 Abs. 1 Z. 2 WaffG entzogen. Sie war der Auffassung, daß das unversperrte Aufbewahren der Waffe in der gemeinsamen Wohnung eine nicht sorgfältige Verwahrung der Waffe vor seiner Ehefrau darstelle.

Unbestritten ist, daß der Beschwerdeführer die verfahrensgegenständliche Faustfeuerwaffe im unversperrten Nachtkästchen im Schlafzimmer verwahrt hat. Bei der Auslegung des Begriffes der sorgfältigen Verwahrung in § 6 Abs. 1 Z. 2 WaffG ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes angesichts des mit dem Waffenbesitz von Privatpersonen verbundenen Sicherheitsbedürfnisses nach Sinn und Zweck der Regelung des Waffengesetzes ein strenger Maßstab anzulegen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 23. März 1983, Zl. 83/01/0076, 0077, und die dort zit. Jud.). Ob die im Einzelfall gewählte Verwahrungsart als sorgfältig bezeichnet werden kann, hängt von objektiven Momenten ab. Die Verwahrung einer Waffe in einem unversperrten Kasten entspricht deshalb nicht dem von einer zum Besitz und Führen einer Waffe berechtigten Person anzuwendenden Sorgfaltsgrad, weil diese Art der Verwahrung nicht die nötige Sicherheit dafür bietet, daß die in einem unversperrten Kasten befindlichen Waffen nicht in die Hände unberufener Personen gelangen (vgl. in diesem Sinne das zitierte Erkenntnis). Dabei kann es keine Rolle spielen, ob der Beschwerdeführer der Meinung war, daß die Personen, die in der Wohnung, wo die Waffe unversperrt aufbewahrt ist, leben, das unversperrte Behältnis nicht öffnen werden. Auch ohne gegenteilige Erfahrungen durfte nicht angenommen werden, daß sich solche Personen in Kenntnis des Vorhandenseins einer Waffe sich dieser nicht eines Tages bemächtigen würden und andererseits eine solche Aufbewahrungsart abstrakt betrachtet keine Vorkehrung dagegen bietet, daß jeder dritte in der Wohnung Weilende ungehinderten Zugang zu der Waffe habe (vgl. das bereits zitierte hg. Erkenntnis). Es ist daher nicht von Bedeutung, wie der Beschwerdeführer ins Treffen führt, daß er seit 18 Jahren mit seiner Ehefrau verheiratet sei und bislang nicht der geringste Verdacht aufgetaucht sei, daß sich seine Frau unzulässigerweise seiner Waffe genähert hätte.

Der Beschwerdeführer macht auch geltend, seine Frau sei nicht - wie dies in dem dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. Juni 1976, Zl. 1055, 1056/76, zugrunde liegenden Fall gewesen sei - selbstmordgefährdet gewesen. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers ergibt sich aus dem zitierten Erkenntnis nicht, daß von einer nicht sorgfältigen Verwahrung gemäß § 6 WaffG nur dann gesprochen werden könne, wenn die Ehefrau selbstmordgefährdet wäre. Der Verwaltungsgerichtshof hat vielmehr auch in diesem Erkenntnis zum Ausdruck gebracht, daß "ganz allgemein schon darin eine dem Beschwerdeführer anzulastende Nachlässigkeit" liege, "daß er die Waffe an einem ungesicherten Ort schußbereit aufbewahrte, zu dem seine Ehefrau, von der der Beschwerdeführer nicht einmal behauptet, daß auch sie zum Besitz von Waffen berechtigt gewesen wäre, jederzeit und ohne die Notwendigkeit der Überwindung eines Hindernisses Zugang gehabt hat." In diesem Erkenntnis konnte der Verwaltungsgerichtshof letztlich feststellen, daß jedenfalls nach der Drohung der Ehefrau mit Selbstmord der Beschwerdeführer entsprechende Vorkehrungen hätte treffen müssen, um die Waffe sicher vor dem Zugriff seiner Frau zu sichern. Aus dieser Aussage kann aber nicht der Schluß gezogen werden, daß es sonst gegenüber der Ehefrau nicht geboten wäre, die Waffe versperrt zu verwahren, um dem Begriff der sorgfältigen Verwahrung im § 6 Abs. 1 Z. 2 WaffG zu entsprechen.

Wenn der Beschwerdeführer der Auffassung der belangten Behörde entgegenhält, der Gesetzgeber hätte es berücksichtigen müssen, wenn der Ehepartner eines gemäß dem Waffengesetz Berechtigten jedenfalls um eine Berechtigung ansuchen müsse, ist ihm entgegenzuhalten, daß es nur um das Erfordernis geht, die Waffe in der Wohnung sorgfältig aufbewahren zu müssen. Es ergibt sich also keineswegs zwingend aus der Waffenberechtigung eines Ehepartners das Erfordernis, daß auch der andere Ehepartner eine solche erwerben muß.

Zu dem Argument des Beschwerdeführers, seine Ehefrau sei während des Einbruchdiebstahles mit ihm gemeinsam bei Nachbarn zu Besuch gewesen und so hätte das Versperrthalten des Nachtkästchens gegenüber der Ehefrau keinen Sinn gehabt, ist zu betonen - wie dies die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid auch getan hat -, daß die unversperrte Aufbewahrung der Waffe nicht im Hinblick auf den vorgefallenen Einbruchdiebstahl der Grund für den Entzug des Waffenpasses war, sondern das vor seiner im gemeinsamen Haus lebenden Ehefrau unversperrte Verwahren der Faustfeuerwaffe des Beschwerdeführers.

Da die belangte Behörde soweit zutreffend von einer nicht sorgfältigen Verwahrung der Faustfeuerwaffe des Beschwerdeführers gemäß § 6 Abs. 1 Z. 2 WaffG ausgegangen ist, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1993010327.X00

Im RIS seit

25.04.2001

Zuletzt aktualisiert am

07.07.2011
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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