TE OGH 2011/2/16 7Ob16/11w

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 16.02.2011
beobachten
merken

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schaumüller, Dr. Hoch, Dr. Kalivoda und Mag. Dr. Wurdinger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei S***** E*****, vertreten durch Dr. Anton Cuber, Rechtsanwalt in Graz, gegen die beklagte Partei Z*****-Aktiengesellschaft, *****, vertreten durch Dr. Helmut Destaller und Dr. Gerald Mader, Rechtsanwälte in Graz, wegen 89.998,83 EUR (sA), über die außerordentliche Revision der Klägerin gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 1. Dezember 2010, GZ 6 R 74/10i-49, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Die Vorinstanzen haben Leistungsfreiheit der beklagten Versicherungsgesellschaft angenommen, weil die Klägerin die Obliegenheit, die wasserführenden Leitungen in ihrem bei der Beklagten unter anderem gegen Leitungswasserschäden versicherten Haus abzusperren, falls das Haus länger als 72 Stunden unbewohnt sei, grob fahrlässig verletzt habe. Der Beweis, dass diese Obliegenheitsverletzung weder auf die Feststellung des Versicherungsfalls noch auf die Feststellung oder den Umfang der Leistungspflicht des Versicherers einen Einfluss gehabt habe (sog Kausalitätsgegenbeweis - RIS-Justiz RS0116979), sei von der Klägerin nicht erbracht worden. Hätte diese entsprechend der 72-Stunden-Klausel den Haupthahn abgedreht, wäre es zu keinem Schaden gekommen. Das Berufungsgericht sprach aus, dass die Revision mangels einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO unzulässig sei. Dagegen wendet die Revisionswerberin im Wesentlichen ein, das Berufungsgericht habe die Frage des Kausalitätsgegenbeweises unrichtig beurteilt. Die Klägerin habe die Obliegenheit nicht durch Nichtabsperren des Hauptwasserhahns verletzt, sondern dadurch, dass sie nicht innerhalb von 72 Stunden wieder in das versicherte Haus zurückgekehrt sei. Das Berufungsgericht hätte daher prüfen müssen, ob durch das weitere Austreten des Wassers nach 72 Stunden überhaupt noch eine Schadenserhöhung eintreten habe können.

Rechtliche Beurteilung

Damit interpretiert die Revisionswerberin die dem Versicherungsvertrag der Streitteile zugrunde gelegte 72-Stunden-Klausel unrichtig. Es kann nach dem Wortlaut dieser Klausel nicht bezweifelt werden, dass die betreffende, der Verringerung des versicherten Risikos dienende Obliegenheit den Versicherungsnehmer nicht verpflichten soll, das versicherte Objekt nicht länger als 72 Stunden zu verlassen, sondern ihm im Fall einer länger als 72 Stunden dauernden Abwesenheit eine Maßnahme zur Gefahrenverringerung, nämlich das Absperren der Wasserleitungsanlagen vorschreibt. Das Gelingen des Kausalitätsgegenbeweises hängt stets von den Umständen des Einzelfalls ab und könnte wegen dieser Einzelfallbezogenheit nur dann eine erhebliche Rechtsfrage nach § 502 Abs 1 ZPO darstellen, wenn dem Berufungsgericht eine Fehlbeurteilung unterlaufen wäre, die aus Gründen der Rechtssicherheit vom Obersten Gerichtshof korrigiert werden müsste (7 Ob 201/10z mwN ua). Davon kann im vorliegenden Fall keine Rede sein: Da feststeht, dass kein Wasser ausgetreten und kein Schaden entstanden wäre, falls zum Zeitpunkt des Rohrbruchs der Haupthahn abgedreht gewesen wäre, bestehen gegen die Ansicht des Berufungsgerichts, der Klägerin sei der ihr obliegende Kausalitätsgegenbeweis nicht gelungen, keine Bedenken.

Eine erhebliche Rechtsfrage wird von der Revisionswerberin, deren Ausführungen sowohl in der Rechts- als auch in der Mängelrüge von ihrer unrichtigen Auslegung der 72-Stunden-Klausel ausgehen, auch sonst nicht aufgezeigt. Ihr außerordentliches Rechtsmittel ist daher als unzulässig zurückzuweisen. Dies bedarf nach § 510 Abs 3 ZPO keiner weiteren Begründung.

Schlagworte

9 Vertragsversicherungsrecht,

Textnummer

E96459

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2011:0070OB00016.11W.0216.000

Im RIS seit

11.03.2011

Zuletzt aktualisiert am

16.11.2012
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten