TE OGH 2010/12/15 15Os149/10s

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Veröffentlicht am 15.12.2010
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 15. Dezember 2010 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schmucker als Vorsitzende sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Danek, Dr. T. Solé und Mag. Lendl sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner-Foregger als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Fries als Schriftführer in der Strafsache gegen Robert L***** wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall SMG und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Linz als Schöffengericht vom 2. August 2010, GZ 22 Hv 59/10g-50, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen, auch einen prozessual unbeachtlichen Qualifikationsfreispruch (vgl Lendl, WK-StPO § 259 Rz 1) „vom Verbrechen nach § 28a Abs 1 fünfter Fall und Abs 2 Z 3 SMG“ (US 4, vgl auch US 22) enthaltenden Urteil wurde Robert L***** (zu A) der Verbrechen des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall SMG, (zu B) der Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 erster, zweiter und achter Fall SMG, (zu C) der Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 erster und zweiter Fall, Abs 2 SMG sowie (zu D) der Vergehen der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB schuldig erkannt.

Danach hat er, soweit für das Nichtigkeitsverfahren von Relevanz,

A) „vorschriftswidrig Suchtgift in einer die Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge einem anderen großteils durch gewinnbringenden Weiterverkauf überlassen, nämlich:

I.) im Zeitraum Mitte April 2000/Mitte April 2002 bis Mitte Oktober 2008 in L***** über einen Zeitraum von 6 ½ bis 8 ½ Jahren an Franz Le***** monatlich zwischen drei bis zehn Gramm, dies zehn mal pro Jahr, Cannabiskraut, sohin insgesamt eine Menge von zumindest 1.300 Gramm Cannabiskraut, teils zum Sonderpreis von 5 Euro pro Gramm verkauft, teils unentgeltlich überlassen;

II.) im Zeitraum Anfang September 2008 bis Anfang/Mitte Jänner 2010 in L***** und im Raum F***** von der abgesondert verfolgten Gerlinde H***** und vom mittlerweile verstorbenen Josef H***** monatlich jeweils ca 300 Gramm Cannabiskraut, sohin insgesamt ca 4.400 Gramm Cannabiskraut (enthaltend zumindest 3 % Delta-9-THC) zum Grammpreis von 3,50 Euro angekauft und davon im Zeitraum Anfang September 2008 bis Anfang Februar 2010 in L***** insgesamt 3.700 Gramm Cannabiskraut an teils nachgenannte, teils unbekannte Personen großteils zum Grammpreis von 6 Euro verkauft bzw teilweise unentgeltlich weitergegeben, und zwar:

1.) seiner damaligen Freundin Andrea S***** monatlich jeweils ca 20 Gramm Cannabiskraut, sohin insgesamt ca 340 Gramm Cannabiskraut teilweise entgeltlich zu einem Grammpreis zwischen 4 bis 6 Euro verkauft, teilweise unentgeltlich zur Verfügung gestellt

2.) an Sabine R***** teils mehrfach pro Woche Mengen von ein bis fünfzehn Gramm Cannabiskraut zum Grammpreis von 6 Euro verkauft sowie ihr teilweise auch unentgeltlich weitergegeben

3.) an Beatrix K***** alle zwei bis drei Wochen jeweils zehn Gramm Cannabiskraut zum Grammpreis von 6 Euro verkauft;

III.) Ende Dezember 2009 in P***** an Josef Hü***** drei Gramm Kokain zum Grammpreis von 100 Euro verkauft.“

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 10 und 11 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten; sie verfehlt ihr Ziel.

Dass es zwecks Beurteilung der „Voraussetzungen für eine Bestrafung nach der Bestimmung gemäß § 28a Abs 1 SMG“ angesichts der Einführung des Suchtmittelgesetzes, insbesondere der Grenzmenge des § 28b SMG in der geltenden, vom Erstgericht angewendeten Fassung am 1. Jänner 2008 weiterer Tatsachenfeststellungen zu den an Franz Le***** bis 31. Dezember 2007 und ab 1. Jänner 2008 weitergegebenen Suchtgiftquanten bedurft hätte, sodass die Verurteilung gemäß § 28a Abs 1 SMG einen Verstoß gegen das verfassungsgesetzlich vorgegebene (Art 7 Abs 1 MRK) Rückwirkungsverbot des § 1 Abs 1 StGB begründe, wird von der Subsumtionsrüge (Z 10) lediglich begründungslos behauptet, nicht jedoch methodisch vertretbar aus dem Gesetz abgeleitet. Sie bringt den materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrund daher nicht gesetzeskonform zur Darstellung.

Überdies liegt - bei gleich gebliebener Strafdrohung - der Unterschied zwischen § 28a Abs 1 SMG und der - vom Nichtigkeitswerber offensichtlich vernachlässigten - Vorgängerbestimmung des § 28 Abs 2 SMG aF - abgesehen von der hier nicht relevanten Ergänzung um die Tathandlung des Anbietens - bloß darin begründet, dass früher tatbildlich handelte, wer „ein Suchtgift in einer großen Menge (= § 28 Abs 6 SMG aF, der im Übrigen der nunmehr in Geltung stehenden Norm des § 28b SMG entspricht)“ erzeugte, einführte, ausführte oder in Verkehr setzte, während nunmehr das Tatbild erfüllt, wer die Tat in Bezug auf „Suchtgift in einer die Grenzmenge übersteigenden Menge“ begeht. Im Falle einer diesen Tatbeständen zu subsumierenden Handlung ist die alte Rechtslage daher nicht günstiger (RIS-Justiz RS0124027), sodass auch im vorliegenden Fall gemäß § 61 StGB die geltende Strafbestimmung des § 28a Abs 1 SMG zu Recht auf den gesamten Tatzeitraum zur Anwendung gelangte.

Die Sanktionsrüge (Z 11, inhaltlich Z 10) vermisst ausreichende Tatsachenfeststellungen zu den Voraussetzungen des Gewöhnungsprivilegs nach § 28a Abs 3 iVm § 27 Abs 5 SMG, insbesondere zur Beurteilung, ob der Vorsatz des Angeklagten im Hinblick auf die Weitergabe vorwiegend darauf gerichtet war, sich für seinen persönlichen Gebrauch Suchtmittel oder Mittel zu deren Erwerb zu verschaffen. Sie übergeht jedoch die Urteilsfeststellungen in ihrer Gesamtheit, wonach er das Suchtgift überwiegend deshalb weiterveräußerte, um dadurch sein eigenes Einkommen aufzubessern (US 9), seinen Lebensunterhalt zu finanzieren und - schon angesichts des die Kosten des Eigenkonsums bei weitem übersteigenden Veräußerungsgewinns - nicht lediglich seinen persönlichen Bedarf an Suchtgift abzudecken (US 23). Damit verfehlt sie den vom Gesetz geforderten Bezugspunkt (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 584).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits in nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 390a Abs 1 StPO.

Schlagworte

Strafrecht

Textnummer

E96052

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2010:0150OS00149.10S.1215.000

Im RIS seit

04.02.2011

Zuletzt aktualisiert am

04.02.2011
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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