TE OGH 2011/5/31 10Ob37/11f

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Veröffentlicht am 31.05.2011
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Hradil als Vorsitzenden sowie die Hofräte Dr. Fellinger, Dr. Hoch, Dr. Schramm und die Hofrätin Dr. Fichtenau als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei R***** GmbH, *****, vertreten durch Zöchbauer Frauenberger Rechtsanwälte GesbR in Wien, gegen die beklagte Partei U*****, vertreten durch Kindel & Kindel, Rechtsanwälte in Wien, wegen 84.381,94 EUR sA, über die außerordentliche Revision (Revisionsinteresse 70.000 EUR sA) der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 18. März 2011, GZ 12 R 180/10v-29, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Der Rechtsmittelwerber macht in den Ausführungen zur Zulässigkeit seines Rechtsmittels inhaltlich geltend, die Erklärungen der Bankangestellten R***** seien entgegen der Rechtsansicht des Berufungsgerichts im Rahmen einer „Anscheinsvollmacht“ der klagenden Partei zuzurechnen.

Unabdingbare Voraussetzungen für das Vorliegen einer Anscheinsvollmacht sind das Vorliegen eines Vertrauenstatbestands, die zurechenbare Verursachung dieses Anscheins durch denjenigen, in dessen Namen gehandelt wurde und das gutgläubige Vertrauen auf den Anschein durch den Dritten (RIS-Justiz RS0020331 - zuletzt 9 ObA 5/11t; P. Bydlinski in KBB³ § 1029 Rz 6 ff). Diese Rechtslage hat das Berufungsgericht zutreffend dargestellt. Ob eine Anscheinsvollmacht anzunehmen ist oder nicht, kann regelmäßig nur anhand der Umstände des Einzelfalls beantwortet werden (9 ObA 5/11t mwN ua).

Eine korrekturbedürftige Fehlbeurteilung durch das Berufungsgericht zeigt der Revisionswerber im hier konkret zu beurteilenden Fall nicht auf. Die Vorinstanzen haben ausdrücklich festgestellt, dass die Bankangestellte R***** weder Verhandlungs- noch Abschlussvollmacht von der klagenden Partei hatte. Ihre Aufgabe bestand lediglich darin, das Geschäft anzubahnen, wechselseitig Unterlagen zu überbringen und die vorbereiteten Vertragsurkunden zu erläutern und zur Unterschrift vorzulegen. Weiters war dem Beklagten seit längerem bekannt, dass es sich bei R***** um eine Angestellte der R***** und nicht um eine Angestellte der klagenden Partei handelte.

Die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, dass hier von der klagenden Partei kein äußerer Tatbestand geschaffen wurde, aus dem der Beklagte ableiten konnte, dass R***** bevollmächtigt gewesen wäre, für die klagende Partei rechtsgeschäftliche Erklärungen abzugeben, hält sich im Rahmen der Judikatur des Obersten Gerichtshofs in vergleichbaren Fällen. Die bloße Betrauung einer Mitarbeiterin einer der klagenden Partei wirtschaftlich nahestehenden Bank mit der Vermittlung von Ratenkaufverträgen ist auch im Sinne der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs noch kein ausreichender Zurechnungsgrund dafür, bei Dritten einen dem Verkäufer zurechenbaren Anschein dahin zu erwecken, die bloß als Vermittlerin tätig gewordene Mitarbeiterin sei berechtigt, namens des Verkäufers Vertragsbedingungen auszuhandeln, die auch dann gelten sollen, wenn sie in den schriftlichen Verträgen keinen Niederschlag finden. Daran vermag auch der Umstand, dass die Vermittlerin für den Beklagten die einzige Ansprechpartnerin der klagenden Partei in diesem Geschäftsfall war, nichts zu ändern (vgl dazu die einen ähnlichen Sachverhalt betreffende Entscheidung 1 Ob 161/08w). In der Rechtsansicht des Berufungsgerichts, die klagende Partei müsse die von der Bankangestellten R***** für den Fall des Konkurses des Käufers zugesagte Möglichkeit einer Vertragsübernahme durch den Beklagten nicht gegen sich gelten lassen, kann daher keine vom Obersten Gerichtshof im Einzelfall aufzugreifende Fehlbeurteilung erblickt werden.

Da auch in den weiteren Revisionsausführungen keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO aufgezeigt wird, musste die außerordentliche Revision des Beklagten zurückgewiesen werden.

Textnummer

E97606

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2011:0100OB00037.11F.0531.000

Im RIS seit

04.07.2011

Zuletzt aktualisiert am

12.03.2012
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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