TE AsylGH Erkenntnis 2011/03/31 E2 308952-1/2008

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Veröffentlicht am 31.03.2011
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Spruch

E2 308952-1/2008/9E

 

IM NAMEN DER REPUBLIK!

 

Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Mag. HUBER-HUBER als Vorsitzenden und die Richterin Dr. FAHRNER als Beisitzer über die Beschwerde des XXXX, StA. Iran, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 20.12.2006, Zl. 05 03.265-BAT, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

In Erledigung der Beschwerde wird der bekämpfte Bescheid behoben und die Angelegenheit gemäß § 66 Abs. 2 AVG zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesasylamt zurückverwiesen.

Text

I: SACHVERHALT UND VERFAHRENSGANG.

 

1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) reiste am 09.03.2005 in einem LKW versteckt illegal in das Bundesgebiet von Österreich ein und stellte am gleichen Tag den gegenständlichen Asylantrag.

 

2. Bei der am 09.03.2005 durchgeführten Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes gab der BF an, er sei vom Islam zum Christentum konvertiert und werde daher von der Polizei gesucht. Im Falle seiner Verhaftung würde er zum Tode verurteilt werden.

 

Bei der ersten asylbehördlichen Vernehmung am 29.03.2005 gab der BF an, er sei bereits im Juni 2004 von zu Hause weggegangen und habe sich bei Verwandten in XXXX aufgehalten. Sein Vater habe ihm mehrmals telefonisch mitgeteilt, dass er von der Polizei gesucht werde und er nicht nach Hause zurückkehren soll. Inzwischen sei seine Ausreise vorbereitet worden. Am 21.01.2005 habe er mit Hilfe eines Schleppers den Iran über die Grenze zur Türkei verlassen. Von dort sei er mit einigen mehrtätigen Aufenthalten an verschiedenen, von ihm nicht benennbaren Orten auf einem LKW versteckt bis nach Österreich gelangt.

 

Er habe im Iran keiner politischen Partei angehört. Den Militärdienst habe er nicht abgeleistet Es sei weder ein Gerichtsverfahren gegen ihn anhängig noch sei er festgenommen worden oder in Haft gewesen. Die Revolutionswächter und der Nachrichtendienst würden ihn aber suchen. Sein Leben sei in Gefahr weil, er vom Islam zum Christentum konvertiert sei. Er sei zwar in einer moslemischen Familie aufgewachsen, als er jedoch älter wurde, habe er an diesem Glauben zu zweifeln begonnen und er sei somit im Monat Sharivar 1383 (ca. August-September 2004) zum Christentum konvertiert. Ein geistlicher Freund habe ihm dabei geholfen. Der BF sei davon überzeugt, dass jeder Mensch das Recht habe, seinen Glauben frei zu wählen und zu denken. Das sei jedoch im Iran nicht möglich. Man könne dort keine andere Religion ausüben.

 

Bei der Religionsgemeinschaft, der er sich angeschlossen hatte, handle es sich um eine protestantische, den Namen könne er jedoch nicht nennen. Der Geistliche habe auch wenig mit ihm gesprochen, da dieser selbst Angst um sein Leben gehabt habe. Da er noch nicht einmal "gewaschen" sei (gemeint: getauft), sei er auch noch nicht vollständig in die Glaubensgemeinschaft aufgenommen.

 

Im Iran habe er seine neue Religion geheim gehalten, nur die Familie habe davon gewusst. Er habe ein silbernes Kreuz getragen, deswegen sei er von der Jugend in seinem Heimatort zwar angesprochen worden, angegriffen oder bedroht worden sei er jedoch nie. Er habe im Iran dennoch nicht weiterleben können, insbesondere auch nicht bei seinen Verwandten, da er gesucht werde. Er habe weder weiter studieren noch sich einen Job suchen können. Mit der Verfolgung habe er überall im Iran zu rechnen. Die Polizei habe bei einer Hausdurchsuchung in der Wohnung des BF feststellen können, dass er sehr religiös ist. An der Wand sei ein Kreuz gehangen. Er hätte auch eine Bibel in der Wohnung gehabt und außerdem sei ein Brief eines Geistlichen zu Hause gelegen. Auf seinem Computer habe er zudem die Homepage mit der Adresse http://www.kalomekhoda.com als Offline-Inhalt gespeichert gehabt.

