TE OGH 2011/1/28 1R13/11f

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Veröffentlicht am 28.01.2011
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Das Oberlandesgericht Wien hat als Rekursgericht durch die Senatspräsidentin des Oberlandesgerichts Dr. Jesionek als Vorsitzende sowie die Richter des Oberlandesgerichts Dr. Rassi und MMag.Dr. Winkelhofer in der Rechtssache der klagenden Partei E***** C*****, *****, 1200 Wien, vertreten durch Dr. Christian Leskoschek, Rechtsanwalt in Wien als Verfahrenshelfer, gegen die beklagte Partei K*****, Wien, *****, 1010 Wien, vertreten durch Fellner, Wratzfeld & Partner, Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen EUR 343.787,84 und Feststellung (Gesamtstreitwert EUR 346.787,84), über den Rekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Handelsgerichts Wien vom 29.12.2009, GZ 14 Nc 1/09m-3, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Rekurs wird zurückgewiesen.

Die Parteien haben ihre Kosten des Rekursverfahrens jeweils selbst zu tragen.

Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.

Text

Begründung

Mit dem angefochtenen Beschluss bewilligte das Erstgericht dem Kläger die Verfahrenshilfe nach § 64 Abs 1 Z 1, 3 und 4 ZPO im vollen Ausmaß. Der Ausschuss der Rechtsanwaltskammer Wien bestellte mit Bescheid vom 21.01.2010 Rechtsanwalt Dr. Christian Leskoschek zum Vertreter (Verfahrenshelfer) des Klägers.

Das Erstgericht wies die in der Folge zu 39 Cg 33/10m eingebrachte Klage auf Leistung von EUR 343.787,84 und Feststellung mit Beschluss vom 31.08.2010 zu 39 Cg 33/10m-5 a limine zurück. In der Folge wurde die Rechtssache gemäß § 230a ZPO an das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien überwiesen und ist dort unter dem AZ 21 Cg 99/10y anhängig.

Nach dem Einlangen der Klagebeantwortung verfügte das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien die Zustellung des angefochtenen Beschluss an die Beklagte. Der angefochtene Beschluss wurde der Beklagten am 05.11.2010 zugestellt. Eine weitere Zustellung (samt dem erwähnten Bestellungsbescheid der Rechtsanwaltskammer Wien) erfolgte am 18.11.2010.

Mit ihrem am 17.11.2010 beim Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien elektronisch eingebrachten Rekurs bekämpft die Beklagte die Bewilligung der Verfahrenshilfe. Das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien übermittelte diesen Rekurs dem Erstgericht, wo er am 03.12.2010 einlangte.

Der Kläger beantragt, den Rekurs als verspätet zurückzuweisen, hilfsweise ihm nicht Folge zu geben.

Der Revisor hat sich im Rekursverfahren nicht beteiligt.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist verspätet.

Bei der Berechnung der Rechtzeitigkeit eines Rekurses ist der Postlauf nicht zu berücksichtigen (§ 89 GOG). Das setzt aber voraus, dass das Schriftstück an das zuständige Gericht adressiert ist, widrigenfalls der Rekurs (als befristete Prozesshandlung) nur dann als rechtzeitig angesehen werden kann, wenn er noch innerhalb der offenstehenden Frist beim zuständigen Gericht einlangt (EvBl 1980/87, SZ 52/155, SZ 60/192, RZ 1991/31, EvBl 1992/188, EvBl 1995/90, 10 Ob 2063/96x, 2 Ob 121/97a, RIS-Justiz RS0041608). Kommt es nicht sofort zur Weiterleitung und langt deshalb der Rekurs verspätet beim richtigen Gericht ein, ist auch dann Verfristung anzunehmen, wenn er bei sofortiger Weiterleitung noch vor Ablauf der Frist eingelangt wäre (SZ 69/164). Der Postlauf zwischen dem Gericht, an das der Rekurs adressiert war, und dem tatsächlich zuständigen Gericht, geht daher immer zu Lasten des Einschreiters (RZ 1990/109).

Nach § 520 ZPO muss der Rekurs bei dem Gericht erhoben werden, dessen Beschluss angefochten wird (vgl 2 Ob 128/97f). Das ist hier das Handelsgericht Wien und nicht das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien. Es spielt dabei keine Rolle, dass Letzteres die Zustellung des angefochtenen Beschlusses verfügt hat. Der OGH hat zu 2 Ob 128/97f ausgesprochen, dass auch im Fall einer Überweisung der Rechtssache an ein anderes Gericht der Rekurs gegen den Überweisungsbeschluss bei demjenigen Gericht einzubringen ist, das den Beschluss gefasst hat, auch wenn die Einbringung des Rekurses bei dem Gericht, an das überwiesen wurde, die geschäftsordnungsgemäße Behandlung erleichtert (idS auch Zechner in Fasching/Konecny² § 520 ZPO Rz 1). Zu einer vergleichbaren Konstellation kommt es auch im Exekutionsverfahren, wenn das Bewilligungs- und das Exekutionsgericht nicht ident sind. Auch hier ist der Rekurs gegen die Exekutionsbewilligung stets beim Bewilligungsgericht einzubringen, obwohl das Exekutionsverfahren dort nicht mehr anhängig ist (vgl Rassi in Burgstaller/Deixler-Hübner § 70 EO Rz 1).

Nichts anderes kann bei einem Rekurs gegen einen (im Nc-Verfahren erlassenen) Verfahrenshilfebeschluss gelten, auch wenn die Rechtssache über den (im Cg-Verfahren geltend gemachten) Anspruch mittlerweile bei einem anderen Gericht anhängig ist.

Ein Kostenersatz findet im Rekurs betreffend Verfahrenshilfebeschlüsse nicht statt (§ 72 Abs 3 ZPO).

Der Revisionsrekurs ist gemäß § 528 Abs 2 Z 4 ZPO jedenfalls unzulässig.

Textnummer

EW0000507

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OLG0009:2011:00100R00013.11F.0128.000

Im RIS seit

04.08.2011

Zuletzt aktualisiert am

04.08.2011
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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