TE AsylGH Erkenntnis 2009/03/10 S12 404630-1/2009

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Veröffentlicht am 10.03.2009
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Spruch

S12 404.630-1/2009/2E

 

Im Namen der Republik

 

Der Asylgerichtshof hat durch die Richterin Dr. Maurer-Kober als Einzelrichterin über die Beschwerde des -XX-, StA. Algerien, p.A. European Homecare GmbH, Otto Glöckelstrasse 24-26, Hauptgebäude, 2514 Traiskirchen, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 06.02.2009, FZ. 08 12.608, zu Recht erkannt:

 

Der Beschwerde wird gemäß §§ 5, 10 Asylgesetz 2005(AsylG 2005), idF BGBl. I Nr. 4/2008, als unbegründet abgewiesen.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

 

I. Verfahrensgang:

 

1.1. Der Beschwerdeführer, ein algerischer Staatsangehöriger und Angehöriger der Volksgruppe der Araber, reiste illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 14.12.2008 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

 

Ein Eurodac-Anfrage vom selben Tag ergab, dass der Beschwerdeführer bereits am 05.06.2007 in Mytilini (Griechenland) erkennungsdienstlich behandelt wurde .

 

1.2. Bei der Erstbefragung am 14.12.2008 durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes der Polizeiinspektion Traiskirchen, Erstaufnahmestelle, in Anwesenheit eines Dolmetschers für die arabische Sprache gab der Beschwerdeführer im Wesentlichen an, er habe sein Heimatland vor ca. zwei Jahren illegal und ohne Reisedokument verlassen und sei schlepperunterstützt nach Deutschland gefahren. Dort sei er zehn Tage geblieben und anschließend nach Italien gefahren, wo er sich drei Wochen aufgehalten habe. Von dort sei er dann per Schiff nach Griechenland gefahren, wo ihn die Polizei festgenommen und seine Fingerabdrücke genommen habe. Bis April 2008 sei er in Griechenland geblieben. Danach sei er zurück nach Algerien gefahren. Am 07.12.2008 sei er versteckt auf der Ladefläche eines LKW von der Stadt -XX- in Richtung Europa gefahren und am 14.12.2008 in Wien angekommen. Die Fahrt habe sechs Tage gedauert. Er habe in Griechenland nicht um Asyl angesucht. In Griechenland würde man die Muslime hassen. Wenn man dort arbeite, hole man die Polizei, um die Entlohnung nicht zu zahlen, welche den Arbeitgebern recht gebe. Er habe seine Heimat aus Angst vor Terroristen verlassen.

 

1.3. Am 17.12.2008 richtete das Bundesasylamt ein Aufnahmeersuchen gemäß Art. 10 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18. Februar 2003 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaat gestellten Asylantrages zuständig ist (in der Folge: Dublin II-VO) an die zuständige griechische Behörde.

 

1.4. Am 22.12.2008 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 29 Abs.3 AsylG mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, seinen Antrag auf internationalen Schutz zurückzuweisen (§§ 4, 5, 68 Abs. 1 AVG, § 29 Abs.3 Z 4 AsylG), da Dublin Konsultationen mit Griechenland seit dem 21.08.2008 geführt werden (vgl AS 41f).

 

1.5. Am 23.04.2008 hielt das Bundesasylamt in einem Schreiben an die zuständige griechische Behörde fest, dass aufgrund Fristablaufs die Zuständigkeit zur inhaltlichen Prüfung des gegenständlichen Antrages auf internationalen Schutz gemäß Art. 18 Abs. 7 Dublin II-VO auf Griechenland übergangen sei. Diesem Schreiben hat Griechenland bis dato nicht widersprochen.

 

1.6. Am 17.08.2008 wurde der Beschwerdeführer vom Bundesasylamt, Erstaufnahmestelle Ost, in Anwesenheit eines geeigneten Dolmetschers für die arabische Sprache einvernommen und gab dabei im Wesentlichen an, er sei direkt von Algerien auf der Ladefläche eines LKW versteckt nach Österreich gekommen. Seine Reise habe er über einen Schlepper organisiert, der selbst in Algerien verblieben sei. Auf den Vorhalt, woher er das wisse, da er sich auf der Ladefläche des LKW versteckt habe, entgegnete der Beschwerdeführer, seine Freunde, die zuvor geschleppt worden seien, hätten dies mit dem Schlepper so ausgemacht. Der LKW sei weggefahren, aber der Schlepper habe Algerien nicht verlassen. Die Reise habe drei bis vier Tage gedauert. Er wolle nicht nach Griechenland zurückgehen, weil er in Österreich um Asyl ansuchen wolle. Griechenland sei ein "behindertes" Land, welches seine eigenen Leute umbringe; die Griechen seien Rassisten. Befragt, ob der Beschwerdeführer über Vorfälle bezüglich seiner Person in Griechenland berichten könne, entgegnete er, er habe bei einem Bauer gearbeitet. Dieser habe ihm seine vereinbarte Entlohnung nach vier Monaten nicht gezahlt. Daraufhin sei die Polizei gekommen und habe den Beschwerdeführer eingesperrt, er habe auch einen Landesverweis erhalten. Er habe dort nie um Asyl angesucht und werde es auch nicht tun. Er habe ein anderes Bild von Griechenland gehabt, habe sich jedoch getäuscht.