 

Bei der zweiten asylbehördlichen Vernehmung am 08.09.2005 wiederholte der BF im Wesentlichen sein bisheriges Vorbringen und er legte zum Nachweis seiner Identität nun auch seinen iranischen Personalausweis (Geburtsurkunde) im Original vor. Er gab dazu an, seine Mutter habe ihm das Dokument nach Österreich nachgeschickt. Bei der zweiten asylbehördlichen Einvernahme wurde das Vorbringen durch Detailfragen des vernehmenden Beamten hinterfragt.

 

Am 15.12.2006 erfolgte eine dritte Einvernahme des BF durch das Bundesasylamt. Auch bei dieser Einvernahme wird das Asylvorbringen aufrecht gehalten und es wurden weitere Detailfragen zum Wissen des BF über das Christentum gestellt.

 

4. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 20.12.2006, FZ 05 03.265-BAT wurde der Asylantrag des BF gem. § 7 AsylG 1997 abgewiesen (Spruchpunkt I.), die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des BF in die islamische Republik Iran gem. § 8 Abs. 1 AsylG 1997 für zulässig erklärt (Spruchpunkt II.) sowie der BF gem. § 8 Abs. 2 AsylG 1997 aus dem österreichischen Bundesgebiet in den Iran ausgewiesen (Spruchpunkt III.).

 

Die abweisende Entscheidung wurde im Wesentlichen damit begründet, dass der BF nicht glaubhaft vom Islam zum Christentum konvertiert sei. Der BF habe widersprüchliche und ungereimte Angaben gemacht und nur lückenhafte Kenntnisse über das Christentum. Es sei somit nicht glaubhaft, dass ihm im Herkunftsland Verfolgung drohe und er sei daher nicht Flüchtling im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention. Die Annahme des Christentums durch den BF in Österreich sei aber ebenfalls nicht glaubhaft, da der BF dies nur äußerlich zeigen wolle. Trotz der Behauptung, er nehme seit einem Jahr jeden Sonntag an einem Treffen in der Kirche teil und würde jeden Donnerstag die Bibel studieren, könne er kein einziges Sakrament benennen oder die richtigen Namen der vier Propheten angeben. Er wisse auch nicht über die Bedeutung des Karfreitags oder Karsamstags bescheid. Da das Vorbringen nicht glaubhaft sei, bestünde auch keine Gefährdungssituation im Sinne des § 50 FPG 2005. Auch aus der allgemeinen Lage im Herkunftsland ergebe sich eine solche Gefährdung nicht. Stichhaltige Gründe für die Annahme, dass der BF im Falle der Rückkehr eine unmenschliche Behandlung, Bestrafung oder die Todesstrafe zu gewärtigen hätte, seien nicht hervorgekommen. Die Ausweisung stelle keinen Eingriff in das durch Art. 8 EMRK gewährleistete Recht auf Familien- und Privatleben dar, da der BF keinen Familienbezug in Österreich habe und nicht besonders integriert sei.

 

Der Bescheid wurde dem BF am 27.12.2006 durch Hinterlegung persönlich zugestellt.

 

5. Am 03.01.2007 wurde rechtzeitig das Rechtsmittel der Berufung (nunmehr: Beschwerde) eingebracht. Der angefochtene Bescheid werde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften vollumfänglich bekämpft. Mit der Beschwerdeschrift wird der Beweiswürdigung des Bundesasylamtes in konkreten Punkten entgegengetreten. Die Annahme des Bundesasylamtes, es habe noch keine Verfolgung stattgefunden und es lägen deshalb die Voraussetzungen für eine Asylgewährung noch nicht vor, sei rechtlich verfehlt. Im Falle der Rückkehr liefe der BF jedenfalls Gefahr einer unmenschlichen Behandlung oder Bestrafung ausgesetzt zu werden. Der BF sei bis zum rechtskräftigen Abschluss des Asylverfahrens gem. § 19 Abs. 2 AsylG zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt, weshalb die Ausweisung unzulässig sei.

 

6. Mit OZ 4 wurde eine Taufbestätigung vom Bund der Baptistengemeinden in Österreich vorgelegt. Mit OZ 5 wurde eine schriftliche Bestätigung der Diakonie - Hilfsverein der Baptisten in Österreich vorgelegt, wonach der BF sich der Baptistengemeinde in W. angeschlossen habe und ein fleißiger Mitarbeiter der Gemeinde sei. Dies könne von der Pastorin dieser Kirche als Zeugin bestätigt werden.

 

II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:

 

1. Beweis wurde erhoben durch:

 

Einsichtnahme in den erstinstanzlichen Verfahrensakt-

 

2. Festgestellter Sachverhalt:

 

Nach einer Erstbefragung des BF am 09.03.2005 hat das Bundesasylamt am 29.03.2005, am 08.09.2005 und am 15.12.2006 jeweils eine asylbehördliche Vernehmung des BF vorgenommen und ihn zu seinem Vorbringen befragt. Weiters hat das Bundesasylamt Feststellungen zum Herkunftsland des BF getroffen, diesem zur Kenntnis gebracht und ihm die Möglichkeit einer Stellungnahme geboten.

 

Mit Schreiben vom 08.11.2006 wurde für den BF eine Bestätigung des Bundes der Baptistengemeinden in Österreich eingebracht bestätigt, dass er seit Dezember 2005 regelmäßig Gottesdienste und Gemeindeveranstaltungen besuche sowie regelmäßig an persischen Bibelkreisen teilnehme. Die Taufe sei jedoch noch nicht erfolgt, da der BF dafür in seinem Glauben noch nicht so weit "gewachsen" sei.

 

3. Rechtlich ist auszuführen:

 

1. Am 1. Juli 2008 beim Unabhängigen Bundesasylsenat anhängige Verfahren sind vom Asylgerichtshof nach Maßgabe des § 75 AsylG 2005 idF. BGBl. I Nr. 135/2009 weiterzuführen.

 

Gemäß § 23 Absatz 1 des Bundesgesetzes über den Asylgerichtshof, BGBl. I, Nr. 4/2008 (Asylgerichtshofgesetz - AsylGHG) idF BGBL. I Nr. 147/2008, sind, soweit sich aus dem Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100, nicht anderes ergibt, auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt, weshalb im gegenständlichen Fall im hier ersichtlichen Umfang das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl. Nr.51 zur Anwendung gelangt.

 

Im vorliegenden Fall war das AsylG 1997, BGBl. I Nr. 76 in der Fassung BGBl. I Nr. 126/2002, die §§ 8, 15, 22, 23 Abs. 3, 5 und 6, 36, 40 und 40a in der Fassung BGBl. I Nr. 101/2003 (im Folgenden: "AsylG 1997"), das AVG, BGBl. Nr. 51/1991 in der geltenden Fassung und das ZustG, BGBl. Nr. 200/1982 in der geltenden Fassung anzuwenden. Hinsichtlich des Verfahrens vor dem Asylgerichthof waren die einschlägigen Bestimmungen des Asylgesetzes 2005, BGBl. I Nr. 100 in der geltenden Fassung (im Folgenden: "AsylG 2005") anzuwenden.

 

Gem. § 28 AsylG 1997 hat die Behörde in allen Stadien des Verfahrens von Amts wegen darauf hinzuwirken, dass die für die Entscheidung erheblichen Angaben gemacht oder lückenhafte Angaben über die zur Begründung des Antrages geltend gemachten Umstände vervollständigt, die Bescheinigungsmittel für diese Angaben bezeichnet oder die angebotenen Bescheinigungsmittel ergänzt und überhaupt alle Aufschlüsse gegeben werden, welche zur Begründung des Antrages notwendig erscheinen. Erforderlichenfalls sind Bescheinigungsmittel auch von Amts wegen beizuschaffen.

