TE OGH 2010/11/11 12Os150/10s

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 11.11.2010
beobachten
merken

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 11. November 2010 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Holzweber als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Schroll, Dr. Schwab, Dr. T. Solé und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Bayer als Schriftführerin in der Strafsache gegen DI Helmut H***** wegen des Verbrechens der betrügerischen Krida nach § 156 Abs 1 und Abs 2 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt als Schöffengericht vom 26. Mai 2010, GZ 39 Hv 153/08h-39, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen - auch einen in Rechtskraft erwachsenen Freispruch enthaltenden - Urteil wurde DI Helmut H***** des Verbrechens der betrügerischen Krida nach § 156 Abs 1 und Abs 2 StGB schuldig erkannt.

Danach hat er ab dem 22. Dezember 2005 in Baden als Schuldner mehrerer Gläubiger sein Vermögen wirklich verringert und dadurch die Befriedigung seiner Gläubiger, insbesonders des Finanzamts Baden und der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft, in einem 50.000 Euro übersteigendem Ausmaß vereitelt und geschmälert, indem er den Verkaufserlös seiner Eigentumswohnung in Höhe von 88.585,94 Euro im Casino verspielte.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus den Gründen der Z 4 und 5a des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten verfehlt ihr Ziel.

Die Verfahrensrüge (Z 4), die sich gegen die Abweisung schriftlich gestellter Beweisanträge auf Vernehmung von Zeugen und Einholung eines Sachverständigengutachtens aus dem Bereich der Psychiatrischen Medizin, Spezialgebiet Spielsucht, wendet, scheitert schon an der erforderlichen Antragstellung in der Hauptverhandlung (einen schriftlichen Antrag bloß aufrecht zu halten [ON 36 S 17], genügt nicht; RIS-Justiz RS0099099, RS0099511, RS0099178).

Soweit darin die Befragung der Zeugen Dr. Martha A*****, „p.A. Beratungsstelle Therapiezentrum für Glücksspielabhängige und Angehörige“ und Dr. Hans-Peter E*****, Hausarzt des Angeklagten, „der die ganze Vorgeschichte mitverfolgt hat“, zum Beweis dafür begehrt wurde, dass der Beschwerdeführer es aufgrund seiner Spielsucht „nicht einmal ernstlich für möglich gehalten“ habe, „das eingesetzte Vermögen zu verlieren“, „vielmehr damit (subjektiv) gerechnet habe“, es zwecks vollständiger Befriedigung der Gläubiger zu vermehren, die Zeugen also der Sache nach zum Nachweis geführt wurden, dass der Angeklagte nicht mit auf Vermögensverringerung und Verletzung der Befriedigungsrechte der Gläubiger gerichtetem Vorsatz handelte, ließ zudem auch der schriftliche Antrag (ON 33) nicht erkennen, aufgrund welcher konkreten Wahrnehmungslage die gewünschte Beweisaufnahme das behauptete Ergebnis erwarten ließ und zielte solcherart auf eine im Erkenntnisverfahren unzulässige Erkundungsbeweisführung ab (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 330). Die Frage, ob dem Angeklagten im Tatzeitraum aufgrund seiner Spielsucht „die Erkenntnis“ fehlte, dass er „auch Geld im Casino verspielen könnte“, ist hinwieder einem Sachverständigenbeweis nicht zugänglich. Fehlende Diskretions- oder Dispositionsfähigkeit aufgrund einer - von den Tatrichtern ohnehin bejahten (US 4 und 7 f) - Spielsucht aber wurde nicht behauptet. Eines solchen Vorbringens hätte es unter Anführung dafür sprechender tatsächlicher Umstände umso mehr bedurft, als pathologische Spielsucht nur in besonderen Fällen zur Beseitigung des biologischen Schuldelements tauglich ist (RIS-Justiz RS0097641).

Indem die Tatsachenrüge (Z 5a) - unter Berufung auf die nach Ansicht des Beschwerdeführers „unvollständige“ Beweisaufnahme und die eine Herabsetzung seiner Zurechnungsfähigkeit bejahenden Urteilsannahmen (US 9) - erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der Feststellungen zur subjektiven Tatseite einwendet, ohne solche aus den Verfahrensergebnissen herzuleiten, stellt sie den in Anspruch genommenen Nichtigkeitsgrund nicht prozessordnungskonform dar (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 481).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).

Die Kostenersatzpflicht beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Schlagworte

Strafrecht

Textnummer

E95680

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2010:0120OS00150.10S.1111.000

Im RIS seit

25.12.2010

Zuletzt aktualisiert am

25.12.2010
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten