TE OGH 2010/11/17 6Ob216/10y

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Veröffentlicht am 17.11.2010
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Pimmer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ.-Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei DI H***** R*****, vertreten durch Pallauf Meißnitzer Staindl & Partner Rechtsanwälte in Salzburg, gegen die beklagte Partei W***** J*****, vertreten durch Dr. Otmar Wacek, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen 18.000 EUR sA, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 27. April 2010, GZ 3 R 40/10p-18, womit das Urteil des Landesgerichts Salzburg vom 12. November 2009, GZ 14 Cg 158/08k-14 bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben. Die Urteile der Vorinstanzen werden dahingehend abgeändert, dass sie zu lauten haben wie folgt:

„Das Klagebegehren, die beklagte Partei sei schuldig, der klagenden Partei 18.000 EUR samt 9,5 % Zinsen seit 25. 9. 2006 zu bezahlen, wird abgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen die mit 3.499,93 EUR bestimmten Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens sowie die mit 2.540,60 EUR (darin 986 EUR Barauslagen und 259,01 EUR USt) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens zu ersetzen.“

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen die mit 2.353,24 EUR (darin 186,54 EUR USt und 1.234 EUR Pauschalgebühr) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger veräußerte seine Privatliegenschaft, auf der der Beklagte ein Mehrfamilienhaus errichten wollte. Der Beklagte beauftragte den Kläger mit dem Abbruch des auf der Liegenschaft befindlichen Bestandobjekts samt Entsorgung des Baumasserests sowie mit der Verfassung und Ausfertigung bewilligungsfähiger Einreichpläne für ein Wohnhaus mit Garagenplätzen und der Teilnahme an der Bauverhandlung. Hiefür wurde ein Honorar von 30.000 EUR vereinbart, wobei dieses mit einem Teilbetrag von 22.000 EUR nach der Bauverhandlung und mit dem Restbetrag von 8.000 EUR nach Abbruch des Bestandobjekts fällig sein sollte.

Der Kläger begehrt die Zahlung von 18.000 EUR und brachte vor, er sei leistungsbereit gewesen. Der Beklagte habe ihm jedoch den Auftrag mit der unrichtigen Begründung entzogen, er bzw DI S***** seien nicht auf seine Planungsvorstellungen eingegangen. Dem Kläger stünde gemäß § 1168 Abs 1 ABGB nach Abzug für ersparten Planungsaufwand von 4.000 EUR und Abzug von 8.000 EUR für den unterbliebenen Abbruch ein Anspruch auf 18.000 EUR zu.

Der Beklagte bestritt und wendete ein, der Kläger habe ihm zu verstehen gegeben, er würde nicht als Planverfasser des Bauvorhabens zur Verfügung stehen.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Dabei ging es im Wesentlichen von folgendem Sachverhalt aus:

22.000 EUR stellen ein großzügiges Honorar für die Einreichplanung und Teilnahme an der Bauverhandlung dar. Das nur durchschnittliche Honorar für diese Leistung liegt bei 8.000 EUR.

Der Kläger teilte dem Beklagten mit, dass das Projekt von seinem Partner DI S***** bearbeitet wird, womit der Beklagte einverstanden war. DI S***** fertigte in der Folge Fassadenskizzen an. Bei einer Besprechung am 25. 8. 2006 kündigte DI S***** an, die Pläne zwar nach den Wünschen des Beklagten zu zeichnen, aber nicht als Planverfasser aufzutreten und den Behördenverkehr zu übernehmen. Dafür müsse sich der Beklagte jemanden anderen suchen. DI S***** regte an, die behördliche Planeinreichung durch den Baumeister vornehmen zu lassen.

Mit Schreiben vom 28. 8. 2006 ersuchte der Beklagte daraufhin den Kläger, ab sofort nicht mehr tätig zu werden. Er werde jemand anderen mit der Planverfassung beauftragen.

Rechtlich würdigte das Erstgericht diesen Sachverhalt dahingehend, dass Vertragspartner des Beklagten der Kläger und nicht die Architekten R***** & S*****-GmbH gewesen sei. Die Äußerung von DI S*****, nicht als Planverfasser aufzutreten und den Behördenverkehr zu übernehmen, könne kein Vertragsrücktritt sein, weil DI S***** als Erfüllungsgehilfe des Klägers nicht befugt gewesen sei, wirksame Vertragsauflösungen auszusprechen bzw herbeizuführen. Daher stünde dem Kläger gemäß § 1168 Abs 1 ABGB der begehrte Betrag von 18.000 EUR zu.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung. Nach Verwerfung einer Beweisrüge erwog es in rechtlicher Sicht, DI S***** sei als Erfüllungsgehilfe des Klägers iSd § 1313a ABGB zu betrachten. Die Befugnis des Gehilfen richte sich nach dessen konkreten Aufgabenbereich. Im vorliegenden Fall sei DI S***** mit der Bearbeitung des Projekts, aber nicht mit dem Abschluss des Vertrags bzw dessen Beendigung oder Rücktritt beauftragt gewesen. Die von DI S***** getätigte Äußerung „dafür müssen sie sich jemand anderen suchen“ müsse sich daher der Kläger nicht als Rücktrittserklärung zurechnen lassen. Der Beklagte wäre daher angehalten gewesen, vor weiteren Handlungen Rücksprache mit dem Kläger zu halten und mit ihm abzuklären, ob dieser die Meinung des DI S***** hinsichtlich der Nichtunterzeichnung der Pläne teile.

