TE OGH 2010/12/22 9ObA22/10s

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Veröffentlicht am 22.12.2010
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Rohrer als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hradil und Dr. Hopf sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Manfred Engelmann und Mag. Michael Zawodsky als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei A***** H*****, Arbeiterin, *****, vertreten durch Dr. Georg Maxwald und Dr. Georg Bauer, Rechtsanwälte in Linz, gegen die beklagte Partei R***** S*****, Staplerfahrer, *****, vertreten durch Mag. Benno Grill, Rechtsanwalt in Lambach, wegen Feststellung einer unbedingten Konkursforderung von 23.658,92 EUR sA und einer bedingten Konkursforderung von 5.000 EUR (Revisionsinteresse 5.000 EUR), über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 22. Dezember 2009, GZ 11 Ra 64/09z-44, womit das Urteil des Landesgerichts Linz als Arbeits- und Sozialgericht vom 29. Jänner 2009, GZ 9 Cga 114/07w-29, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Berufungsentscheidung, die hinsichtlich der Feststellung einer Konkursforderung, bestehend aus Kapital im Betrag von 13.766,80 EUR und Zinsen im Betrag von 978,12 EUR unberührt bleibt, wird im Übrigen dahin abgeändert, dass das Urteil des Erstgerichts in Punkt 2. zur Gänze und hinsichtlich der in Punkt 1. enthaltenen Kostenentscheidung teilweise mit der Maßgabe wiederhergestellt wird, dass es wie folgt zu lauten hat:

„Es wird gegenüber der beklagten Partei festgestellt, dass der klagenden Partei im Schuldenregulierungsverfahren über das Vermögen der beklagten Partei (*****, BG Linz)

a. für sämtliche künftige Schäden, die die klagende Partei aufgrund des Unfalls vom 11. 9. 2006 in der Produktionshalle der H***** GmbH & Co in H***** erleidet, eine bedingte Forderung von 5.000 EUR zusteht;

b. für die erstinstanzlichen Kosten eine Forderung von 7.195,13 EUR zusteht und

c. für die Kosten der Berufungsbeantwortung eine Forderung von 814,14 EUR zusteht.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 1.790,82 EUR (darin enthalten 298,47 EUR USt) bestimmten, nach Eröffnung des Schuldenregulierungsverfahrens aufgelaufenen Kosten des Berufungsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.“

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 1.064,98 EUR (darin enthalten 74,66 EUR USt und 617 EUR Barauslagen) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Oberste Gerichtshof kann sich bei der Wiedergabe des Parteivorbringens und der tatsächlichen Entscheidungsgrundlagen auf das beschränken, was zum Verständnis seiner Rechtsausführungen erforderlich ist (§ 510 Abs 3 Satz 1 ZPO).

Die Klägerin und der Beklagte waren bei der H***** GmbH & Co beschäftigt, die Klägerin als Hilfsarbeiterin in der Produktion, der Beklagte als Lagerarbeiter und Staplerfahrer. Am 11. 9. 2006 war die Klägerin in der Produktionshalle mit dem Beladen und Einfolieren einer Palette befasst, die etwa 30 cm in den durch weiße Bodenmarkierungen gekennzeichneten Staplerweg hineinragte. Der Beklagte näherte sich dieser Palette mit einem Staplerwagen, blieb zunächst stehen und rief der mit dem Rücken zu ihm stehenden Klägerin zu, sie solle aufpassen und auf die Seite gehen. Die Klägerin, die bei den Arbeiten einen Gehörschutz trug, hörte die Zurufe des Beklagten nicht und reagierte demzufolge auch nicht. Von der Möglichkeit, seine auch beim Tragen eines Gehörschutzes hörbare Hupe zu betätigen, machte der Beklagte keinen Gebrauch. Er fuhr vielmehr weiter, obwohl er wusste, dass ihn die Klägerin nicht bemerkt hatte und der Platz zu knapp war, um sie gefahrlos passieren zu können. Dabei fuhr er der Klägerin mit dem Vorderrad des Staplerwagens auf den linken Fuß. Als der Beklagte den Unfall bemerkte, schob er den Staplerwagen zurück und beschimpfte die Klägerin, sie solle doch aufpassen. Anschließend fuhr er weiter, obwohl er sah, dass die Klägerin verletzt war. Die Klägerin erlitt bei diesem Unfall Quetschungen und eine offene Wunde am Rist des linken Fußes und die im Ersturteil hinsichtlich Zeit und Intensität näher festgestellten Schmerzen, benötigte in der Folge Stützkrücken, war monatelang im Krankenstand und musste eine Haushaltshilfe in Anspruch nehmen.