 

Gemäß § 45 Abs. 3 AVG ist den Parteien Gelegenheit zu geben, vom Ergebnis der Beweisaufnahme Kenntnis zu erlangen und dazu Stellung zu nehmen. Den Parteien ist das Ergebnis der behördlichen Beweisaufnahme in förmlicher Weise zur Kenntnis zu bringen und ausdrücklich unter Setzung einer angemessenen Frist Gelegenheit zu geben, zu diesen Ergebnissen Stellung zu nehmen (VwGH 05.09.1995, Zl. 95/08/0002). Gegenstand des Parteiengehörs sind sämtliche Ergebnisse der Beweisaufnahme. Auch soweit die Behörde bestimmte Tatsachen als offenkundig behandelt, ist dies der Partei bekannt zu geben (VwGH 17.10.1995, Zl. 94/08/0269). Gemäß der Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH 27.02.2003, Zl. 2000/18/0040) ist die Verletzung des Parteiengehörs zwar saniert, wenn im Bescheid die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens dargelegt werden und die Partei die Möglichkeit hat, in ihrer Berufung dagegen Stellung zu nehmen - Voraussetzung einer solchen Sanierung ist aber, dass in der erstinstanzlichen Bescheidbegründung tatsächlich alle Beweisergebnisse dargelegt werden, da ansonsten der Asylgerichtshof das Parteiengehör einräumen müsste (VwGH 25.03.2004, Zl. 2003/07/0062).

 

2. Gemäß § 66 Abs. 2 AVG kann die Berufungsbehörde (kraft oben zitierter Bestimmung auch der Asylgerichtshof, es bestehen diesbezüglich keine materiellrechtlichen Sondernormen), so der ihr vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ist, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint, den angefochtenen Bescheid beheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an eine im Instanzenzug untergeordnete Behörde zurückverweisen.

 

Gemäß Absatz 3 dieser Bestimmung kann die Berufungsbehörde jedoch die mündliche Verhandlung und unmittelbare Beweisaufnahme auch selbst durchführen, wenn hiermit eine Ersparnis an Zeit und Kosten verbunden ist.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Erkenntnissen vom 21. November 2002, Zl. 2002/20/0315 und Zl. 2000/20/0084, grundsätzliche Ausführungen zur Anwendbarkeit des § 66 Abs. 2 AVG im Asylverfahren im Allgemeinen und durch den Unabhängigen Bundesasylsenat im Besonderen getätigt. Dabei hat er im letztgenannten Erkenntnis insbesondere ausgeführt:

 

"Bei der Abwägung der für und gegen eine Entscheidung gemäß § 66 Abs. 2 AVG sprechenden Gesichtspunkte muss nämlich auch berücksichtigt werden, dass das Asylverfahren nicht nur möglichst kurz sein soll. Zur Sicherung seiner Qualität hat der Gesetzgeber einen Instanzenzug vorgesehen, der zur belangten Behörde und somit zu einer gerichtsähnlichen, unparteilichen und unabhängigen Instanz als besonderem Garanten eines fairen Asylverfahrens führt (vgl. bereits das Erkenntnis vom 16. April 2002, Zl. 99/20/0430). Die der belangten Behörde in dieser Funktion schon nach der Verfassung zukommende Rolle einer ¿obersten Berufungsbehörde' (Art. 129c 1 B-VG) wird aber ausgehöhlt und die Einräumung eines Instanzenzuges zur bloßen Formsache degradiert, wenn sich das Asylverfahren einem eininstanzlichen Verfahren vor der Berufungsbehörde nähert, weil es das Bundesasylamt ablehnt, auf das Vorbringen sachgerecht einzugehen und brauchbare Ermittlungsergebnisse in Bezug auf die Verhältnisse im Herkunftsstaat in das Verfahren einzuführen."

 

In Erkenntnis vom 17.10.2006 (Zl 2005/20/0459) hat der VwGH betont, dass eine Behebung nach § 66 Abs 2 AVG nur zulässig ist, wenn eine weitere Verhandlung/Einvernahme erforderlich ist, was nicht der Fall wäre, wenn die Mängel des erstinstanzlichen Verfahrens durch schriftliches Parteiengehör saniert hätten werden können. Zusammengefasst wird in verschiedenen Erkenntnissen des VwGH auch betont, dass eine umfangreiche und detaillierte Erhebung des asylrechtlich relevanten Sachverhaltes durch die Behörde erster Instanz durchzuführen ist. Im vorliegenden Fall ist dies in qualifizierter Weise unterlassen worden, dies aus folgenden Erwägungen:

 

Die Begründung des Bundesasylamtes, dass der BF nur zum Schein bzw. äußerlich zum Christentum konvertiert, um einen positiven Ausgang des Asylverfahrens zu bewirken, erscheint bei näherer Betrachtung nicht ausreichend ermittelt und somit nicht schlüssig begründet. Nach der Judikatur des VwGH kommt es nicht darauf an, ob bei Verfolgungsbehauptungen wegen Glaubenskonversion ein Asylwerber aus Sicht einer christlichen Glaubensgemeinschaft auch ohne Taufe zu dieser zu zählen ist, sondern ob die religiöse Einstellung, sei es auch ohne vollzogene Taufe, im Heimatstaat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit zu einer asylrelevanten Verfolgung führen wird. Der Asylgerichtshof verkennt nicht, dass die Erhebung der religiösen Einstellung von Antragstellern naturgemäß auf gewisse Schwierigkeiten stoßen mag, zumal es sich um innere Vorgänge handelt, die regelmäßig schwer zu objektiveren sind. Gerade deshalb erscheint es nach Ansicht des erkennenden Senat unerlässlich, alle sich anbietenden Beweismittel zu erheben und auszuwerten, worunter im gegenständlichen Fall vor allem die Einvernahme von Zeugen aus dem Umkreis der Glaubensgemeinschaft zu verstehen ist, die infolge ihrer Kontakte mit dem Antragsteller unter Umständen Auskunft über das nach außen hin in Erscheinung tretende Verhalten des Antragstellers, welches Rückschlüsse auf eine innere religionsbezogene Einstellung zulässt, Auskunft geben können. Aus dem Verfahrensakt ergibt sich, dass die Ermittlung solcher Zeugen kaum Schwierigkeiten bereiten dürfte, zumal für den BF auch eine Bestätigung von einer Pastorin beim Bund der Baptistengemeinden in Österreich abgegeben wurde. Sohin erscheint es nach Ansicht des Asylgerichtshofes nur naheliegend, zumindest diese als Zeugin zu befragen. Wäre doch zu erwarten, dass gerade sie den BF persönlich kennt, mit ihm seelsorgliche Gespräche geführt hat und angeben kann, inwieweit er sich schon in die Religionsgemeinschaft integriert hat, sich weiterhin einbringt oder religiös betätigt.

 

5. Wie oben dargestellt, kann es nicht Sache der Beschwerdeinstanz sein, die im gegenständlichen Fall dazu erforderlichen - jedoch im Verfahren vor dem Bundesasylamt wesentlich mangelhaft gebliebenen - Ermittlungen nachzuholen, um dadurch erst zu den erforderlichen Entscheidungsgrundlagen zu gelangen und würde es darüber hinaus, sofern der Asylgerichtshof diese Vorgangsweise wählen würde, (mindestens) einer mündlichen Verhandlung nur zur Erörterung der Ermittlungsergebnisse bedürfen. Inzwischen wurde auch die bereits erfolgte Taufe des BF bestätigt (OZ 4), worauf im zu vervollständigenden Ermittlungsverfahren ebenfalls einzugehen sein wird.

 

Ausgehend von diesen Überlegungen war im vorliegenden Fall das dem Asylgerichtshof gem. § 66 Abs. 2 und 3 AVG eingeräumte Ermessen im Sinne einer kassatorischen Entscheidung zu üben. Besondere Gesichtspunkte, die aus der Sicht des Beschwerdeführers gegen eine Kassation des Bescheides des Bundesasylamtes sprechen würden, sind im vorliegenden Fall nicht erkennbar.

 

6. Die Rechtssache war daher spruchgemäß an das Bundesasylamt zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen. Das Bundesasylamt wird im fortzusetzenden Verfahren die dargestellten Mängel zu verbessern haben.

Schlagworte
Glaubwürdigkeit, Kassation, Konversion, mangelnde Sachverhaltsfeststellung, Religion
Zuletzt aktualisiert am
20.04.2011
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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