Nachträglich ließ das Berufungsgericht die Revision mit der Begründung zu, dem Berufungsgericht sei möglicherweise eine korrekturbedürftige Fehlbeurteilung insofern unterlaufen, als es die Äußerung des Erfüllungsgehilfen DI S***** nicht dem Kläger zur Beurteilung seiner Leistungsbereitschaft zurechnete.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist aus dem vom Berufungsgericht angeführten Grund zulässig; sie ist auch berechtigt.

Der übliche Architektenvertrag ist - zumindest in der Regel - als Werkvertrag zu qualifizieren (RIS-Justiz RS0021309). Nach § 1168 ABGB besteht auch bei Unterbleiben der Werkausführung der Entgeltanspruch des Unternehmers zu Recht, wenn die Umstände, welche die Werkausführung unmöglich machen, der Sphäre des Bestellers zuzuordnen sind (RIS-Justiz RS0021888). Wird hingegen das Werk durch Umstände vereitelt, die im Bereich des Unternehmers liegen, insbesondere mangels eigener Leistungsbereitschaft, hat der Unternehmer keinen Entgeltanspruch (RIS-Justiz RS0021888 [T3]). Daher muss bei Unterbleiben der Werkausführung der klagende Werkunternehmer seine Leistungsbereitschaft und die Höhe des Anspruchs behaupten und beweisen (RIS-Justiz RS0021904, RS0021841).

Die Vorinstanzen gingen zutreffend davon aus, dass es sich bei DI S***** um einen Erfüllungsgehilfen iSd § 1313a ABGB handelte. Nach den Feststellungen hat DI S***** dem Beklagten gegenüber deutlich zu erkennen gegeben, dass er zwar die Pläne wunschgemäß anfertigen werde, jedoch als Planverfasser nicht zur Verfügung stehe. Damit hat DI S*****, dem im Einvernehmen mit dem Beklagten die „Bearbeitung“ des gegenständlichen Auftrags oblag, aber gerade die Erfüllung der vom Kläger übernommenen vertraglichen Pflichten verweigert. Diese Leistungsverweigerung ist dem Kläger zuzurechnen. Somit ist die Werkausführung aber gerade nicht durch Umstände vereitelt worden, die im Bereich des Beklagten liegen oder auf dessen Verschulden zurückzuführen sind (vgl Krejci in Rummel, ABGB³ § 1168 Rz 7).

Das Schreiben vom 28. 8. 2006, mit dem der Beklagte die weitere Werkausführung ablehnte, stellt lediglich eine Reaktion auf das Verhalten von DI S***** dar. Die vom Kläger nachträglich erklärte Leistungsbereitschaft vermochte daran nichts zu ändern, befand sich doch der Kläger infolge Ablehnung der Werkausführung durch seinen Gehilfen in Verzug. Angesichts der ausdrücklichen Ablehnung der Vollendung des Werks durch DI S***** bedurfte es seitens des Beklagten auch keiner Nachfristsetzung. Damit unterblieb die Werkausführung aber ausschließlich aus in der Sphäre des Klägers gelegenen Umständen, sodass dieser nach § 1168 ABGB keinen Entgeltanspruch hat.

Die Urteile der Vorinstanzen waren daher im klagsabweisenden Sinn abzuändern. Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO. Dabei war zu berücksichtigen, dass der Beklagte im erstinstanzlichen Verfahren auch Kosten für einen - in Wahrheit nicht erstatteten - vorbereitenden Schriftsatz verzeichnete. Auch der ausschließlich auf in der Sphäre des Beklagtenvertreters gestützte Fristerstreckungsantrag war nicht zu honorieren. Der zuerkannte Kostenbetrag berücksichtigt die Kosten des Klägers für die Erhebung von Einwänden gegen die Kostennote der Beklagten (7 Ob 34/10s; 4 Ob 66/10z).

Textnummer

E95686

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2010:0060OB00216.10Y.1117.000

Im RIS seit

14.12.2010

Zuletzt aktualisiert am

01.09.2011
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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