Die Klägerin begehrte vom Beklagten nach Ausdehnung des Klagebegehrens den Betrag von 13.766,80 EUR sA als Ersatz für die erlittenen Schmerzen und sonstigen Schäden sowie die Feststellung, dass ihr der Beklagte für sämtliche künftige Schäden, die sie aufgrund des Unfalls vom 11. 9. 2006 in der Produktionshalle der H***** GmbH & Co in H***** erleide, hafte und ersatzpflichtig sei. Das Feststellungsbegehren begründete die Klägerin damit, dass der vom Erstgericht bestellte medizinische Sachverständige ausgeführt habe, dass bei ihr Unfallfolgen verblieben seien, die zu einer bleibenden körperlichen Behinderung führen. Künftige Schäden seien daher möglich. Bei einer bleibenden körperlichen Behinderung könne es einerseits später zum Verlust oder zu einer Einschränkung der Arbeitsfähigkeit kommen, andererseits können auch Behandlungen oder Heilbehelfe notwendig werden. Die Klägerin habe daher ein rechtliches Interesse an der Feststellung der Haftung des Beklagten für künftige Schäden.

Der Beklagte bestritt das Klagebegehren und beantragte dessen Abweisung. Zum Feststellungsbegehren der Klägerin erhob er keine konkreten Einwendungen.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren zur Gänze statt. Es sprach der Klägerin den Betrag von 13.766,80 EUR sA sowie die Kosten von 7.554,94 EUR zu (Punkt 1.) und traf die begehrte Feststellung bezüglich der Haftung und Ersatzpflicht des Beklagten für künftige Schäden der Klägerin aufgrund des gegenständlichen Unfalls (Punkt 2.). Dagegen erhob der Beklagte Berufung mit dem Abänderungsantrag, das Klagebegehren abzuweisen.

Mit Beschluss des Bezirksgerichts Linz vom 29. 6. 2009, *****, wurde über das Vermögen des Beklagten das Schuldenregulierungsverfahren eröffnet. Die Klägerin meldete ihre Forderungen aus dem gegenständlichen Unfall im Schuldenregulierungsverfahren an. Aufgrund der Bestreitung der Forderungen der Klägerin wurde über ihren Antrag das unterbrochene Berufungsverfahren fortgesetzt. Das Klagebegehren wurde von der Klägerin umgestellt, und zwar 1. auf Feststellung einer Konkursforderung im Betrag von 13.766,80 EUR samt 4 % Zinsen vom 27. 3. 2007 bis 24. 7. 2008, das sind 473,34 EUR, und 4 % Zinsen vom 25. 7. 2008 bis 29. 6. 2009, das sind 504,78 EUR, Kosten erster Instanz von 7.554,94 EUR sowie Kosten der Berufungsbeantwortung von 1.359,06 EUR, insgesamt daher 23.658,92 EUR, und 2. auf Feststellung, dass der Klägerin im Schuldenregulierungsverfahren über das Vermögen des Beklagten (*****, BG Linz) für sämtliche künftige Schäden, die sie aufgrund des Unfalls vom 11. 9. 2006 in der Produktionshalle der H***** GmbH & Co in H***** erleide, eine bedingte Forderung von 5.000 EUR zustehe.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Beklagten teilweise Folge und änderte das Ersturteil dahin ab, dass es feststellte, dass der Klägerin im Konkurs des Beklagten ***** des Bezirksgerichts Linz eine Konkursforderung von insgesamt 21.547,37 EUR, bestehend aus Kapital im Betrag von 13.766,80 EUR, Zinsen im Betrag von 978,12 EUR, Kosten erster Instanz von 6.190,22 EUR sowie Kosten der Berufungsbeantwortung von 612,23 EUR, zustehe. Das Mehrbegehren der Klägerin auf Feststellung einer weiteren Konkursforderung von 2.111,55 EUR sowie einer bedingten Konkursforderung von 5.000 EUR aus einer Haftung des Beklagten für sämtliche künftige Schäden der Klägerin aus dem gegenständlichen Unfall wies es hingegen ab.

