TE OGH 2010/9/30 13Os41/10v

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Veröffentlicht am 30.09.2010
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 30. September 2010 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Ratz als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Kirchbacher, Dr. Lässig, Dr. Nordmeyer und Mag. Hautz in Gegenwart der Rechtspraktikantin Mag. Saadati als Schriftführerin in der Strafsache gegen Joachim K***** wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 3, 148 zweiter Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten und die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Feldkirch als Schöffengericht vom 8. September 2009, GZ 21 Hv 8/08g-130, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Joachim K***** des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 3, 148 zweiter Fall StGB schuldig erkannt.

Danach hat er von Jänner 2002 bis Oktober 2003 in Bregenz mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz gewerbsmäßig Angestellte der W***** AG durch Täuschung über Tatsachen - nämlich darüber, dass die von ihm teils falsch, teils unvollständig informierten Versicherungsnehmer nicht in der Lage und Willens waren, die Prämien zu bezahlen (US 9 ff, 15 f) - zur Auszahlung im Urteil aufgeschlüsselter Provisionen von insgesamt zumindest 218.864,15 Euro (zur Schadensberechnung vgl Kirchbacher in WK² § 146 Rz 81 sowie RIS-Justiz RS0116586) verleitet, die das Unternehmen um mehr als 50.000 Euro am Vermögen schädigte, indem er „Anträge für fondsgebundene Lebensversicherung mit provisionsmaximierender Vertragsgestaltung“ „trotz anders lautenden Vereinbarungen mit den einzelnen Versicherungsnehmern einreichte“, nämlich

1. den Antrag des Günther V***** vom 6. Juni 2003, Polizze Nr *****, mit einer Laufzeit von 30 Jahren und monatlichen Prämien von 8.500 Euro entgegen dessen trister finanzieller Situation unter wahrheitswidriger Anführung von 150.000 Euro an frei zur Verfügung stehendem Veranlagungskapital;

2. den Antrag der Isabella E*****, Polizze Nr *****, mit einer Laufzeit von 30 Jahren und einer monatlichen Prämie von 4.944 Euro;

3. den Antrag des Manfred G***** vom 7. Juli 2002, Polizze Nr *****, mit einer Laufzeit von 30 Jahren und einer vierteljährlichen Prämie von 1.957 Euro;

4. den Antrag des Bernd S***** vom Oktober 2002, Polizze Nr *****, mit einer halbjährlichen Prämie von 4.250 Euro.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen vom Angeklagten aus Z 5, 5a und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde verfehlt ihr Ziel.

Den behaupteten Widerspruch (Z 5 dritter Fall) zwischen der Feststellung, dass die vom Angeklagten bei der W***** AG eingereichten Versicherungsanträge ohne inhaltliche Prüfung der Erstellung von Polizzen zugrunde gelegt wurden (US 17), und der Konstatierung, dass die Angestellten des Unternehmens die Versicherungsanträge nicht „polizziert“ hätten und dem Angeklagten keine Provision ausbezahlt worden wäre, wenn sie gewusst hätten, von welchem Vertragsinhalt die Versicherungsnehmer tatsächlich ausgegangen waren und welche Sondervereinbarungen er mit ihnen getroffen hatte (US 16), legt die Beschwerde nicht dar. Sie bestreitet vielmehr die Richtigkeit der zuletzt genannten Konstatierung und verlässt damit den Anfechtungsrahmen des in Anspruch genommenen Nichtigkeitsgrundes (vgl Ratz, WK-StPO § 281 Rz 393).

Z 5a des § 281 Abs 1 StPO will als Tatsachenrüge nur schlechterdings unerträgliche Feststellungen zu entscheidenden Tatsachen (das sind schuld- oder subsumtionserhebliche Tatumstände, nicht aber im Urteil geschilderte Begleitumstände oder im Rahmen der Beweiswürdigung angestellte Erwägungen) und völlig lebensfremde Ergebnisse der Beweiswürdigung durch konkreten Verweis auf aktenkundige Beweismittel (bei gleichzeitiger Bedachtnahme auf die Gesamtheit der tatrichterlichen Beweiswerterwägungen) verhindern. Tatsachenrügen, die außerhalb solcher Sonderfälle auf eine Überprüfung der Beweiswürdigung abzielen, beantwortet der Oberste Gerichtshof ohne eingehende eigene Erwägungen, um über den Umfang seiner Eingriffsbefugnisse keine Missverständnisse aufkommen zu lassen (RIS-Justiz RS0118780).

Mit den vorgebrachten Hinweisen, insbesondere auf die Angaben der Zeugen Günther V***** (ON 120 S 2 ff; vgl US 21), Isabella R***** (ON 120 S 8 ff), Herbert M***** (ON 129 S 2 ff; vgl US 22), Walter Ko***** (ON 64 S 29 ff, va S 36 f) und Mag. Johann W***** (ON 71 S 2 ff, va S 6), werden keine sich aus den Akten ergebenden erheblichen Bedenken des Obersten Gerichtshofs gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrunde liegenden entscheidenden Tatsachen geweckt.

Die Rechtsrüge verfehlt die Gesamtheit der im Urteil festgestellten Tatsachen und damit den gesetzlichen Bezugspunkt (RIS-Justiz RS0099810), indem sie die zur äußeren wie zur inneren Tatseite getroffenen Konstatierungen bestreitet (vgl insbesondere US 15 f).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Kompetenz des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen folgt (§ 285i StPO).

Die Kostenersatzpflicht des Angeklagten beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Schlagworte

Strafrecht

Textnummer

E95441

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2010:0130OS00041.10V.0930.000

Im RIS seit

19.11.2010

Zuletzt aktualisiert am

19.11.2010
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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