 

2. Mit Bescheid vom 06.02.2009, FZ. 08 12.608-EAST Ost, hat das Bundesasylamt den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 14.12.2008 ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs.1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und festgestellt, dass für die Prüfung des Antrages auf internationalen Schutz gemäß Art. 10 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates Griechenland zuständig sei. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG wurde der Beschwerdeführer aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Griechenland ausgewiesen und festgestellt, dass dem zufolge die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Griechenland gemäß "§10 Abs. 4 AsylG zulässig sei.

 

3. Gegen diesen Bescheid richtet sich die fristgerecht eingebrachte Beschwerde, in welcher das erstinstanzliche Vorbringen wiederholt und im Wesentlichen vorgebracht wurde, dass sehr wohl Medienberichten zufolge Übergriffe der griechischen Polizei auf offener Straße stattfinden würden. Ferner wurde ausgeführt, dass Misshandlungen, unmenschliche und erniedrigende Behandlung von Asylwerbern in Griechenland keine Ausnahmeerscheinung seien und als Beleg dafür Berichte zitiert, demzufolge in Griechenland für Personen in Polizeigewahrsam ein reales Risiko bestehe, misshandelt zu werden Weiters wurde auf einen Bericht von Amnesty International vom 28.05.2008 verwiesen, nachdem sich die Lage in letzter Zeit noch verschlechtert habe. Betreffend das griechische Asylverfahren wurde auf das UNHCR Positionspapier vom 15.04.2008 verwiesen, welches Mängel im griechischen Asylverfahren aufzeige. Aus diesem Grund sei - nach dem Beschwerdevorbringen - das Asylverfahren in Griechenland nicht als rechtstaatliches Verfahren zu bezeichnen und sei nicht geeignet Flüchtlinge bzw. schutzbedürftige Personen zu identifizieren. Zu den Länderfeststellungen im Bescheid des Bundesasylamtes wurde - unter Zitierung von Quellen - ausgeführt, dass die Entscheidung des norwegischen zuständigen Ministeriums, wieder Abschiebungen nach Griechenland durchzuführen, keine Auswirkungen auf die norwegische Berufungsinstanz habe. Ferner gebe es vermehrt Entscheidungen von Asylgerichten in europäischen Ländern, die eine Ausweisung und Überstellung von Asylwerbern nach Griechenland derzeit als menschenrechtswidrig ansehen würden. Verwiesen wurde diesbezüglich auf einige Entscheidungen deutscher Verwaltungsgerichte, insbesondere auf jene des Bayrischen Verwaltungsgerichts Ansbach vom 23.09.2008, AN 14 E 08.30321, AN 14

S 08.30354. In der Folge wurde auf Berichte von Pro Asyl vom Oktober 2007 und April 2008, das UNHCR Positionspapier vom 15.04.2008 und den Bericht in einem Ö1 Journal Panorama vom 10.06.2008, denen zufolge die Aufnahmebedingungen und Aufnahmekapazitäten Griechenlands unzureichend seien, verwiesen.

 

4. Die Beschwerde langte am 25.02.2009 beim Asylgerichtshof ein.

 

II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:

 

1. Folgender Sachverhalt wird der Entscheidung zugrunde gelegt:

 

1.1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger Algeriens und Angehöriger der Volksgruppe der Araber, hat sein Heimatland ohne Reisedokument verlassen und ist 2008 illegal nach Griechenland eingereist. In der Folge reiste er illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 14.12.2008 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

 

Der Beschwerdeführer hat in Griechenland nicht um Asyl angesucht, sondern wurde lediglich erkennungsdienstlich behandelt.

 

Der Beschwerdeführer hat weder in Österreich noch im Gebiet der Europäischen Union Verwandte und lebt mit niemandem in einer Familiengemeinschaft oder familienähnlichen Lebensgemeinschaft. Eine sonstige Bindung zu Österreich besteht ebenfalls nicht.

 

Festgestellt wird, dass Griechenland gemäß Art. 10 Abs. 1 iVm Art. 18 Abs. 7 Dublin II-VO für die Aufnahme des Asylwerbers zuständig ist.

 

Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer im April 2008 Griechenland in Richtung seiner Heimat verlassen hat und im Dezember 2008 in Österreich eingereist ist.

 

1.2. Die in § 28 Abs. 2 AsylG festgelegte zwanzigtägige Frist zur Erlassung eines zurückweisenden Bescheides nach § 5 AsylG gilt nicht, weil der Beschwerdeführerin das Führen von Konsultationen gemäß der Dublin II-VO innerhalb der Frist mitgeteilt wurde, weshalb kein Übergang der Zuständigkeit an Österreich wegen Fristüberschreitung eingetreten ist.

 

2. Der festgestellte Sachverhalt gründet sich auf folgende Beweiswürdigung:

 

Die oben angeführten Feststellungen ergeben sich aus dem Verwaltungsakt, insbesondere aus den Angaben des Beschwerdeführers bei der Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 14.12.2008, aus der niederschriftlichen Einvernahmen des Beschwerdeführers vom 29.01.2009 und der

Schlagworte
Ausweisung, gesteigertes Vorbringen, Glaubwürdigkeit, real risk, Rechtsschutzstandard
Zuletzt aktualisiert am
19.06.2009
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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