Das Berufungsgericht sah sich aufgrund der Berufung des Beklagten zu einer teilweisen Beweiswiederholung veranlasst. Die vom Beklagten bekämpften Feststellungen des Erstgerichts zu Leber- und Nierenschäden der Klägerin infolge der Medikamenteneinnahme beträfen ausschließlich das begehrte Schmerzengeld, hätten jedoch nichts mit der begehrten Feststellung der Haftung des Beklagten für künftige Schäden der Klägerin aus dem Unfall zu tun. Es bedürfe deshalb weiterer Feststellungen zur Frage, inwieweit künftige Schäden der Klägerin zu befürchten seien. Aufgrund der in der Berufungsverhandlung erfolgten Verlesung des vom Erstgericht eingeholten medizinischen Sachverständigengutachtens traf das Berufungsgericht die ergänzenden Feststellungen, dass die Unfallfolgen zu einer bleibenden körperlichen Behinderung führen und dass Spätfolgen „mit größter Wahrscheinlichkeit“ ausgeschlossen werden können.

In rechtlicher Hinsicht führte das Berufungsgericht - soweit im Revisionsverfahren relevant - aus, dass ein Feststellungsbegehren immer dann zulässig sei, wenn unfallbedingte, jedoch erst künftig entstehende Ersatzansprüche nicht auszuschließen seien, also die Möglichkeit künftiger Unfallschäden bestehe, insbesondere weil die Unfallfolgen noch nicht abgeklungen seien und eine weitere Behandlung notwendig sei (2 Ob 29/05m). Bei der Feststellung, dass zwar bestimmte Dauerschäden vorhanden, Spätfolgen derartiger Verletzungen aber mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auszuschließen seien, sei das Feststellungsbegehren zu verneinen (2 Ob 162/05w). Aufgrund der teilweisen Beweiswiederholung im Berufungsverfahren stehe fest, dass das für das ursprüngliche Feststellungsbegehren notwendige Feststellungsinteresse im Sinne der Rechtsprechung nicht mehr vorliege, weil Spätfolgen „mit größter Wahrscheinlichkeit“ ausgeschlossen werden können. Das auf Feststellung einer bedingten Haftung über 5.000 EUR umgewandelte Feststellungsbegehren der Klägerin sei daher abzuweisen.

Im Übrigen trat das Berufungsgericht der Argumentation des Beklagten in der Berufung nicht bei. Dies betraf einerseits die Verneinung der behaupteten Stellung des Beklagten als Aufseher im Betrieb, andererseits die Bejahung des Alleinverschuldens des Beklagten am Unfall und die Bemessung des Schmerzengelds durch das Erstgericht. Die Abweisung der Feststellung einer weiteren Konkursforderung von 2.111,55 EUR durch das Berufungsgericht resultierte aus einer geringeren Bemessung der Kosten der Klägerin in erster und zweiter Instanz.

Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision gemäß § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig sei, weil die Umstände des Einzelfalls ausschlaggebend gewesen seien.

Nur gegen die Abweisung der Feststellung einer bedingten Forderung von 5.000 EUR aus einer Haftung des Beklagten für künftige Schäden der Klägerin richtet sich der gemäß § 505 Abs 4 iVm § 502 Abs 5 Z 4 ZPO in eine außerordentliche Revision umzudeutende Abänderungsantrag der Klägerin gemäß § 508 Abs 1 ZPO samt ordentlicher Revision (RIS-Justiz RS0110049 ua). Gestützt auf den Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung beantragt die Klägerin, die Berufungsentscheidung dahin abzuändern, dass gegenüber dem Beklagten festgestellt werde, dass ihr für sämtliche künftigen Schäden, die sie aufgrund des Unfalls vom 11. 9. 2006 erleide, eine bedingte Konkursforderung von 5.000 EUR zustehe.

Der Beklagte beantragt in der ihm freigestellten Revisionsbeantwortung, die Revision der Klägerin als unzulässig zurückzuweisen, hilfsweise ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der Klägerin ist zulässig; sie ist auch berechtigt.

Im Revisionsverfahren geht es um die von der Klägerin begehrte Feststellung der Haftung des Beklagten für sämtliche künftige Schäden, die sie aufgrund des Unfalls vom 11. 9. 2006 erleide. Nach den Ergebnissen des Berufungsverfahrens und der bloß teilweisen Anfechtung der Berufungsentscheidung durch die Klägerin ist vom Alleinverschulden des Beklagten am gegenständlichen Unfall auszugehen, bei dem die Klägerin eine schwere Fußverletzung und die im Ersturteil näher festgestellten Schmerzen erlitten hat. Der Unfall führte zu einer bleibenden körperlichen Behinderung der Klägerin. Spätfolgen können bloß „mit größter Wahrscheinlichkeit“ ausgeschlossen werden.

