TE OGH 2011/8/25 11Os94/11z

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Veröffentlicht am 25.08.2011
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 25. August 2011 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Zehetner als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab, Mag. Lendl, Mag. Michel und Dr. Oshidari als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Bilinska als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Thomas N***** wegen des Verbrechens des räuberischen Diebstahls nach §§ 15, 127, 131 erster Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 23. Februar 2011, GZ 075 Hv 4/11y-16, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Thomas N***** des Verbrechens des (versuchten) räuberischen Diebstahls nach §§ 15, 127, 131 erster Fall StGB schuldig erkannt.

Danach hat er am 29. Dezember 2010 in W***** eine fremde bewegliche Sache, nämlich einen Laptop in nicht mehr feststellbarem Wert, Andreas F***** mit dem Vorsatz, sich durch dessen Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, wegzunehmen versucht, indem er den Laptop an sich nahm, unter seinem Pullover verbarg (US 6 - und somit Mitgewahrsam erlangte, s US 9, vgl Fabrizy, StGB10 § 131 Rz 2) und damit das Geschäftslokal verlassen wollte, wobei er bei seiner Betretung auf frischer Tat dadurch, dass er Andreas F*****, welcher ihn am Verlassen des Geschäftslokals hindern wollte und ihn zur Herausgabe des weggenommenen Laptops aufforderte, indem er „erst 20 Euro von ihm verlangte, ansonsten er ihm den Laptop nicht zurückgebe und“ ihn „anschließend, als dieser ablehnte,“ mit dem Erschießen sowie der Ansteckung mit HIV und Hepatitis C bedrohte, indem er eine blutige Spritze gegen ihn richtete, wobei es jedoch beim Versuch blieb, weil es Andreas F***** gelangt, Thomas N***** zu Boden zu bringen und bis zum Eintreffen des Sicherheitsdienstes festzuhalten.

Dagegen richtet sich die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten aus § 281 Abs 1 Z 4 und 5a StPO.

Rechtliche Beurteilung

Die Verfahrensrüge releviert die Abweisung (ON 15 S 29) des Antrags auf „Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens wegen des Verdachts nach § 287 StGB zum Beweis dafür, dass der Angeklagte die Tat im Zustand voller Berauschung begangen hat und die Tat demzufolge nach § 287 StGB abzuurteilen ist. Der Angeklagte hat an diesem Tag die gesamte Tagesdosis an Ersatzdrogen eingenommen und hat in keinster Weise mehr gewusst, was er tat. Die Tat wurde vom Angeklagten im Zustand voller Berauschung begangen“ (ON 15 S 7 iVm ON 22).

Die Tatrichter gingen ausdrücklich davon aus, es gäbe keine objektiven Anhaltspunkte für das Vorliegen von Einschränkungen der Zurechnungsfähigkeit des Angeklagten, weil er sowohl über den Ablauf des Tattages als auch über die Tat selbst detaillierte Angaben machen konnte (US 8 f; vgl Ratz, WK-StPO § 281 Rz 346, 347). Da über die Sachverhaltsgrundlage einer prozessualen Verfügung das dafür zuständige richterliche Organ in freier Beweiswürdigung (§ 258 Abs 2 StPO) entscheidet und dies nur nach den Kriterien der Z 5 und 5a des § 281 Abs 1 StPO überprüft werden kann, versagen die abstrakt bleibenden Spekulationen des Beschwerdeführers über seine behauptete Zurechnungsfähigkeit zum Tatzeitpunkt (RIS-Justiz RS0118977).

Auch die Tatsachenrüge (Z 5a) zur Frage der Zurechnungsfähigkeit des Angeklagten zur Tatzeit versagt. Die Kritik an der Nichtberücksichtigung diverser Verfahrensergebnisse (der Sache nach Z 5 zweiter Fall) übergeht einerseits die beweiswürdigenden Ausführungen des Erstgerichts US 8 f und macht andererseits keine erheblichen Tatsachen geltend. Dem Beschwerdestandpunkt entgegen handelt es sich nämlich fallbezogen um kein erhebliches (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 421; 11 Os 116/04, EvBl 2005/81, 356 mwN) - und somit zur Erreichrung voller Bestimmtheit im Sinne von § 270 Abs 2 Z 5 StPO (11 Os 41/05x ua) gesondert erörterungsbedürftiges - Verfahrensergebnis, dass der Angeklagte sich als „weggetreten“ bezeichnete (ON 15 S 7), kein Motiv dafür nennen konnte, dass er infolge der Tat „dort im Kreis herumgelaufen [sei] wie ein Verrückter“ (ON 15 S 9), am Vorfallstag die „doppelte Dosis“ [an Substitutionsmitteln] genommen zu haben behauptete (ON 15 S 11), das Diebstahlsobjekt nicht genau beschreiben konnte (ON 15 S 13) und dass der Zeuge F***** den Eindruck hatte, der Angeklagte sei „wahrscheinlich rauschgiftsüchtig ... und war ziemlich am Krachen … eher wirr“ (ON 15 S 23; vgl überdies Ratz, WK-StPO § 281 Rz 435).

Es widerspricht den Rechtsmittelausführungen zuwider nicht den Denkgesetzen (der Sache nach Z 5 vierter Fall), unter anderem aus den dargelegten Erinnerungen einer Person - zumal sich diese mit anderen Beweisergebnissen decken - auf deren Zurechnungsfähigkeit zu schließen (US 8 f).

Der Zweifelsgrundsatz kann mit den formellen Nichtigkeitsgründen der Z 5 und 5a des § 281 Abs 1 StPO nicht releviert werden (RIS-Justiz RS0102162, RS0117454 [T2]; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 454).

Die Nichtigkeitsbeschwerde - deren Antrag, „nach § 288a StPO die Hauptverhandlung zu vernichten“, nach dem Verfahrensgang schlicht unverständlich ist - war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Erledigung der unter einem erhobenen Berufung folgt (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Schlagworte

Strafrecht

Textnummer

E98180

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2011:0110OS00094.11Z.0825.000

Im RIS seit

12.09.2011

Zuletzt aktualisiert am

12.09.2011
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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