TE OGH 2011/1/25 1Ob2/11t

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Veröffentlicht am 25.01.2011
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Sailer als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ.-Prof. Dr. Bydlinski, Dr. Grohmann, Mag. Wurzer und Mag. Dr. Wurdinger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Georg M*****, vertreten durch Dr. Franz Gütlbauer, Dr. Siegfried Sieghartsleitner und Dr. Michael Pichlmair, Rechtsanwälte in Wels, gegen die beklagte Partei Herbert O*****, vertreten durch Themer, Toth & Partner, Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen Unterlassung (Streitwert 18.168,20 EUR), über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 23. August 2010, GZ 6 R 144/10d-40, mit dem das Urteil des Landesgerichts Wels vom 7. Juni 2010, GZ 8 Cg 143/08p-34, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 1.119,24 EUR (darin 186,54 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

Der Kläger hatte zu Gunsten des Beklagten die Bankgarantie einer Sparkasse zur Besicherung von in fünf Jahresraten fällig werdenden Entgeltsansprüchen aus einer Vereinbarung der Streitteile bestellt.

Er begehrte nun, den Beklagten schuldig zu erkennen, die Inanspruchnahme der Bankgarantie mit dem letzten Teilbetrag von rund 18.000 EUR, und damit die Geltendmachung einer Forderung daraus gegenüber der Garantin, zu unterlassen. Er begründete sein Begehren im Wesentlichen damit, die durch die Bankgarantie besicherte Forderung bestünde nicht zu Recht, zumal der Beklagte keinerlei Nachweise dafür erbracht habe, dass die Voraussetzungen für eine Forderung seinerseits aus der Vereinbarung eingetreten seien. Da es der Beklagte abgelehnt habe, mit der Inanspruchnahme der Bankgarantie so lange zuzuwarten, bis die maßgeblichen Fragen in einem bereits anhängigen Verfahren geklärt seien, bestehe die dringende Gefahr, dass er den restlichen Betrag aus der Bankgarantie in Anspruch nehme. Nachdem der Beklagte den strittigen Restbetrag aus der Garantie abgerufen und die Garantin auf Zahlung geklagt hatte, brachte der Kläger ergänzend vor, der Beklagte habe die Bankgarantie damit offenkundig rechtsmissbräuchlich geltend gemacht. In einem anderen Verfahren sei bereits zwischen den Streitteilen bindend geklärt worden, dass der Beklagte keinen Zahlungsanspruch gehabt habe und habe. Sowohl die Inanspruchnahme der Bankgarantie als auch das Begehren gegenüber der Bank auf Auszahlung seien unbegründet und rechtswidrig erfolgt. Der Kläger hielt sein bisheriges Unterlassungsbegehren als Hauptbegehren aufrecht. In einem zusätzlichen Eventualbegehren begehrte er die Feststellung, dass die Inanspruchnahme der Bankgarantie nicht berechtigt gewesen sei. Er wies darauf hin, er habe jedenfalls ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung, sofern man die Auffassung vertreten sollte, dass ihm der bisher geltend gemachte Leistungsanspruch (auf Unterlassung) nicht zustehe.

Der Beklagte wandte im Wesentlichen ein, die Inanspruchnahme der Bankgarantie sei keineswegs rechtsmissbräuchlich erfolgt. Angesichts der abstrakten Zahlungsverpflichtung aus der Garantie könne sich der Kläger gegen eine Inanspruchnahme auch nicht mit der Begründung wehren, dass ein Anspruch aus dem Grundgeschäft nicht bestehe. Die vom Kläger bestrittene Forderung des Beklagten sei im Übrigen auch berechtigt.

Das Erstgericht gab dem Hauptbegehren statt und wies das Eventualbegehren (unbekämpft) ab. Der Beklagte habe selbst gewusst, dass er gewisse Umsätze, die der Zahlungsvereinbarung zu Grunde lagen, nie erwirtschaftet habe. Er habe daher bereits im Zeitpunkt der Inanspruchnahme des letzten Teilbetrags aus der Garantie gewusst, dass ihm dieser Betrag gar nicht zugestanden sei. Die Abweisung des Eventualbegehrens wurde nicht begründet.

Das Berufungsgericht änderte diese Entscheidung dahin ab, dass es (auch) das Hauptbegehren abwies; es erklärte die ordentliche Revision letztlich für zulässig, weil allenfalls eine Verletzung der Erörterungspflicht nach § 182a ZPO vorliegen könnte. Nachdem der Beklagte im Laufe des Verfahrens erster Instanz den noch offenen Garantiebetrag bereits in Anspruch genommen habe, könne das Ziel des Unterlassungsbegehrens, die Geltendmachung einer Forderung gegenüber der Sparkasse zu verhindern, nicht mehr erreicht werden. Nach der Inanspruchnahme sei dem Kläger nur ein Interesse an einer Verpflichtung des Beklagten zum Widerruf der Inanspruchnahme der Bankgarantie, nicht aber auf Unterlassung der Inanspruchnahme, einzuräumen. Das Bestehen einer Gefahr, der Beklagte könnte die Bankgarantie trotz eines Unterliegens im Rechtsstreit gegen die Garantin neuerlich in Anspruch nehmen, sei nicht behauptet worden. Ein Rechtsschutzinteresse an einem Anspruch auf Unterlassung der Inanspruchnahme der Bankgarantie sei damit nicht mehr gegeben. Einer Erörterung des Klagebegehrens mit dem Kläger habe es nicht bedurft, da dieser die sich aus dem während des Verfahrens erster Instanz erfolgten Abruf der Bankgarantie ergebende Problematik erkannt, allerdings die in der Judikatur abgelehnte Auffassung vertreten habe, es sei im Hinblick auf die bereits erfolgte Inanspruchnahme der Garantie ein Feststellungsbegehren zu erheben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision des Klägers erweist sich als unzulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer iSd § 502 Abs 1 ZPO erheblichen Rechtsfrage abhängt.

1. Auch wenn das Berufungsgericht im Zusammenhang mit der Abweisung des Unterlassungsbegehrens vom Fehlen eines „Rechtsschutzinteresses am Unterlassungsausspruch“ gesprochen hat, ist die vertretene Rechtsansicht letztlich nicht zu beanstanden, sollte damit doch ersichtlich ausgedrückt werden, dass der geltend gemachte Unterlassungsanspruch mangels Begehungs- bzw Wiederholungsgefahr nicht (mehr) bestehe (vgl RIS-Justiz RS0037660; RS0037664). Ein auf Unterlassung einer bestimmten (einmaligen) Handlung gerichtetes Unterlassungsbegehren kann nicht mehr erfolgreich sein, wenn der Beklagte die betreffende Handlung bereits vorgenommen hat.

2. Nach seinem Wortlaut ist das Hauptbegehren auf die Unterlassung der „Inanspruchnahme der Bankgarantie“ und der „Geltendmachung einer Forderung“ daraus gegenüber der Garantin gerichtet. Dass der Beklagte mit der außergerichtlichen Einforderung und anschließenden gerichtlichen Einklagung des restlichen Garantiebetrags sowohl die Bankgarantie in Anspruch genommen als auch die Forderung geltend gemacht hat, kann nicht zweifelhaft sein.

Die vom Revisionswerber aufgeworfenen Fragen, ob sein Begehren trotz des von ihm gewählten Wortlauts weiter verstanden werden könnte - nämlich ganz allgemein in Richtung der Verhinderung einer Auszahlung des Garantiebetrags durch die Garantin - und ob das Berufungsgericht unter Beachtung des erkennbar verfolgten Rechtsschutzziels das Begehren von sich aus umformulieren hätte müssen, um dem eindeutig verfolgten Rechtsschutzziel Rechnung zu tragen, haben nicht die von § 502 Abs 1 ZPO geforderte besondere Qualität. Die Auslegung des Prozessvorbringens sowie des erhobenen Begehrens ist stets von den besonderen Umständen des Einzelfalls abhängig, sodass schon deshalb regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage zu lösen ist (RIS-Justiz RS0042828 [T3, T10, T16, T24, T25, T31]). Eine solche wäre nur anzunehmen, wenn dem Berufungsgericht insoweit eine unvertretbare Fehlbeurteilung unterlaufen wäre, wovon im vorliegenden Fall aber keine Rede sein kann.

3. Der Vorwurf des Revisionswerbers, das Berufungsverfahren sei deshalb mangelhaft, weil das Berufungsgericht das Klagebegehren nicht gemäß § 182a ZPO erörtert und ihn nicht darauf hingewiesen habe, es im Sinne der Judikatur (10 Ob 120/97p) in Richtung eines Widerrufs der Inanspruchnahme der Bankgarantie umzuformulieren, geht schon deshalb ins Leere, weil insoweit in erster Linie dem Erstgericht ein Verstoß gegen die Erörterungspflicht vorgeworfen werden könnte. Einen solchen Verstoß hat das Berufungsgericht aber ausdrücklich verneint, sodass ein allenfalls in der Unterlassung der Erörterung liegender Mangel schon deshalb in der Revision nicht geltend gemacht werden kann (RIS-Justiz RS0042963).

4. Was schließlich die Vorwürfe betrifft, im Falle des Fehlens eines Rechtsschutzinteresses am erhobenen Unterlassungsanspruch wäre zumindest dem Eventualbegehren stattzugeben gewesen, bzw das eventualiter erhobene Feststellungsbegehren wäre in ein entsprechend richtiges Leistungsbegehren umzuformulieren gewesen, übersieht der Kläger offenbar, dass die Abweisung des Eventualbegehrens durch das Erstgericht mangels Anfechtung bereits in Rechtskraft erwachsen ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf den § 50 Abs 1 iVm § 41 Abs 1 ZPO. Da der Beklagte in seiner Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen hat, diente sein Schriftsatz der zweckentsprechenden Rechtsverteidigung.

Textnummer

E96305

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2011:0010OB00002.11T.0125.000

Im RIS seit

28.02.2011

Zuletzt aktualisiert am

05.09.2011
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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