Nach jüngerer Rechtsprechung sind die von einem schadenersatzrechtlichen Feststellungsbegehren umfassten künftigen Schadenersatzansprüche im Konkurs als bedingte Konkursforderung (§ 16 KO) mit dem Schätzwert zur Zeit der Konkurseröffnung (§ 14 Abs 1 KO) anzumelden (2 Ob 287/08g; Konecny, Feststellungsprozess über die Haftung für künftige Schäden und Beklagtenkonkurs, ZIK 2009, 110; Nunner-Krautgasser, „Feststellungsansprüche“, zukünftige Leistungsansprüche und Insolvenzverfahren, Zak 2009, 387; EvBl 2009/119 [Fellerer] ua). Dem trug die Klägerin Rechnung, als während des Berufungsverfahrens am 29. 6. 2009 das Schuldenregulierungsverfahren über das Vermögen des Beklagten eröffnet wurde. Die Klägerin bezifferte den Schätzwert der festzustellenden Haftung des Beklagten für künftige Schäden mit 5.000 EUR und meldete ihre bedingte Forderung im Schuldenregulierungsverfahren an. Dem Schätzwert gemäß § 14 Abs 1 KO kommt nur beschränkte Bedeutung zu (vgl Konecny, ZIK 2009, 110 [111] ua). So ermöglicht § 16 KO bei aufschiebend bedingten Forderungen, dass das Begehren auf Sicherstellung der Zahlung gestellt werden kann (2 Ob 287/08g ua).

Nach ständiger Rechtsprechung rechtfertigt schon die bloße Möglichkeit künftiger Unfallschäden die Erhebung der Feststellungsklage, die nicht nur dem Ausschluss der Gefahr der Verjährung, sondern auch der Vermeidung späterer Beweisschwierigkeiten und der Klarstellung der Haftungsfrage dem Grund und dem Umfang nach dient (RIS-Justiz RS0038976 ua). Davon ausgehend erweiterte die Klägerin nach Vorliegen des medizinischen Sachverständigengutachtens ihr erstinstanzliches Leistungsbegehren um ein Feststellungsbegehren des Inhalts, dass ihr der Beklagte für sämtliche künftige Schäden, die sie aufgrund des gegenständlichen Unfalls vom 11. 9. 2006 erleide, hafte und ersatzpflichtig sei. Die Klägerin begründete das Feststellungsbegehren damit, dass laut medizinischem Sachverständigen bei ihr Unfallfolgen verblieben seien, die zu einer bleibenden körperlichen Behinderung führen; künftige Schäden seien daher möglich. So könne es bei einer bleibenden körperlichen Behinderung später zum Verlust oder zu einer Einschränkung der Arbeitsfähigkeit kommen, es könnten auch Behandlungen oder Heilbehelfe notwendig werden. Es bestehe daher ein rechtliches Interesse an der begehrten Feststellung.

Da der vom Erstgericht bestellte medizinische Sachverständige Spätfolgen zwar für unwahrscheinlich hielt, aber nicht schlechthin und absolut ausgeschlossen hat, wäre mit einer substantiierten Bestreitung des Beklagten zu rechnen gewesen, wenn er dem Feststellungsbegehren der Klägerin hätte ernsthaft entgegentreten wollen. Der Beklagte beschränkte sich jedoch auf eine schlichte Bestreitung des Feststellungsbegehrens und erhob keine substantiierten Einwände gegen das Feststellungsbegehren. Nach Lage des Falls ging daher das Erstgericht offenbar vom Vorliegen eines schlüssigen Geständnisses des Beklagten bezüglich der tatsächlichen Grundlagen des Feststellungsbegehrens aus (§ 267 ZPO; RIS-Justiz RS0039927 ua), als es ohne besondere Erörterungen im Sinn der von der Klägerin begehrten Feststellung erkannte. Demgegenüber hielt das Berufungsgericht eine Verbreiterung der Tatsachengrundlage für geboten und traf ergänzende Feststellungen aus dem medizinischen Sachverständigengutachten. Da das Berufungsgericht vom selben als unbedenklich qualifizierten Gutachten wie die Klägerin ausging, ergaben sich naturgemäß dieselben tatsächlichen Schlussfolgerungen, die vom Beklagten nicht weiter bestritten wurden.

Nicht gefolgt werden kann jedoch den rechtlichen Schlussfolgerungen des Berufungsgerichts aus den ergänzenden Feststellungen. Wie der Oberste Gerichtshof bereits in zahlreichen Entscheidungen ausgesprochen hat, genügt zur Bejahung des Feststellungsinteresses iSd § 228 ZPO bereits der allgemeine Hinweis, dass weitere Schäden aus dem Schadensereignis nicht mit Sicherheit (oder mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit; vgl 2 Ob 162/05w) auszuschließen sind. Das Feststellungsinteresse ist daher schon dann zu bejahen, wenn nur die Möglichkeit offen bleibt, dass das schädigende Ereignis den Eintritt eines künftigen Schadens verursachen könnte (2 Ob 29/05m; 2 Ob 30/05h; 2 Ob 83/09h; RIS-Justiz RS0038976 ua). Dass künftige Schäden „nicht zu erwarten“ sind, reicht nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs nicht aus, um ein Feststellungsbegehren zu entkräften, solange künftige Schäden nicht mit Sicherheit (oder mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit) ausgeschlossen werden können (2 Ob 29/05m; 7 Ob 87/07f ua). Wenn hier nun - dem Sachverständigen folgend - feststeht, dass der Unfall zu einer bleibenden körperlichen Behinderung der Klägerin führte und Spätfolgen (bloß) „mit größter Wahrscheinlichkeit“ ausgeschlossen werden können, dann bedeutet dies vom Sinngehalt der Feststellung nichts anderes, als dass der Eintritt von Spätfolgen „nicht zu erwarten“ ist, aber nicht schlechthin und absolut ausgeschlossen werden kann. Bei einer solchen oder ähnlichen Prognose hat der Oberste Gerichtshof das Feststellungsinteresse bisher aber stets bejaht (vgl 2 Ob 29/05m; 2 Ob 30/05h; 7 Ob 149/06x; 7 Ob 87/07f; 2 Ob 83/09h ua). Daran hält der Senat fest. Dies führt daher auch im vorliegenden Fall zur Stattgebung des Feststellungsbegehrens wie aus dem Spruch ersichtlich.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 Abs 1 ZPO. Dabei war zu berücksichtigen, dass die bis zur Eröffnung des Schuldenregulierungsverfahrens aufgelaufenen Kosten erster Instanz und der Berufungsbeantwortung des Klägers Konkursforderungen sind (Obermeier, Kostenhandbuch² Rz 183 mwN ua). Zufolge Wiederherstellung des Ersturteils in Abänderung der Berufungsentscheidung ist auch auf die in der Berufung des Beklagten enthaltene Rüge des Ersturteils im Kostenpunkt einzugehen, die teilweise berechtigt ist. Da die voll obsiegende Klägerin nur Anspruch auf Ersatz jener Kosten hat, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig waren (§ 41 Abs 1 ZPO), ist der Einwand des Beklagten hinsichtlich des von der Klägerin verzeichneten Überweisungsantrags, der nur durch die Klageeinbringung beim unzuständigen Gericht notwendig wurde, berechtigt. Die Anträge der Klägerin auf Aktenkopie und Besorgung der Aktenkopie wurden nicht ausreichend bescheinigt (§ 54 Abs 1 ZPO); auch insoweit wird der Kostenrüge des Beklagten Rechnung getragen. Den übrigen Einwänden des Beklagten wird vom Senat hingegen nicht beigetreten (§ 41 Abs 1 ZPO, § 23 RATG). So sind insbesondere der Kostenbestimmungsantrag der Klägerin und ihr Fristerstreckungsantrag zu honorieren; beiden wurde vom Erstgericht stattgegeben. Hinsichtlich der mangelnden Berechtigung der im Berufungsverfahren verzeichneten Leistungen der Klägerin nach Eröffnung des Schuldenregulierungsverfahrens, die über den Fortsetzungsantrag der Klägerin und die Teilnahme an der Berufungsverhandlung hinausgingen, wird auf die insoweit zutreffenden Ausführungen des Berufungsgerichts verwiesen.

Schlagworte

11 Arbeitsrechtssachen,

Textnummer

E96001

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2010:009OBA00022.10S.1222.000

Im RIS seit

20.01.2011

Zuletzt aktualisiert am

24.06.2011
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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